OLG Frankfurt – Az.: 20 W 406/11 – Beschluss vom 19.12.2011
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die angefochtene Zwischenverfügung wie folgt ergänzt wird:
Für den Fall, dass die Verwalterbestellung des Herrn A. nicht über den 31.03.2011 hinaus verlängert worden sein sollte, bedarf es des Nachweises der Zustimmung des neu bestellten Verwalters unter gleichzeitigem Nachweis seiner Bestellung in grundbuchmäßiger Form.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Geschäftswert (der Zurückweisung) des Beschwerdeverfahrens: 3.000,– EUR.
Gründe
I.
Als Eigentümer des eingangs bezeichneten Wohnungseigentums ist der Antragsteller zu 1. im Grundbuch eingetragen; die anderweitige Angabe im Nichtabhilfebeschluss des Grundbuchamts vom 05.09.2011 lässt sich aus dem Akteninhalt nicht nachvollziehen und beruht eventuell auf einem Versehen. Im Bestandsverzeichnis des betroffenen Grundbuchs ist vermerkt, dass zur Veräußerung des Wohnungseigentums – von hier offensichtlich nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom ….02.2011, UR-Nr. …/2011 des verfahrensbevollmächtigten Notars, veräußerte der Antragsteller zu 1. das Wohnungseigentum an die Antragsteller zu 2. und 3. Zu Gunsten der Antragsteller zu 2. und 3. wurde unter dem 15.02.2011 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.
Mit seinem Schriftsatz vom 16.04.2011 (Bl. 1 d. A.) reichte der verfahrensbevollmächtigte Notar bei dem Grundbuchamt unter dem 19.04.2011 eine Ausfertigung des Kaufvertrages (Bl. 2 ff. d. A.), Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes und eine am …02.2011 notariell beglaubigte Zustimmungserklärung des Verwalters A (Bl. 18 ff. d. A.) mit dem Antrag auf Wahrung der Eigentumsumschreibung auf die Erwerber und Löschung der Auflassungsvormerkung ein. Mit Verfügung vom 21.04.2011 (Bl. 22 d. A.) hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt dem verfahrensbevollmächtigten Notar mitgeteilt, dass zur Wahrung des Antrages der Nachweis der Verwaltereigenschaft fehle. Sie verwies wegen der Form auf § 26 Abs. 3 i. V. m. § 24 Abs. 6 WEG. Nach einer Erinnerung des Grundbuchamts am 27.06.2011 verwies der Notar mit Schriftsatz vom 23.07.2011 (Bl. 26 ff. d. A.) auf Schreiben des Verwalters an die Dienstaufsicht des Amtsgerichts, nach denen dieser dem Grundbuchamt den Nachweis seiner Verwalterbestellung im Jahr 2009 vorgelegt habe.
Durch die angefochtene Zwischenverfügung (Bl. 30 ff. d. A.), auf deren genauen Wortlaut und Inhalt verwiesen wird, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt beanstandet, dass sich aus dem aufgrund des Schreibens vom 23.07.2011 in der Grundakte von Blatt … vorgefundenen Versammlungsprotokoll ergäbe, dass die dort enthaltene Verwalterbestellung am 31.03.2011 abgelaufen sei. Da der Eintragungsantrag erst am 19.04.2011 beim Grundbuchamt eingegangen sei, könne dieser Nachweis nicht mehr anerkannt werden. Sie hat aufgegeben, ein Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung in der Form des § 29 GBO nachzureichen, in welchem die Verwalterbestellung des Herrn A verlängert worden sei.
Gegen diese Zwischenverfügung hat der verfahrensbevollmächtigte Notar mit Schriftsatz vom 25.08.2011 (Bl. 43 ff. d. A.), auf dessen Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt. Damit wird geltend gemacht, dass die erteilte Verwalterzustimmung zum Kaufvertrag vom ….02.2011 vom damals tätigen Verwalter der Wohnungseigentumsanlage wirksam erklärt worden sei. Sie werde nicht deshalb unwirksam, weil zwischenzeitlich die Bestellung der Verwaltereigenschaft am 31.03.2011 abgelaufen sei. Die vom Grundbuchamt in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm sei nicht überzeugend. Der Notar verweist zur Begründung im Übrigen auf einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde ausweislich des Beschlusses vom 05.09.2011 (Bl. 46 ff. d. A.), auf dessen genauen Wortlaut und Inhalt letztendlich Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde, über die nach Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist gemäß §§ 71, 73 GBO zulässig. Dabei ist im Hinblick auf die Formulierung des Nichtabhilfe-beschlusses zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass mangels jeglicher Angaben in der Beschwerdeschrift die Beteiligten zu 1. bis 3. als Beschwerdeführer anzusehen sind (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 74 Rz. 3, § 15 Rz. 20) und die Beschwerde nicht durch den Notar im eigenen Namen eingelegt wurde. Hierfür würde ihm auch eine Beschwerdeberechtigung fehlen.
