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Kündigung Mietvertrag – verspätet gezahlte Nebenkostenerhöhung

LG Stuttgart – Az.: 5 S 291/16 – Beschluss vom 07.02.2017

1. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

2. Der Streitwert wird auf 4.800 EUR € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nahm die Beklagte auf Räumung und Herausgabe der Wohnung im …, in Anspruch, nachdem er das Mietverhältnis zwischen den Parteien mit Anwaltsschreiben vom 13.04.2016 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.07.2016 gekündigt hatte. Begründet wurde die Kündigung mit Zahlungsverzug sowie unpünktlichen Mietzahlungen. Die ordentliche Kündigung wurde mit Zahlungsverzug und Eigenbedarf begründet.

Die Beklagte hatte die Mieten für März und April 2016 nicht zum Fälligkeitszeitpunkt bezahlt. Vielmehr wurde der gesamte Rückstand für beide Monate am 21.04.2016 (das heißt nach Zugang der Kündigung) beglichen. Die ab Januar 2016 erfolgte Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung von 35 EUR auf 72 EUR wurde von der Beklagten nicht nachvollzogen. Sie leistete bis einschließlich August 2016 lediglich jeweils den alten Nebenkostenbetrag, am 09.09.2016 wurde der entsprechende Rückstand nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ausgeglichen.

Die Beklagte hat den Eigenbedarf des Klägers bestritten und bezieht sich im Hinblick auf die Eigenbedarfskündigung außerdem auf § 577 a BGB. Sie macht in diesem Zusammenhang geltend, dass die Wohnung erst durch Eintragung der Teilungserklärung in das Grundbuch am 19.07.2012 in Wohneigentum umgewandelt worden ist.

Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom 06.10.2016 stattgegeben. Hiergegen wendete sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie den erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag weiterverfolgt hat.

In der Berufungsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit mit Ausnahme der Kostenregelung vergleichweise beendet, vgl. Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 07.02.2017.

II.

Es ist, nachdem sich die Parteien in der Hauptsache vergleichsweise geeinigt haben, nur noch gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Die Kammer hat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die vergleichsweise Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.

1. Zutreffend hat das Ausgangsgericht erkannt, dass die fristlose Kündigung des Klägers wegen Zahlungsverzugs durch die unstreitige Zahlung der Beklagten am 21.04.2016 unwirksam geworden ist, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB.

2. Anders als das Ausgangsgericht ist nach Auffassung der Kammer aber keine Erfolgsaussicht der Räumungsklage aufgrund der fristlosen Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung für die Monate März und April und unpünktlicher Zahlung des vollständigen Nebenkostenbetrages gegeben. Zwar kann sich ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung im Sinne auch allein aus der in der unpünktlichen Zahlung liegenden objektiven Pflichtverletzung und den für einen Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen ergeben. Allgemein gültige Grundsätze können insoweit allerdings nicht aufgestellt werden; vielmehr obliegt die erforderliche Gesamtabwägung der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall. Insofern kann eine erforderliche Gesamtabwägung beispielsweise dann zu Lasten des Mieters ausfallen, wenn zahlreiche Verspätungen aufgetreten sind, diese jeweils einen erheblichen Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen oder der Vermieter in besonderem Maße auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen ist, beispielsweise weil er daraus seinen Lebensunterhalt bestreitet oder hiermit Kredite bedienen muss (BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15 -, Rn. 18, zit. nach juris).

Selbst ein Verschulden der Beklagten an der unpünktlichen Mietzahlung für März und April 2016 und der unvollständigen Leistung auf die Nebenkosten unterstellt, sieht die Berufungskammer in der Gesamtabwägung keine solch erhebliche Pflichtverletzung durch die Beklagte, dass ein fristloses Kündigungsrecht entstanden wäre.

Im Hinblick auf die verspätete Zahlung der Mieten für März und April 2016 sowie die bis zu diesem Zeitpunkt nicht beglichenen Nebenkostenvorauszahlungen für Januar und Februar 2016 in Höhe von jeweils 37 EUR ist dabei insbesondere die gesetzgeberische Wertung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen, nach der eine wegen Zahlungsverzugs an sich berechtigte Kündigung bei einer entsprechenden Nachleistung gerade unwirksam wird. Insofern kann es im Rahmen der Gesamtabwägung kaum zu Lasten der Beklagten ins Gewicht fallen, dass diese Mieten verspätet eingingen und auch die Nachzahlung erst 7 Tage nach Zugang der Kündigung geleistet wurde.

Im Hinblick auf die nicht geleisteten Nebenkostenbeträge waren im Zeitpunkt der Kündigung insgesamt Rückstände in Höhe von 4 x 37 EUR = 148 EUR aufgelaufen, diese wurden vollständig am 21.04.2016 ausgeglichen. Zwar hat die Beklagte auch während des laufenden Rechtsstreits weiterhin nur den geringeren Nebenkostenbetrag bezahlt. Insgesamt wurden die Rückstände aber am 09.09.2016 wiederum ausgeglichen.

Diese Umstände führen in einer Gesamtabwägung nicht zu einem Überwiegen der vermieterseitigen Interessen an einer Beendigung des Mietverhältnisses. Zahlungsrückstände der Beklagten vor Januar 2016 sind nicht vorgetragen und auch nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen worden. Die Zahlungsrückstände im Hinblick auf die Nebenkosten waren betragsmäßig gering. Zudem waren lediglich zwei Monatsmieten insgesamt verspätet geleistet worden und lediglich 8 mal Nebenkostenvorauszahlungen in zu geringer Höhe geleistet worden. Vortrag zu negativen Auswirkungen der Nichtzahlung des erhöhten Nebenkostenbetrages für den Kläger, etwa dass dieser auf die Beträge dringend angewiesen gewesen wäre, ist demgegenüber nicht gehalten worden.

2. Auch im Hinblick auf die ebenfalls ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sieht die Kammer nach summarischer Prüfung keine Erfolgsaussicht der Räumungsklage. Auf die Frage, ob der (bestrittene) Eigenbedarf hinreichend substantiiert dargetan ist bzw. nachgewiesen werden kann, kommt es dabei nicht an. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass die von ihr bewohnte Wohnung erst während ihrer Mietzeit (ab 1.9.2011) in Wohnungseigentum umgewandelt wurde, so dass der Eigenbedarfskündigung die Sperre des § 577 a BGB entgegenstand. Dabei hat die Beklagte zwar nur das Datum der Eintragung der Teilungserklärung ins Grundbuch, den 19.07.2012, vorgetragen. Bei einer Begründung von Wohneigentum durch Teilung nach § 8 WEG, ist für den Beginn der Sperrfrist allerdings der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Wohnungsgrundbücher angelegt werden (§ 8 Abs. 2 WEG) (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, 12. Aufl. 2015, BGB § 577a Rn. 11). Nachdem die Teilungserklärung aber Voraussetzung für die Anlage von Wohnungsgrundbüchern ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Zeitpunkt vor dem 19.07.2012 lag. Damit war die durch Kündigungssperrfristverordnung vom 09.06.2015 für den Bereich der Stadt Stuttgart auf 5 Jahre verlängerte Sperrfrist im Zeitpunkt der Kündigung jedenfalls noch nicht abgelaufen.

Im Ergebnis waren daher mangels wirksamer Kündigung des Mietverhältnisses der Klägerseite nach § 91 a ZPO die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen aufzuerlegen.

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