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Wohnraummiete – Miethöhe abhängig vom Mietereinkommen zulässig?

LG Berlin – Az.: 67 S 115/16 – Beschluss vom 17.05.2016

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

1.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen. Das Amtsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin lediglich zur Zahlung einer Miete verpflichtet ist, die nach den Einkommensgrenzen des § 9 Abs. 2 WoFG anzupassen ist. Die Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

2.

a) Der tenorierte Rückforderungsanspruch ist infolge der mit Schreiben vom 31. März 2014 von der Klägerin begehrten Anpassung des Mietzinses unter Vorlage einer aktuellen Einkommensbescheinigung nach § 9 Abs. 2 WoFG begründet.

Das Amtsgericht geht beanstandungsfrei davon aus, dass der Klägerin ein Anspruch auf Anpassung der Miete nach Maßgabe der veränderten Einkommensverhältnisse gemäß Ziffer 2 der Anlage 2 des Mietvertrags vom 5. Mai 2004 – in den die Beklagte gem. § 566 BGB eingetreten ist – zustand, die gemäß § 7 Ziff. 3 des Mietvertrags Vertragsbestandteil ist.

Die Beklagte ist während des gemäß Ziffer 2 der Anlage 2 des Mietvertrags – einkommensorientierte Zusatzförderung – geltenden 15-jährigen Grundförderungszeitraums i.V.m. dem mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Förderungsvertrag, bei dem es sich um einen Vertrag zugunsten des Mieters handelt (§ 7 Ziff. 5 Förderungsvertrag), an die einkommensorientierte Begrenzung der Nettokaltmiete gestaffelt nach dem Einkommen des Mieters vertraglich gebunden. Diese Bindung entfällt nicht durch die Beendigung des Förderungsvertrags mit der IBB, was sich bereits aus der ausdrücklichen Regelung in § 15 Abs. 6 des Fördervertrages ergibt.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht, wenn man die Anpassungsregelung in der Anlage zum Mietvertrag als auslegungsbedürftig betrachten wollte. Ginge man davon aus, dass die dortige Regelung der Vertragsanpassung nicht eindeutig oder lückenhaft wäre, so wäre sie wegen § 305c Abs. 2 BGB in dem dargelegten Sinne zu Lasten der Beklagten auszulegen, die als Verwenderin der insoweit vorliegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen das Verständnisrisiko allein zu tragen hat (vgl. für den umgekehrten Fall der Erhöhung: Kammer, Beschl. v. 26. März 2015 – 67 S 77/15, ZMR 2015, 699, Tz. 7, zit. nach juris).

Wohnraummiete – Miethöhe abhängig vom Mietereinkommen zulässig?
(Symbolfoto: DesignRage/Shutterstock.com)

Dem somit gegebenen Anpassungsanspruch steht nicht die Vorschrift des § 557 Abs. 4 BGB entgegen. Nach dieser Bestimmung ist lediglich eine von § 557 Abs. 1 – 3 BGB zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung über die Mieterhöhung unwirksam, während es sich vorliegend um einen gerade zum Schutz der Mieter vereinbarten Anspruch auf Anpassung des Mietzinses handelt. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Unwirksamkeit der Anpassungsklausel ergebe sich als Folge einer Anwendung der Bestimmung des § 557 Abs. 4 BGB auf die in der Anlage 2 Ziff. 2 ebenfalls enthaltene Regelung, die die formellen oder materiellen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung durch Vereinbarung eines Rechtes des Vermieters zur einseitigen Erhöhung der Miete oder eines automatischen einkommensabhängigen Mietanstiegs abändern würde, geht sie fehl. Unabhängig davon, ob die vertraglichen Regelungen überhaupt im Sinne dieses Verständnisses ausgelegt werden können, hat die Unwirksamkeit einzelner Vereinbarungen auf die restlichen Regelungen des Mietvertrages keinen Einfluss. § 557 Abs. 4 BGB ist ein Schutzgesetz zugunsten des Mieters, dessen Sinn und Zweck es gebietet, nur nachteilige Vereinbarungen zu beseitigen, die sonstigen vertraglichen Bestimmungen aber entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen als wirksam anzusehen. Anderenfalls würde sich der Schutz des Mieters zu seinem Nachteil auswirken (vgl. Börstinghaus in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 557 Rz. 77). Es liegt unabhängig davon auch keine einheitliche Regelung in der Weise vor, dass die Anpassungsregelung ohne das Recht zur Mieterhöhung keinen Sinn behalten würde.

Vergeblich beruft sich die Klägerin schließlich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Für eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Geschäftsgrundlagenstörung ist bereits deshalb kein Raum, da ansonsten der Zweck der gesetzlichen Nichtigkeitsregelung des § 557 BGB, die – wie erläutert – zu einer Unwirksamkeit gerade nur der von der Klägerin angenommenen automatischen Mieterhöhung führen würde, als spezielle und dem § 313 BGB vorrangige Regelung vereitelt werden würde. Denn die Nichtigkeit der getroffenen Abrede folgt gerade aus ihrem gem. § 557 Abs. 4 BGB verbotswidrigen Inhalt, unabhängig von ihrer Transparenz und den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien (vgl. BGH, Urt. v. 25. März 1993 – IX ZR 192/92 NJW 1993, 1638 Tz. 21; Kammer a.a.O. Tz. 10). Zudem liegen aus den zutreffenden und von der Berufung unangegriffenen Erwägungen des Amtsgerichts, auf die die Kammer Bezug nimmt, die Voraussetzungen für die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage wegen abweichender Vorstellungen der Parteien oder einer der Parteien nicht vor.

b) Die Feststellungsklage ist als Folge der wirksamen Absenkung der Miete in dem von dem Amtsgericht zuerkannten Umfang begründet. Die nicht zu beanstandende zeitliche und betragsmäßige Berechnung wird von der Berufung nicht gesondert angegriffen.

II.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die fehlende Erfolgsaussicht offensichtlich ist. Insbesondere waren in der Berufung keine neuen Aspekte zu berücksichtigen. Für das Berufungsgericht haben sich keine schwierigen Rechtsfragen ergeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt nicht vor. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

III.

Der Hinweis orientiert sich an der Berufungsbegründung. Im Übrigen ergibt sich für das Berufungsgericht aus den amtsgerichtlichen Ausführungen und dem sonstigen Akteninhalt kein Anlass zu einer anderen Entscheidung.

IV.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

 

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