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Wohnungseigentumsanlage – Leinenzwang für Hunde zulässig?

AG München – Az.: 485 C 1864/11 WEG – Urteil vom 19.09.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in den Gebäuden und … in München mit Ausnahme des Bereiches der Feuerwehrzufahrt ab dem Eingang zum Kinderspielplatz und der Hundewiese einen oder mehrere Hunde unangeleint zu führen.

2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, sowie die Verhängung einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht.

3. Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern den für die außergerichtliche Abmahnung der Beklagten angefallenen Anwaltskosten in Höhe von 489,44 € zu erstatten.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11/10 des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 11/10 des jeweils zu vollstreckendem Betrages leistet.

6. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 €.

Tatbestand

Die Beklagt ist als Eigentümerin einer Sondereigentumseinheit Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Beklagte hält in ihrer Wohnung mehrere Hunde. In der Hausordnung der Anlage heißt es unter I Ziffer 3.: „Hunde, Katzen, sonstige Tiere dürfen nur gehalten werden, wenn sie die Allgemeinheit nicht stören. Hunde müssen im Haus und im Einkaufszentrum an der Leine geführt werden.“

Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17.06.2009 enthält zu TOP 8 folgenden Eintrag: „Ein allgemeines Ärgernis stellen die freilaufenden Hunde dar. Sie erschrecken Hausbewohner, springen an Personen hoch, greifen sich sogar in Einzelfällen gegenseitig an und verunreinigen durch Fäkalien unsere Anlage. Trotz vielfacher Aufforderung gibt es immer noch Mieter und Eigentümer die ihre Hunde nicht an die Leine nehmen.“

Die Eigentümer fassten zu TOP 8 folgenden Beschluss: „Wenn Hundehalter und Hundeführer sich trotz 3maliger Abmahnung nicht daran halten, im Haus und auf dem gesamten Grundstück außer der Hundewiese ihre Hunde an die Leine zu nehmen, wird die Verwaltung beauftragt, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtliche Maßnahmen einzuleiten, die eine Hundehaltung per Gerichtsbeschluss verbieten.“

Die Hausverwaltung sandte an die Beklagte mit Datum vom 30.07., 19.08. und 29.09.2009 Abmahnungen, weil die Beklagte sich nicht an den Leinenzwang für Hunde halte.

Mit Schreiben vom 19.10.2010 forderte der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte auf, es zu unterlassen, Hunde zu führen, wenn diese nicht angeleint seien. Zugleich machte er Rechtsanwaltsgebühren geltend.

Die Klägerin trägt vor, entgegen dem Beschluss vom 17.06.2009 habe die Beklagte ihre Hunde mehrfach ohne Leine im Gebäude und auf dem Gelände der Wohnungseigentumsanlage herumlaufen lassen.

Zuletzt beantragt die Klägerin:

1. Die Beklagte ist verpflichtet, bei Meidung eines vom Prozessgericht ersten Rechtszuges für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, es zu unterlassen, in den Gebäuden und auf dem Gelände der Wohnungseigentümergemeinschaft … einen oder mehrere Hunde unangeleint zu führen.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die für die außergerichtliche Abmahnung der Beklagten angefallenen Anwaltskosten in Höhe von 489,44 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, sie führe ihre Hunde immer angeleint und immer am Halsband. Es stimme nicht, dass sie ihre Hunde unangeleint auf dem Grundstück oder in dem Gebäude herumlaufen lasse. Aus der Hausordnung ergebe sich auch nicht, dass auf dem Gelände der Wohnungseigentumsanlage die Hunde angeleint zu führen seien. Die Hausordnung bestimme immer nur einen Leinenzwang für das Gebäude und das Einkaufszentrum. In der Eigentümerversammlung vom 17.06.2009 sei die Hausordnung nicht erweitert worden. Dort sei lediglich beschlossen worden, dass ggf. Klage erhoben werde. Ein Leinenzwang auf dem Freigelände bestehe daher nicht. Auch die in dem Beschluss genannten Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Den Abmahnungen fehle jegliche Grundlage. Es seien in den Abmahnungen auch keine konkreten Vorfälle benannt worden.

