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Betriebskostenabrechnung – formelle Anforderungen

AG Hanau – Az.: 32 C 25/16 (12) – Urteil vom 28.06.2019

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.510,87 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.5.2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Vermieter von der beklagten Mieterin Betriebskostennachzahlungen.

Zwischen den Parteien bestand ein Wohnraummietverhältnis. Die Betriebskostenabrechnung vom 3.3.2014 (Anl. 2; Bl. 21 d.A.) für das Jahr 2013 weist eine Nachforderung zu Lasten der Beklagten in Höhe von 4.510,87 € aus und ging dieser am 26.3.2014 zu. Die Beklagte hat den Betrag nicht geleistet, weshalb der Kläger diese nun geltend macht.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.510,87 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.5.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

Sie rügt die formelle Rechtmäßigkeit der Abrechnung und macht inhaltliche Einwände geltend. Sie rügt zugleich formelle und materielle Fehler der Abrechnungen 2011 und 2012, weshalb ihr ein Zurückbehaltungsrecht zustehe.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Abrechnung ist formal ordnungsgemäß. Sie entspricht den Anforderungen des § 259 BGB, da sie die angesetzten Gesamtbeträge, die Umlageschlüssel und die hieraus folgenden Einzelbeträge, die auf den Mieter entfallen, benennt und daher rechnerisch nachvollzogen werden kann (zuletzt BGH, Urteil vom 07. Februar 2018 – VIII ZR 189/17, NZM 2018, 458; grundlegend: BGH, Urteil vom 28.05.2008, Aktenzeichen: VIII ZR 261/07 – Juris; LG Hanau, Urteil vom 11.02.2011, Az. 2 S 173/10; Blank DWW 2009, 91; Both in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 4. Aufl. 2010, § 556 Rn. 81; v.Brunn/Emmerich in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, III.A Rn. 207; Lammel, Stolperstein Formelle (Un-)Wirksamkeit einer Heizkostenabrechnung, WuM 2014, 387 (388); Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl. 2019, H IV. Rn. 124; Schmid/Zehelein in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 556 Rn. 71 ff.).

Betriebskostenabrechnung - formelle Anforderungen
(Symbolfoto: Ground Picture/Shutterstock.com)

Der diesbezüglich unter dem 11.6.2018 erteilte Hinweis auf divergierende Gesamtflächenangaben in der Abrechnung ist zwar weiterhin gültig, die Abrechnung erweist sich jedoch aufgrund der hiernach klägerseits eingereichten Erläuterung zur Abrechnung 2013 (Bl. 211 d.A.), deren Zugang auch nicht bestritten wurde, aus anderen Gründen als formell ordnungsgemäß.

Auch aufgrund der eingereichten Erläuterungen ist der Grund des Ansatzes einer Fläche von 761,00 m² einerseits und 631,00 m² andererseits nicht erkennbar. Das ergibt sich auch nicht aus den Erläuterungen, weil hier zwar erklärt wird, dass eine Einheit zum Teil nicht mit Kosten belastet wurde, nicht jedoch, warum. Der spätere Vortrag mit Schriftsatz vom 8.5.2019, dass es sich bei der zum Teil herausgenommenen Fläche um eine Gewerbeeinheit (oder gar mehrere) handelt, ergibt sich aus der Abrechnung und den Erläuterungen nicht, worauf es jedoch ankommt, da nur bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist formelle Fehler nachgebessert werden können. Denn einerseits ist diese Unterscheidung den Gesamtflächenangaben gerade nicht zu entnehmen, weil beide als „Wohnflächen“ bezeichnet werden. In der Erläuterung wird andererseits zunächst aufgeführt, dass es sich bei der Einheit 1, deren Wegfall nach der Abrechnung erkennbar die Differenzfläche ausmacht, zwar um eine Gewerbeeinheit handelt, bei den weiter unten aufgeführten Verwaltungskosten werden jedoch die Einheiten 1-4 als Gewerbeeinheiten bezeichnet, so dass die Erläuterung nicht nachvollziehbar und die Abrechnung jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt nicht prüffähig ist.

