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Wohnraummietvertrag – Anspruch des Mieters auf „frisch abgezogene Dielen“

AG Berlin-Mitte, Az.: 12 C 304/12, Urteil vom 31.07.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Dielen in den 3 Zimmern der von den Klägern innegehaltenen Wohnung im Vorderhaus, 2. OG rechts des Hauses … Straße …, … Berlin fachgerecht abzuschleifen und anschließend zu versiegeln.

2. Die Beklagte wird verurteilt, in den 3 Zimmern und in der Diele der unter Ziffer 1. bezeichneten Wohnung sämtliche Wände neu zu verputzen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, in der Küche der unter Ziffer 1. bezeichneten Wohnung alle Wände mit Ausnahme der von der Tür gesehen rechten Wand ab einer Höhe von 150 cm bis zur Decke so zu verstärken, dass es möglich ist, Schränke aufzuhängen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Herstellung des vertragsgerechten Zustands in Anspruch.

Die Kläger sind Mieter, die Beklagte ist Vermieterin einer 3-Zimmerwohnung auf dem Grundstück … Berlin aufgrund eines schriftlichen Mietvertrages vom 26.10.2011.

Unter § 22 Ziffer 13 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien folgendes:

 

„Die Wohnung wird mit frisch abgezogenen Dielen sowie neu verputzten Wänden (außer Küche und Bad) an den Mieter übergeben.“

Am 28.10.2011 wurde ein Übergabeprotokoll gefertigt, auf dessen Inhalt (Blatt 171 der Akte) verwiesen wird, und die Wohnungsschlüssel übergeben.

Der Kläger zu 2) fertigte unter dem 30.10.2011 eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Wohnung, auf dessen Inhalt (Blatt 90 – 158 der Akte) verwiesen wird, und übergab eine Ausfertigung am 17.11.2011 der Hausverwaltung der Beklagten.

Mit Schreiben vom 26.07.2012, auf dessen Inhalt (Blatt 10 der Akte) verwiesen wird forderte der Berliner Mieterverein im Namen der Kläger die Beklagte zur Vertragserfüllung und Mängelbeseitigung auf.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die vorhandene einfache Gipsplattenbeplankung der Wände einen Mangel der Mietsache darstellen würde, da die Wände nicht geeignet seien das Gewicht von Wandschränken zu tragen.

Die Kläger beantragen, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, dass die Dielen frisch abgezogen und die Wände frisch verputzt worden seien. Außerdem seien die Kläger mit den Ansprüchen auf Mängelbeseitigung ausgeschlossen, da sie sich ihre Rechte bei der Übergabe der Wohnung nicht vorbehalten hätten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme des Augenscheins. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins vom 19.12.2013 (Blatt 219f. der Akte) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte ist den Klägern zur Beseitigung der geltend gemachten Mängel gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet.

a. Dielen und Wände

Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen.

Die Mietsache ist mangelhaft, da bei Übergabe der Wohnung weder die Dielen frisch abgezogen waren noch die Wände neu verputzt waren.

Der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB wird durch § 22 Ziffer 13 des Mietvertrages bestimmt. Die Parteien haben dort folgendes vereinbart:

„Die Wohnung wird mit frisch abgezogenen Dielen sowie neu verputzten Wänden (außer Küche und Bad) an den Mieter übergeben.“

Wohnraummietvertrag - Anspruch des Mieters auf "frisch abgezogene Dielen"
Symbolfoto: Von photographerstudio /Shutterstock.com

Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Gerichts fest, dass der vereinbarte Zustand nicht vorlag. Im Erkerzimmer wurde festgestellt, dass der Dielenfußboden an verschiedenen Stellen farblich unterschiedlich ist. Beim Befühlen dieser stellte sich heraus, dass diese Stellen ins Holz hineinreichen. Die Wände sind tapeziert. Die Tapete ist im Erkerbereich teilweise überlappend geklebt. Die Raufaser machte aufgrund der Struktur den Eindruck, dass diese mehrfach überstrichen worden war. Die Fußleisten machten den Eindruck, dass sie schon seit längerer Zeit nicht entfernt worden sind. Auch im Wohnzimmer sind die Wände mit Raufasertapete belegt. Die Raufasertapete machte aufgrund der Struktur den Eindruck, dass sie schon mehrmals überstrichen worden war. Auch auf dem Fußboden waren Vertiefungen mit der Hand feststellbar. Gleiches wurde im Schlafzimmer festgestellt. Auch dort war die Wand mit Raufaser belegt. Auch diese Raufaser machte den Anschein, dass sie bereits mehrfach gestrichen worden war. Am Dielenboden wurden Streifen festgestellt, die Vertiefungen haben, die bis ins Holz reichen. Im Flur wurde festgestellt, dass die Wände und die Decke mit Raufaser belegt waren. Der im Ortstermin festgestellte Zustand des Dielenfußbodens und der Wände deckt sich mit der vom Kläger zu 2) gefertigten Bestandsaufnahme vom 30.10.2011 und lässt nur den Schluss zu, dass die Beklagte den vereinbarten Zustand nicht bei Übergabe hergestellt hat.

