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Wohnungseigentümerbeschluss über Vermietungs- bzw. Verpachtungsverbot

AG Essen – Az.: 196 C 73/21 – Urteil vom 30.12.2021

Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 zu dem Tagesordnungspunkt 28 (Beschluss über Zustimmungsvorbehalt bei Neuvermietung und Verwalterzustimmung) getroffene Beschluss nichtig ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit diverser Beschlüsse.

Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten und Eigentümerin der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 1. Die Gemeinschaft besteht aus insgesamt 5 Wohnungseigentümer.

In der Vergangenheit gab es in der Gemeinschaft rege Diskussionen über die Frage des Anbaus von Balkonen. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.01.2021 fassten die Eigentümer unter TOP 11 den Beschluss über den Anbau von Balkonen an dem Haus. Die anwesenden Eigentümer waren sich darüber einig, dass an allen Wohneinheiten Balkone Richtung Hof angebaut werden sollten.

Am 01.04.2021 verkündete die Verwalterin, dass die Eigentümergemeinschaft durch Umlaufbeschluss u. a. beschlossen habe, dass entgegen dem in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.01.2011 unter TOP 11 gefassten Beschluss lediglich die Wohneinheiten 3, 4 und 5 mit Balkonen ausgestattet werden sollen. Den Wohneinheiten 1 und 2 sollten hiernach lediglich ein Sondernutzungsrecht für einen entsprechend großen Abschnitt des Gemeinschaftsgartens zur separaten Nutzung eingeräumt werden. Ferner wurde beschlossen, dass der Sicherungskasten vom Hausflur in die Wohnung der Klägerin auf Kosten der Klägerin versetzt werden soll.

Die Beschlüsse sind von der Klägerin fristgerecht angefochten worden. Mit Urteil des Amtsgerichts Essen vom 02.11.2021, wurde festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Anfechtung dieser beiden Beschlüsse in der Hauptsache erledigt ist.

Der Sicherungskasten wurde in dem Zeitraum April oder Mai 2021 in die Wohnung der Klägerin versetzt.

In der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 fassten die Eigentümer die folgenden Beschlüsse:

TOP 6

Beschluss über die Durchsetzung des Anspruchs auf Versetzen des Sicherungskastens WE Nr. 1:

Die Eigentümergemeinschaft beauftragt den Verwalter mit der Durchsetzung des Anspruchs auf Versetzung des Sicherungskastens in WE Nr. 1. Soweit notwendig auch unter Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes und auf dem gerichtlichen Weg. Aufgrund des § 25 Abs. 4 WEG ist Miteigentümer C von der Stimmabgabe ausgeschlossen.

TOP 7

Beschluss über das Angebot des Dipl.-Bau-Ing. P für den Anbau von Balkonen:

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Dip): Bau-Ing. P mit dem Anbau der Balkone entsprechend des Angebots über drei Aluminiumbalkone (Seite 5) vom 18.03.2021 zu beauftragen. Die Verwaltung wird ermächtigt den Vertrag mit Dipl.-Bau-Ing. P zu den Konditionen entsprechend des Angebots in Höhe von 40.329,10 EUR abzuschließen.

TOP 8

Beschluss über baubegleitende Qualitätssicherung der Maßnahme Balkonanbau durch

Die Eigentümergemeinschaft beschließt Herrn D aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse sowie freiberuflichen Tätigkeit als Ingenieur mit der baubegleitenden Qualitätssicherung zu beauftragen. Für die Tätigkeiten in diesem Rahmen erhält Burgis eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.209,87 EUR (3% der veranschlagten Aufwendungen).

TOP 9

Beschluss über die kaufmännische Baubegleitung der Maßnahme Balkananbau durch den Verwalter

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Verwaltung mit der zusätzlichen kaufmännischen Betreuung der Maßnahme Balkonanbau zu beauftragen. Für die Tätigkeiten in diesem Rahmen erhält die Verwaltung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.209,87 EUR (3% der veranschlagten Aufwendungen).

