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Gewerberaumbetriebskostennachforderung – Wann sind sie ausgeschlossen?

Nachforderungen bei Gewerberaumbetriebskosten: Wann verfallen sie?

Das Landgericht Hamburg hat in einem Urteil bezüglich der Gewerberaumbetriebskostennachforderung entschieden, dass eine verspätete Nachforderung von Nebenkosten unzulässig ist. Dies gilt auch für gewerbliche Mietverhältnisse, wenn die Parteien die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des Wohnraummietrechts vereinbart haben. Die Klägerin, die eine Nachforderung erst vier Monate nach Erhalt der notwendigen Unterlagen stellte, hat damit die gesetzliche Frist überschritten, was zur Abweisung ihrer Klage führte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 418 HKO 32/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Das Gericht entschied gegen die Klägerin, da sie die Nachforderung zu spät geltend machte.
  2. Gewerbemiete und Wohnraummietrecht: Anwendung der Bestimmungen des § 556 Abs. 3 S. 3 – 6 BGB auch im gewerblichen Mietverhältnis.
  3. Fristeinhaltung: Die Klägerin überschritt die Frist zur Nachforderung von Betriebskosten um vier Monate.
  4. Keine Ausnahme der Regelung: Das Gericht erkannte keine Gründe an, die eine Ausnahme von der Regelung rechtfertigen würden.
  5. Keine analoge Anwendung: Das Gericht verwarf die Argumentation, dass eine analoge Anwendung der Regelung ausschließend sei.
  6. Keine Modifizierung der Rechtsprechung: Das Gericht lehnte eine Anpassung der Rechtsprechung an das Gewerbemietrecht ab.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
  8. Wichtigkeit der Vertragsklauseln: Die explizite Vereinbarung im Mietvertrag war ausschlaggebend für die Anwendung der Wohnraummietrechts-Regelungen.

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Streit um Nebenkosten im Gewerberaummietrecht

Betriebskostenabrechnung im Gewerbemietrecht: Wann sind Nachforderungen unzulässig
(Symbolfoto: Zerbor /Shutterstock.com)

In einem kürzlich ergangenen Urteil des Landgerichts Hamburg, Az.: 418 HKO 32/23, vom 06.10.2023, wurde ein Fall verhandelt, der sich mit der Gewerberaumbetriebskostennachforderung beschäftigt. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, unter welchen Umständen Nachforderungen aus einer Nebenkostenabrechnung im Rahmen eines gewerblichen Mietvertrags ausgeschlossen sind. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexen Regelungen im Gewerberaummietrecht und deren Auslegung in der Praxis.

Ursprung und Hintergrund des Rechtsstreits

Ausgangspunkt des Streits war die Vermietung von Räumlichkeiten für eine Postfiliale und einen Zustellstützpunkt. Die Klägerin trat 2014 als Eigentümerin und somit als Vermieterin in den bestehenden Mietvertrag ein, der bereits seit 2009 bestand. Eine zentrale Rolle spielte eine Klausel im Mietvertrag, die eine Regelung zum Abrechnungszeitraum der Betriebskosten und zur Anwendung der Vorschriften des § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB vorsah. Diese Klausel wurde zum Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens, da sie die Frage aufwarf, inwiefern Bestimmungen des Wohnraummietrechts auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragbar sind.

Kern der Auseinandersetzung: Die Nebenkostenabrechnung

Die eigentliche Kontroverse entbrannte, als die Klägerin 2021 eine Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2020 erstellte und später korrigierte, was zu einer Nachforderung von über 20.000 Euro führte. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, was zur gerichtlichen Auseinandersetzung führte. Die Klägerin argumentierte, dass die korrigierte Abrechnung rechtzeitig erfolgt sei und berief sich darauf, dass die einschlägige Rechtsprechung des BGH zu Wohnraummietverhältnissen nicht anwendbar sei.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg

