Az.: 2/11 S 125/06
Urteil vom 31.07.2007
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 02.05.2006 (Az.: 33 C 1701/05-31) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.185,03 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 382,80 Euro seit dem 10.03.2005 und aus weiteren 802,23 Euro seit dem 27.05.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 21 % und der Beklagte 79 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 842,05 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger als frühere Mieter einer Wohnung in Frankfurt am Main nehmen den Beklagten als Vermieter auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten restlichen Mietkaution (1.497,44 Euro) sowie auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten (175,22 Euro) im Zusammenhang mit der Kautionsabrechnung in Anspruch. Der Beklagte hat gegenüber der Klageforderung aufgerechnet mit Schadenersatzforderungen für Reinigungs- und Malerkosten sowie für die Beseitigung von Dübeln und Bohrlöchern in Höhe von 1.497,44 Euro.
Das Amtsgericht hat der Klage nur in Höhe von 382,80 Euro nebst Zinsen stattgegeben, weil es im Übrigen von einer wirksamen Aufrechnung des Beklagten mit Malerkosten in Höhe von 497,51 Euro und 274,64 Euro, mit Kosten für die Beseitigung von Dübellöchern (69,90 Euro) und mit einem Schadenersatzanspruch von 272,89 Euro wegen der Beschädigung der Gegensprechanlage und der Abdeckung der Steckdosen ausgegangen ist. Den Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten (§ 175,22 Euro) hat es verneint, da die Forderungen des Beklagten im Wesentlichen begründet seien. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Urteils insgesamt wird auf Bl. 144 ff. d.A. Bezug genommen.
Mit ihrer teilweisen Berufung, nicht angegriffen ist die Abweisung in Höhe von 272,89 Euro bezüglich der Aufrechnung mit den Kosten für die Gegensprechanlage und die Steckdosen, wenden sich die Kläger dagegen, dass der Farbanstrich und das Tapezieren des Kinderzimmers mit Kindermustertapete vom Amtsgericht nicht als vertragsgemäßer Gebrauch angesehen worden ist. Nur wenn Mieter Schönheitsreparaturen schuldeten, müssten sie eine akzeptable farbliche Gestaltung wählen. Auch das Anbringen von Dübeln und Nägeln gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch und rechtfertige daher keinen Schadenersatzanspruch des Vermieters. Selbst wenn man dem Amtsgericht im Ansatz zustimmen würde, wären nicht alle Malerkosten zu ersetzen, sondern nur die Kosten des Grundierens in Höhe von 39,52 Euro als Mehrkosten. Auch sei nicht ersichtlich, weshalb das Entfernen von Tapete erforderlich gewesen sei.
Das Amtsgericht hätte – unter Zugrundelegung seiner Auffassung über die Gegenforderung des Beklagten – bezüglich der Anwaltskosten zumindest eine Quotelung vornehmen müssen. Außerdem seien sie entstanden im Zusammenhang mit der der Aufforderung zur Kautionsabrechnung und Auskehrung des Guthabens und deshalb zu ersetzen.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 2.5.2006 – 33 C 1701/05-31 – den Beklagten zur Zahlung weiterer 1.017,27 Euro an die Kläger nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus Euro 842,05 seit dem 10.3.2005 und aus 175,22 Euro seit dem 10.3.2005 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Kläger seien verpflichtet gewesen, die den Zustand verändernden Maßnahmen zu beseitigen. Sie seien nicht berechtigt, die neutral weiß übernommene Tapete des Vermieters umzugestalten entsprechend ihrer geschmacklichen Individualität. Die unübersehbare Zahl von nicht lediglich üblichen Dübel- und Bohrlöchern, sondern von Mauerhaken ähnlichen Verankerungen sprenge wegen deren Massivität des Eingriffs den Rahmen des § 16 Mietvertrag bzw. des § 538 BGB.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat das Rechtsmittel, das das Urteil nicht angreift, soweit die Aufrechnung hinsichtlich der Kosten für die Steckdosen und die Gegensprechanlage von insgesamt 272,89 Euro als wirksam angesehen worden ist, teilweise Erfolg.
