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Zustimmung zur Mieterhöhung bei falschem Mietspiegel

AG Hamburg – Az.: 49 C 119/21 – Urteil vom 29.10.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, so nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird festgesetzt auf € 558,72.

Tatbestand

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin der Wohnung […] in […] Hamburg, erstes Geschoss links. Hinsichtlich der Einzelheiten der mietvertraglichen Vereinbarungen wird ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 1 (Blatt 6 ff der Akte).

Die Wohnung wurde bis zum 31.12.1918 erbaut und weist eine Größe von 44,1 Quadratmetern auf. Sie ist vermieterseitig mit einem Bad ausgestattet worden.

Mit Erhöhungsverlangen vom 27.11.2015 begehrte die Vermieterin eine Zustimmung zur Mieterhöhung von € 375,01, die sie damit begründete, dass es sich um eine mit Bad oder Sammelheizung ausgestattete Wohnung handele. Es wird insoweit Bezug genommen auf die Anlage B 3 (Blatt 27 der Akte). Hinsichtlich der Korrespondenz wird ergänzend wegen der Heizung Bezug genommen auf die Anlage B 1 (Blatt 25 der Akte).

Mit Schreiben vom 30.10.2020 begehrte die Klägerin eine Erhöhung des Netto-Kalt-Mietzinses auf € 412,02, wobei sie eine Ausstattung mit Bad und Sammelheizung zu Grunde legte.

Es wird insoweit ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 2 (Blatt 12 f. der Akte).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die unzutreffende Angabe eines Rasterfeldes für ein Mieterhöhungsverlangen unschädlich sei. Unbeachtlich sei insoweit auch, dass es sich beim Rasterfeld B 2 bei Altbauwohnungen entsprechender Größe mit Bad oder Sammelheizung um ein Leerfeld handele, da auch eine fehlerhafte Angabe im Erhöhungsverlangen möglich sei. Die Klägerin ist insoweit der Auffassung, dass sie zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens auch auf das Rasterfeld C 2 als nächstgelegenes Ausweich- oder Alternativfeld zurückgreifen könne. Im Übrigen gäbe es bei der Klägerin aufgrund eines Verwalterwechsels keine hinreichende Sicherheit und Erkenntnisse zum Einbau der Heizung durch die Beklagte.

Die Klägerin stellt den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Miete für die von ihr bewohnte Wohnung im […],[…] Hamburg, in Höhe von bislang € 310,46 netto/kalt auf € 357,02 netto/kalt ab dem 01.01.2021 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass zum einen der Verwalterwechsel nichts an der Wissenszurechnung zur Klägerin ändere und zum anderen eine vom Mieter eingebaute Heizung bei Mieterhöhung unberücksichtigt zu bleiben habe, da sich die gesetzliche Gebrauchsgewährungs- und Instandhaltungspflicht des Vermieters auf diese nicht erstrecke. Im Übrigen könnten keine Rückschlüsse aus anderen Rasterfeldern gezogen werden.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung durch den Vermieter nach § 558a BGB und nach § 558b Abs. 2 BGB ist insgesamt dem materiellen Recht zuzuordnen und betrifft deshalb die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit der Klage (BGH NJW 2020, 1947).

Diese wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 558a BGB sind im Bezug auf die Erklärung und Begründung des Mieterhöhungsverlangens in Textform vorliegend nicht eingehalten worden. Eine vom Mieter auf eigene Kosten geschaffene Ausstattung der Mietsache – hier eine Sammelheizung – bleibt bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete grundsätzlich auf Dauer unberücksichtigt (vgl. BGH NZM 2010, 735).

Insoweit ergibt sich sowohl aus dem Schreiben vom 24.10.1996 (Anlage B 1, Blatt 25 der Akte), wie auch aus dem Erhöhungsverlangen vom 27.11.2015 (Anlage B 3, Blatt 27 der Akte), dass es sich vorliegend um eine Wohnung mit einer mieterseitig eingebrachten Sammelheizung in Form einer Gasetagenheizung mit Gastherme handelt. Soweit die Klägerin dennoch im Mieterhöhungsverlangen vom 30.10.2020 eine Ausstattung mit Bad und Sammelheizung annimmt, ist dies allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Klägerin entweder nachträglich eine Sammelheizung selbst in der Wohnung eingebaut hat oder aber neue Erkenntnisse gewonnen hat, dass eine Sammelheizung entgegen der bisherigen Annahmen tatsächlich vermieterseitig gestellt worden ist. Derartige Anhaltspunkte können sich etwa daraus ergeben, dass Instandhaltungen fortlaufend von Vermieterseite übernommen worden sein könnten (vgl. insoweit LG Berlin GE 2020, 1250). Vorliegend ist jedoch weder der Einbau einer Gasetagenheizung vermieterseitig seit dem letzten Erhöhungsbegehren erfolgt, noch rechtfertigen Gesichtspunkte die Vertretbarkeit der Auffassung, dass die vorhandene Gasetagenheizung entgegen der früheren Erhöhungspraxis doch vermieterseitig gestellt oder zumindest von der Klägerin Instand gehalten worden sein könnte.