Das Gericht wies die Klage der Vermieterin ab. Ausschlaggebend war die Interpretation der im Mietvertrag enthaltenen Klausel, die die Anwendung der Bestimmungen des § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB auch im gewerblichen Mietrecht vorsah. Das Gericht stellte klar, dass Nachforderungen ausgeschlossen sind, wenn der Vermieter die Frist für die Abrechnung von Betriebskosten überschreitet. Im vorliegenden Fall wurde die Nachforderung erst vier Monate nach Erhalt der notwendigen Unterlagen erhoben, was das Gericht als unzulässige Überschreitung der Dreimonatsfrist wertete. Die Argumentation der Klägerin, eine Modifizierung der Rechtsprechung für das Gewerbemietrecht zu fordern, fand beim Gericht kein Gehör.

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung sorgfältig formulierter Vertragsklauseln und zeigt auf, dass die Anwendung von Vorschriften des Wohnraummietrechts auf gewerbliche Mietverhältnisse durchaus möglich ist, sofern dies vertraglich vereinbart wurde. In diesem Fall hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass die strengen Fristen für Betriebskostenabrechnungen auch im Gewerberaummietrecht gelten, wenn sie im Mietvertrag festgelegt sind. Dieses Urteil könnte somit für ähnliche Fälle richtungsweisend sein und sollte von Vermietern und Mietern im Gewerbebereich genau beachtet werden.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was ist eine Gewerberaumbetriebskostennachforderung und unter welchen Umständen kann sie erfolgen?

Eine Gewerberaumbetriebskostennachforderung ist eine Nachforderung von Betriebskosten, die der Vermieter eines Gewerberaums vom Mieter verlangt. Diese Nachforderung kann erfolgen, wenn die tatsächlichen Betriebskosten höher ausfallen als die vom Mieter im Voraus gezahlten Beträge. Im Gegensatz zu Wohnraummietverhältnissen gibt es bei Gewerberaummietverhältnissen keine gesetzliche Ausschlussfrist von einem Jahr für Nachforderungen. Der Vermieter kann also auch noch später als ein Jahr nach Ende des Abrechnungszeitraums Nebenkostennachzahlungen verlangen.

Die Betriebskosten, die auf den Mieter umgelegt werden können, sind im Mietvertrag festgelegt. Im Gegensatz zu Wohnraummietverhältnissen kann der Vermieter bei Gewerberäumen den Kostenkatalog erweitern und weitere Kosten auf den Mieter umlegen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart wurde. Es ist jedoch zu beachten, dass nur die Kosten umgelegt werden dürfen, die im Mietvertrag ausdrücklich erwähnt sind.

Die Berechnung der Nebenkosten erfolgt in der Regel anhand eines Umlageschlüssels, der die Fläche der gemieteten Gewerberäume in Relation zur Gesamtfläche des Gewerbeobjektes setzt. Der Mieter zahlt somit anteilige Betriebskosten, abhängig von der angemieteten Fläche und der Gesamtfläche der Gewerbeimmobilie.

Es ist wichtig, dass der Mieter seine Betriebskostenabrechnung überprüft, da er eventuell Überzahlungen aus den vergangenen Jahren zurückverlangen kann. Zudem kann der Mieter Einsicht in die Belege und Abrechnungsunterlagen verlangen und gegebenenfalls Widerspruch gegen die Abrechnung einlegen.

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen gewerblichem Mietrecht und Wohnraummietrecht, insbesondere bezüglich der Betriebskostenabrechnung?

Das Mietrecht in Deutschland differenziert deutlich zwischen Wohnraum- und Gewerbemietverträgen, wobei sich insbesondere im Bereich der Betriebskostenabrechnung wesentliche Unterschiede zeigen.

Befristung und Kaution

Ein Gewerbemietvertrag kann zeitlich befristet werden, während dies bei Wohnraummietverträgen nur unter engen Voraussetzungen möglich ist. Bei der Kaution sind im Gewerbemietrecht die Vereinbarungen frei verhandelbar, im Wohnraummietrecht hingegen ist der Höchstbetrag auf drei Monatsmieten begrenzt.

