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Eigenbedarfskündigung – Begründungspflichten

AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 9 C 128/11, Urteil vom 13.12.2011

1. Das Versäumnisurteil vom 9. August 2011 wird aufrechterhalten.

2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird jedoch nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckungssicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der im Klageantrag bezeichneten Wohnung.

Die Beklagten sind Mieterinnen der Wohnung aufgrund schriftlichen Mietvertrages mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 18.11.2008.

Die Klägerin ist durch Eigentumserwerb – Eintragung im Grundbuch am 08.09.2010 – als Vermieterin in das Mietverhältnis eingetreten.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 22.9.2010 wurde von der Klägerin eine Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.03.2011 wegen Eigenbedarfs ausgesprochen.

Zur Begründung wird in der Kündigung wie folgt ausgeführt: „Unsere Mandantin benötigt die Wohnung für sich selbst. Sie hat diese Wohnung unter Aufnahme eines Kredites erworben, um ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu verlagern und dort dauerhaft zu wohnen. Sie besitzt darüber hinaus kein weiteres Immobiliareigentum”.

Eigenbedarfskündigung - Begründungspflichten
Foto: fizkes/Bigstock

Wegen der weiteren Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die in der Akte befindlichen Ablichtungen (Blatt 16,17 der Akte) verwiesen.

Die Klägerin behauptet, sie benötige die Wohnung für sich selbst und beabsichtige, dort zu wohnen und einen der beiden Räume als Atelier zu nutzen. Sie sei im Jahr 2008 nach Berlin gezogen. Anfang 2009 habe sie begonnen, sich nach ihren Einkommensverhältnissen angemessenen Eigentumswohnungen umzusehen. Zu dieser Zeit habe sie in einer Wohngemeinschaft im Graefekiez gewohnt, nunmehr wohne sie in einer Wohngemeinschaft in der Bergmannstraße zur Miete. Dies sei jedoch nur eine Notlösung, da die streitgegenständliche Wohnung noch nicht frei sei. Die Umgebung der D-Straße sei ihr vertraut und sie habe auch in diesem Bereich und in der Nähe ihrer Freundin, die in der G-Straße eine Wohnung erworben habe, weiterhin wohnen wollen Sie habe die Wohnung unter Aufnahme eines Kredites finanziert. Die Klägerin ist der Ansicht, das Kündigungsschreiben erfülle auch bezüglich des anzugebenden Grundes die formalen Anforderungen.

Gegen die Klägerin, die im Termin am 9. August 2011 keinen Antrag gestellt hat, ist antragsgemäß Versäumnisurteil auf Klageabweisung ergangen.

Die Klägerin hat gegen das am 12. August 2011 zugestellte Versäumnisurteil mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. August 2011, eingegangen am selben Tage, Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 9. August 2011 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, die im Hause D-Straße, 10967 Berlin, Vorderhaus, drittes Obergeschoss rechts gelegene Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 9. August 2011 aufrechtzuerhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 9. August 2011 ist statthaft, insbesondere wurde er in der gesetzlichen Form und Frist (§§ 339,340 ZPO) bei Gericht eingelegt.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht ein Räumungsanspruch gemäß § 546 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten nicht zu, da das Mietverhältnis nicht beendet ist.

Die Kündigung vom 29. September 2010 ist unwirksam, weil das berechtigte Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben nicht ausreichend dargelegt wurde.

Die Kündigung wurde auf einen Eigenbedarf der Klägerin gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gestützt.

Gemäß § 573 Abs. 3 S. 1 BGB sind in dem Kündigungsschreiben die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters anzugeben.

Dabei dürfen an die Begründungspflicht nicht unzumutbar hohe Anforderungen gestellt werden (BverfG WuM 2000, 232)

Die Begründungspflicht soll sicherstellen, dass dem berechtigten Informationsinteresse des Mieters Rechnung getragen wird. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Personen, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, dass diese Personen an der Erlangung der Wohnung haben, ausreichend (BGH, WuM 2010,181 f.).

Der Begründungspflicht ist die Klägerin trotz der nicht zu überspannenden Anforderungen nicht gerecht geworden.

Nicht als ausreichend angesehen wird die Angabe, die Wohnung werde “ wegen Eigenbedarfs“ oder „… weil ich die Wohnung für eigene Zwecke benötige“ (LG Detmold WuM 90,301; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, Rn. 225 zu § 573, mit weiteren Nachweisen) oder „wir haben den Wohnraum erworben, um selbst dort einzuziehen“ (Schmidt-Futterer, a.a.O. Rn. 227 zu § 573, LG Mannheim ZMR 90,19; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Entsprechend ist die Angabe der Klägerin im Kündigungsschreiben, sie habe die Wohnung unter Aufnahme eines Kredits erworben, um ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu verlagern und dort dauerhaft zu wohnen, nicht ausreichend, weil jegliche Angaben zu ihrer bisherigen Wohnsituation mit Ausnahme der Mitteilung, weiteres Immobiliareigentum sei nicht vorhanden, fehlen. Danach ist es den Beklagten nicht ausreichend möglich, den Selbstnutzungswunsch zu überprüfen und eine Entscheidung über dessen Berechtigung zu treffen.

Dem steht auch nicht die von der Klägerin angegebene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6.7.2011 entgegen, da zwar in dieser Entscheidung eine ausreichende Begründung im Kündigungsschreiben anerkannt wird, hinreichende Angaben zu der augenblicklichen Wohnsituation des Kündigenden jedoch vorhanden sind. „Ihr Interesse an der Wohnung der Beklagten ergibt sich daraus, dass sie von einem längeren Auslandsaufenthalt nach M. zurückkehrt und deshalb nunmehr eine Wohnung in M. benötigt“ (BGH, Grundeigentum 2011,1228 ff.). Auch in der ebenfalls aktuelleren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.03.2010 (WuM 2010,301 ff.) wird zwar eine ausreichende Begründung anerkannt, jedoch wird in dem dortigen Kündigungsschreiben mitgeteilt, dass der kündigende Vermieter bislang zur Miete wohnt und in das zu Eigentum erworbene Wohnhaus einziehen will.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 7,711 ZPO.

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