Darauf kommt es indes nach der Rechtsprechungsänderung des VIII. Senats des BGH zum Vorwegabzug vom 20.1.2016 (BGH, Urt. v. 20.1.2016 – VIII ZR 93/15, NZM 2016, 192 mAnm. Zehelein) nicht mehr an. Denn jedenfalls aus der Abrechnung selbst erkennbar reduziert sich die Gesamtfläche von 761,00 m² gerade aufgrund der Herausnahme der Einheit 1 auf die 631,00 €. Es handelt sich hierbei also um einen häufig vorgenommenen Vorwegabzug auf der Eben des Umlageschlüssels, der so auch erkennbar ist. Einer Erläuterung bedarf es daher gerade nicht, wie der BGH in der genannten Entscheidung für die Gesamtkosten nunmehr entschieden hat. Da diese Grundsätze ebenso für Vorwegabzüge bei den Gesamteinheiten des sodann bereinigten Umlageschlüssels Anwendung finden (Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl. 2019 H Rn. 152), genügt es, dass der Mieter zumindest weiß, dass der kleinere Flächenschlüssel eine Bereinigung der Gesamtfläche unter Abzug der Einheit 1 darstellt, einer weiteren Erläuterung bedarf es nicht. Hinsichtlich des Inhalts eines Vorwegabzuges und der Frage von dessen Richtigkeit hat der BGH den Mieter grundsätzlich auf die Belegeinsicht verwiesen.

Die Position Abrechnungsservice ist ebenfalls formell ordnungsgemäß, da sie prüffähig ist. Denn aus ihnen ist zu schließen, dass es sich um die Kosten der Abrechnungserstellung handelt, so dass sie den Verwaltungskosten iSd § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV zuzuordnen und damit – unabhängig von der Frage der Umlagefähigkeit – formell prüffähig ist. Die Betriebskostenaufstellung auf der vorhergehenden Seite weist zwar zudem Kosten der Hausverwaltung auf. Das ist aber unschädlich für die Kostenidentifikation, weil es sich dabei nur um einen Unterfall der Verwaltungskosten handelt und diese zudem nur für die gewerblichen Einheiten anfallen („gew.“). Demgegenüber hätte eine separate Position „Verwaltungskosten“ die Prüffähigkeit verneint, weil diese Kostenart nicht abstrakt neben anderen Verwaltungskosten aufgeführt werden darf. Denn der Mieter weiß dann nicht, welche Kosten sich hinter der ausgelagerten Kostenart verbergen (BGH, Versäumnisurt. v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Die Abrechnung ist von Gesetzes wegen inhaltlich richtig, weil die Beklagte trotz gerichtlicher Aufforderung in dem Hinweis vom 11.6.2018 nicht vorgetragen hat (und auch sonst nicht ersichtlich ist), dass sie inhaltliche Einwände innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB (hier also bis zum 26.4.2015) dem Kläger gegenüber geltend gemacht hätte. Damit unterliegt sie der materiellen (nicht: prozessualen) Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB mit der Folge, dass die Abrechnung auch ohne Berufung des Vermieters hierauf als richtig „gilt“ (so die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4553 S. 87; umfassend Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl. 2019 H Rn. 268 ff; J Rn. 78 mwN). Das auch unabhängig davon, ob eine Kostenumlage vereinbart ist oder die eingestellten Positionen überhaupt Betriebskosten iSd BetrKV darstellen (BGH, Urt. v. 11.5.2016 – VIII ZR 209/15, NZM 2016, 470 m. krit. Anm. Zehelein).

Die Beklagte ist daher zur vollständigen Zahlung der Nachforderung verpflichtet.

Ein Zurückbehaltungsrecht würde ihr selbst dann nicht zustehen, wenn die Abrechnungen 2011 und 2012 formell fehlerhaft (also nicht existent) oder inhaltlich falsch wären. Die Rechte des Mieters erschöpfen sich insoweit in dem Einbehalt der laufenden Vorauszahlungen (wobei das Zurückbehaltungsrecht sich sodann auf das Ergebnis der Nachforderung der nachfolgenden Abrechnung bei zwingender Einstellung von Ist-Vorauszahlungen erstreckt) oder den Anspruch auf Rechnungslegung (bei Mietende eingeschränkt auch Rückforderung der Vorauszahlungen). Beides wurde jedoch nicht geltend gemacht. Bzgl. inhaltlicher Fehler muss der Mieter den Saldo ohnehin selbst korrigieren und kann nur ganz ausnahmsweise Neuabrechnung fordern (was ebenfalls nicht geltend gemacht wurde). Folgen für die Nachforderungszahlungspflicht späterer Abrechnungen ergeben sich hieraus grundsätzlich nicht.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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