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Wohnungsrückgabe – Zurücklassen Waschmaschine und Einbauküche

LG Gießen – Az.: 1 S 208/12 – Urteil vom 21.11.2012

Das Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 14.06.2012 wird teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den bereits zugesprochenen Betrag hinaus weitere 1.050,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.07.2012 zu zahlen.

Die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Berufung fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Wohnungsrückgabe - Zurücklassen Waschmaschine und Einbauküche
Symbolfoto: Von Didecs /Shutterstock.com

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen. Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich gestellten Klageantrag weiter, soweit das Amtsgericht die Klage auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate Juni und Juli 2008 in Höhe von insgesamt 1.050,- € nebst Zinsen abgewiesen hat. Der Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Der Kläger besitzt einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate Juni und Juli 2008 in Höhe von insgesamt 1.050,00 € gem. § 546a Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück gibt, für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Entgegen der von ihm vertretenen Ansicht hat der Beklagte die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses am 31.05.2008 nicht zurückgegeben. Eine Rückgabe i. S. v. § 546 Abs. 1,546a Abs. 1 BGB liegt dann nicht vor, wenn infolge des Zurücklassens von Einrichtungen und/oder Gegenständen nur eine unzulässige Teilräumung gegeben ist. Teilleistungen bei Erfüllung der Rückgabeverpflichtung sind unzulässig mit der Folge, dass dem Vermieter die gesamte Mietsache vorenthalten wird (BGH v. 11.05.1988, Az. VIII ZR 96/87, Juris Rdnr. 13). Bleiben nur einzelne Gegenstände zurück, kann allerdings im Einzelfall anzunehmen sein, dass der Mieter seine Räumungspflicht erfüllt hat. Daher steht das Zurücklassen von wenigem Gerümpel der Annahme einer Rückgabe nicht entgegen (BGH a.a.O.). Allerdings darf es sich nur um einige wenige Gegenstände bzw. Einrichtungen handeln, die geringen Raum einnehmen und deren Beseitigung nur einen unerheblichen Aufwand an Mühe, Transport und Kosten erfordert (Streyl in: Schmidt-Futterer, MietR, § 546 Rdnr 43 m.w.Nw.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte eine Waschmaschine und eine Einbauküche, die beide in seinem Eigentum gestanden haben, in der Mietwohnung zurückgelassen hat. Zwar handelt es sich dabei nur um wenige Gegenstände. Allerdings sind diese nicht mehr mit einem nur unerheblichen Aufwand an Mühe, Transport und Kosten zu entfernen. Die Beseitigung der Waschmaschine erfordert einen erheblichen Kraftaufwand. Für den Transport sind deshalb regelmäßig zwei Personen und der Einsatz von Hilfsmitteln (Sackkarre) notwendig. Gerade in kleinen Wohnungen und in engen Treppenhäusern ist das Verbringen einer Waschmaschine mühevoll und zeitaufwändig. Daher dürfte allein schon durch das Zurücklassen der Waschmaschine die von der Rechtsprechung gezogene Bagatellgrenze überschritten worden sein (vgl. Streyl a.a.O.; a.A. AG Köln v. 24.04.1995, Az. 207 C 587/94, Juris Rdnr. 3). Letztlich kann diese Frage jedoch offen bleiben, da der Beklagte überdies die in seinem Eigentum stehende Einbauküche in der Wohnung gelassen hat. Zwar handelt es sich ausweislich der bei der Akte befindlichen Lichtbildern nur um eine kleine Küchenzeile bestehend aus einem Herd, einem Spülunterschrank, einer Arbeitsplatte mit Spüle und zwei Hängeschränken. Nichtsdestotrotz ist das Wegschaffen der Küchenzeile mit einigem Aufwand verbunden, da diese zunächst demontiert werden muss. Diese Arbeiten können nicht „im Vorbeigehen“ erledigt werden, wie etwa das Beseitigen von zurückgelassenen Kleinmöbeln, Regalbrettern, Lampen oder Unrat in geringer Menge. Zudem kann die Entsorgung nicht über den Hausmüll erfolgen. Vielmehr sind eine gesonderte Sperrmüllabfuhr und die damit verbundene Zwischenlagerung der Küchenteile erforderlich. Gleiches gilt für die Entsorgung der Waschmaschine. Unter diesen Umständen kann nicht mehr von einer bloßen Schlechterfüllung der Räumungsverpflichtung ausgegangen werden (vgl. LG Köln v. 04.07.1996, Az. 1 S 331/95, NJW-RR 1996, 1480).