TOP 10

Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme Balkonanbau

Die Eigentümergemeinschaft beschließt im Rahmen der unter den Tagesordnungspunkten TOP 7-9 beschlossenen Maßnahme Balkonanbau inkl. baubegleitende Qualitätssicherung und kaufmännische Baubegleitung zzgl. 10% potenzieller Nebenkosten eine Sonderumlage i. H. v. insgesamt 47.023,72 EUR zu erheben. Die Sonderumlage ist der Erhaltungsrücklage zuzuführen. Die Maßnahme wird aus der Erhaltungsrücklage nach Wohneinheiten auf die Eigentümer zu 9.404,74 EUR umgelegt. Die Sonderumlage ist mit Information der Verwaltung über die Genehmigung des Bauantrages für den Balkonanbau, spätestens jedoch zum 31. Dezember 2021, zur Zahlung fällig.

TOP 11

Beschluss über das Angebot der Fa. T für den Einbau der Balkontüren

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Firma T GmbH mit dem Einbau der Balkontüren entsprechend des Angebots vom 11.04.2021 zu beauftragen. Die Verwaltung wird ermächtigt den Vertrag mit der Fa. T GmbH zu den Konditionen entsprechend des Angebots in Höhe von 10.916,83 EUR abzuschließen.

TOP 12

Beschluss über die kaufmännische und technische Baubegleitung der Maßnahme Einbau der Balkontüren durch den Verwalter

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Verwaltung mit der zusätzlichen kaufmännischen und technischen Betreuung der Maßnahme Einbau der Balkontüren zu beauftragen. Für die Tätigkeiten in diesem Rahmen erhält die Verwaltung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 545,84 EUR (5% der veranschlagten Aufwendungen).

TOP 13

Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme Einbau Balkontüren

Die Eigentümergemeinschaft beschließt im Rahmen der unter den Tagesordnungspunkten TOP 11-12 beschlossenen Maßnahme Einbau der Balkontüren inkl. kaufmännische und technische Baubegleitung zzgl.10% potenzieller Nebenkosten eine Sonderumlage i. H. v. insgesamt 12.608,94 EUR zu erheben. Die Sonderumlage ist der Erhaltungsrücklage zuzuführen. Die Maßnahme wird aus der Erhaltungsrücklage nach Wohneinheiten auf die Eigentümer zu je 2.521,79 EUR umgelegt. Die Sonderumlage ist mit Information der Verwaltung über die Genehmigung des Bauantrages für den Balkonanbau, spätestens jedoch zum 31. Dezember 2021, zur Zahlung fällig.

TOP 28

Beschluss über Zustimmungsvorbehalt bei Neuvermietung und Verwalterzustimmung

Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass bei Neuvermietung ein Zustimmungsvorbehalt der Eigentümergemeinschaft gilt. Der vermietende Eigentümer hat über den Namen, Beruf, Familienstand und Wohnanschrift des Mietinteressanten sowie die Zahl der einziehenden Personen vor Vermietung zu informieren. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Personen in die Gemeinschaft aufgenommen werden, die von den anderen Eigentümern aus berechtigten Gründen nicht akzeptiert würden. Die Zustimmung ist entsprechend der Eigentümerrückmeldungen durch den Verwalter schriftlich auszusprechen oder zu versagen.

TOP 31

Beschluss über Anbringung eines Schaukastens im Hausflur :

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Anbringung eines Schaukastens im Hausflur. Es sollen konkrete Angebote eingeholt werden. Die Angebotsauswahl, das weitere Vorgehen sowie die Erhebung eines Regieaufwands der Hausverwaltung und eine mögliche Sonderumlage kann per Umlaufverfahren beschlossen werden. Hierfür gilt Stimmmehrheit nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG.“

Wegen des weiteren Inhalts der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 wird auf die Ladung, Bl. 36 ff. d. A. Bezug genommen.

In der Eigentümerversammlung vom 25.06.2021 fassten die Eigentümer ferner den Beschluss, dass die Kosten für die Versetzung des Sicherungskastens nach Wohneinheiten umgelegt werden sollen.

In der Eigentümerversammlung vom 28.06.2021 fassten die Eigentümer den Beschluss, dass an alle Wohnungen Balkone angebaut werden sollen (Bl. 188 f. d. A.).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die oben genannten Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen würden bzw. nichtig seien.

