Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Arten von baulichen Veränderungen bedürfen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft?
- Was bedeutet „unzumutbare Beeinträchtigung“ im Sinne des WEG und wie wird diese beurteilt?
- Welche formellen Anforderungen gelten für einen Antrag auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung in der Eigentümerversammlung?
- Welche Möglichkeiten habe ich, wenn die Eigentümergemeinschaft meinen Antrag auf eine bauliche Veränderung ablehnt?
- Was bedeutet das Vorbefassungsgebot und welche Konsequenzen hat es, wenn ich es nicht beachte?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: V ZR 86/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bundesgerichtshof
- Datum: 14.02.2025
- Aktenzeichen: V ZR 86/24
- Verfahrensart: Revisionsverfahren (im Wohnungseigentumsrecht)
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Der Kläger: Ein Wohnungseigentümer im Erdgeschoss und Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Er beantragte die gerichtliche Erlaubnis zur Installation von vier Wohnraumentlüftungen mit Fassadendurchbrüchen, nachdem sein Antrag in der Eigentümerversammlung abgelehnt wurde. Er argumentierte, ihm stehe ein Anspruch gemäß § 20 Abs. 3 WEG zu.
- Die Beklagte: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Sie lehnte den Antrag des Klägers in einer Eigentümerversammlung ab, da Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Bausubstanz und den KfW-Standard geäußert wurden.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger beantragte in einer Eigentümerversammlung die Genehmigung für die Installation von vier Wohnraumentlüftungen, was Bohrungen in der Fassade mit einem Durchmesser von ca. 225 mm erfordert hätte. Er legte seinem Antrag ein Foto der geplanten Abdeckungen bei, aber keine weiteren Unterlagen. Die Eigentümerversammlung lehnte den Antrag wegen Bedenken bezüglich der Bausubstanz und des KfW-Standards ab. Der Kläger klagte daraufhin auf gerichtliche Ersetzung der Genehmigung. Seine Klage wurde vom Amtsgericht als unbegründet und vom Landgericht (Berufungsinstanz) als unzulässig abgewiesen.
- Kern des Rechtsstreits: Streit darüber, ob der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Genehmigung der baulichen Veränderung (Installation der Lüftungen) nach § 20 Abs. 3 WEG hat, und ob seine Klage nach der Abweisung durch die Vorinstanzen zulässig und begründet ist. Insbesondere stand die Frage im Raum, ob die Klage zu Recht vom Landgericht als unzulässig abgewiesen wurde.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wurde aufgehoben. Der Rechtsstreit wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
- Folgen: Das Landgericht muss den Fall erneut prüfen und eine neue Entscheidung treffen. Die Frage, ob der Kläger die Lüftungen anbringen darf und ob seine Klage zulässig und begründet ist, ist damit wieder offen. Das Landgericht wird im Rahmen seiner neuen Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden müssen.
Der Fall vor Gericht
Streit um Wanddurchbruch: BGH erleichtert Klage für Wohnungseigentümer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil die Rechte einzelner Wohnungseigentümer gestärkt, die bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum gerichtlich durchsetzen wollen. Das Urteil vom 14. Februar 2025 (Az.: V ZR 86/24) stellt klar, unter welchen Voraussetzungen eine Klage auf Zustimmung zu einer solchen Maßnahme zulässig ist, auch wenn zuvor nicht alle Detailinformationen in der Eigentümerversammlung vorgelegt wurden.
Der Fall im Detail: Streit um Wohnraumentlüftung
Ein Wohnungseigentümer wollte in seiner Erdgeschosswohnung vier Wohnraumentlüftungen installieren. Dies erforderte Bohrungen durch die Außenfassade mit einem Durchmesser von etwa 22,5 Zentimetern. Er beantragte die Genehmigung in der Eigentümerversammlung und legte ein Foto der geplanten äußeren Abdeckungen bei, die farblich an die Fassade angepasst werden sollten. Er versicherte zudem die Einhaltung des KfW-Standards.
Die Ablehnung durch die Eigentümergemeinschaft
In der Eigentümerversammlung äußerten andere Mitglieder Bedenken. Sie sorgten sich um mögliche negative Auswirkungen der Bohrungen auf die Bausubstanz und den Energiestandard (KfW-Standard) des Gebäudes. Da der Antragsteller keine weiteren technischen Unterlagen oder Gutachten vorgelegt hatte, lehnte die Versammlung den Antrag ab.
Der Gang durch die Instanzen
Der betroffene Eigentümer zog daraufhin vor Gericht. Er war der Ansicht, einen Anspruch auf die Genehmigung nach § 20 Abs. 3 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zu haben. Diese Vorschrift erlaubt einzelnen Eigentümern bauliche Veränderungen, solange andere dadurch nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Er erhob eine sogenannte Beschlussersetzungsklage, mit der das Gericht die fehlende Zustimmung der Gemeinschaft ersetzen sollte.
Entscheidung des Amtsgerichts
Das zunächst zuständige Amtsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Es ging also davon aus, dass der Eigentümer in der Sache keinen Anspruch auf die Genehmigung der Maßnahme hatte.
Urteil des Landgerichts: Klage unzulässig
Der Eigentümer legte Berufung beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein. Dieses wies die Berufung ebenfalls zurück, änderte aber die Begründung: Die Klage sei bereits unzulässig. Das Gericht argumentierte, der Kläger habe das sogenannte Vorbefassungsgebot nicht ausreichend beachtet. Dieses Gebot verlangt, dass ein Eigentümer zunächst die Eigentümerversammlung mit seinem Anliegen befassen muss, bevor er klagt.
Nach Ansicht des Landgerichts reiche es bei Anträgen nach § 20 Abs. 3 WEG nicht aus, das Thema nur anzusprechen. Der Antragsteller müsse der Versammlung alle notwendigen Informationen – gegebenenfalls auch durch private Gutachten – zur Verfügung stellen, damit die anderen Eigentümer die Folgen der Maßnahme beurteilen können. Da der Kläger dies versäumt habe, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis für die Klage.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und gab dem Kläger im Punkt der Zulässigkeit seiner Klage Recht. Die obersten Zivilrichter stellten klar, dass die Anforderungen an die Vorbefassung durch das Landgericht zu hoch angesetzt wurden.