Die zulässige Beschwerde führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung ist lediglich wie aus dem Tenor ersichtlich zu ergänzen.
Es ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, wie es sich auswirkt, wenn der Verwalter seine Zustimmung zur Veräußerung eines Wohnungseigentums zwar erklärt hat, dessen Zustimmungsberechtigung – wie hier in der Beschwerdebegründung aufgeführt – jedoch entfallen ist, bevor der Antrag auf Umschreibung des Eigentums bei dem Grundbuchamt eingegangen ist.
Wie der erkennende Senat bereits im Beschluss vom 13.12.2011, 20 W 321/11, ausgeführt hat, geht die bisher wohl herrschende Auffassung davon aus, dass die erforderliche Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder des Verwalters gemäß § 12 Abs. 1 und 3 WEG nur dann wirksam ist, wenn die zugrunde liegende Berechtigung zur Zustimmung in Gestalt der Verwalterbestellung oder der Eigentümerstellung zu dem nach § 878 BGB maßgeblichen Zeitpunkt des Einganges des Antrages beim Grundbuchamt noch gegeben ist (so insbesondere OLG Celle NZM 2005, 260 = RNotZ 2005, 542 = NJW-Spezial 2005, 102 und OLG Hamm NZM 2010, 709, MitBayNot 2010, 469 = NJW-RR 2010, 1524 = Rpfleger 2011, 28 = DNotZ 2011, 375; OLG Hamburg MittBayNot 2011, 487 = ZMR 2011, 815 = ZfIR 2011, 528; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 12 WEG Rn. 7; Demharter, GBO, 27. Aufl., Anh. zu § 3 Rn. 38; Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 12 WEG Rn. 4, jeweils m. w. N.). Im Unterschied hierzu wird nunmehr in Rechtsprechung und Literatur vermehrt auch die Auffassung vertreten, es komme allein auf den Zeitpunkt an, zu welchem die Zustimmung bezüglich des schuldrechtlichen Vertrages durch Zugang der Zustimmungserklärung bei dem Notar oder den Vertragsparteien wirksam werde, so dass das Entfallen der Zustimmungsberechtigung nach diesem Zeitpunkt auch für das Grundbuchverfahren unschädlich sei (OLG Düsseldorf WuM 2011, 380 = Wohnungseigentümer 2011, 72 = DNotZ 2011, 625; OLG München MittBayNot 2011, 486; Bauer/von Oefele/Kössinger, GBO, 2. Aufl., § 19 Rn. 199/202; Niedenführ/Kümmel, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn. 38; Bärmann/Klein, WEG, 11. Aufl., § 12 Rn. 32/33 jeweils m. w. N.; vgl. zum Meinungsstand insgesamt auch: Böttcher, Rpfleger 2011, 573, 583/584; Gutachten in DNotI-Report 2010, 209; Kössinger, MittBayNot 2011, 487 ff.).
Der Senat hat sich bereits im Beschluss vom 13.12.2011, 20 W 321/11, der erstgenannten Auffassung angeschlossen. Zur Begründung hat er dort Folgendes ausgeführt:
Der Senat vermag sich der neueren Auffassung, wonach allein der in aller Regel früher eintretende Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zustimmung zum schuldrechtlichen Kaufvertrag maßgeblich sein soll, nicht anzuschließen. Zwar ist es nachvollziehbar, dass Bedenken dagegen geäußert werden, dass trotz der in § 12 Abs. 3 WEG sowohl für die Veräußerung als auch für das Verpflichtungsgeschäft als Wirksamkeitsvoraussetzung geforderten Zustimmung ansonsten die Gültigkeit des Grundgeschäftes möglicherweise über einen längeren Zeitpunkt in der Schwebe bleiben könnte. Die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Wirksamkeit in Bezug auf das dingliche Rechtsgeschäft im Grundbuchverfahren folgt jedoch aus der rechtssystematischen Trennung zwischen Kausalgeschäft und dinglichem Vollzug. Für das Grundbuchverfahren kommt es allein auf den dinglichen Rechtserwerb an, sodass nach § 183 Satz 1 BGB von einer Widerruflichkeit der Einwilligung bis zu dem im Grundbuchverkehr auch im Übrigen insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der §§ 873 Abs. 2, 878 BGB auszugehen ist. Aus dogmatischen Gründen vermag sich der Senat der zur Begründung der zweiten Auffassung nunmehr herangezogenen Argumentation, es handele sich bei der Zustimmung nach § 12 WEG nicht um eine Verfügungsbeschränkung, sondern um eine inhaltliche Beschränkung des Rechts dahingehend, dass die Fungibilität durch das Erfordernis einer Zustimmung erschwert werde (so OLG Düsseldorf a.a.O. m. w. N.), nicht anzuschließen (ablehnend auch OLG Hamburg a.a.O.). Vielmehr sprechen aus der Sicht des Senats die besseren dogmatischen Gründe für die Beibehaltung der Einordnung des § 12 WEG als Beschränkung der Verfügungsbefugnis. Anderenfalls käme es im Übrigen auch zu nicht erklärbaren Widersprüchen im Verhältnis zu der Parallelvorschrift des § 5 ErbbauRG, für welche – soweit ersichtlich – die Einordnung des Zustimmungserfordernisses als Beschränkung der Verfügungsmacht des jeweiligen Eigentümers allgemein anerkannt ist (vgl. BGHZ 33, 76/85; OLG Köln MittRhNotK 1996, 275 und OLG Düsseldorf MittRhNotK 1976, 276).
