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Wohnungsmietvertrag – Wirksamkeit einer Quotenabgeltungsklausel

AG München – Az.: 412 C 4451/11 – Urteil vom 23.09.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 740,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.04.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 30 % und die Beklagte 70 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 1.053,86 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kautionsrückzahlung geltend.

Der Kläger mietete mit Mietvertrag vom 03.04.2007 die 29,5 qm große Wohnung im ersten Obergeschoss des Anwesens … ab 01.05.2007 von der Beklagten. Die monatliche Miete betrug ursprünglich 345,00 € zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 75,00 €, insgesamt mithin 420,00 €. Mit Wirkung ab 01.05.2009 erhöhte sich die Nettomiete von 345,00 € auf 365,00 €.

Das Mietverhältnis wurde durch Kündigung des Klägers zum 31.07.2010 beendet. Die von dem Kläger geleistete Kaution betrug zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses einschließlich Zinsen 1.053,86 €.

Mit Schreiben vom 22.10.2010 übersandte die Beklagte dem Kläger die Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009. Die Betriebskostenabrechnung weist einen Gesamtbetrag von 1.481,29 € und unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen in Höhe von 845,00 € eine Nachzahlung zulasten des Klägers in Höhe von 636,29 € aus.

Die Beklagte erklärte gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers die Aufrechnung mit einer Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2009 in Höhe von 301,29 €, einem Schadensersatzanspruch wegen Rücklastschriften in Höhe von 12,00 € und einem Abgeltungsanspruch für Schönheitsreparaturen in Höhe von 995,68 €.

Ziffer 7 des Mietvertrages vom 03.04.2007 lautet auszugsweise wie folgt:

„7.1 Während der Mietdauer übernimmt der Mieter auf eigene Kosten die Schönheitsreparaturen.

[…]

7.3 Die Schönheitsreparaturen müssen im Allgemeinen in folgenden Zeitabständen, beginnend ab Beginn des Mietverhältnisses bzw. dem Zeitpunkt, an dem die Schönheitsreparaturen fachgerecht vorgenommen worden sind, durchgeführten werden:

a) Küche, Bad, Dusche, Toilette alle 3 Jahre

b) sämtliche Aufenthaltsräume (Arbeits-, Wohn- Schlafräume) und Flure alle 5 Jahre

c) sonstige Nebenräume alle 7 Jahre

[…]

7.5 Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Mieträume in fachgerecht renoviertem Zustand zu übergeben, wenn die vorstehend genannten Fristen seit der Übergabe der Mieträume bzw. seit den letzten durchgeführten Schönheitsreparaturen verstrichen sind und der Bedarf gegeben ist.

Weist der Mieter jedoch nach, dass die letzten Schönheitsreparaturen innerhalb der oben genannten Fristen – zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Beendigung des Miet-verhältnisses – durchgeführt worden sind und befinden sich die Mieträume in einem einer normalen Abnutzung entsprechenden Zustand, ist der Mieter verpflichtet, nur die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen aufgrund eines Kostenvoranschlags bestehend aus mit Massen und Preisen versehenen Leistungspositionen, eines vom Vermieter auszuwählenden anerkannten Malerfachbetriebs an den Vermieter nach folgenden Grundsätzen zu bezahlen:

Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als ein Jahr zurück, zahlt der Mieter im Allgemeinen 20 % der Kosten aufgrund des Kostenvoranschlags; liegen sie länger als zwei Jahre zurück, im Allgemeinen 40 %; länger als drei Jahre im Allgemeinen 60 % und länger als vier Jahre im Allgemeinen 80 % der Kosten.

Der Mieter ist berechtigt, statt Zahlung der anteiligen Kosten die Schönheitsreparaturen selbst fachgerecht durchzuführen.“

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Kaution in voller Höhe zurückzuzahlen ist, da der Beklagten keine begründeten und nachvollziehbaren Gegenforderungen zustehen würden. Der Kläger hat in der öffentlichen Sitzung vom 04.08.2011 zunächst unstreitig gestellt, dass im Hinblick auf die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2009 und die Rücklastschriften ein Zahlungsrückstand in Höhe von 313,29 € besteht. Mit Schriftsatz vom 20.09.2011 macht der Kläger nunmehr geltend, dass die Betriebskostenabrechnung 2009 aufgrund der verschiedenen, nicht erläuterten Verteilerschlüssel nicht nachvollziehbar sei, und bestreitet darüber hinaus die Rücklastschriften.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass ein Abgeltungsanspruch für Schönheitsreparaturen nicht besteht. Die Quotenabgeltungsklausel in Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 sei aufgrund eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Unabhängig davon stehe der Beklagten auch deshalb kein Abgeltungsanspruch zu, weil der Kläger anlässlich der Beendigung des Mietverhältnisses einen Malermeister beauftragt habe, der die Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß durchgeführt habe. Zudem macht Kläger geltend, dass die von der Beklagten angesetzten Kosten angesichts der Größe der streitgegenständlichen Wohnung völlig unangemessen sind.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.053,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers durch die erklärte Aufrechnung erloschen ist. Aus der Betriebskostenabrechnung 2009 stünde ihr nach Verrechnung einer Zahlung des kommunalen Leistungsträgers in Höhe von 335,00 € noch eine Nachforderung in Höhe von 301,29 € zu. Die Beklagte behauptet, die von ihr vom Konto des Klägers abgebuchte Miete sei in den Monaten Februar 2010, März 2010, April 2010 und Mai 2010 jeweils wieder zurückgebucht worden, wodurch Kosten in Höhe von insgesamt 12,00 € entstanden seien.