Zulässigkeit der Klage bestätigt
Der BGH bestätigte zwar, dass das Vorbefassungsgebot auch für Beschlussersetzungsklagen nach neuem WEG-Recht gilt. Ein Eigentümer muss sich grundsätzlich um eine Entscheidung der Versammlung bemühen, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG). Dies diene dazu, die primäre Zuständigkeit der Eigentümerversammlung zu wahren.
Das Vorbefassungsgebot neu bewertet
Entscheidend ist jedoch, was für eine ausreichende Vorbefassung erforderlich ist. Laut BGH genügt es, wenn der Eigentümer sein Begehren – also die gewünschte Bauliche Veränderung – der Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung unterbreitet hat. Dass die Versammlung den Antrag dann ablehnt, weil ihr die Informationen nicht ausreichen, macht die spätere Klage nicht unzulässig.
Keine Pflicht zur Vorlage umfassender Gutachten vorab
Der BGH widersprach der Auffassung des Landgerichts, dass der antragstellende Eigentümer bereits vor der Versammlung umfassende Informationen und Gutachten beschaffen und vorlegen muss, um das Vorbefassungsgebot zu erfüllen. Die Frage, ob die Maßnahme tatsächlich genehmigungsfähig ist (also ob Nachteile für andere Eigentümer ausgeschlossen sind), ist eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht ihrer Zulässigkeit.
Ob die notwendigen Informationen vorliegen und ob die Maßnahme den Anforderungen des § 20 Abs. 3 WEG genügt, muss das Gericht im Laufe des Verfahrens prüfen. Es ist nicht Aufgabe der Eigentümergemeinschaft, auf eigene Kosten Informationen für den Antrag eines einzelnen Eigentümers zu beschaffen. Umgekehrt kann dem Kläger aber auch nicht das Recht zur Klage verwehrt werden, nur weil er nicht schon zur Versammlung alle potenziell relevanten technischen Details geklärt hat.
Zurückverweisung an das Landgericht
Da das Landgericht die Klage fälschlicherweise als unzulässig abgewiesen hatte, hob der BGH dessen Urteil auf. Der Fall wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob der Kläger in der Sache einen Anspruch auf Genehmigung der Lüftungsanlage hat. Dabei wird es auf die konkreten Auswirkungen der Bohrungen auf Bausubstanz und KfW-Standard ankommen – Beweise hierfür können nun im Gerichtsverfahren vorgelegt und bewertet werden.
Bedeutung für betroffene Wohnungseigentümer und Gemeinschaften
Dieses Urteil hat erhebliche praktische Bedeutung für Wohnungseigentümer, die Umbauten oder Modernisierungen planen, welche das Gemeinschaftseigentum betreffen.
Erleichterter Zugang zum Gericht
Die Entscheidung erleichtert den Zugang zu den Gerichten für Eigentümer, deren Anträge auf bauliche Veränderungen von der Eigentümerversammlung abgelehnt werden. Sie müssen nicht mehr befürchten, dass ihre Klage bereits an formalen Hürden scheitert, nur weil sie nicht vorab teure Gutachten eingeholt haben, um die Versammlung umfassend zu informieren.
Informationspflicht bleibt bestehen – aber im Prozess
Wichtig ist jedoch: Das Urteil befreit den Eigentümer nicht von der Pflicht, die Unbedenklichkeit seiner Maßnahme nachzuweisen. Diese Nachweispflicht verlagert sich aber in das gerichtliche Verfahren. Dort muss der Kläger dann darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 WEG erfüllt sind, insbesondere dass andere Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Hierfür können dann auch Gutachten erforderlich sein.
Klarstellung zum Vorbefassungsgebot
Das Urteil schafft Klarheit darüber, was das Vorbefassungsgebot im Kontext von § 20 Abs. 3 WEG bedeutet: Antrag stellen und zur Abstimmung bringen genügt für die Zulässigkeit einer späteren Klage. Die inhaltliche Überzeugungsarbeit und Beweisführung sind dann Teil des gerichtlichen Verfahrens.
Fokus auf materielle Prüfung
Gerichte müssen sich nach einer Ablehnung durch die Versammlung auf die materielle Prüfung konzentrieren: Besteht der Anspruch auf Duldung der Maßnahme oder nicht? Die Klage darf nicht aus formalen Gründen abgewiesen werden, weil die Informationslage in der Versammlung als unzureichend bewertet wurde. Dies stärkt die individuelle Gestaltungsfreiheit von Wohnungseigentümern im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.
Fazit und Ausblick
Der BGH hat mit diesem Urteil eine praxisrelevante Frage zur Zulässigkeit von Beschlussersetzungsklagen geklärt. Eigentümer, die bauliche Veränderungen nach § 20 Abs. 3 WEG anstreben, müssen ihren Antrag zwar der Eigentümerversammlung vorlegen. Sie müssen aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt alle denkbaren technischen Fragen geklärt und dokumentiert haben, um später erfolgreich klagen zu können. Ob der Kläger im konkreten Fall seine Wohnraumentlüftung letztlich installieren darf, muss nun das Landgericht nach erneuter Prüfung entscheiden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das BGH-Urteil stellt klar, dass bei einer Beschlussersetzungsklage nach § 20 Abs. 3 WEG für die Zulässigkeit bereits ausreicht, dass der Eigentümer seinen Antrag in einer Eigentümerversammlung gestellt hat, auch wenn er dort nicht alle technischen Details oder Gutachten vorgelegt hat. Das Gericht widerspricht damit der strengeren Auffassung, wonach der Eigentümer bereits in der Versammlung umfassende Informationsmaterialien hätte vorlegen müssen. Für Wohnungseigentümer bedeutet dies eine wichtige Erleichterung, da sie bei Ablehnung eines Antrags (wie hier zur Installation einer Wohnraumentlüftung) ihren Rechtsweg beschreiten können, ohne vorher kostspielige Gutachten besorgen zu müssen, was den Zugang zum Rechtsschutz vereinfacht.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Wohnungseigentümer zum Thema bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum
Planen Sie als Wohnungseigentümer Umbauten wie das Einreißen von Wänden oder Fassadendurchbrüche, berühren Sie oft auch das Gemeinschaftseigentum. Ein aktuelles BGH-Urteil (Az. V ZR 86/24) befasst sich mit dem Anspruch eines Eigentümers auf Gestattung solcher Maßnahmen. Diese Tipps helfen Ihnen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Klären Sie die Eigentumsverhältnisse: Sondereigentum vs. Gemeinschaftseigentum
Bevor Sie mit Umbaumaßnahmen beginnen, prüfen Sie genau, welche Teile des Gebäudes betroffen sind. Reine Veränderungen an Ihrem Sondereigentum (z.B. neuer Innenanstrich, nichttragende Innenwand versetzen) sind meist ohne Zustimmung der Gemeinschaft möglich. Sobald jedoch Gemeinschaftseigentum (z.B. tragende Wände, Fassade, Dach, Fenster) betroffen ist, gelten die Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG).