Umlagefähige Betriebskosten

Im Gewerbemietrecht kann der Vermieter die umlagefähigen Nebenkosten detailliert auflisten oder auf die Betriebskostenverordnung verweisen. Zusätzlich können „sonstige Betriebskosten“ vereinbart werden, sofern diese im Mietvertrag genau benannt sind. Im Wohnraummietrecht ist die Umlage von Betriebskosten auf die im Betriebskostenkatalog des §2 BetrKV aufgeführten Kosten beschränkt.

Abrechnungsfrist

Im Wohnraummietrecht muss die Betriebskostenabrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums dem Mieter vorliegen. Versäumt der Vermieter diese Frist, verliert er seinen Anspruch auf Nachzahlungen. Im Gewerbemietrecht hingegen kann die Abrechnungsfrist variabel gesetzt werden, und es gibt keine gesetzliche Ausschlussfrist von einem Jahr für Nachforderungen.

Mieterschutz

Das Wohnraummietrecht zielt auf den sozialen Schutz des Mieters ab und enthält mieterfreundliche Regelungen, die den Mieter vor willkürlichen Vermieterentscheidungen schützen sollen. Im Gegensatz dazu geht das Gewerberaummietrecht von einem gleichgewichtigen Kräfteverhältnis der Vertragsparteien aus und bietet weniger Schutz für den Mieter.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Im Gewerbemietrecht müssen die Betriebskosten für den Mieter nachvollziehbar und transparent sein. Pauschale Formulierungen wie „sämtliche“ oder „alle“ Betriebskosten sind unwirksam. Im Wohnraummietrecht müssen die Betriebskosten ebenfalls einzeln genannt und genau bezeichnet werden.

Verjährung

Im Gewerbemietrecht verjähren Ansprüche des Vermieters auf Nachzahlungen von Betriebskosten erst nach drei Jahren, während im Wohnraummietrecht die Verjährungsfrist kürzer sein kann.

Kündigung und Miethöhe

Die Kündigungsfristen und die Bestimmung der Miethöhe sind im Gewerbemietrecht flexibler und in der Regel für den Mieter nachteiliger als im Wohnraummietrecht.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Gewerbemietrecht den Parteien mehr Gestaltungsfreiheit einräumt und weniger Schutzmechanismen für den Mieter vorsieht als das Wohnraummietrecht. Insbesondere bei der Betriebskostenabrechnung sind die Unterschiede in den Fristen, der Umlagefähigkeit von Kosten und der Transparenz der Abrechnung signifikant.

Wie wirkt sich eine Klausel im Mietvertrag, die Vorschriften des § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB auf gewerbliche Mietverhältnisse anwendbar macht, auf die Abrechnungspraxis aus?

Gemäß § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB muss der Vermieter innerhalb eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums über die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen für Betriebskosten abrechnen. Nach Ablauf dieser Frist ist der Vermieter mit Nachforderungen ausgeschlossen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Mieter hat seinerseits das Recht, Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt der Abrechnung geltend zu machen.

Allerdings ist zu beachten, dass diese Regelung grundsätzlich nur für Wohnraummietverhältnisse gilt. Im Bereich der Gewerberaummiete findet § 556 Abs. 3 BGB keine Anwendung. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass es keine planwidrige Regelungslücke gibt, die eine analoge Anwendung von § 556 Abs. 3 BGB auf Gewerberaummietverträge rechtfertigen würde.

Wenn jedoch eine Klausel im Mietvertrag die Vorschriften des § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB auf gewerbliche Mietverhältnisse anwendbar macht, würde dies die Abrechnungspraxis ändern. In diesem Fall müsste der Vermieter die Betriebskostenabrechnung innerhalb eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums vorlegen und könnte nach Ablauf dieser Frist keine Nachforderungen mehr geltend machen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Mieter hätte dann ebenfalls ein Jahr Zeit, um Einwendungen gegen die Abrechnung zu erheben.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine solche Klausel im Mietvertrag sorgfältig formuliert werden sollte, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Es ist ratsam, einen Rechtsberater zu konsultieren, um sicherzustellen, dass die Klausel rechtlich zulässig ist und den beabsichtigten Zweck erfüllt.

