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Wohnungseigentumsverwalter – Anfechtung der Wiederbestellung

AG Hannover, Az.: 484 C 11037/16, Urteil vom 02.05.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien bilden die WEG … in Hannover, die aufgrund Vertrag vom 18.04.2011 (Bl. 7 d. A.) von der D B Immobilien + Hausverwaltung verwaltet wird.

Auf der Eigentümerversammlung vom 30.09.2016 wurde zu TOP 8 (Bl. 6 d. A.) folgender Beschluss gefasst:

TOP 8

Verwalterneubestellung/Angebot des Verwalters: Neubestellung zu unveränderten Konditionen

Nach Aussprache beschließen die Eigentümer die Bestellung von D B als Verwalter bis zum 31.12.2019 einstimmig.

Die Verwaltervergütung für die Zeit ohne Bestellung wird erstattet.

Der Verwaltungsbeirat wird einstimmig beauftragt, den Verwaltervertrag für die WEG zu unterzeichnen.

Wohnungseigentumsverwalter - Anfechtung der Wiederbestellung
Foto: VadimGuzhva/Bigstock

Die Kläger halten die Wiederbestellung aufgrund diverser Pflichtverstöße des Verwalters für ordnungswidrig. Zum einen rügen sie, dass – unstreitig – die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.08.2013 (zunächst) in der Beschlussfassung nicht eingetragen gewesen seien, was sie im Jahre 2016 festgestellt hätten; unstreitig wurden die Beschlüsse nachträglich am 09.12.2016 in die Beschlusssammlung ergänzt. Die Kläger rügen weiterhin nicht ordnungsgemäß angefertigte und versandte Versammlungsniederschriften, verspätet durchgeführte Eigentümerversammlungen 2014 und 2016 und dass die Hausverwaltung die Versammlungen so gelegt habe, dass die Kläger hieran nicht hätten teilnehmen können, dass Beschlüsse der WEG nicht umgesetzt worden seien sowie dass für das Wirtschaftsjahr 2013 eine falsche Jahresabrechnung erstellt worden sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten klägerischen Vortrag Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, den in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2016 unter TOP 8 gefassten Beschluss ((Wieder-)Bestellung des Herrn D B als Verwalter) für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie begründen die Nichtaufnahme der Beschlüsse vom 27.08.2013 mit einem Büroversehen und verweisen darauf, dass umgehend nach Kenntniserlangung die Beschlüsse ergänzt worden seien. Sie sehen keinen wichtigen Grund, der die Ordnungswidrigkeit der Wiederbestellung begründen könnte und weisen darauf hin, dass eine Abmahnung nicht vorliegt. Hinsichtlich der weiteren Rügen sehen sie – wenn überhaupt – kleinere Verstöße gegen Formalia und treten einer bewussten Terminierung gegen die Kläger entgegen. Sie bestreiten die Nichtumsetzung der Beschlüsse der Versammlung vom 27.08.2013 und sehen keine falsche Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2013 durch die Hausverwaltung.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Beklagtenvortrag Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 43 Abs. 4, 46 Abs. 1 WEG zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

I.

Denn der angefochtene Beschluss zu TOP 8 der Wohnungseigentümerversammlung vom 30.09.2016 widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 21 Abs. 3 WEG.

1.

Der Bestellungsbeschluss ist – wie jeder Beschluss – nur rechtmäßig, wenn er ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Das ist nicht der Fall, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Bei der gerichtlichen Kontrolle der Beschlüsse ist der der Gemeinschaft zustehende Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum jedoch zu berücksichtigen, da die Gerichte nicht ohne zwingende Notwendigkeit in eine Mehrheitsentscheidung eingreifen sollen.