⚠️ ACHTUNG: Die Abgrenzung ist nicht immer einfach. Tragende Wände innerhalb Ihrer Wohnung gehören zwingend zum Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie nur Ihr Sondereigentum umschließen. Fassadendurchbrüche betreffen immer das Gemeinschaftseigentum.
Tipp 2: Stellen Sie einen formellen Antrag bei der Eigentümerversammlung
Für jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum benötigen Sie grundsätzlich einen Beschluss der Eigentümerversammlung. Reichen Sie rechtzeitig vor der nächsten Versammlung einen detaillierten, schriftlichen Antrag beim Verwalter ein, der beschreibt, was genau Sie planen (Art, Umfang, technische Details, Optik). Nur so kann die Gemeinschaft einen wirksamen Beschluss fassen.
Beispiel: Sie möchten eine Klimaanlage mit Außengerät an der Fassade anbringen. Ihr Antrag sollte die genaue Position, die Größe des Geräts, die Art der Fassadendurchbrüche und eventuell eine optische Darstellung enthalten.
⚠️ ACHTUNG: Ohne Beschluss oder gerichtliche Gestattung durchgeführte bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sind rechtswidrig und können zu Rückbauansprüchen und Schadensersatzforderungen führen.
Tipp 3: Prüfen Sie Ihren Anspruch auf Gestattung nach § 20 Abs. 3 WEG
Auch wenn die Eigentümerversammlung Ihren Antrag ablehnt, haben Sie unter Umständen einen Rechtsanspruch darauf, dass Ihnen die Maßnahme gestattet wird. Gemäß § 20 Abs. 3 WEG können Sie die Gestattung verlangen, wenn die bauliche Veränderung die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet und keinen Miteigentümer unbillig benachteiligt. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die zu einer Modernisierung oder Anpassung an den Stand der Technik führen.
⚠️ ACHTUNG: Die Begriffe „grundlegende Umgestaltung“ und „unbillige Benachteiligung“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Ob Ihr Vorhaben darunterfällt, muss im Einzelfall geprüft werden – hier ist oft juristischer Rat sinnvoll.
Tipp 4: Holen Sie bei Ablehnung rechtlichen Rat ein und erwägen Sie Klage
Lehnt die Eigentümerversammlung Ihren Antrag ab, obwohl Sie meinen, einen Anspruch nach § 20 Abs. 3 WEG zu haben, können Sie diesen gerichtlich durchsetzen. Hierzu ist eine sogenannte Beschlussersetzungsklage beim zuständigen Amtsgericht zu erheben. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für Ihren Anspruch vorliegen und kann die Zustimmung der Gemeinschaft ersetzen.
⚠️ ACHTUNG: Beachten Sie die Verjährungsfristen für Ihren Anspruch. Zögern Sie nicht zu lange, rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre Möglichkeiten und die Erfolgsaussichten einer Klage bewerten zu lassen.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
- Kosten: Die Kosten für eine bauliche Veränderung, die einem Eigentümer gestattet oder von ihm beansprucht wird, muss dieser in der Regel selbst tragen (§ 21 Abs. 1 WEG). Etwas anderes kann durch Beschluss vereinbart werden, wenn alle Eigentümer zustimmen.
- Privilegierte Maßnahmen: Bestimmte Maßnahmen wie Barrierefreiheit, E-Mobilität, Einbruchschutz und Telekommunikation können gemäß § 20 Abs. 2 WEG privilegiert sein. Hier ist der Anspruch auf Gestattung noch stärker, die Gemeinschaft entscheidet nur noch über die Art der Durchführung. Ihr Fall (Wohnraumentlüftung) fällt aber eher unter § 20 Abs. 3 WEG.
- Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung: Prüfen Sie, ob Ihre Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung spezielle Regelungen zu baulichen Veränderungen enthält. Diese sind zu beachten, soweit sie nicht gegen zwingendes Recht verstoßen.
✅ Checkliste: Bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum
- Ist Gemeinschaftseigentum betroffen (z.B. Fassade, tragende Wand)?
- Wurde ein detaillierter Antrag rechtzeitig bei der Verwaltung eingereicht?
- Liegt ein (positiver oder negativer) Beschluss der Eigentümerversammlung vor?
- Falls abgelehnt: Liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gestattung nach § 20 Abs. 3 WEG vor (keine grundlegende Umgestaltung, keine unbillige Benachteiligung)?
- Wurde bei Ablehnung rechtlicher Rat zur Prüfung einer Beschlussersetzungsklage eingeholt?
- Ist die Kostenfrage geklärt?
Benötigen Sie Hilfe?
Rechte als Wohnungseigentümer durchsetzen
Fühlen Sie sich durch die Entscheidung Ihrer Eigentümergemeinschaft in Ihren Rechten eingeschränkt, bauliche Veränderungen an Ihrem Eigentum vorzunehmen? Die rechtlichen Auseinandersetzungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft können komplex sein. Oftmals ist es schwierig, die eigenen Rechte und Pflichten richtig einzuschätzen und durchzusetzen.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Situation rechtlich zu bewerten und Ihre Möglichkeiten auszuloten. Unser erfahrenes Team steht Ihnen zur Seite, um Ihre Interessen gegenüber der Eigentümergemeinschaft oder vor Gericht zu vertreten. Nehmen Sie noch heute Kontakt mit uns auf und schildern Sie uns Ihr Anliegen für eine erste Einschätzung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Arten von baulichen Veränderungen bedürfen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft?