Wenn die Kläger sich bezüglich der jetzt noch im Streit stehenden Gegenforderungen des Beklagten auf vertragsgemäßen Gebrauch (§ 538 BGB) berufen und deshalb meinen, die Schadenersatzansprüche des Beklagten griffen nicht durch, gilt dies nicht in jedem Fall. Insoweit sind die Erwägungen des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 28.06.2006 (VIII ZR 124/05) hinsichtlich der Verunreinigung einer Wohnung durch Tabakkonsum heranzuziehen.
Allerdings steht dem Beklagen kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Arbeiten im Kinderzimmer (497,51 Euro) zu, denn das Tapezieren eines Kinderzimmers mit der entsprechenden Tapete (hier Mustertapete mit Sternchen) stellt einen vertragsgemäßen Gebrauch dar, auch wenn es insoweit der individuellen Situation der Kläger entspricht, da nicht jeder Mieter ein Kind hat. Das Anbringen von Kinderzimmertapeten ist durchaus üblich. Der Vermieter hat hier bei Auszug keinen Anspruch auf eine neutrale Tapete mit entsprechendem Anstrich. Die Kläger sind nicht verpflichtet, eine Tapezierung wie bei Anmietung vorzunehmen.
Der Beklagte konnte 39,52 Euro für die Arbeiten im Zusammenhang mit dem roten Volltonanstrich im Schlafzimmer verlangen, weil es durch diese Art des Anstrichs zu Mehrkosten für den Vermieter gekommen ist. Ein Anstrich mit dem entsprechenden Vollton ist zwar während der laufenden Mietzeit zulässig, das bedeutet aber nicht, dass der Mieter die Wohnung auch mit einem derartigen Anstrich zurückgeben kann. Vielmehr kann der Vermieter bei Rückgabe der Wohnung verlangen, dass sich der Anstrich in einem üblichen, letztlich neutralen Ton, wenn auch nicht unbedingt in Weiß, befindet. Durch den roten Volltonanstrich ist es aber bei einer normalen Renovierung durch den Vermieter vor einer Weitervermietung erforderlich, zusätzliche Arbeiten vornehmen zu lassen, um einen üblichen Zustand wiederherzustellen. Das Verhalten der Kläger stellt sich somit als eine Verletzung der vertraglichen Pflicht bei Rückgabe der Mietsache dar (§ 280 BGB), für die sie Schadenersatz zu leisten haben (a.A. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 538 Rn 213). Dementsprechend greift die vom Beklagten insoweit erklärte Aufrechnung durch.
Der Beklagte konnte aber nicht die Anstricharbeiten in Höhe von 235,12 Euro für die Räume 4 und 6 verlangen. Denn ein grundsätzliche Verpflichtung der Kläger zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bestand aufgrund der Unwirksamkeit der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen in den §§ 16 Ziffer 4, 27 Ziffer 1 wegen der starren Fristen für die Renovierung (s. BGH WuM 2004, 463 f.) und der Verpflichtung zur Endrenovierung unabhängig vom Zustand der Wohnung und der letzten Renovierung, also einer die Mieter unangemessen belastenden Kumulation der Renovierungspflichten, nicht. Damit gehört der Neuanstrich der mieterseits ursprünglich farbig (rot, blau, braun) gestrichenen Wände nicht zu den Pflichten des Mieters bei Auszug, weil es sich nicht um zusätzliche Arbeiten handelt, die der Vermieter vornehmen muss. Insofern unterscheiden sich diese Arbeiten von denen, die erforderlich sind, um überhaupt eine Renovierung durchführen zu können (s. oben). Eine Aufrechnung scheidet bezüglich der Anstricharbeiten aus.