Hiernach beruft sich die Klägerin auf den Mietenspiegel der Freien und Hansestadt Hamburg aus dem Jahre 2019, obwohl ihr bewusst gewesen ist, dass dieser für Wohnungen bei einer Größe von 41,1 Quadratmetern, die mit Bad oder Sammelheizung ausgestattet sind und vor dem 31.12.1918 fertiggestellt worden sind, keine Angaben enthält.

Auf die Frage, ob die Klägerin auf einen veralteten Mietenspiegel die Mieterhöhung hätte stützen können, wovon der BGH in einer durchaus diskussionswürdigen Entscheidung ausgeht (vgl. BGH NZM 2011, 743) kommt es insoweit nicht an, da das Erhöhungsverlangen vom 30.10.2020 allein auf das Rasterfeld C 2 des Mietenspiegels des Jahres 2019 der Freien und Hansestadt Hamburg gestützt worden ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass das Gesetz in § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB anders als der BGH in der zitierten Entscheidung erkennbar davon ausgeht, dass nicht auf einen veralteten Mietenspiegel Bezug genommen werden kann, da es sich insoweit um eine Ausnahmeregelung handelt. Mit Vorliegen eines neuen Mietenspiegels vermag der vorherige Mietenspiegel grundsätzlich nicht mehr als Begründungsmittel eingesetzt zu werden (vgl. Schmidt-Futterer/ Börstinghaus, § 558a, Rn. 37). Zudem belegt ein Leerfeld, dass ein ortsüblicher Mietzins gerade nicht mehr feststellbar gewesen ist.

Sinn der Begründungsvorgabe in § 558a BGB ist es dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu geben (vgl. Schmidt-Futterer/ Börstinghaus, § 558a, Rn. 22). Die Begründung dient insoweit stets dem Ziel, den Anspruch des Vermieters, soweit er materiell begründet ist, möglichst ohne gerichtliche Auseinandersetzung durchzusetzen (vgl. BGH NJW-RR 2004, 947; BGH NZM 2006, 101; BGH NZM 2008, 164). Deshalb muss der Vermieter überprüfbare Tatsachen mitteilen und nicht etwa auf reine Erfahrungssätze Bezug nehmen (vgl. Schmidt-Futterer/ Börstinghaus a. a. O. m.w.N.).

Ein auf ein Leerfeld gestütztes Erhöhungsverlangen ist jedoch als solches nicht prüffähig und damit auch nicht geeignet, eine entsprechende Auseinandersetzung über die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu vermeiden, da der Mieter nicht in die Lage versetzt wird, die Berechtigung des Verlangens auch nur oberflächlich prüfen zu können. Eine Mietpreisspanne wird hier dem Mieter im Mietenspiegel nicht mitgeteilt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 07. Juli 2021 zum Az. VIII ZR 167/20).

Zwar mag es vertretbar sein in den Fällen, in denen der Vermieter aufgrund eines ihm nicht ohne Weiteres erkennbaren Rechtsfehlers, ein falsches Rasterfeld angibt, ausnahmsweise von einem formal noch hinreichend begründeten Erhöhungsverlangen auszugehen (vgl. BGH NZM 2008, 164). Diese Ausnahme kann jedoch nicht auf die bewusste Umgehung des Begründungserfordernisses des § 558a BGB erweitert werden. Angaben, die alleine der Phantasie des Erklärenden entspringen, sind als solche nicht prüffähig. Daher liegt etwa bei bewusster Falschangabe von Vergleichswohnungen, sei es, dass es die Wohnungen gar nicht gibt oder es in diesen nicht die behauptete Ausstattung oder den behaupteten Mietzins gibt, kein hinreichend begründetes Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB vor, da nach der Rechtsprechung nicht vergleichbare Wohnungen grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig sind (vgl. BVerfG NJW 1980, 1617; LG Berlin WuM 2002, 1061).

Ein Zustimmungsanspruch besteht hiernach nicht, da es an einem hinreichend begründeten Erhöhungsverlangen fehlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus dem Jahreserhöhungsbetrag.

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