Was sind die rechtlichen Konsequenzen, wenn der Vermieter die Frist für die Nebenkostenabrechnung überschreitet?

Wenn ein Vermieter die Frist für die Nebenkostenabrechnung überschreitet, hat dies in der Regel zur Folge, dass er keine Nachforderungen mehr geltend machen kann. Dies bedeutet, dass der Mieter die Zahlung einer Nachforderung an den Vermieter verweigern kann, ohne dass dies rechtliche Konsequenzen mit sich zieht.

Ein bestehendes Guthaben des Mieters bleibt jedoch von der Fristüberschreitung unberührt und muss vom Vermieter weiterhin ausgezahlt werden.

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Wenn die Verspätung der Abrechnung nicht auf Nachlässigkeit oder Unachtsamkeit des Vermieters zurückzuführen ist, hat dies nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB keine Auswirkung auf eine Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung. Beispiele für solche Ausnahmen können sein, dass ein Versorgungsunternehmen erst lange nach Ablauf der Abrechnungsperiode eine Abrechnung erstellt hat oder dass der Mieter nach seinem Auszug seine neue Adresse nicht hinterlassen hat.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Vermieter die Beweislast dafür trägt, dass die Abrechnung fristgerecht beim Mieter eingegangen ist.

Falls der Vermieter eine Korrektur einer inhaltlich fehlerhaften Abrechnung innerhalb der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist vornimmt, kann diese sich auch zulasten des Mieters auswirken.

Die genannten Regelungen gelten sowohl für Wohnraummietverhältnisse als auch für Gewerberaummietverhältnisse.

Inwiefern beeinflusst die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Handhabung von Nebenkostenabrechnungen im Gewerbemietrecht?

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat einen erheblichen Einfluss auf die Handhabung von Nebenkostenabrechnungen im Gewerbemietrecht. Der BGH hat in verschiedenen Urteilen klargestellt, welche Anforderungen an die Abrechnung von Nebenkosten gestellt werden und wie bestimmte Klauseln in Gewerbemietverträgen auszulegen sind.

Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des BGH, dass die Klausel zur Umlage „sämtlicher Betriebskosten“ auf den Mieter auch in der Gewerbemiete hinreichend bestimmt ist, sofern sich kein abweichendes Verständnis des Begriffs „Betriebskosten“ feststellen lässt. In diesem Fall greift die gesetzliche Definition, und die Umlage der Kosten, wie beispielsweise der Grundsteuer, kann wirksam vereinbart sein.

Des Weiteren hat der BGH entschieden, dass die Jahresfrist des § 556 Absatz 3 BGB, die für die Abrechnung von Nebenkosten bei Wohnraummietverhältnissen gilt, nicht auf gewerbliche Mietverhältnisse anwendbar ist. Dies bedeutet, dass im Gewerbemietrecht keine gesetzliche Frist besteht, innerhalb derer der Vermieter die Nebenkostenabrechnung vorlegen muss.

Die Rechtsprechung des BGH betont auch, dass Nebenkostenabrechnungen im Gewerbemietrecht die erforderlichen Mindestangaben enthalten müssen, um dem Mieter die Prüfung der Abrechnung zu ermöglichen. Auch wenn die Aufteilung des Mietobjekts in mehrere Einzelobjekte die Abrechnungen unübersichtlich machen kann, müssen die Abrechnungen dennoch den Anforderungen genügen.