Die Beklagte meint, der Kläger habe sich gemäß Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 an den Kosten noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen jedenfalls in Höhe von 995,68 € zu beteiligen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass er in der Wohnung bereits Schönheitsreparaturen durchgeführt habe, da er selbst nicht behaupte, über das Streichen der Wände und Decken hinaus Malerarbeiten an den Türen, an den Heizkörpern und den Rohren durchgeführt zu haben.

Beweis wurde nicht erhoben. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 04.08.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß der Kautionsabrede in Ziffer 4.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 ein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrags in Höhe von 740,57 € zu. In Höhe von 313,29 € ist der Kautionsrückzahlungsanspruch durch die jedenfalls mit Schriftsatz vom 28.07.2011 konkludent erklärte Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.

1. Der Beklagten steht gegen den Kläger gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 12,00 € zu, mit dem die Beklagte die Aufrechnung erklären konnte. Der Kläger hatte der Beklagten in Ziffer 3.4 lit. b des Mietvertrages vom 03.04.2007 die Ermächtigung erteilt, die Miete von seinem Konto im Lastschriftverfahren einzuziehen. Er war daher verpflichtet, für eine ausreichende Deckung auf seinem Konto zu sorgen. In der öffentlichen Sitzung vom 04.08.2011 hat der Kläger auch zunächst unstreitig gestellt, dass der Beklagten für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 Rücklastschriftgebühren in Höhe von insgesamt 12,00 € entstanden sind. Soweit der Kläger dies nunmehr mit Schriftsatz vom 20.09.2011 bestreitet, kann er sich hierauf entsprechend §§ 288, 290 ZPO nicht berufen. Ein pauschales Bestreiten ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr hätte der Kläger im Einzelnen darlegen und auch nachweisen müssen, dass es in den Monaten Februar 2010 bis Mai 2010 nicht zu Rückbuchungen gekommen ist.

2. Der Beklagten steht gegen den Kläger gemäß § 556 BGB in Verbindung mit Ziffer 3.3 lit. a des Mietvertrages vom 03.04.2007 ein Anspruch auf Zahlung von 301,29 € zu, mit dem die Beklagte ebenfalls gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen konnte. Der Kläger hat in der öffentlichen Sitzung vom 04.08.2011 zunächst unstreitig gestellt, dass aus der ihm mit Schreiben vom 22.10.2010 übersandten Betriebskostenabrechnung 2009 noch ein Betrag in Höhe von 301,29 € offen ist. Soweit er nunmehr mit Schriftsatz vom 20.09.2011 geltend macht, die Abrechnung sei nicht nachvollziehbar, weil die verwendeten Verteilerschlüssel nicht erläutert wären, greift diese Einwendung nicht durch. Vielmehr findet sich unten auf Seite 1 des Schreibens vom 22.10.2010 eine Schlüsselübersicht, die nach Auffassung des Gerichts die verwendeten Verteilerschlüssel ausreichend erläutert.

3. Ein Abgeltungsanspruch für Schönheitsreparaturen in Höhe von 995,68 € steht der Beklagten gegen den Kläger dagegen nicht zu, da die in Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 enthaltene Quotenabgeltungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist. Insoweit ist der Kautionsrückzahlungsanspruch daher nicht durch Aufrechnung erloschen.

Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass eine Formularklausel nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot gebietet es, tatbestandliche Voraussetzungen und Rechtfolgen in Formularbedingungen so genau zu beschreiben, dass einerseits für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach feststellen kann (BGH, Urt. v. 05.03.2008, Az. VIII ZR 95/07, BeckRS 2008, 05992). Diesen Anforderungen wird die in Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 enthaltene Quotenabgeltungsklausel in zweierlei Hinsicht nicht gerecht.

a) Nach Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 ist der Mieter verpflichtet, die anteiligen Kosten aufgrund eines Kostenvoranschlags eines vom Vermieter auszuwählenden anerkannten Malerfachbetriebs zu bezahlen. Die Pflicht, eine Quote anhand des Kostenvoranschlags eines Malerfachbetriebs zu entrichten, lässt auch für den verständigen Mieter nicht erkennen, dass es sich bei dem Kostenvoranschlag nur um eine unverbindliche Berechnungsgrundlage handelt, deren Richtigkeit und Angemessenheit der Mieter bestreiten kann. Zudem behält die Klausel die Auswahl des Malerfachbetriebs ausschließlich dem Vermieter vor. Jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung muss der Mieter dies dahin verstehen, dass von ihm eingeholte Alternativangebote von vornherein unbeachtlich sind. Die Formularklausel ist daher nicht so klar und verständlich gefasst, dass der Mieter seine Rechte auch ohne fremde Hilfe einfach feststellen kann (vgl. Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 538 BGB Rz. 191).

b) Nach Ziffer 7.5 des Mietvertrages vom 03.04.2007 hat der Mieter im Allgemeinen 20 % der Kosten aufgrund des Kostenvoranschlags zu zahlen, wenn die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als ein Jahr zurückliegen; liegen sie länger als zwei bzw. drei bzw. vier Jahre zurück, hat der Mieter im Allgemeinen 40 % bzw. 60 % bzw. 80 % der Kosten zu tragen. Auch insoweit ist die streitgegenständliche Quotenabgeltungsklausel nicht so genau gefasst, dass der Mieter seine Rechte und Pflichten ohne fremde Hilfe einfach feststellen kann. Die Klausel erläutert dem Mieter nicht mit hinreichender Deutlichkeit, wie sich die Quote je nach dem Zustand des Mietobjekts bei Mietende tatsächlich berechnet (vgl. Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 538 BGB Rz. 189 und 197).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Der Streitwert ergibt sich aus der Höhe der geltend gemachten Forderung über 1.053,86 €.

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