Grundsätzlich gilt: Fast jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum oder eine solche, die das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes betrifft, benötigt die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt dies klar. Es geht dabei nicht nur um große Umbauten.
Was ist eine bauliche Veränderung im Sinne des WEG?
Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn der ursprüngliche Zustand des Gemeinschaftseigentums auf Dauer umgestaltet wird. Dies geht über die reine Instandhaltung (Reparatur) oder Instandsetzung (Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) hinaus.
- Entscheidend ist, ob das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Dazu zählen typischerweise:
- Tragende Wände, Decken, das Dach
- Die Fassade und das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes
- Fenster und Außentüren (oft, Details regelt die Teilungserklärung)
- Das Treppenhaus, Flure, Eingangsbereiche
- Gemeinschaftliche Versorgungsleitungen (bis zum Abzweig in die Wohnung)
- Gemeinschaftsgärten, Höfe, Wege, Stellplätze
- Auch optische Veränderungen zählen: Selbst wenn nicht direkt in die Bausubstanz eingegriffen wird, kann eine Veränderung zustimmungspflichtig sein, wenn sie das Gesamtbild der Wohnanlage beeinträchtigt.
Beispiele für zustimmungspflichtige bauliche Veränderungen:
- Anbau oder Verglasung eines Balkons
- Einbau neuer oder zusätzlicher Dachfenster
- Anbringung einer Markise oder Satellitenschüssel an der Fassade
- Installation einer Wallbox für Elektroautos (hier besteht oft ein Anspruch auf Gestattung, aber die Gemeinschaft entscheidet über die Art der Durchführung)
- Umbau oder wesentliche Neugestaltung von gemeinschaftlichen Gartenflächen
- Errichtung eines Gartenhauses oder Zauns auf Gemeinschaftsflächen
- Veränderung der Fassadenfarbe oder -struktur
- Einbau einer Klimaanlage mit sichtbarem Außengerät
- Austausch der Wohnungseingangstür, wenn diese zum Gemeinschaftseigentum zählt
Gemeinschaftseigentum vs. Sondereigentum
Der Schlüssel zur Frage der Zustimmungspflicht liegt in der Unterscheidung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum.
- Sondereigentum: Das ist im Wesentlichen Ihre Wohnung selbst – die Räume, nichttragende Innenwände, Bodenbeläge, Tapeten, Sanitärobjekte innerhalb der Wohnung. Maßnahmen, die ausschließlich Ihr Sondereigentum betreffen und weder das Gemeinschaftseigentum noch andere Eigentümer beeinträchtigen, bedürfen in der Regel keiner Zustimmung (z.B. Wände streichen, neuen Teppich verlegen).
- Gemeinschaftseigentum: Alles andere, was allen Eigentümern gemeinsam gehört (siehe Beispiele oben). Hier ist für bauliche Veränderungen fast immer ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft erforderlich.
Die genaue Abgrenzung, was zum Sonder- und was zum Gemeinschaftseigentum gehört, finden Sie in der Teilungserklärung und dem dazugehörigen Aufteilungsplan Ihrer Eigentümergemeinschaft.
Die Teilungserklärung ist wichtig
Ihre Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung können spezielle Regelungen enthalten. Manchmal sind bestimmte bauliche Veränderungen dort bereits erlaubt, generell verboten oder es sind besondere Mehrheiten für die Zustimmung vorgeschrieben. Ein Blick in diese Dokumente ist daher unerlässlich, bevor Sie eine bauliche Veränderung planen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Planen Sie eine Veränderung, die über das Streichen Ihrer Innenwände hinausgeht und möglicherweise Außenbereiche, die Bausubstanz oder das gemeinsame Erscheinungsbild betrifft, sollten Sie davon ausgehen, dass Sie die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft benötigen. Holen Sie diese Zustimmung vor Beginn der Maßnahme durch einen Beschluss in der Eigentümerversammlung ein.
Was bedeutet „unzumutbare Beeinträchtigung“ im Sinne des WEG und wie wird diese beurteilt?
Der Begriff „unzumutbare Beeinträchtigung“ ist entscheidend, wenn es um bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) geht. Einfach gesagt: Eine Beeinträchtigung ist dann unzumutbar, wenn sie für andere Wohnungseigentümer nicht mehr hinnehmbar ist und über eine bloße Kleinigkeit oder Unannehmlichkeit hinausgeht.
Ob eine Beeinträchtigung unzumutbar ist, wird nicht pauschal, sondern immer im Einzelfall entschieden. Es findet eine Abwägung der Interessen statt: Die Vorteile und das Interesse des Eigentümers, der die bauliche Veränderung wünscht, werden gegen die Nachteile und Interessen der anderen Eigentümer abgewogen.
Was wird bei der Beurteilung berücksichtigt?
Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung unzumutbar ist, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Entscheidend ist, wie stark die anderen Miteigentümer durch die geplante Maßnahme konkret gestört oder benachteiligt werden. Typische Aspekte sind:
- Optische Veränderungen: Verändert die Maßnahme das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich und negativ? Passt sie optisch überhaupt nicht zum Gesamtbild? Eine grellbunte Fassadenänderung könnte beispielsweise als unzumutbar angesehen werden.
- Lärm: Führt die bauliche Veränderung oder deren Nutzung zu erheblichem Lärm, der die Nachbarn stört? Denken Sie zum Beispiel an ein laut brummendes Außengerät einer Klimaanlage direkt unter dem Schlafzimmerfenster eines Nachbarn.
- Lichtentzug oder Schattenwurf: Nimmt die Maßnahme anderen Wohnungen Licht weg oder wirft sie dauerhaft Schatten, zum Beispiel durch einen sehr großen Balkonanbau?