Die Wiederbestellung ist anfechtbar, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der sogar die vorzeitige Abberufung des Verwalters rechtfertigen würde. Ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwalter und den Wohnungseigentümern derart gestört ist, dass unter Berücksichtigung aller Umstände und der Interessen des Verwalters den Wohnungseigentümern eine Fortsetzung des Verwalterverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die Annahme eines wichtigen Grundes ist nicht notwendig von dem Verschulden des Verwalters abhängig. Allerdings soll bei der Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger Grund gegen die Bestellung vorliegt, ein schärferer Maßstab anzulegen sein als bei der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt. Denn der Wiederbestellung liegt erkennbar das von der Mehrheit der Eigentümer dem Verwalter entgegengebrachte Vertrauen zugrunde. Ein einzelner Wohnungseigentümer kann die Abberufung des Verwalters nicht schon deshalb verlangen, weil ein wichtiger Grund im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 und 4 WEG hierfür besteht. Denn den Wohnungseigentümern steht insoweit (s.o.) ein Beurteilungsspielraum zu (BGH, Urteil vom 10.02.2012, Az.: V ZR 105/11). Nicht immer, wenn ein wichtiger Grund besteht, ist dies zwingend gegen den Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer mit dem Verlust des Verwalteramtes verbunden. Denn die Mehrheit der Eigentümer kann im Rahmen ihres „Verzeihungsermessens“ die der Verwaltung vorgeworfenen Handlungen als nicht pflichtwidrig ansehen und damit verbindlich billigen (Landgericht Hamburg, Urteil vom 25.05.2011, Az.: 318 S 208/09). Im Übrigen müssen die den wichtigen Grund begründenden Umstände bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen. Handelt es sich um verhaltensbedingte Gründe, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben grundsätzlich vor einer Abberufung eine Abmahnung erforderlich.

Angesichts dieser rechtlichen Umstände liegen keine wichtigen Gründe vor, die die Wiederbestellung der Hausverwaltung bis Ende 2019 als ordnungswidrig rechtfertigen könnten.

Zwar trifft es zu, dass unstreitig über mehrere Jahre hinweg die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.08.2013 nicht in die Beschlusssammlung gem. § 24 Abs. 7 WEG eingetragen worden sind, so dass ein wichtiger Grund gem. § 26 Abs. 1 WEG vorliegt. Nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gibt es allerdings keinen zwingenden Automatismus, wonach ein wichtiger Grund in jedem Fall zur Abberufung des Verwalters bzw. der Ordnungswidrigkeit des Wiederbestellungsbeschlusses führen muss. Es besteht aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Wohnungseigentümer ein Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum. Danach zählt grundsätzlich der Mehrheitswille. Dieser ist hier deutlich durch die Einstimmigkeit des Beschlusses über die Wiederbestellung zum Ausdruck gekommen. Hinsichtlich der Frage der Ordnungswidrigkeit kommt es aber allein darauf an, ob keine objektive Vertretbarkeit dieser Beschlussfassung vorliegt. Dies ist nicht der Fall.

Denn insoweit sind die Gesamtumstände inklusive der Würdigung der Ursachen der Verstöße und etwaiger negativer Folgen zu berücksichtigen, wobei hinzukommt, dass den Wohnungseigentümern ein „Verzeihungsermessen“ zusteht. Hinsichtlich der nachträglichen Eintragung der Beschlüsse sind keine negativen Folgen ersichtlich. Auch schließt sich das Gericht den Argumenten der Beklagten an, wonach die Nichteintragung der Beschlüsse aus 2013 auf ein Büroversehen zurückzuführen war und nach Kenntniserlangung dieser Mangel umgehend nachgeholt wurde.

2.

Auch hinsichtlich der übrigen Rügen der Kläger liegen keine wichtigen Gründe gegen die einstimmig beschlossene Wiederbestellung vor.

Das gilt sowohl hinsichtlich der Versammlungsprotokolle, der Eigentümerversammlungen 2014 und 2016 sowie der Abrechnung 2013. Selbst wenn insoweit Verstöße gegen die Verwalterpflichten vorliegen würden, sind diese durch die einstimmige Beschlussfassung „verziehen“ worden. Hinsichtlich einer Nichtdurchführung von Beschlüssen fehlt dem klägerischen Vortrag im Übrigen bereits die erforderliche Substanz, so dass der Vortrag insoweit unschlüssig ist.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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