So sei die Eigentümerversammlung derart abgelaufen, dass lediglich sie und die Verwalterin anwesend gewesen seien, wobei die Verwalterin angeblich mit den Vollmachten der Eigentümer der Wohneinheiten 2 und 3 ausgestattet gewesen sei. Die Verwalterin habe ihr gegenüber klargestellt, dass es aufgrund der Vollmachten nicht auf ihre Stimmen ankommen würde. Die Ergebnisse der Beschlüsse seien auch nicht mitgeteilt worden.

Der Beschluss zu TOP 6 über die Durchsetzung des Anspruchs auf Versetzen des Sicherungskastens sei unwirksam, da bereits die Grundlage des Beschlusses, der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 01.04.2021 aus formellen Gründen unwirksam sei, da nicht alle Eigentümer zugestimmt hätten. Der Sicherungskasten sei im Ergebnis im Auftrag der Beklagten versetzt worden; die in der Eigentümerversammlung vom 25.06.2021 getroffene Kostenverteilung widerspreche jedoch der Teilungserklärung.

Die in der Eigentümerversammlung zu den Tagesordnungspunkten TOP 7 bis 13 gefassten Beschlüsse seien ihrer Ansicht nach ebenfalls unwirksam, da diese letztlich dazu dienen würden, die im Umlaufverfahren vom 01.04.2021 gefassten nichtigen bzw. unwirksamen Beschlüsse umzusetzen.

Der unter TOP 28 beschlossene Zustimmungsvorbehalt des Verwalters bei Neuvermietung sei ebenfalls unwirksam, da hier in die Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer eingegriffen werde. Der Eigentümergemeinschaft fehle es insoweit an einer Beschlusskompetenz.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. festzustellen, dass sich die Anfechtung des Beschlusses zu dem Tagesordnungspunkt 6 der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 erledigt hat.

2. die in der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 zu den Tagesordnungspunkten 7 (Beschluss über das Angebot des Dipl-Bau-Ing. P für den Anbau von Balkonen), 8 (Beschluss über baubegleitende Qualitätssicherung der Maßnahmen Balkonanbau durch Miteigentümer D), 9 (Beschluss über die kaufmännische Baubegleitung der Maßnahme Balkonanbau durch den Verwalter, 10 (Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme Balkonanbau), 11 (Beschluss über das Angebot der Firma T für den Einbau der Balkontüren. 12 (Beschluss über die kaufmännische und technische Baubegleitung der Maßnahme Einbau der Balkontüren durch den Verwalter), 13 (Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme Einbau Balkontüren). 28 (Beschluss über Zustimmungsvorbehalt bei Neuvermietung und Verwalterzustimmung) und 31 (Beschluss über Anbringung eines Schaukastens im Hausflur) getroffenen Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Die Beklagte hat sich der Teilerledigung nicht angeschlossen und beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die angefochtenen Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden.

Sämtliche Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 seien ordnungsgemäß gefasst und verkündet worden. Im Übrigen sei die Klägerin selbst gar nicht abwesend gewesen, sondern sei von ihrem Ehemann vertreten worden.

Der Beschluss zu TOP 6 habe sich ihrer Auffassung nach erledigt, da die Versetzung des Stromsicherungskastens bereits längst auf Kosten der Gemeinschaft stattgefunden habe. Im Übrigen habe der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen.

Auch die Beschlüsse zu TOP 7 bis 13 seien nicht zu beanstanden. Schließlich habe man dem Wunsch der Klägerin nach dem Anbau von 5 Balkonen entsprochen. Die Wohnungseigentümer könnten im Rahmen ihres Ermessens auch beschließen, dass baubegleitende Maßnahmen durch einen kundigen Wohnungseigentümer bzw. die Verwalterin gesondert zu vergüten seien.

Bei dem beschlossenen Zustimmungsvorbehalt handle es sich um gängige Verwaltungspraxis im Rahmen einer WEG. Hierdurch soll der Hausfrieden nachhaltig gewahrt und gesichert werden, weswegen ein Zustimmungsvorbehalt per Beschluss gefasst werden könne.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet und im Übrigen unbegründet.