- Beeinträchtigung der Nutzung: Wird die Nutzung des eigenen Sondereigentums (Wohnung, Balkon) oder des Gemeinschaftseigentums (z.B. Garten, Wege) für andere Eigentümer erschwert oder unmöglich gemacht?
- Gerüche oder Emissionen: Gehen von der Veränderung unangenehme Gerüche oder andere Ausdünstungen aus?
- Wertminderung: Führt die Maßnahme nachweislich zu einer Wertminderung anderer Wohnungen? Dies ist oft schwer nachzuweisen, kann aber eine Rolle spielen.
- Eingriffe in die Substanz oder Sicherheit: Werden tragende Teile verändert oder entsteht eine Gefahr für das Gebäude oder andere Bewohner?
Wichtig ist: Nicht jede kleine Veränderung oder jeder geringfügige Nachteil stellt gleich eine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Das normale Zusammenleben in einer WEG erfordert eine gewisse gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz.
Beispiele aus der Praxis
Um das Ganze greifbarer zu machen:
- Anbringen einer Markise: Das Anbringen einer dezenten, farblich passenden Markise wird oft hingenommen. Eine riesige, quietschbunte Markise, die fest in die Fassade gebohrt wird und den Gesamteindruck stark stört, könnte hingegen als unzumutbare optische Beeinträchtigung gewertet werden.
- Installation einer Klimaanlage: Die Installation eines Klimageräts mit einem Außenteil kann problematisch sein. Ist das Gerät sehr laut, optisch störend an einer gut sichtbaren Stelle angebracht oder tropft Kondenswasser auf den Balkon des Nachbarn, kann dies als unzumutbare Beeinträchtigung gelten.
Was bedeutet das für Wohnungseigentümer?
Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer das Recht, bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum auf eigene Kosten durchzuführen (§ 20 Abs. 1 WEG). Die anderen Eigentümer müssen dem zustimmen. Diese Zustimmungspflicht entfällt jedoch, wenn die Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder einen anderen Wohnungseigentümer unzumutbar beeinträchtigt (§ 20 Abs. 4 WEG).
Ob eine Beeinträchtigung im konkreten Fall „unzumutbar“ ist, hängt also stark von den Umständen des Einzelfalls und der Intensität der Störung ab. Es ist eine Abwägungsentscheidung, bei der die Gerichte im Streitfall das letzte Wort haben.
Welche formellen Anforderungen gelten für einen Antrag auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung in der Eigentümerversammlung?
Damit Ihr Antrag auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung (also einer Umgestaltung oder Modernisierung am Gemeinschafts- oder Sondereigentum, die über die reine Instandhaltung hinausgeht) in der Eigentümerversammlung behandelt werden kann, muss er klar, verständlich und ausreichend detailliert sein. Die anderen Miteigentümer müssen genau verstehen können, was Sie planen und welche Auswirkungen dies auf das Gebäude und die Gemeinschaft haben könnte.
Inhalt des Antrags – Was muss rein?
Stellen Sie sich vor, Ihre Nachbarn sollen über den Anbau eines Balkons an Ihrer Wohnung abstimmen. Damit sie eine fundierte Entscheidung treffen können, benötigen sie genaue Informationen. Ein unzureichend informierter Antrag kann dazu führen, dass er nicht behandelt oder der darauf basierende Beschluss später für ungültig erklärt wird.
Üblicherweise sollte Ihr Antrag daher Folgendes enthalten:
- Genaue Beschreibung der Maßnahme: Was genau soll gebaut oder verändert werden? Beschreiben Sie das Vorhaben so präzise wie möglich. (z.B. „Errichtung eines Balkons an der Westfassade meiner Wohnung Nr. 5 im 2. OG“, nicht nur „Balkonanbau“).
- Pläne und Zeichnungen: Aussagekräftige Pläne (Grundrisse, Ansichten, Schnitte) sind meist unerlässlich, um die optische und räumliche Wirkung der Veränderung darzustellen. Maße sollten klar erkennbar sein.
- Technische Daten: Angaben zu verwendeten Materialien, Farben, zur Bauweise oder zu technischen Geräten (z.B. bei Klimaanlagen: Lautstärke, Energieeffizienz) können wichtig sein.
- Gegebenenfalls Gutachten oder Stellungnahmen: Bei größeren Eingriffen, insbesondere wenn die Statik des Gebäudes oder der Schallschutz betroffen sein könnten, kann die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens erforderlich sein, um Bedenken auszuräumen. Auch Informationen zu erwartenden Beeinträchtigungen während der Bauphase (Lärm, Schmutz) können relevant sein.
Ziel ist es, den anderen Eigentümern eine klare Vorstellung davon zu vermitteln, worüber sie abstimmen sollen. Je umfangreicher die geplante Veränderung, desto detaillierter müssen in der Regel die Informationen sein.
Weg zur Tagesordnung – Wie kommt der Antrag in die Versammlung?
Ihr Antrag muss als eigener Punkt auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung gesetzt werden. Nur über Punkte, die in der Einladung zur Versammlung klar benannt wurden, kann wirksam abgestimmt werden.
- Reichen Sie Ihren Antrag rechtzeitig beim Verwalter ein. Dieser ist für die Erstellung der Tagesordnung und den Versand der Einladungen verantwortlich. Teilen Sie dem Verwalter schriftlich mit, dass Sie die Abstimmung über Ihre geplante bauliche Veränderung wünschen und legen Sie alle notwendigen Informationen und Unterlagen bei.
- Fordern Sie den Verwalter auf, den Antrag als konkreten Beschlussantrag (also als einen klar formulierten Vorschlag, über den abgestimmt werden kann) in die Tagesordnung aufzunehmen.
Fristen beachten – Wann muss der Antrag gestellt werden?
Das Gesetz schreibt vor, dass die Einladung zur Eigentümerversammlung mindestens drei Wochen vor dem Termin bei den Eigentümern eingehen muss (§ 24 Abs. 4 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz – WEG).