Zusätzlich hat der BGH klargestellt, dass der Vermieter von Gewerberäumen eine Betriebskostenabrechnung auch dann nachträglich zulasten des Mieters korrigieren kann, wenn er ein Guthaben vorbehaltlos an den Mieter ausgezahlt hat. Dies zeigt, dass die Korrektur von Abrechnungen auch im Nachhinein möglich ist, was für die Praxis der Nebenkostenabrechnung von Bedeutung ist.

Insgesamt sorgt die Rechtsprechung des BGH für Klarheit und Rechtssicherheit im Bereich der Nebenkostenabrechnungen im Gewerbemietrecht und beeinflusst damit maßgeblich die Abrechnungspraxis der Vermieter.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 418 HKO 32/23 – Urteil vom 06.10.2023

In der Sache erkennt das Landgericht Hamburg – Kammer 18 für Handelssachen – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23.08.2023 für Recht:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Nachforderungen aus einer Nebenkostenabrechnung im Rahmen eines gewerblichen Mietvertrags.

Die Klägerin vermietet an die Beklagte Räumlichkeiten zum Betrieb einer Postfiliale sowie eines Zustellstützpunktes in der ### in ###. Der geschlossene Mietvertrag stammt aus einem Verkauf einer Vielzahl von Immobilien von der ### an einen Immobilienfonds mit Sitz in ###. Im Jahr 2009 fasste man die Mietverträge rückwirkend zum 01.01.2009 neu. Der Mietvertrag enthält folgende Klausel (Anlage K1):

Teil B § 7 Abs. 5:

„Über Betriebskosten ist bis zum 31.12. des Folgejahres abzurechnen. Die Vorschriften des § 556 Abs. 3 Sätze 3-6 BGB geltend entsprechend.“

Am 29.12.2014 wurde die Klägerin Eigentümerin des streitgegenständlichen Mietobjekts und trat in das Mietverhältnis als Vermieterin ein.

Am 19.11.2021 erstellte die Klägerin eine Abrechnung der Nebenkosten für den Abrechnungszeitraum 2020.

Gegenstand der Nebenkostenabrechnung war u.a. auch die Abrechnung der Stromlieferungen durch das Energieversorgungsunternehmen gegenüber der Klägerin vom 11.11.2021, die für den Abrechnungszeitraum 2020 einen Rechnungsbetrag von 8.844,73 Euro aufwies.

Am 21.07.2022 erhielt die Klägerin eine korrigierte Abrechnung des Energieversorgungsunternehmens mit einem nunmehr ausgewiesenen Rechnungsbetrag von 29.018,65 Euro. Es bestand folglich eine Differenz von 20.173,92 Euro.

Am 09.11.2022 erstellte die Klägerin eine korrigierte Nebenkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2021, in der die Nachforderung aus dem Abrechnungszeitraum 2020 als Nachbelastung ausgewiesen war.

Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach zur Zahlung der 20.173,92 Euro auf.

Die Beklagte zahlte nicht.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe die neue Abrechnung rechtzeitig vorgenommen. Eine Verpflichtung zur Vornahme der korrigierten Abrechnung innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der insoweit ergangenen Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil v. 05.07.2006 – VIII ZR 220/05 = NJW 2006, 3350) bestehe in diesem Fall nicht, weil diese Rechtsprechung hier nicht anwendbar sei und eine nur 3-wöchige und damit kurze Überschreitung der Frist vorliege.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 20.173,92 Euro zuzüglich neun Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 31.12.2022 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Parteien hätten die Geltung des § 566 Abs. 3 S. 3 – 6 BGB vereinbart, sodass die Nachforderung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung wegen Verspätung ausgeschlossen sei.

Wegen des übrigen Parteivortrags wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Anspruch besteht nicht, da die Klägerin die streitgegenständliche Nachforderung verspätet geltend gemacht hat.

a) Der Ausschluss der Nachforderung ergibt sich aus der zwischen den Parteien vereinbarten Geltung des § 556 Abs. 3 S. 3 – 6 BGB. In Anwendung dieser Regelung sind Nachforderungen auch dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter, der die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die Abrechnung von Betriebskosten zunächst unverschuldet nicht einhalten konnte, sich damit auch dann noch unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen; im Regelfall ist er gehalten, die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses zu erheben (BGH, Urteil v. 05.07.2006 – VIII ZR 220/05 = NJW 2006, 3350).