Es wurde Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen … in der öffentlichen Sitzung vom 08.08.2011.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze vom sowie die Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 25.05.2011 (Blatt 24 d. Akte) und vom 08.08.2011 (Blatt 54 d. Akte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus den §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB einen Anspruch auf Unterlassung des unangeleinten Führens von Hunden auf dem Gelände und in dem Gebäude der Wohnungseigentumsanlage.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts erbracht, dass die Beklagte in einzelnen Fällen einen oder mehrere ihrer Hunde unangeleint in dem Gebäude und auf dem Gelände des Anwesens hat laufen lassen. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, sowohl in dem Gebäude als auch auf dem Gelände mit Ausnahme des im Tenor bezeichneten Teiles ihre Hunde nur angeleint zu führen.

Diese Verpflichtung folgt schon aus den §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG. Das Laufenlassen von Hunden in dem Gebäude und auf dem Freigelände einer Wohnungseigentumslage stellt eine Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer dar, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgeht. Unabhängig davon, ob die Hunde der Beklagten gefährlich sind oder dazu neigen, aus sonstigen Gründen an Personen hochzuspringen, stellt schon allein der Umstand, dass die Hunde unangeleint herumlaufen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft dar. Die übrigen Eigentümer können nur dann, wenn der Hund an der Leine ist, sicher sein, dass dieser nicht auf sie zugelaufen kommt und sie belästigt. Allein die Angst oder die Besorgnis der übrigen Eigentümer, die Hunde würden sie anspringen oder sonst belästigen ohne dass die Hundehalterin ihre Hunde mangels Leine zurückhalten kann, stellt eine erhebliche Beeinträchtigung dar. Diese müssen die übrigen Eigentümer nicht hinnehmen.

Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für die Beklagte ihrerseits so gut wie keine Belastung darstellt, ihre Hunde auf der Strecke bis zur Hundewiese angeleint zu führen. Jeder Hundebesitzer muss Hundeleinen haben. Es ist der Beklagten als Hundehalterin ohne Weiteres zuzumuten, die Hunde vor dem Verlassen der Wohnung mit Anleinvorrichtungen zu versehen und diese bis zu den Stellen, wo das freie Herumlaufen möglich ist, angeleint zu führen.

Es ist tatsächlich zweifelhaft, ob die Eigentümer in dem Beschluss vom 17.06.2009 wirksam die Hausordnung dahin ergänzt haben, dass die Anleinpflicht aufgrund der Hausordnung nicht nur im Haus und im Einkaufszentrum sondern auch auf dem Freigelände gilt. Darauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht an. Aus dem Umstand, dass die unstreitig geltende Hausordnung einen Leinenzwang nur für das Haus und den Bereich des Einkaufszentrums enthält, hat nicht zur Folge, dass in dem übrigen Teil der Außenanlagen das unangeleinte Führen von Hunden zulässig ist. Durch eine Hausordnung können nach § 14 Nr. 1 WEG unzulässige Handlungen und Verhaltensweisen nicht erlaubt werden.

Wohnungseigentumsanlage - Leinenzwang für Hunde zulässig?
Symbolfoto: Von Sam Wordley/Shutterstock.com

Die Eigentümer haben beschlossen, in welchem Fall Klage zu erheben ist. Eine dreimalige Abmahnung ist erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abmahnungen hinreichend konkret waren.

Zwar wurde beschlossen, das ggf. im Gerichtswege die Hundehaltung verboten werden solle. Das Gericht geht aber auch davon aus, dass darin auch der Wille enthalten ist, zunächst weniger einschneidende Maßnahmen zu ergreifen, die zum gleichen Ziel führen. Die Klägerin kann deshalb die Beklagte zunächst auf Einhaltung des Leinenzwanges in Anspruch nehmen. Die Eigentümer haben ihre Unterlassungsansprüche wirksam auf die WEG zur Ausübung übertragen und gleichzeitig den Willen zur gerichtlichen Geltendmachung kundgetan.

Die von der Beklagten benannten Zeugen musste nicht einvernommen werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Zeugen jeweils die Beklagte immer nur mit angeleinten Hunden gesehen habe. Die Klägerseite trägt auch nicht vor, dass die Beklagte immer nur die Hunde unangeleint führe. Es ist ausreichend, dass die Beklagte an den Tagen, über die Beweis erhoben wurde, die Hunde unangeleint entweder im Haus oder auf dem Gelände geführt hat.

Da die Beklagte trotz der dreimaligen Abmahnung weiterhin ihre Hunde unangeleint geführt hat ist sie zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Bei dem Streitwert hat das Gericht einen Regelstreitwert angesetzt, § 3 ZPO.

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