- Ihr Antrag muss dem Verwalter deutlich vor Ablauf dieser Drei-Wochen-Frist vorliegen. Planen Sie ausreichend Pufferzeit ein, damit der Verwalter Ihren Antrag prüfen, eventuell Rückfragen stellen und ihn zusammen mit den notwendigen Unterlagen rechtzeitig mit der Einladung an alle Eigentümer versenden kann.
- Eine genaue gesetzliche Frist, wie lange vorher der Antrag beim Verwalter sein muss, gibt es nicht. Es empfiehlt sich jedoch eine möglichst frühzeitige Einreichung, oft mehrere Wochen vor dem gewünschten Versand der Einladung. Prüfen Sie auch, ob Ihre Gemeinschaftsordnung eventuell eigene Regelungen hierzu enthält.
Wenn Ihr Antrag vollständig ist und rechtzeitig eingereicht wurde, steht einer Behandlung in der Eigentümerversammlung formal nichts im Wege.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn die Eigentümergemeinschaft meinen Antrag auf eine bauliche Veränderung ablehnt?
Wenn die Eigentümergemeinschaft Ihren Antrag auf eine bauliche Veränderung in einer Eigentümerversammlung abgelehnt hat, bedeutet das nicht zwangsläufig das Ende Ihres Vorhabens. Es gibt verschiedene Wege, wie Sie weiter vorgehen können.
Gerichtliche Überprüfung des Ablehnungsbeschlusses
Ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der Ihren Antrag ablehnt, kann unter bestimmten Voraussetzungen gerichtlich überprüft werden. Hierfür gibt es die Beschlussanfechtungsklage.
- Was ist das? Mit dieser Klage können Sie beantragen, dass das zuständige Amtsgericht den ablehnenden Beschluss für ungültig erklärt.
- Wann kommt das in Frage? Eine Anfechtung ist möglich, wenn der Beschluss fehlerhaft zustande gekommen ist (z.B. Fehler bei der Einladung zur Versammlung oder bei der Abstimmung) oder wenn der Inhalt des Beschlusses gegen das Gesetz, die Gemeinschaftsordnung oder eine Vereinbarung der Eigentümer verstößt.
- Wichtige Frist: Sie müssen die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim Gericht einreichen. Die Begründung für die Klage muss spätestens innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung erfolgen. Wird diese Frist versäumt, wird der Beschluss bestandskräftig, auch wenn er fehlerhaft war.
- Was passiert bei Erfolg? Wird der Beschluss für ungültig erklärt, ist die Ablehnung Ihres Antrags damit hinfällig. Das bedeutet aber noch nicht automatisch, dass Ihre Maßnahme genehmigt ist. Es kann sein, dass die Gemeinschaft erneut darüber abstimmen muss.
Anspruch auf Zustimmung gerichtlich durchsetzen
Unabhängig davon, ob der Ablehnungsbeschluss fehlerhaft war, können Sie unter Umständen einen rechtlichen Anspruch darauf haben, dass Ihrer baulichen Veränderung zugestimmt wird. Diesen Anspruch können Sie mit einer Klage auf Gestattung (auch Beschlussersetzungsklage genannt) gerichtlich durchsetzen.
- Was ist das? Mit dieser Klage beantragen Sie, dass das Gericht die fehlende Zustimmung der Eigentümergemeinschaft ersetzt.
- Wann kommt das in Frage? Ein Anspruch auf Zustimmung besteht insbesondere bei sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen. Dazu zählen laut Wohnungseigentumsgesetz (§ 20 Abs. 2 WEG) Maßnahmen, die
- dem barrierefreien Umbau dienen (z.B. Einbau eines Treppenlifts),
- der Elektromobilität dienen (z.B. Installation einer Wallbox für E-Autos),
- dem Einbruchschutz dienen, oder
- dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität (z.B. Glasfaser) dienen. Bei diesen Maßnahmen muss die Gemeinschaft in der Regel zustimmen. Eine Ablehnung ist nur ausnahmsweise möglich, etwa wenn die Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder andere Eigentümer unzumutbar benachteiligt.
- Auch bei anderen, nicht-privilegierten baulichen Veränderungen kann eine Klage auf Zustimmung Erfolg haben, wenn die Ablehnung durch die Gemeinschaft ohne triftigen Grund erfolgte und willkürlich erscheint. Die Hürden hierfür sind jedoch höher.
- Frist: Für die Klage auf Gestattung gibt es keine spezielle Monatsfrist wie bei der Anfechtungsklage. Sie kann oft auch zusammen mit einer Anfechtungsklage erhoben werden.
- Was passiert bei Erfolg? Gibt das Gericht Ihrer Klage statt, ersetzt das Urteil die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Sie dürfen die bauliche Veränderung dann wie beantragt durchführen (ggf. unter Auflagen des Gerichts).
Alternative Wege zur Einigung
Nicht jeder Konflikt muss vor Gericht enden. Bevor Sie rechtliche Schritte einleiten, können auch außergerichtliche Methoden sinnvoll sein:
- Erneutes Gespräch: Manchmal beruht eine Ablehnung auf Missverständnissen oder fehlenden Informationen. Suchen Sie das Gespräch mit dem Verwalter oder Miteigentümern, erklären Sie Ihr Vorhaben nochmals und versuchen Sie, Bedenken auszuräumen oder Kompromisse zu finden. Vielleicht lässt sich der Antrag mit kleinen Änderungen erneut zur Abstimmung stellen.
- Mediation: Eine Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter (Mediator) die Kommunikation zwischen Ihnen und der Eigentümergemeinschaft unterstützt. Ziel ist es, gemeinsam eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden. Eine Mediation ist freiwillig und kann oft kostengünstiger und schneller sein als ein Gerichtsverfahren. Sie hilft zudem, das nachbarschaftliche Verhältnis nicht unnötig zu belasten. Ein Erfolg ist jedoch nicht garantiert, da alle Beteiligten zustimmen müssen.
Welche Option in Ihrer spezifischen Situation die passende ist, hängt von den genauen Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Art der baulichen Veränderung und den Gründen für die Ablehnung.
Was bedeutet das Vorbefassungsgebot und welche Konsequenzen hat es, wenn ich es nicht beachte?
