Skip to content
Menü

Wohnungsräumungsanspruch bei mündlich geschlossener Räumungsvereinbarung

AG München – Az.: 473 C 13483/17 – Urteil vom 14.11.2017

1. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, das Reihenhaus in der … München, besteht aus 7 Zimmern, einer Küche, einem WC, einem Bad, einem Keller und Speicherabteils zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, außergerichtliche Kosten in Höhe von 887,03 € an die Klägerin zu zahlen.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.570,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Der Streitwert wird auf 9.642,06 € festgesetzt.

6. Die Beklagten erhalten eine Räumungsfrist gem. § 721 ZPO bis zum Ablauf des 28.02.2018.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Räumung und Herausgabe eines Reihenhaus.

Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin, die Beklagte zu 1 Mieterin des streitgegenständlichen Hauses in der … München. Das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 besteht auf der Grundlage eines Mietvertrages vom 7.2.1977. Die Beklagten zu 2 und zu 3 sind die volljährigen Kinder der Beklagten zu 1.

Der Mietvertrag war zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 war seinerzeit mit Rücksicht auf die Beschäftigung des Ehemanns der Beklagten zu 1 als Diakon der evangelisch-lutherischen … Kirche geschlossen worden; auf § 2 der Anlage zum Mietvertrag (K 1) wird Bezug genommen. Der mittlerweile verstorbene Ehemann der Beklagten zu 1 war zum 1.10.2002 in den Ruhestand versetzt worden. Da auch die Beklagte zu 1 im kirchlichen Dienst tätig war wurde das Mietverhältnis sodann mit der Beklagten zu 1 fortgesetzt. Die Beklagte zu 1 ist zum 31.5.2015 in den Ruhestand treten. Mit Schreiben vom 18.3.2015 (Bezugnahme auf Anlage K 2) sprach die Klägerin die Kündigung des streitgegenständliche Mietverhältnisses aus.

Am 29.4.2015 kam es zu einer Besprechung der Parteien, bei welcher die Beendigung bzw. der Wunsch nach Fortsetzung des Mietverhältnisses diskutiert worden ist. Die Klägerin wurde hierbei von dem Zeugen … und … vertreten. Die drei Beklagten wurden bei dem Gespräch von der weiteren Tochter der Beklagten zu 1 der Zeugin … begleitet und unterstützt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob zwischen den Parteien ein Mietaufhebungsvertrag mit endgültigen Auszugsdatum zum 31.5.2016 geschlossen worden ist.

Am Abend 29.04.2015 stimmte der Wohnungsvergabeausschuss der Klägerin als intern zuständiges Gremium einer Auszugsvereinbarung zum 31.05.2016 zu. Dies wurde den Beklagten in den folge Tagen schriftlich mitgeteilt und durch die Beklagte zu 1 wurde diese Mitteilung wiederum schriftlich bestätigt.

Die Klägerin trägt vor, sie benötige der streitgegenständliche Reihenhaus für die Unterbringung des neuen ihrer Diakon und seiner Familie.

Die Klägerin beantragt: Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, das Reihenhaus in der … München, besteht aus 7 Zimmern, einer Küche, einem WC, einen zu räumen, einem Keller und Speicherabteils geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, außergerichtliche Kosten in Höhe von 887,03 € an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten beantragen die Klage abzuweisen sowie hilfsweise Einräumung einer Räumungsfrist.

Die Beklagten tragen vor, die Zeugen … und … hätten ohne eine entsprechende Vollmacht des eigentlich zuständigen Wohnungsvergabeausschusses gehandelt.

Die Beklagten tragen weiterhin vor, sie wären durch ein Schreiben der Klägerin über die Tatsache getäuscht worden, dass es sich vorliegend um eine zeitlich befristet Dienstwohnung handle und diese Befristung nun ausgelaufen sei.

Im Rahmen der Beweisaufnahme wurden die Zeugen …, … und … vernommen.

Seitens der Beklagten wurde keinem der mehrmaligen und teils recht langwierigen richterlichen Güteversuche in konstruktiver Weise nähergetreten. Insbesondere wurde zuletzt auch der schriftliche Vergleichsvorschlag vom 21.9.2017 (Blatt 79 der Akte) seitens der Beklagten abgelehnt.

Für den weiteren Sachverhalt wird auf die zwischen Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 1.9.2017 sowie vom 19.9.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Dem klägerischen Räumungsbegehren ist stattzugeben, da die vorliegende Klage sowohl zulässig als auch begründet ist.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage ist insbesondere auszuführen das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig ist.

Darüber hinaus Klage auch begründete, da der klägerische Räumungsanspruch besteht. Der seitens der Klägerin geltend gemachte Räumungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus der mündlich geschlossenen Räumungsvereinbarung, welche die Parteien und Zeugen mit persönlichen Gespräch am 29.4.2015 mit Datum zum 31.5.2016 geschlossen haben.