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, die vom Kläger beauftragte Maklerin habe dazu geraten, die Küchenzeile in der Wohnung zu belassen, weil die Wohnung dann besser zu vermieten sei, ist dies unerheblich. Aus der Empfehlung der Maklerin durfte der Beklagte nicht ableiten, dass der Kläger mit dem Verbleib der Küchenzeile in der Wohnung einverstanden sei. Vielmehr hätte der Beklagte, wenn er die Empfehlung der Maklerin aufgreifen wollte, das Einverständnis des Klägers einholen müssen. Dass er dies getan hat, behauptet der Beklagte selbst nicht. Auch mit dem Sohn des Klägers, dem Zeugen … hat der Beklagte nach seinem Sachvortrag beim Abnahmetermin nicht mehr über die Küche gesprochen.

Der Beklagte hat nicht beweisen können, dass der Zeuge … dem Beklagten gestattet hat, die Waschmaschine in der Wohnung zu belassen. Zwar haben die vom Amtsgericht vernommenen Zeugen … und … angegeben, dass der Zeuge … gesagt habe, dass die Waschmaschine dableiben könne. Angesichts der entgegenstehenden Angaben des Zeugen … konnte sich das Amtsgericht jedoch nicht von der Richtigkeit der Behauptung des Beklagten überzeugen. Hieran ist die Kammer gebunden (§ 529 Abs. 1 ZPO). Die Nichterweislichkeit der Zustimmung des Vermieters zum Belassen von Gegenständen des Mieters in der Wohnung geht zulasten des Mieters. Nach allgemeiner Ansicht, von der abzuweichen die Kammer keinen Anlass sieht, trägt der Mieter die Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung der Räumungsverpflichtung (Blank in: Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 546a Rdnr. 44; Streyl in: Schmidt-Futterer, MietR, § 546 Rdnr. 143).

Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass die zurückgelassenen Gegenstände bereits wenige Tage nach dem 31.05.2008 aus der Wohnung entfernt worden sind. Der Angabe der Zeugin … in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung, „die ganzen Sachen, Küchenzeile und so“ hätten eine Woche nach dem Auszug schon im Hof gestanden, steht die Schilderung des Zeugen …, wonach dieser die Küchenzeile erst nach Einholung anwaltlichen Rates einige Wochen später abgebaut und in den Keiler verbracht habe, entgegen. Überdies sind auf den vom Beklagten nach dem Auszug auf dem Hof gefertigten und in der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2011 zur Akte gereichten Fotoprints lediglich zwei Kühlschränke und der im Eigentum des Klägers stehende Küchenschrank, nicht jedoch die Waschmaschine oder Teile der Küchenzeile zu sehen. Der Kläger kann damit für den gesamten geltend gemachten Zeitraum die Zahlung der vereinbarten Miete als Nutzungsentschädigung verlangen.

Der Nutzungsentschädigungsanspruch des Klägers ist auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Der Kläger hat sich nicht treuwidrig verhalten, als er zunächst abgewartet hat, ob der Beklagte die restlichen Gegenstände abholt, und erst nach erfolgter anwaltlicher Beratung den Beklagten zur Beseitigung aufgefordert hat. Hierdurch hat der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen des Beklagten begründet. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Anspruch des Vermieters auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung im Falle einer unvollständigen Räumung nicht von einer Aufforderung zur Beseitigung oder einer Fristsetzung abhängig. Vielmehr muss der Mieter nach der gesetzlichen Risikoverteilung bei unvollständiger Räumung regelmäßig mit einem Nutzungsentschädigungsanspruch des Vermieters rechnen. Etwas anderes wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Zeuge … als Vertreter des Klägers im Abnahmetermin die teilgeräumte Wohnung (stillschweigend) als vertragsgemäß akzeptiert hätte. Dies hat der Beklagte jedoch nicht beweisen können. Zwar haben sich die Zeugin … und der Zeuge … in ihren erstinstanzlichen Vernehmungen in diese Richtung geäußert. Allerdings hat der Zeuge angegeben, dass er den Beklagten aufgefordert habe, sämtliche Gegenstände aus der Wohnung zu entfernen, was der Beklagte abgelehnt habe. Objektive Anhaltspunkte, die für die Richtigkeit der Angaben der Zeugen … und … sprechen würden, sind nicht erkennbar. Hingegen deutete der Umstand, dass der Zeuge … die hinterlassene Küchenzeile, den Küchenschrank und den im Hof zurückgelassen Müll fotografiert hat, darauf hin, dass er mit Art und Umfang der vom Beklagten vorgenommene Räumung nicht einverstanden war.

Die geltend gemachte Zinsforderung rechtfertigt sich aus Verzug (§§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB). Der Anspruch auf Zahlung der Nutzungsentschädigung ist entsprechend der mietvertraglichen Regelung jeweils am dritten Werktag des Monats fällig geworden (vgl. BGH v. 23.01.1974, Az. VIII ZR 219/72, Juris Rdnr. 36).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

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