I. Beschluss zu TOP 28

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 zu TOP 28 über den Zustimmungsvorbehalt bei Neuvermietung und Verwalterzustimmung ist nach Auffassung des Gerichts nichtig, da es nach Auffassung des Gerichts an einer entsprechenden Beschlusskompetenz mangelt.

1. Gem. § 13 Abs. 1 WEG kann jeder Wohnungseigentümer, soweit nicht das Gesetz entgegensteht, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere dieses bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen. Grundsätzlich benötigt der Wohnungseigentümer insbesondere nicht die Zustimmung des Verwalters, bevor er sein Wohnungseigentum vermietet.

2. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Wohnungseigentümer die Vermietung/Verpachtung von der Zustimmung eines Dritten entsprechend § 12 WEG abhängig machen können. Allerdings kann das Recht auf Vermietung des Sondereigentums nur durch die Gemeinschaftsordnung, d. h. eine Vereinbarung gem. §§ 10 Abs. 3, 15 WEG eingeschränkt werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. Juni 2005 – 20 W 63/05 -, juris). Ein Beschluss hingegen, der eine Vermietung und/oder Verpachtung untersagt oder wesentlich einschränkt, wie das hier mit dem streitgegenständlichen Beschluss zu TOP 28 der Fall ist, ist nichtig (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 13 Rn. 28).

3. Da auch ein nichtiger Beschluss angefochten werden kann und auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe nach herrschender Meinung insoweit keine unterschiedlichen Streitgegenstände betreffen, weil Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage materiell dasselbe Ziel verfolgen und einen einheitlichen Streitgegenstand haben (BeckOK WEG/Elzer, 46. Ed. 1.10.2021, WEG § 44 Rn. 147), nämlich die Vernichtung eines konkreten Beschlusses, hat das Gericht auch ohne entsprechenden Antrag die Nichtigkeit eines angefochtenen Beschlusses festzustellen.

II. Beschlüsse zu TOP 7 bis 13; TOP 31

Die angefochtenen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 zu TOP 7 bis 13 und TOP 31 entsprechen hingegen ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Klägerin hat innerhalb der Klagebegründungsfrist keine Anfechtungsgründe vorgetragen, worauf die Beklagte bereits mit der Klageerwiderung hingewiesen hat.

1. Soweit die Klägerin sinngemäß die Nichteinhaltung von Formvorschriften im Rahmen der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 gerügt hat, insbesondere die fehlende Verkündung des Abstimmungsergebnisses bzw. des Beschlusses, ist sie für ihren ausdrücklich bestrittenen Vortrag beweisfällig geblieben. Rügt der Kläger die Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften im Zusammenhang mit der Einberufung und Durchführung der Versammlung sowie der Beschlussfassung der Gemeinschaft, hat er die tatsächlichen Umstände für den formellen Beschlussmangel darzulegen und zu beweisen (vgl. Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 44 WEG, Rn. 252), was hier nicht geschehen ist. Die Klägerin hat keinen Beweis für ihren bestrittenen Vortrag angeboten.

2. Weitere Anfechtungsgründe hat die Klägerin nach Auffassung des Gerichts nicht substantiiert dargelegt. Dabei war zu berücksichtigen, dass das Gericht nur die von der Klägerin in das Verfahren eingeführten Anfechtungsgründe zur Grundlage seiner Sachenentscheidung machen darf. Insbesondere hat das Gericht nicht von Amts wegen zu ermitteln, ob ein angefochtener Beschluss unter anderen als den vom Kläger selbst vorgetragenen Anfechtungsgründen leidet (vgl. Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 44 WEG, Rn. 95).

a) Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die Beschlüsse zu TOP 7 bis 13 seien unwirksam, da diese letztlich dazu dienen würden, die im Umlaufverfahren vom 01.04.2021 gefassten nichtigen bzw. unwirksamen Beschlüsse umzusetzen, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, inwiefern und insbesondere auch welcher konkreter Umlaufbeschluss vom 01.04.2021 ungültig bzw. nichtig sein soll. Ebenfalls hat die Klägerin nicht dargelegt, warum allein eine etwaige Ungültigkeitserklärung bzw. die Nichtigkeit des Umlaufbeschlusses vom 01.04.2021 dazu führen soll, dass die hiesigen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 unwirksam bzw. nichtig sein sollen.

b) Anfechtungsgründe hinsichtlich der unter TOP 31 beschlossenen Anbringung eines Schaukastens im Hausflur sind seitens der Klägerin ebenso nicht vorgetragen worden.