Der Senat hält an diesen Erwägungen fest. Das vorliegende Verfahren gibt keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Der von der Beschwerde hervorgehobene Unterschied zwischen Verwalterzustimmung und Zustimmung des Erbbaurechtsausgebers rechtfertigt dies allein nicht. Es mag sein, dass die Parallele zu Regelungen im Erbbaurecht nicht zwingend ist (OLG München MittBayNot 2011, 486, und Schmidt ZfIR 2010, 531), eine Gleichbehandlung der Fälle liegt aber immerhin nahe (vgl. dazu Kössinger MittBayNot 2011, 487). Auf der Grundlage der rechtlichen Einordnung des § 12 Abs. 3 WEG als Verfügungsbeschränkung, an der der Senat – wie gesagt – festhält, erweist sich die Zwischenverfügung jedenfalls als rechtmäßig. In der Tat ergibt sich aus der vom Grundbuchamt bezeichneten Grundakte lediglich der Nachweis einer Verwalterbestellung bis zum 31.03.2011. Dies wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen. Ob und inwieweit das Grundbuchamt in anderen Fällen eine vergleichbare Zustimmung des Verwalters hat genügen lassen, worauf die Beschwerdebegründung hindeutet, ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren unerheblich. Dies würde kein Recht für die Antragsteller begründen, an einer solchen Praxis festzuhalten, und könnte auch den Senat nicht binden.
Im Hinblick auf die Ausführungen in der Beschwerdebegründung ist die angefochtene Zwischenverfügung allerdings zu ergänzen, da diese grundsätzliche alle Mittel zur Behebung eines Hindernisses aufzuführen hat (vgl. Demharter, a.a.O., § 18 Rz. 31 m. w. N.). Aus der Beschwerdebegründung scheint sich zu ergeben, dass die Verwalterbestellung des Herrn A nicht über den 31.03.2011 hinaus verlängert worden ist, wenn dort von dem damals tätigen Verwalter und vom Ablauf der Verwalterbestellung am 31.03.2011 die Rede ist; der vom Grundbuchamt ausschließlich aufgeführte Nachweis wäre den Antragstellern dann nicht möglich. Einer näheren Aufklärung bedarf es insoweit jedoch nicht. Für diesen Fall bedarf es vielmehr des Nachweises der Zustimmung des neu bestellten Verwalters in grundbuchmäßiger Form.
Eine Entscheidung des Senats über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht, weil sich diese aus dem Gesetz ergibt, § 131 Abs. 1 KostO. Die Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus den §§ 131 Abs. 4, 30 KostO. Ein wertmäßig bezifferbares teilweises Obsiegen der Antragsteller kann in der angeordneten Ergänzung der Zwischenverfügung nicht gesehen werden.
Im Hinblick auf die in Rechtsprechung und Literatur gerade in jüngster Zeit erheblich umstrittene und höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Wirksamkeit der Verwalterzustimmung nach § 12 Abs. 3 WEG hat der Senat gemäß § 78 Abs. 2 GBO wegen der grundsätzlichen Bedeutung sowie zum Zwecke der Rechtsfortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbeschwerde zugelassen, damit eine für die weitere Grundbuchpraxis gebotene Klärung durch den Bundesgerichtshof herbeigeführt werden kann.