Skip to content
Menü

Wohnungsräumungstitel – ohne Begriffe Herausgabe, Räumung oder Überlassung

LG Bremen – Az.: 4 T 504/20 – Beschluss vom 22.12.2020

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgericht Bremerhaven vom 18.11.2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert wird auf bis 3.000 Euro festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass ein Titel, um Grundlage für eine Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO sein zu können, hinreichend bestimmt auf Herausgabe, Räumung oder Überlassung gerichtet sein muss. Vollstreckungsrechtlich ist es unerheblich, ob und wie sich die Begriffe unterscheiden, weil alle drei Pflichten nach § 885 ZPO und damit nach denselben Regeln vollstreckt werden. Deshalb reicht es für eine Vollstreckung nach § 885 ZPO jedenfalls aus, wenn der Titel die Pflicht des Schuldners mit einer der drei Begriffe bezeichnet (Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 885 ZPO, Rn. 2; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 14. Aufl. 2019, ZPO § 885 Rn. 10; BeckOK ZPO/Stürner, 38. Ed. 1.9.2020, ZPO § 885 Rn. 5; MAH MietR, 5. Auflage 2019, § 71 Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung Rn. 3).

Problematisch sind Titel, die keinen der in § 885 Abs. 1 S. 1 ZPO genannten Begriffe verwenden. Dies ist etwa der Fall, wenn der Titel eine Pflicht zur „Rückgabe“ oder – wie hier – zum „Auszug‟ enthält. In diesen Fällen ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die titulierte Pflicht unter § 885 ZPO fällt. Maßgeblich ist dafür, ob die Pflicht darauf gerichtet ist, den Schuldner – ggf. einschließlich des ihm gehörenden Mobiliars – aus der (Miet-)Sache zu entfernen. Diese Voraussetzung ist etwa erfüllt, wenn der Schuldner zur Rückgabe verpflichtet ist, weil dies der mietrechtliche Begriff für die Räumung ist (§ 546 BGB). Ausreichend ist auch, wenn der Titel die Pflicht zur Besitzverschaffung ausspricht. Gleiches gilt für die Pflicht, aus der (Miet-)Sache auszuziehen, weil dies nach dem allgemeinen Sprachverständnis ein Synonym für die in § 885 ZPO genannten Begriffe (Herausgabe, Überlassung, Räumung) ist (AG Gießen, Beschluss vom 19. April 1991 – 42 M 2609/91 -; Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 885 ZPO, Rn. 2; MüKoZPO/Gruber, 6. Aufl. 2020, ZPO § 885 Rn. 3; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 14. Aufl. 2019, ZPO § 885 Rn. 12). Mangels einer Titulierung der Pflicht zur Besitzaufgabe nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ein Vergleich lediglich die Einigung über die Beendigung des Mietvertrags enthält (LG Berlin DGVZ 91, 92; AG Schöneberg NJW-RR 91, 1488; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 14. Aufl. 2019, ZPO § 885 Rn. 12).

Nach diesen Grundsätzen hat das Amtsgericht den zu vollstreckenden Vergleich vom 13.02.2019 zutreffend dahingehend ausgelegt, dass er mit der Verpflichtung der Schuldnerin, bis zum 29.02.2020 aus der streitgegenständlichen Wohnung auszuziehen, die Pflicht der Schuldnerin begründet, sich und ihr Mobiliar aus der Mietsache zu entfernen und den Besitz an der Wohnung dem Gläubiger zu übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 18.11.2020 verwiesen. Damit genügt der Vergleich den Anforderungen an einen Vollstreckungstitel nach § 885 ZPO.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war gem. § 574 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 ZPO zuzulassen.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!