Die Klägerin ist hierbei als juristische Person wirksam durch die Zeugen … vertreten worden gem. §§ 164 BGB ff..

Zwar steht es aufgrund der Beweisaufnahme zur richterlichen Überzeugung fest, dass die Zeugen … innerhalb ihrer Vertretungsmacht gehandelt haben, jedoch kommt es hierauf im Ergebnis nicht an, da es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Wohnungsvergabeausschuss noch am selben bzw. spätestens am nächsten Abend die Vereinbarung genehmigt hat, so dass ein Handeln ohne Vertretungsmacht in jedem Fall gem. § 177 I BGB unverzüglich nachträglich genehmigt und demnach wirksam geworden ist.

Es steht zum Ende der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ohne einen Zweifel fest, dass die Parteien anlässlich der persönlichen Besprechung vom 29.4.2015 eine verbindliche Vereinbarung die alles wesentlichen Vertragspunkte enthält darüber geschlossen haben, dass die Beklagten spätestens zum 31.5.2016 ohne weiteren Aufschub aus dem streitgegenständlichen Einfamilienhaus ausziehen und dieses geräumt und die Klägerin übergeben.

Die zuvor genannte Überzeugung des Gerichts stützt sich auf die Aussagen der Zeugen … und …, welcher im Beweisaufnahmetermin vom 19.9.2017 vernommen worden sind.

Der Zeuge … war in seinem Aussageverhalten sowohl glaubhaft als auch glaubwürdig.

Der Zeuge schilderte in seiner Aussage lebensnahe als auch nachvollziehbar, dass die an dem Gespräch beteiligten Personen in zähen Verhandlungen und teilweise mit nicht unerhebliche Emotionen verbindlich dahingehend übereingekommen sind, dass Familie … zum 31.5.2016 aus der streitgegenständliche Immobilie auszieht. Die Schilderungen des Zeugen lassen deutlich erkennen, dass das eindringliche Verhandlungsverhalten der Beklagten auch nach über 2 Jahren noch deutlich und bildhaft in Erinnerung gewesen sind. Es wirkt in diesem Zusammenhang besonders lebensnahe wenn der Zeuge berichtet, dass Auszugstermin welchen er vorgeschlagen habe sodann aufgrund der Intensität des Gesprächs nochmals um einige Monate nach hinten geschoben wurde. Auch die Schilderungen des hartnäckigen und teils sehr emotionalen Verhandlungsverhaltens der Beklagten decken sich mit den Impressionen des Richters während der Güte- und Hauptverhandlung.

Die Glaubwürdigkeit des Zeugen … zeigt sich nach Auffassung des Gerichts dadurch, dass er ruhig und gelassen und ohne jedwede Belastungseifer gegenüber dem Beklagten ausgesagt hat und die eigenen Erlebnisse in einem sachlichen und neutralen Ton wiedergab. Insoweit der Zeuge bezüglich einzelner Wortlaute und anderweitigen Einzelheiten kleinere Erinnerungslücken zeigte welche er auch selbst einräumte, so vermag dies zur Überzeugung des Gerichts die Glaubwürdigkeit nicht erschüttern, sondern verleiht der Aussage im Hinblick auf den Zeitablauf zwischen Vernehmung und Gesprächszeitpunkt, vielmehr ein gesteigertes Quantum an Authentizität und Lebenswirklichkeit. Bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit des Zeugen wurde seitens des Gerichts auch nicht verkannt, dass der Zeuge bei der Klägerin angestellt ist. Das Verhalten des Zeugen ließ jedoch in keiner Weise erkennen, dass der Zeuge von der prozessualen Wahrheitsfindung aus Loyalitätsgründen zu seiner Arbeitgeberin Abstand genommen hätte.

Die richterliche Überzeugungsbildung stützt sich weiterhin, auf die ebenfalls glaubhafte als auch glaubwürdige Aussage der Zeugin … . Die Aussage der Zeugin deckt sich in allen wesentlichen Punkten mit der Aussage des Zeugen … . Mit kleinen und unwesentlichen Abweichungen schildert auch die Zeugin … ebenso lebensnahe wie plastisch, dass die Besprechung der Partei vom 29.4.2015 mit den zuvor genannten Ergebnis, dass die Beklagten zum 31.5.2016 die streitgegenständliche Immobilie räumen werden.

Auch die Zeugin … ist zur vollen Überzeugung des Gerichts in ihrem Aussageverhalten als glaubwürdig zu erachten. Die Zeugin blieb bei ihrer Aussage ruhig und unaufgeregt und zeigte keinerlei Antipathien oder Belastungstendenzen gegenüber dem Beklagten. Eine Frage der Glaubwürdigkeit wurde seitens des Gerichts auch nicht außer Acht gelassen, dass es sich bei der Klägerin um die vormalige Arbeitgeberin der Zeugin handelt. Es bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Zeuginnen Lage der Klägerin wähnt und sich hierdurch zu einer Gefälligkeitsaussage zugunsten der Klägerin hätte hinreißen lassen.