Das Vorbefassungsgebot ist ein wichtiger Grundsatz im Wohnungseigentumsrecht (WEG-Recht). Es besagt vereinfacht: Bevor Sie als Wohnungseigentümer wegen einer Angelegenheit, die die Gemeinschaft betrifft, vor Gericht ziehen, müssen Sie grundsätzlich zuerst versucht haben, eine Klärung oder Entscheidung innerhalb der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen. Das wichtigste Gremium hierfür ist die Eigentümerversammlung.
Warum zuerst die Eigentümerversammlung?
Die Idee dahinter ist, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Angelegenheiten möglichst eigenverantwortlich regeln soll. Die Gemeinschaft soll die Chance erhalten, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und selbst eine Lösung zu finden, bevor die Gerichte eingeschaltet werden. Dies stärkt die Selbstverwaltung der Gemeinschaft und soll die Gerichte entlasten. Dies gilt insbesondere für Anliegen, über die die Eigentümerversammlung durch Beschluss entscheiden kann, wie zum Beispiel oft bei der Zustimmung zu baulichen Veränderungen.
Was passiert bei Missachtung?
Wenn Sie als Eigentümer direkt Klage bei Gericht einreichen, ohne Ihr Anliegen vorher in die Eigentümerversammlung eingebracht zu haben, kann das erhebliche Konsequenzen haben. Das Gericht kann Ihre Klage als unzulässig abweisen. Das bedeutet: Das Gericht prüft gar nicht erst, ob Sie in der Sache Recht hätten, sondern weist die Klage aus formellen Gründen ab, weil eben der notwendige Schritt der Vorbefassung fehlt. Die Kosten des Gerichtsverfahrens müssen Sie in diesem Fall in der Regel selbst tragen.
Wie befasst man die Eigentümerversammlung korrekt?
Um dem Vorbefassungsgebot nachzukommen, müssen Sie Ihr Anliegen förmlich zum Gegenstand einer Eigentümerversammlung machen. Das geschieht typischerweise so:
- Sie stellen beim Verwalter (oder, falls es keinen gibt, bei den Miteigentümern) einen Antrag, Ihr Anliegen auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu setzen. Dieser Antrag sollte klar formuliert sein und erkennen lassen, worüber diskutiert und eventuell abgestimmt werden soll.
- In der Eigentümerversammlung wird Ihr Antrag dann behandelt. Es sollte eine Diskussion darüber stattfinden und idealerweise eine Beschlussfassung erfolgen (entweder wird Ihrem Anliegen zugestimmt oder es wird abgelehnt).
- Wichtig ist, dass die Befassung mit Ihrem Antrag im Protokoll der Eigentümerversammlung festgehalten wird. Dieses Protokoll dient später als Nachweis dafür, dass Sie die Gemeinschaft ordnungsgemäß befasst haben.
Nur wenn die Eigentümerversammlung sich mit Ihrem Anliegen befasst hat (und Sie vielleicht mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind oder die Gemeinschaft untätig bleibt), ist der Weg zum Gericht in der Regel eröffnet. Es gibt wenige Ausnahmen von diesem Grundsatz, beispielsweise in sehr dringenden Eilfällen.
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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Gemeinschaftseigentum
Dies bezeichnet alle Teile eines Gebäudes und Grundstücks, die nicht zum Sondereigentum gehören und somit allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehen. Dazu zählen typischerweise das Grundstück selbst, tragende Wände, das Dach, das Treppenhaus, die Fassade und gemeinsame Anlagen wie Heizung oder Aufzug. Über die Nutzung und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums entscheiden die Wohnungseigentümer in der Regel gemeinsam. Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, wie im Text der Fassadendurchbruch, bedürfen meist der Zustimmung der anderen Eigentümer oder eines Gerichtsurteils.
Relevant sind hier vor allem die Regelungen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere § 1 Abs. 5 WEG (Definition) und § 5 Abs. 2 WEG (zwingendes Gemeinschaftseigentum).
Beispiel: Ein Wohnungseigentümer möchte einen Balkon anbauen. Da die Außenwand und die Fassade zum Gemeinschaftseigentum gehören, benötigt er hierfür die Zustimmung der anderen Eigentümer oder eine gerichtliche Gestattung.
Bauliche Veränderung
Eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsrechts ist jede auf Dauer angelegte Maßnahme, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums hinausgeht und dessen ursprünglichen Zustand verändert. Dies umfasst Umbauten, Anbauten oder wie im Textbeispiel die Installation von Lüftungsanlagen mit Durchbrüchen in der Fassade. Solche Maßnahmen bedürfen nach § 20 Abs. 1 WEG grundsätzlich eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein einzelner Eigentümer aber einen Anspruch auf Zustimmung haben (§ 20 Abs. 2 und 3 WEG).
Beispiel: Das Anbringen einer Markise, der Einbau neuer Fenster mit anderer Optik oder eben das Bohren von Löchern in die Außenwand für eine Lüftung sind typische bauliche Veränderungen. Das bloße Streichen der Wände im Treppenhaus wäre hingegen meist Instandhaltung.
Eigentümerversammlung
Die Eigentümerversammlung ist das zentrale Organ der Willensbildung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). In dieser Versammlung kommen die Wohnungseigentümer (oder ihre Vertreter) zusammen, um über Angelegenheiten der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zu beraten und Beschlüsse zu fassen. Dies betrifft z.B. die Genehmigung von baulichen Veränderungen (wie im Text), die Bestellung eines Verwalters, die Jahresabrechnung oder die Aufstellung eines Wirtschaftsplans. Die Einberufung und Durchführung der Versammlung sowie die Beschlussfassung sind im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere in den §§ 23 ff. WEG, geregelt.
Beispiel: Die GdWE hält einmal jährlich eine ordentliche Eigentümerversammlung ab, um über die Instandhaltung des Daches, die Beauftragung einer Reinigungsfirma und den Antrag eines Eigentümers auf Einbau einer Wallbox für sein E-Auto abzustimmen.
