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Zwangsversteigerungsverfahren für Eigentumswohnung – Vorrecht von Hausgeldforderungen

LG Tübingen – Az.: 5 T 97/14 und 5 T 100/14 – Beschluss vom 30.07.2014

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Reutlingen -Vollstreckungsgericht- vom 02.04.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 4.000,- €

Gründe

Zwangsversteigerungsverfahren für Eigentumswohnung - Vorrecht von Hausgeldforderungen
Symbolfoto: Von Jinning Li /Shutterstock.com

1. Die Gläubigerin beantragte am 05.11.2013 die Anordnung der Zwangsversteigerung des zugunsten des Schuldners eingetragenen Wohnungseigentums und Teileigentums (Tiefgarage) sowohl wegen einer persönlichen Forderung der Gläubigerin aus dem rechtskräftigen Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 26.08.2013 über 1.751,32 nebst Zinsen und Kosten sowie wegen einer weiteren persönlichen Forderung der Gläubigerin aus dem Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Bad Urach vom 06.09.2013 (Az. jeweils 2 C 327/13) über 1.189,- € nebst Zinsen und Kosten. Wegen der titulierten vorgenannten persönlichen Ansprüche der Gläubigerin wurde zu ihren Gunsten eine Zwangssicherungshypothek zu Lasten des Wohnungseigentums im Grundbuch eingetragen.

Die Gläubigerin stützte den Versteigerungsantrag in erster Linie auf die Rangklasse 2 des § 10 ZVG, hilfsweise auf die Rangklassen 4 und 5.

Der Gläubigervertreter fügte seinem Antrag u.a. die Kopie der im Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Urach eingereichten Klage und einen weiteren – klagerweiternden – Schriftsatz bei.

Mit Verfügung vom 22.11.2013 forderte das Vollstreckungsgericht den Gläubigervertreter zur Vorlage der in den vorgenannten Schriftsätzen erwähnten Anlagen auf. Hiergegen wendet sich der Gläubigervertreter, der die Auffassung vertritt, die Vorlage im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Bad Urach eingereichten Schriftsätze genüge zur Glaubhaftmachung der Voraussetzungen der Rangklasse 2 und ein darüber hinausgehendes Prüfungsrecht stehe dem Vollstreckungsgericht nicht zu. Mit Schriftsatz vom 12.02.2014 reichte der Gläubigervertreter noch Kopien der Hausgeldabrechnung vom 31.12.2012 für Wohnung und Tiefgarage sowie Kopien der Wirtschaftspläne 2013 für Wohnung und Tiefgarage nach.

Mit den beiden angefochtenen Beschlüssen jeweils vom 02.04.2014 hat das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums wegen des dinglichen Anspruchs (Zwangssicherungshypothek) der Gläubigerin in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG angeordnet sowie des Teileigentums (Tiefgarage) wegen des persönlichen Anspruchs (insoweit ist keine Zwangssicherungshypothek eingetragen) in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG. Der weitergehende Antrag hinsichtlich der begehrten Rangklasse 2 wurde jeweils zurückgewiesen.

Hiergegen legte die Gläubigerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde ein und beantragte, die Zwangsversteigerung nach der beantragten Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 ZVG durchzuführen und nur hilfsweise nach den Rangklassen 4 und 5.

2. Die Beschwerde ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Zu Recht hat das Vollstreckungsgericht die Versteigerung nicht aus der Rangklasse 2 angeordnet.

§ 10 Abs.3 Satz 2 ZVG lässt für die Vollstreckung mit dem Rang nach Abs. 1 Nr. 2 ZVG einen Titel genügen, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind.

Dies ist aus den hier vorliegenden Anerkenntnisurteilen unstreitig nicht ersichtlich. Für diesen Fall regelt § 10 Abs. 3 Satz 3 ZVG, dass Art und Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit in sonst geeigneterweise glaubhaft zu machen sind.

Diese Anforderungen hat das Vollstreckungsgericht vorliegend nicht überspannt, wenn es ergänzend zur Klagschrift die Vorlage der Anlagen verlangt.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach der materiell-rechtliche Anspruch anhand der Unterlagen bereits im Rahmen des Erkenntnisverfahrens geprüft wurde und daher die Vorlage nur der Klagschrift genügt, gehen jedenfalls dann fehl, wenn – wie hier – lediglich ein Anerkenntnisurteil vorliegt. In diesem Fall erfolgt die Verurteilung des Beklagten allein aufgrund seines Anerkenntnisses, nicht aufgrund einer Prüfung der Berechtigung des Anspruchs anhand des Vortrags und der Unterlagen durch einen Richter.

Durch das Anerkenntnisurteil steht nur zwischen den Parteien fest, dass ein Anspruch des jeweiligen Klägers gegen den Beklagten in der titulierten Höhe besteht.

Demgegenüber berührt die Frage, in welchem Rang die Zwangsversteigerung anzuordnen ist, die Belange Dritter, nämlich weiterer Gläubiger.

Diese Frage ist vom Vollstreckungsgericht eigenständig zu prüfen. § 10 Abs. 3 Satz 3 ZVG soll lediglich sicherstellen, dass auch in den Fällen, in denen sich die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nicht aus dem Titel ersehen lassen, überhaupt eine Zwangsversteigerung aus dem Vorrang betrieben werden kann (vgl. Drucks, des Dt. Bundestags 16/887 S. 46).

Es obliegt dann jedoch dem Vollstreckungsgericht, im jeweiligen Einzelfall sich diejenigen Unterlagen vorlegen zu lassen, die es für geeignet erachtet, die Voraussetzungen des Ranges 2 glaubhaft zu machen. Zwar mag die Prüfungstiefe der einzelnen Vollstreckungsgerichte in der Praxis insoweit variieren. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn das Vollstreckungsgericht im vorliegenden Fall nicht nur die Klagschrift, sondern auch die zugehörigen Anlagen einsehen möchte. Eine unzumutbare Erschwernis für die Gläubigerin, die ausweislich ihrer Klagschrift die entsprechenden Unterlagen ohnehin bereits zur Durchführung des Erkenntnisverfahrens zusammengestellt hatte, ist hierin nicht ersichtlich. Von einem „Strengbeweis“ kann insoweit keine Rede sein.

Nachdem hier insbesondere zur Höhe der Forderungen nicht ausreichend Unterlagen vorgelegt wurden – für das Jahr 2013 wurden nur Wirtschaftspläne vorgelegt, wobei die darin ausgewiesene monatliche Vorauszahlung nicht mit dem eingeklagten Betrag identisch ist – sei darauf hingewiesen, dass das Übersteigen der Wertgrenze des § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anordnung der Zwangsversteigerung wegen Hausgeldrückständen in der Rangklasse 2 darstellt und dass der Gläubiger das Überschreiten der Wertgrenze nachzuweisen und nach § 16 Abs. 2 ZVG (durch Vorlage des Einheitswertbescheids) sogar urkundlich nachzuweisen hat (vgl. BGH, NJW 2008, 1956 ff.). Vor diesem Hintergrund muss das Vollstreckungsgericht insbesondere auch die Höhe der Hausgeldforderung (neben den weiteren Voraussetzungen) anhand der Unterlagen zumindest nachvollziehen können.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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