Bezüglich der Kosten für die Arbeiten wegen der Dübel, es hat sich um wenigstens 30 gehandelt, wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, steht dem Beklagten entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Kosten in Höhe von 69,60 Euro zu. Mit Recht haben die Kläger darauf hingewiesen, dass das Anbringen von Dübeln jedenfalls in einem gewissen Umfang durchaus zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. Gemäß § 16 Ziffer 4 c) 2. Absatz des Mietvertrages sagt, dass der Mieter bei Beendigung des Mietvertrages der Mieter verpflichtet ist, „Dübeleinsätze zu entfernen, Löcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen, soweit nicht das Anbringen von Bohrlöchern und Dübeln zum vertragsgemäßen Gebrauch unerlässlich war“. Aus dem Beklagtenvorbringen lässt sich, wie auch die Kläger ausgeführt haben, nicht entnehmen, welche Kosten für den vertragsgemäßen und welche für den nach Ansicht des Beklagten ungemäßen Gebrauch anzusetzen sind. Dafür, dass alle Kosten wegen nicht vertragsgemäßem Gebrauch angefallen sind, hat der Beklagte nicht ausreichend vorgetragen, auch wenn er von Mauerhaken spricht. Hinsichtlich der Dübel lässt sich auch nicht ohne weiteres auf eine übermäßige Anzahl schließen, weil es sich immerhin um eine 5-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad handelt und so eine Verteilung auf alle Räume vorstellbar ist. Es fehlt für das Gericht außerdem eine Grundlage für eine Schätzung, so dass die Position insgesamt nicht anerkannt werden kann. Eine Aufrechnung damit scheidet aus.
Gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution greift die Aufrechnung lediglich in Höhe von 39,52 Euro durch, so dass den Klägern unter Berücksichtigung der erstinstanzlich bereits zugesprochenen 382,80 Euro und abgewiesenen 272,89 Euro ein restlicher Kautionsrückzahlungsanspruch von 1.185,03 Euro zusteht.
Dagegen können die Kläger nicht Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von 175,22 Euro verlangen. Denn es lag bezüglich der Kautionsabrechnung im Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens der Klägervertreterin vom 9.3.2005 noch kein Verzug bezüglich der Abrechnung vor. Der Beklagte hatte eine Frist zur Prüfung von Gegenansprüchen, die die Kammer üblicherweise mit 6 Monaten bemisst. Da das Mietverhältnis erst zum 30.11.2004 geendet hatte, waren die 6 Monate noch nicht abgelaufen. Es besteht auch kein Grund, hier von einer kürzeren Frist auszugehen, auch wenn der Beklagte bereits bei Vertragsende den Zustand der Wohnung festgestellt hatte, weil er seinerseits den Klägern im Schreiben vom 30.11.2004 eine Frist zur Durchführung der von ihm aufgeführten Arbeiten gesetzt hatte. Das Aufforderungsschreiben der Klägervertreterin vom 1.12.2004 konnte den Beklagten auch noch nicht in Verzug setzen, schon wegen der noch ausstehenden und zu ermittelnden Kosten. Selbst wenn man von einer kürzeren Frist als 6 Monate ausgehen würde, so hätte das Schreiben vom 9.3.2005 allenfalls den Verzug herbeiführen können, es wäre dann nicht durch den Verzug veranlasst gewesen. Damit entfiele der Verzugsschaden ebenfalls.
Aus den vorstehenden Ausführungen zum Verzug ergibt sich, dass den Klägern an sich keine Verzugszinsen, sondern nur Rechtshängigkeitszinsen (§§ 291, 288 BGB) ab dem 27.5.2005 zustehen. Soweit allerdings das Amtsgericht unangegriffen hinsichtlich der 382,80 Euro Zinsen bereits ab dem 10.3.2005 zugesprochen hat, war dies entsprechend in den Tenor aufzunehmen.
Die Feststellung des Verzuges durch das Amtsgericht bindet die Berufungsinstanz hinsichtlich der in der Berufung noch streitigen Forderungen nicht.
Die Berufung hat teilweise Erfolg. Zur Klarstellung wurde der Tenor insgesamt neu gefasst.
Die Kostenentscheidung bezüglich der Kosten erster Instanz folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die hinsichtlich der Kosten zweiter Instanz aus § 92 Abs. 2 ZPO, da die Kläger hinsichtlich der Hauptforderung nur in Höhe von 39,52 Euro und damit geringfügig unterlegen sind und die geltend gemachten Anwaltskosten eine nicht Streitwert erhöhende Nebenforderung darstellen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.