Durch die im Ortstermin erlangten Kenntnisse vom Zustand der Wände und der Dielen bedurfte es nicht der Einvernahme der gegenbeweislich benannten Zeugen, da die Behauptung der Beklagten, dass die Dielen frisch abgezogen und die Wände frisch verputzt worden seien, nachweislich nicht der Wahrheit entspricht.

b. Verstärkung der Wände in der Küche

Die Mietsache ist mangelhaft, da in der Küche die Wände – mit Ausnahme der von der Tür gesehen rechten Wand – aus einer einlagig beplankten Einfachständerwand bestehen.

Ausdrückliche Regelungen über die Wandbeschaffenheit der Küche enthält der Mietvertrag nicht. Grundsätzlich ist der Ansatz zutreffend, dass sich der vertragsgemäße Zustand einer Wohnung mangels anderweitiger Regelungen aus dem tatsächlichen Zustand bei Vertrags beginn ergibt. Dabei kann der Mieter eines Altbaus nicht ohne weiteres den jeweils aktuellen Stand der Technik erwarten. Maßgeblich ist grundsätzlich der nach Baualter, Art und Ausstattung des Hauses zu erwartende Standard. Allerdings gilt das nur insoweit, als damit auch der vertraglich vereinbarte Zweck, nämlich die Nutzung zu Wohnzwecken, gewährleistet ist. Der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand der Wohnung, der mangels konkreter vertraglicher Vereinbarungen nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen ist, muss auch bei der Anmietung einer Wohnung in einem Altbau einem Mindeststandard genügen, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht (BGH, Urteil vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 281/03, GE 2004, 1090; Urteil vom 10. Februar 2010 – VIII ZR – 343/08, GE 2010, 480). Hierzu gehört es, dass der Mieter mit der vom Vermieter gestellten Einrichtung eine normale Möblierung der Wohnräume vornehmen kann. Zur Ausstattung einer Küche gehört unzweifelhaft, dass der Mieter zur Aufbewahrung seiner Küchenutensilien Hängeschränke an den Wänden befestigen kann. Diese Möglichkeit zur Nutzung der Küche liegt nicht vor, da das vorhandene Ständerwerk nur mit einer Gipskarton platte beplankt worden ist. Die Kläger haben auch schlüssig, unter Verweis auf die DIN 18183-1 dargelegt, dass bei einer einlagig beplankten Einfachständerwand das Aufhängen von einem Standardhängeschrank nicht zulässig sei. Soweit die Beklagte pauschal behauptet, das die Gipskartonwand zur Anbringung von Hängeschränken geeignet sei, war dem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen. Die Beklagte wäre zuvor gehalten gewesen nachvollziehbar darzulegen, welche Traglasten die Gipskartonwand aufnehmen kann. Da die Erhebung des Beweises zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis geführt hätte, war er nicht zu erheben.

Die Parteien haben auch nicht aufgrund des vorhandenen Ausstattungszustands der Wohnung bei Vertragsbeginn konkludent einen unterhalb des Mindeststandards liegenden Zustand als vertragsgemäß vereinbart. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung (BGH a.a.O.). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, dass der Mängelbeseitigungsanspruch nach § 536b BGB ausgeschlossen sei, da sich die Kläger ihre Rechte nicht bei Übergabe der Wohnung vorbehalten hätten.

Die Vorschrift des § 536b BGB schließt bereits nach dem Wortlaut nur Ansprüche des Mieters nach den §§ 536, 536a BGB aus; nicht umfasst von dem Ausschluss ist der Erfüllungsanspruch nach § 535 Abs. 1 BGB den die Kläger mit ihrer Klage verfolgen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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