So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat die Nachforderung erst nach 4 Monaten geltend gemacht.

b) Soweit die Klägerin vorträgt, die zitierte Rechtsprechung sei zum Wohnraummietrecht ergangen und deswegen im vorliegenden Mietverhältnis nicht zu berücksichtigen, überzeugt dies das Gericht nicht.

Im Mietvertrag haben die Parteien ausdrücklich die Anwendung des – nach dem Gesetz nur für das Wohnraummietrecht geltende – Regelung des § 556 Abs. 3 S. 3 – 6 BGB auf das hier vorliegende gewerbliche Mietverhältnis festgelegt.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Parteien hier ausschließlich isoliert den reinen Gesetzestext vereinbaren wollten. Es spricht vielmehr alles dafür, dass bei der Vereinbarung der Anwendbarkeit eines an sich nicht zur Anwendung gelangenen Gesetzes auch deren Interpretation und Ausformung durch die Rechtsprechung mitvereinbart wird, zumindest dann, wenn es sich um höchstrichterliche Rechtsprechung handelt. Zudem lag die Neufassung des Vertrages zeitlich mehrere Jahre nach der zitierten BGH-Entscheidung. Durch die Aufnahme der Klausel in den Vertrag haben die Parteien die Vereinbarung getroffen, dass die für das Wohnraummietrecht maßgeblichen Bestimmungen anwendbar sein sollen. Mit der ausdrücklichen Vereinbarung der insoweit strengeren Regelungen des Wohnraummietrechts ist auch die geltende Rechtsprechung einzubeziehen.

c) Soweit die Klägerin vorträgt, die Parteien hätten eine Analogie vereinbart, die die direkte Anwendbarkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung ausschließt, überzeugt dies das Gericht nicht. Hier liegt kein Fall der Analogie vor, d.h. der nachträglichen Schließung einer unplanmäßigen Regelungslücke, sondern im Gegenteil die ausdrücklich vereinbarte Geltung der Anwendbarkeit einer gesetzlichen Regelung. Aus der Verwendung des Wortes „entsprechend“ kann nicht auf einen übereinstimmenden Willen der Parteien geschlossen werden, dass hier zusätzlich die Grundsätze einer analogen Anwendung von gesetzlichen Regelungen zu beachten wären. Der in der Klausel enthaltene Zusatz „entsprechend“ verdeutlicht vielmehr nur, dass den Parteien bei Abschluss des Vertrages bewusst war, dass die streitgegenständliche Norm nur im Wohnraummietrecht Anwendung findet und eine Geltung bei der gewerblichen Miete ausdrücklich vereinbart werden muss.

d) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei einer Überschreitung von mehreren Wochen (und nicht nur Tagen) bei einer Grundfrist von 3 Monaten auch nicht um eine nur „geringfügige“ Überschreitung. Nur bei einer Überschreitung von wenigen Tagen und bei Angabe der konkreten Hinderungsgründe wäre die Frage des Vorliegens eines „Regelfalls“ näher zu prüfen gewesen.

e) Soweit die Klägerin vorträgt, es habe jedenfalls eine Modifizierung der Rechtsprechung zu erfolgen, um den Besonderheiten des Gewerbemietrechts gerecht zu werden, schließt sich das Gericht dem nicht an. Dies widerspricht gerade der Vereinbarung der Geltung des § 556 Abs. 3 S. 3 – 6 BGB. Die Parteien haben sich durch diese Klausel gerade den strengeren Regelungen des Wohnraummietrechts unterwerfen wollen. Dazu stünde eine nachträgliche Modifizierung der Rechtsprechung im Widerspruch.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO.

 

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