III. Beschluss zu TOP 6

Soweit die Klägerin ihre Anfechtungsklage hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 6 einseitig für erledigt erklärt hat, nachdem sich die Beklagte der Erledigungserklärung ausdrücklich nicht angeschlossen hat, ist die Feststellungsklage zulässig jedoch unbegründet.

1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Das gem. § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse folgt aus dem Kosteninteresse der Klägerin. Die Klageänderung ist ebenso gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Die einseitige Erledigungserklärung bildet eine gem. § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung, mit der von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird (BGH NJW 2017, 3521 Rn. 30, beck-online).

2. Die Feststellungsklage ist hingegen unbegründet. Im Fall der einseitigen Erledigungserklärung ist die Feststellungsklage u. A. begründet, wenn die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war. Das ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin hat hier mit Klageschrift vom 07.06.2021 beantragt, den Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 07.05.2021 über die Durchsetzung des Anspruchs auf Versetzen des Sicherungskastens WE Nr. 1 für ungültig zu erklären. Bereits bei Eingang fehlte der Anfechtungsklage der Klägerin das insoweit notwendige Rechtsschutzinteresse. Schließlich steht nach der persönlichen Anhörung der Parteien fest, dass der streitgegenständliche Sicherungskasten entweder im April 2021 (so die Beklagte) oder im Mai 2021 (so die Klägerin) in die Wohnung der Klägerin versetzt worden ist. Vor Erhebung der streitgegenständlichen Anfechtungsklage hatte sich die Frage der Durchsetzung des Anspruchs auf Versetzen des Sicherungskastens damit erledigt. Das Rechtsschutzinteresse im Beschlussanfechtungsverfahren kann ausnahmsweise entfallen, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2020 – V ZR 300/18 -, Rn. 11, juris), wie es hier nach Auffassung des Gerichts der Fall ist. Seitens der Klägerin ist weder dargelegt noch ist ersichtlich, inwiefern es hier noch notwendig war, im Juni 2021 den streitgegenständlichen Beschluss zu TOP 6 anzufechten.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Da die Klägerin hier nur sehr geringfügig obsiegt hat (ca. 4 %, 2.500,- EUR von 63.123,66 EUR, siehe unteren), war es gerechtfertigt, der Klägerin die gesamten Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

V. Der Streitwert wird auf 63.132,66 EUR festgesetzt und setzt sich wie folgt zusammen:

TOP Streitwert

  • 6 500,00 EUR
  • 7 40.329,10 EUR
  • 8 1.209,87 EUR
  • 9 1.209,87 EUR
  • 10 4.274,88 EUR
  • 11 10.916,83 EUR
  • 12 545,84 EUR
  • 13 1.146,27 EUR
  • 28 2.500,00 EUR
  • 31 500,00 EUR

Ausgehend von dem Gesamtinteresse der Parteien hat sich das Gericht – sofern möglich – an die jeweiligen Auftragsvolumen der Angebote orientiert. Da die jeweiligen Finanzierungsbeschlüsse zu TOP 10 und 13 den gleichen Streitgegenstand betreffen wie die Beschlüsse zu TOP 7 – 9 und TOP 11 – 12, hat das Gericht die jeweilige Differenz von 4.274,88 EUR (47.023,72 EUR – 40.329,10 EUR – 2 x 1.209,87 EUR) und 1.146,27 EUR (12.608,94 EUR – 10.916,83 EUR – 545,84 EUR) zugrunde gelegt. Im Übrigen hat das Gericht die Streitwerte unter Berücksichtigung der Interessen aller Parteien festgesetzt.

 

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