Die zuvor dargestellt Überzeugungsbildung des Gerichts wird auch nicht durch die gegenteilige Aussage der Zeugin … erschüttert. Bei der Zeugin handele sich um die Tochter bzw. Schwester der Beklagten. Die Zeugen stellte in ihrer Aussage klar, dass auch sie noch eine starke emotionale Bindung zu der streitgegenständlichen Immobilien, in welcher auch sie aufgewachsen ist, habe. Die Zeugin führte aus, dass sie sich nicht daran erinnern könne, ob das Datum 31.05.2016 zwischen den Parteien erörtert worden sei und sie nicht mehr wisse, ob eine konkrete Vereinbarung geschlossen worden sei. Das Aussageverhalten der Zeugin machte darüber hinaus deutlich, dass sie fest und unverbrüchlichen Lager der Beklagten verwurzelt ist und ihre Aussage somit nicht als Beitrag zu einer objektiven Wahrheitsfindung geeignet erscheint. Hieraus ergibt sich, dass seitens des Gerichts der Aussage der Zeugin … nicht näher getreten wird.

Die Behauptung der Beklagten, sie hätten sich durch die Kündigung in einem Irrtum befunden steht der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen. Die Beklagten sind ihrer Beweispflicht durch die Benennung der Zeugin … nachgekommen. Die Zeugin sagte aus, dass man an das Gespräch der Parteien in der Erwartungshaltung herangegangen sei mit der Gegenseite einen „Diskurs auf Augenhöhe zu führen“ und man trotz der Kündigung die Erwartung gehabt hätte weiterhin unbefristet dort wohnen zu können (vgl. S. 17/18 des Protokolls v. 19.09.2017). Ob der behauptete Irrtum zum Ende der Beweisaufnahme unter Bezug auf die vorherigen Ausführungen bezüglich der Zeugin überhaupt als erwiesen anzusehen, kann im Ergebnis offenbleiben. Die Ausführungen der Zeugin … machen deutlich, dass dieser Irrtum für die Abgabe der Willenserklärung nicht kausal gewesen ist, da die Beklagten weiterhin fest davon überzeugt waren (und es bis heute sind), dass ihnen ein unbefristetes Wohnrecht zustehe und sie mit dieser Erwartungshaltung auch in die Verhandlung eingetreten sind. Nach Aussage der Zeugin … hat sich dieser Standpunkt sodann erst im Lauf des Gesprächs und die harte und drohende Verhandlungsart der Gegenseite geändert. Hieraus ergibt sich, dass das vorherige Schreiben der Klägerin für die Tatsachenvorstellungen der Beklagten nicht maßgeblich und kausal war.

Eine würdigende Gesamtschau des Gerichts hinsichtlich des Prozessverhaltens der Beklagten und ihrer Familienmitglieder welche sich aus den unmittelbaren Impressionen der Güte- und Hauptverhandlung speist, lässt nicht auch nur den geringsten Zweifel daran, dass zwischen den Parteien die streitige Vereinbarung geschlossen worden ist und die Beklagten, diese für sie nun nachteilige und unangenehme Tatsache einer gewissen Art von Verdrängung überantwortet haben und sich gegenüber der Klägerin auf eine recht wirklichkeitsferne Erwartungshaltung versteift haben.

Auf die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung im Sinne des §573 BGB kommt es auf Grund der vorliegend geschlossenen Räumungs-Vertragsaufhebungsvereinbarung nicht an.

Die Beklagten erhalten eine Räumungsfrist bis zum 28.02.2018 gem. § 721 ZPO. Das Gericht ist der Überzeugung, dass ein Auszug ohne Räumungsfrist bei den Beklagten zu einer psychosomatischen Belastung führen würde, welche in ihrer Konsequenz das Interesse einer sofortigen Räumung überwiegt. In der Abwägung des § 721 ZPO nach Interessenlage der Parteien ist jedoch eine darüber hinausgehende Räumungsfrist nicht geboten, da die Beklagten bereits einen nicht unerheblichen Zeitraum hatten um sich auf den Umzug vorzubereiten und die zwischen den Parteien vereinbarte Zeit bis zum Auszug mehr oder weniger tatenlos haben verstreichen lassen und es unter Bezugnahme auf die Aussage der Zeugin … und des Zeugen … feststeht, dass der streitgegenständliche Wohnraum für den nachfolgenden Diakon und seine Familie benötigt wird.

Der Anspruch auf die geltend gemachten Rechtsanwaltsosten ergibt sich aus § 286 BGB, da die Kläger sich mit Räumung und Herausgabe im Verzug befinden.

Die Kosten bestimmen sich gem. § 91 ZPO und sind von der unterliegenden Partei als Gesamtschuldner zu tragen.

Der Streitwert bestimmt sich gem. § 41 GKG an der Nettomiete eines Jahres.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!