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE)
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, kurz GdWE, ist die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Seit der WEG-Reform 2020 ist die GdWE selbst rechtsfähig, das heißt, sie kann Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden (§ 9a Abs. 1 WEG). Sie wird durch den Verwalter oder unter bestimmten Umständen durch die Eigentümer selbst vertreten. Im vorliegenden Fall ist die GdWE die Beklagte, also die Partei, gegen die der einzelne Wohnungseigentümer klagt, um die Zustimmung zu seiner Baumaßnahme zu erhalten.
Beispiel: Wenn Handwerkerrechnungen für Reparaturen am Gemeinschaftseigentum nicht bezahlt werden, verklagt der Handwerker nicht die einzelnen Eigentümer, sondern die GdWE als juristische Einheit.
Beschlussersetzungsklage nach § 20 Abs. 3 WEG
Dies ist eine spezielle Form der Klage im Wohnungseigentumsrecht. Wenn ein Wohnungseigentümer eine bestimmte bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum wünscht, auf die er nach § 20 Abs. 2 WEG einen Anspruch hat (weil z.B. kein anderer Eigentümer unzumutbar beeinträchtigt wird), die Eigentümerversammlung ihm aber die erforderliche Zustimmung verweigert oder keinen Beschluss fasst, kann er Klage erheben. Mit dieser Klage beantragt er beim Gericht, den fehlenden oder ablehnenden Beschluss der Eigentümerversammlung durch ein Urteil zu ersetzen. Das Gericht prüft dann, ob der Anspruch auf die Maßnahme besteht und kann die Zustimmung quasi gerichtlich „erzwingen“.
Beispiel: Ein Eigentümer möchte eine behindertengerechte Rampe zum Hauseingang bauen lassen. Die Eigentümerversammlung lehnt dies ab. Der Eigentümer kann dann eine Beschlussersetzungsklage einreichen, um die Genehmigung gerichtlich zu erhalten, da der barrierefreie Zugang nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG privilegiert ist.
Zulässigkeit (einer Klage)
Die Zulässigkeit ist eine prozessuale Voraussetzung dafür, dass sich ein Gericht überhaupt inhaltlich mit einer Klage befasst. Bevor das Gericht prüft, ob der Kläger mit seinem Anliegen Recht hat (Begründetheit), prüft es, ob die Klage formal korrekt eingereicht wurde und alle Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören z.B. die Zuständigkeit des Gerichts, die ordnungsgemäße Klageerhebung und im Wohnungseigentumsrecht oft auch, ob der Kläger zuvor versucht hat, sein Anliegen in der Eigentümerversammlung durchzusetzen (sog. Vorbefassung). Ist eine Klage unzulässig, wird sie abgewiesen, ohne dass das Gericht über den eigentlichen Streitgegenstand (die Begründetheit) entscheidet. Im Text hatte das Landgericht die Klage fälschlicherweise als unzulässig angesehen, weil nicht alle Details in der Versammlung vorgelegt wurden, was der BGH korrigierte.
Beispiel: Jemand reicht eine Klage bei einem sachlich unzuständigen Gericht ein (z.B. eine Mietsache beim Familiengericht). Das Gericht wird die Klage als unzulässig abweisen, ohne zu prüfen, ob die Mietforderung berechtigt ist.
Revisionsverfahren
Das Revisionsverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Zivilsachen (oder vor den obersten Gerichtshöfen der Länder in anderen Rechtsgebieten). Es dient der Überprüfung eines Urteils der Vorinstanz (meist eines Oberlandesgerichts oder im WEG-Recht eines Landgerichts als Berufungsinstanz) auf Rechtsfehler. Im Revisionsverfahren werden keine neuen Tatsachen ermittelt oder Beweise erhoben. Der BGH prüft ausschließlich, ob das vorherige Gericht das materielle Recht (z.B. das WEG) und das Verfahrensrecht (z.B. die ZPO) korrekt angewendet hat. Wird ein Rechtsfehler festgestellt, kann der BGH das Urteil aufheben und die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen (wie im Text geschehen) oder selbst entscheiden.
Geregelt ist die Revision in der Zivilprozessordnung (§§ 542 ff. ZPO).
Beispiel: Ein Landgericht legt eine Vorschrift des BGB falsch aus und weist deshalb eine Klage ab. Der unterlegene Kläger kann Revision zum BGH einlegen, wenn diese zugelassen wird. Der BGH prüft dann nur die Rechtsauslegung, nicht den Sachverhalt an sich.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 3 WEG (Bauliche Veränderungen): Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem zeitgemäßen Anschluss an Telekommunikationsnetze, dem Einbruchsschutz oder der Energieeffizienz dienen, sofern keine unbillige Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer vorliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger beruft sich auf diesen Paragraphen, um die Gestattung für den Einbau von Wohnraumentlüftungen zu fordern, was als Maßnahme zur Energieeffizienzsteigerung interpretiert werden kann.
- § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG (Klage wegen Ungültigkeit oder Aufhebung von Beschlüssen): Eine Klage auf gerichtliche Beschlussersetzung setzt voraus, dass eine notwendige Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft unterbleibt. Dies bedeutet, dass der Wohnungseigentümer zunächst versuchen muss, eine Entscheidung der Gemeinschaft in der Eigentümerversammlung herbeizuführen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betont, dass für eine Beschlussersetzungsklage grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn der Wohnungseigentümer zuvor versucht hat, eine Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung zu erreichen, was hier durch den abgelehnten Antrag des Klägers der Fall war.
- Rechtsschutzbedürfnis im Wohnungseigentumsrecht: Ein allgemeines prozessuales Erfordernis, das auch im WEG-Recht gilt. Es besagt, dass ein Kläger ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Entscheidung haben muss. Bei Beschlussersetzungsklagen ist dies gegeben, wenn der Kläger sich erfolglos um eine Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung bemüht hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Berufungsgericht hatte das Rechtsschutzbedürfnis fälschlicherweise verneint, da es zusätzliche Informationspflichten des Klägers vor Klageerhebung annahm. Der BGH stellt klar, dass die Ablehnung des Antrags in der Eigentümerversammlung grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis begründet.
Das vorliegende Urteil
BGH – Az.: V ZR 86/24 – Urteil vom 14.02.2025
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