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Wohnungsvermittlungsvertrag -wirtschaftliche Verflechtung zwischen Makler und Wohnungseigentümer

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 532 C 237/14, Urteil vom 11.11.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.780,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 1.780,24 € festgesetzt.

Tatbestand

Wohnungsvermittlungsvertrag  -wirtschaftliche Verflechtung zwischen Makler und Wohnungseigentümer
Symbolfoto: Von Gorodenkoff /Shutterstock.com

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Rückzahlung einer geleisteten Courtage. Die Beklagte zu 2) ist Komplementärin der Beklagten zu 1).

Am 21.10.2011 Unterzeichnete die Klägerin einen Maklervertrag mit der Beklagten zu 1) (Anlage K 1). In dem Vertrag ist in § 2 eine Provisionszahlungsverpflichtung für den Kunden vorgesehen. § 3 des Vertrages enthält einen Hinweis darauf, dass der Makler und der/die Eigentümer der vermittelten Wohnung wirtschaftlich und persönlich miteinander verflochten sind.

Die Klägerin schloss mit der … mit Beginn zum 01.12.2011 einen Mietvertrag über eine Wohnung im … (Anlage K 2). Mit Schreiben vom 24.10.2011 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass die Wohnungsübergabe erst nach Ausgleich der Courtagerechnung erfolgen könne (Anlage K 3). Die Klägerin überwies daraufhin am 28.10.2011 die geforderte Courtage in Höhe von 1.780,24 € (Anlage K 4).

Die Klägerin ließ – mit Fristsetzung zum 26.04.2013 – die geleistete Courtage zurückfordern (Anlage K 7). Die Parteien verständigten sich – aufgrund eines Parallelverfahrens – auf ein vorläufiges „Ruhen des Verfahrens“ (vgl. Anlagen K 8 bis K 10).

Die Klägerin verweist zur Begründung ihres geltend gemachten Anspruchs u.a. auf Entscheidungen des AG Hamburg-Blankenese (Urteil vom 27.03.2013 zu 531 C 228/12, Anlage K 11) und des LG Hamburg (Beschluss vom 05.11.2013 zu 318 S 38/13, Anlage K 12).

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an sie (die Klägerin) 1.780,24 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2013 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen u.a., dass die Klägerin mit ihrem Rückforderungsverlangen nach § 814 BGB ausgeschlossen sei, da sie die Courtage in Kenntnis von § 3 des Maklervertrages gezahlt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Ladungsverfügung vom 11.09.2014 und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 28.10.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Bereits in der Terminladung vom 11.9.14 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es nicht beabsichtigt von den – den Parteien bekannten – Entscheidungen des AG Hamburg-Blankeneses vom 27.03.2013 (531 C 228/12) und des Landgerichts vom 05.11.2013 (318 S 38/13) abzuweichen. Der Vortrag der Parteien gab hierzu keinen Anlass. Diese Einschätzung hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2013 bekräftigt.

I.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten zu 1) als „Vermittlerin“ des Mietvertrages ein Anspruch auf Zahlung von 1.780,24 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB in Verbindung mit § 5 WoVermRG zu. Die Klägerin hat unstreitig die von der Beklagten zu 1) am 24.10.2011 in Rechnung gestellte Courtage gezahlt. Die Überweisung vom 28.10.2011 erfolgte ohne Rechtsgrund. Die Rückforderung ist auch nicht ausgeschlossen.

1.

Der Beklagten zu 1) stand gegenüber der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung eines Vermittlungsentgeltes zu. Zwar ergibt sich aus § 2 des Maklervertrages vom 21.10.2011 eine Provisionszahlungsverpflichtung der Klägerin. Auf diese Vereinbarung kann sich die Beklagte zu 1) jedoch nicht stützen. § 2 des Maklervertrages ist unwirksam.

