AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 2 C 74/18 – Urteil vom 21.11.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung im Hause D. … in … B. Mit einem der Beklagten noch im Oktober 2017 zugegangenen Schreiben vom 24.10.2017 forderte die Klägerin die Beklagte auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete von 409,17 € auf 442,29 € zuzustimmen. Die Wohnung wurde zwischen 1919 und 1949 erbaut, verfügt über Sammelheizung, Bad und Innen-WC und ist 69 qm groß. Der Beklagten steht gegen Zahlung von 30 € netto monatlich ein Pkw-Stellplatz zur Verfügung. In der Küche befindet sich neben der Balkontür eine umschlossene Abstellmöglichkeit. Im Flur befindet sich eine mittels Vorhang verdeckte Nische, in der die Beklagte eine Leiter lagert.
Die Klägerin behauptet, ortsüblich sei eine Miete, die den Mittelwert des Mietspiegelfachs um 40% übersteigt.
Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung D. …, 2. OG, … B., Vertrags.-Nr. … von bisher monatlich 409,17 € um 33,12 € auf monatlich 442,29 € mit Wirkung ab dem 01.01.2018 zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet eine ortsübliche Vergleichsmiete, die den Mittelwert des Mietspiegelfachs um 20% unterschreitet.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Die Klagefrist des § 558 b Abs. 2 S. 2 BGB ist gewahrt, weil die Klage „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO zugestellt wurde. Die Zeitverzögerung, die von der Klägerin zu vertreten ist, betrug weniger als 14 Tage.
Das Erhöhungsverlangen vom 24.10.2017 ist darüber hinaus formell ordnungsgemäß und damit wirksam. Es entspricht den Anforderungen des § 558 a BGB. Es benennt die neue Miete, die für die Einordnung der Wohnung in den Mietspiegel erforderlichen Wohnungsdaten und bezieht sich mit dem Mietspiegel auf ein taugliches Begründungsmittel.
Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zahlt bereits jetzt 5,93 € und damit mehr als die ortsübliche Miete. Ortsüblich ist eine Miete, die dem Mittelwert des Mietspiegelfachs G2 des Berliner Mietspiegels für 2017 entspricht. Das Fach G 2 weist eine Spanne von 4,90 € – 5,65 € – 7,56 € aus. Die innerhalb dieser Spanne liegende ortsübliche Miete ist gem. § 287 ZPO zu schätzen. Hierbei ist die Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung für den Berliner Mietspiegel 2017 heranzuziehen. Sie ist aber nicht bindend und ersetzt nicht das richterliche Ermessen.
Gruppe 1 ist unstreitig negativ, Gruppe 2 ist unstreitig neutral. Gruppe 3 ist gleichfalls neutral. Positiv wirkt sich die Wärmeschutzverglasung aus, negativ die unzureichende Elektroinstallation. Weder die Abstellmöglichkeit in der Küche, noch die Nische im Flur führen zu einer positiven Bewertung in Gruppe 3. Die Abstellmöglichkeit im Flur ist lediglich mit einem Vorhang abgetrennt. Von einer eigenen Kammer oder einem separaten Raum kann nicht die Rede sein. Die Abstellmöglichkeit in der Küche neben der Balkontür ist sehr klein und kann daher nicht als eine Abstellkammer bezeichnet werden. Die Grundfläche ist klein und der umschlossene Raum reicht auch nicht bis zur Decke. Die Abstellmöglichkeit ist auch nicht als Einbauschrank positiv zu bewerten. Ein Einbauschrank zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht in den Raum hineinragt und mit vorhandenen Wänden abschließt. Die in der Küche vorhandene Abstellmöglichkeit ragt aber bis zur Balkontür in die Küche hinein. Der Vorteil, den ein Einbauschrank für die Raumnutzung und die Möblierung bietet, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Gruppe 4 ist unstreitig positiv. Gruppe 5 ist nicht positiv. Negativ wirkt sich die hohe Verkehrslärmbelastung aus. Das Parkplatzangebot bleibt unberücksichtigt, weil es nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Die Beklagte macht für die Überlassung von Wohnraum die Anpassung der Gegenleistungspflicht des Mieters, dass heißt der Miethöhe geltend. Da für die Parkmöglichkeit ein weitergehendes Entgelt verlangt wird, ist der Stellplatz gerade nicht Gegenstand des vertraglichen Äquivalentes von Leistung und Gegenleistung. Die Leistung, für die ein zusätzliches Entgelt vereinbart ist, bleibt daher bei der Bewertung der Gegenleistung, d.h. der ortsüblichen Miete unberücksichtigt. Es ist jedem Mieter von Wohnraum möglich, sich einen Pkw-Stellplatz in der Umgebung der Wohnung zu mieten, nicht notwendig von seinem Wohnungsvermieter. Ob das Wohnumfeld aufwändig gestaltet ist, kann dahin stehen. Selbst wenn das Positivmerkmal erfüllt wäre, wäre Gruppe 5 neutral, nicht aber positiv.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.