Die Unwirksamkeit der für die Klägerin vereinbarten Provisionszahlungspflicht ergibt sich zunächst aus § 2Abs. 5 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 WoVermRG. Nach diesen (zwingenden) Vorschriften steht dem Wohnungsvermittler kein Entgelt für die Wohnungsvermittlung zu, wenn der Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen wird, deren Eigentümer, Verwalter oder Vermieter eine juristische Person ist, an der der Wohnungsvermittler rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist. Das gleiche gilt, wenn eine natürliche oder juristische Person Eigentümer, Verwalter oder Vermieter von Wohnräumen ist und ihrerseits an einer juristischen Person, die sich als Wohnungsvermittler betätigt, rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist. Dies äst hier der Fall. Zwischen den beiden Beklagten und der Eigentümerin des Mietobjekts besteht unstreitig eine wirtschaftliche und rechtliche Verflechtung.

Des Weiteren verstößt § 2 des Maklervertrages gegen das Recht zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zum einen ist die – von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen – angewandte Regelung überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB; denn ein Geschäftspartner der Beklagten muss nicht damit rechnen, dass von ihm – entgegen einem gesetzlichen Verbot – eine Provisionszahlung verlangt wird. Zum anderen benachteiligt die Klausel die Klägerin unangemessen im Sinne von § 307Abs. 1, 2 BGB in Verbindung mit § 2 WoVermRG. Die von den Beklagten – in Kenntnis der zwingenden Vorschrift des § 2 WoVermRG – vorgesehene Pflicht zur Zahlung einer Courtage ist unbillig. Entgegen Treu und Glauben hat die Provisionsregelung (im Zusammenspiel mit § 3 des Maklervertrags) zum Ziel, den Sinn und Zweck des § 2 WoVermRG auszuhebeln und eine vom Gesetzgeber ungewollte Zahlungsverpflichtung zu Lasten des Wohnungssuchenden zu begründen.

3.

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. Insbesondere kann die Beklagte zu 1) nicht argumentieren, die Klägerin habe die Courtage in Kenntnis von § 3 des Maklervertrages bzw. in Kenntnis der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtung der Beklagten gezahlt.

a)

Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Vornahme der Überweisung die in § 814 BGB vorausgesetzte positive Kenntnis von ihrer fehlenden Verpflichtung zur Provisionszahlung hatte. Ungewiss ist, ob die Klägerin allein aus der Lektüre von § 3 des Maklervertrags die zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen hat, sie zahle ohne rechtliche Verpflichtung („freiwillig“) eine „an sich“ nicht geschuldete Maklercourtage. Vielmehr ist es auch möglich, dass die Klägerin (rechtsirrig) von einer Leistungsverpflichtung ausging, zumal sie anderenfalls die Wohnung nicht erhalten hätte. Jedenfalls haben die Beklagten zu einer (vermeintlichen) Kenntnis der Klägerin im Sinne von § 814 BGB nicht näher vorgetragen und auch keinen Beweis angeboten.

Hinzukommt, dass sich die Beklagten widersprüchlich verhalten, wenn sie einerseits von einem selbständigen Provisionsversprechen ausgehen und andererseits eine Zahlung der Klägerin in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes behaupten. Hierauf haben bereits das AG Hamburg-Blankenese und das LG Hamburg in ihren vorhergehenden Entscheidungen aufmerksam gemacht.

b)

Selbst wenn die Klägerin in Kenntnis ihrer Nichtschuld die Maklercourtage gezahlt haben sollte, ist ihr Rückzahlungsanspruch nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1) verhält sich treuwidrig, wenn sie der Klägerin diesen Ausschlusstatbestand entgegenhalten will. § 3 des Maklervertrages dient ersichtlich dazu, den Schutzzweck des § 2 Abs. 2 WoVermRG auszuhebeln und entgegen dem gesetzlichen Verbot in § 2 Abs. 5 WoVermRG eine Zahlungspflicht – unter gleichzeitigem Verstoß gegen §§ 305c, 307 BGB – zum Nachteil der Klägerin zu konstruieren. Da § 3 des Maklervertrages als „Kenntnisverschaffungstat- bestand“ unbillig und unwirksam ist, kann die Klausel nicht dazu dienen, die Vorschrift des § 814 zugunsten des Klauselverwenders zu begründen.

II.

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu als Komplementärin der Beklagten zu 1) folgt – entsprechend den Ausführungen zu I. – aus §§ 128, 161 Abs. 2 HGB.

III.

Die zugesprochenen Zinsen sind aus Verzugsgesichtspunkten begründet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

 

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