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Formelle und materielle Ordnungsgemäßheit einer Nebenkostenabrechnung

LG Itzehoe – Az.: 9 S 23/11 – Beschluss vom 27.07.2012

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 15.02.2011 (Az. 84 C 37/10) wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Nachzahlung von Heizkosten.

Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen, auf welche die Kammer gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug nimmt:

„Zwischen den Parteien besteht ein Wohnraummietverhältnis über eine Wohnung belegen … in … Q.. Die Heizkosten der streitgegenständlichen Wohnung wurden jährlich abgerechnet. Der Beklagte schuldete bis zum 31.10.2008 monatlich 40,00 € Heizkostenvorauszahlungen. Mit Schreiben vom 06.10.2008 übersandte die Klägerin dem Beklagten die Heizkostenabrechnung für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis 30.06.2008 (Anlagen K1, Bl. 4 f. d. A.). Die Abrechnung ergab einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 84,07 €.

Durch Schreiben des Mietervereins P. vom 01.11.2008 erbat der Beklagte Auskünfte zu der Abrechnung und machte ein Zurückbehaltungsrecht an dem Nachzahlungsbetrag geltend. Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 11.11.2008.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.03.2009 (Anlage K2, Bl. 6 f. d. A.) zur Zahlung der offenen Beträge bis zum 27.03.2009 auf. Eine Zahlung durch den Beklagten erfolgte nicht.

Mit Klagerwiderung vom 20.05.2010 hat der Beklagte Einwendungen gegen die Abrechnung erhoben. Diese sei gesetzeswidrig, da die Angabe des Abrechnungsobjekts fehle, die der Abrechnung zugrunde liegenden Gesamtfläche nicht nachvollziehbar sei und die Ermittlung des Warmwasserkostenanteils nicht der HeizKV entspreche.“

Ergänzend stellt die Kammer Folgendes fest: In der Heizkostenabrechnung (Anlage K 1, Bl. 5 d. A.) heißt es auf Seite 1 in der letzten vollständigen Zeile:

„Warmwasserkosten-Ermittlung nach der Heizkostenverordnung: Aufwand Wassererwärmung gleich 6,04 % ergibt 2.551,78 EUR von 42.214,05 EUR Gesamtkosten“

Das Schreiben des Mietervereins P. vom 01.11.2008 (im Berufungsrechtszug vorgelegt als Anlage B 1 (Bl. 117, 119 d. A.) lautet auszugsweise:

„Die verlangte Nachzahlung aus der o. a. Wärmekostenabrechnung in Höhe von € 83,04 wird nicht akzeptiert. Der in der Abrechnung angegebene Kostenanteil für haushaltsnahe Dienstleistungen beim Nebenkostenansatz Heizungswartung von € 866,03 und für Schornsteinfeger von € 72,45 ist weder berechnet noch erläutert, so dass er nicht nachvollziehbar ist. Er wird vorsorglich mit Nichtwissen bestritten.

Es wird um Überlassung einer Kopie des Energieausweises nach § 16 EnEV 2007 gegen Zahlung der üblichen Kopierkosten durch unser Mitglied gebeten.

An der Nachforderung wird – mit Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen – das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt.“

Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung des sich aus der Heizkostenabrechnung vom 08.09.2008 ergebenden Saldos in Höhe von 83,04 € stattgegeben. Der Anspruch ergebe sich aus §§ 535 Abs. 2, 556 Abs. 3 Satz 2 BGB i. V. mit dem Mietvertrag. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Heizkostenabrechnung vom 06.10.2008 stünden dem Anspruch nicht entgegen. Die in dem Schreiben des Mietervereins vom 01.11.2008 geforderten Auskünfte habe die Klägerin erteilt; im Übrigen bezeichne das Schreiben weder formelle noch materielle Mängel der Abrechnung. Die Einwendungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 20.05.2010 hinsichtlich der fehlenden Angabe des Abrechnungsobjekts, der zugrunde liegenden Gesamtfläche und der Ermittlung des Warmwasserkostenanteils seien indes nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB verfristet. Die Einwendungsfrist nach dieser Vorschrift beginne zu laufen, wenn dem Mieter überhaupt eine Abrechnung zugehe, selbst wenn diese formelle Fehler aufweise. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die verspätete Geltendmachung der Einwendungen nicht zu vertreten habe, seien nicht ersichtlich. Auf den weiteren Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen (Bl. 57 ff d. A.).

Mit seiner Berufung macht der Beklagte Folgendes geltend:

Der Einwendungsausschluss des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB greife nicht bei Kostenpositionen ein, bei denen es an einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fehle.

In der streitgegenständlichen Heizkostenabrechnung fehle es für die Gesamtkosten an einer Bezeichnung des abgerechneten Objektes nach Hausnummern. Deshalb seien die Gesamtkosten nicht vollständig angegeben.

Im Übrigen habe er laut Mietvertrag eine Wohnung im Haus: … gemietet. Eine anderweitige Leistungsbestimmung sei nicht ersichtlich.

Der Energieanteil für die Warmwasserbereitung sei gesetzwidrig angegeben. Die HeizkV kenne nicht den Wert 6,04 %. Die Ermittlung des Energieanteils sei insbesondere deswegen gesetzwidrig, weil in der Abrechnung weder die Menge des Warmwassers, noch die Wassertemperaturen (Ausgangs- und Endtemperatur) noch der Energieaufwand, um 1 m3 Wasser zu erwärmen, angegeben seien.

Auch der schriftsätzliche Hinweis, 18 % der insgesamt verbrauchten Wärmemenge entsprächen einem Anteil von 6.04 %, sei nicht nachvollziehbar.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Pinneberg vom 15.02.2011 (Az. 84 C 37/10) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin macht geltend: Das Abrechnungsobjekt sei in der streitgegenständlichen Abrechnung identifizierbar angegeben, weil sich darauf sowohl die Liegenschafts- als auch die Verwaltungsnummer befinde, die der im Mietvertrag angegebenen Wohnungsnummer … entspreche.

Bei der Ermittlung der Kosten der Warmwasserbereitung sei ein Anteil von 18 % der insgesamt verbrauchten Wärmemenge zugrunde gelegt worden; dies entspreche einem prozentualen Anteil von 6,04 %, der in die Abrechnung eingestellt worden sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sämtliche Einwendungen gegen die Abrechnung verfristet sind.

II.

Die nach §§ 511, 518, 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Beklagten die Zahlung des Abrechnungssaldos aus der streitgegenständlichen Heizkostenabrechnung vom 06.10.2008 verlangen kann. Die Entscheidung beruht – jedenfalls im Ergebnis – weder auf einer Rechtsverletzung zulasten des Beklagten, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 ZPO).

Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB i. V. mit dem Mietvertrag. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin über die Betriebskosten einschließlich der Heizkosten abzurechnen hat und den Ausgleich eines aus einer ordnungsgemäßen Abrechnung resultierenden Saldos von dem Beklagten verlangen kann.

Die streitgegenständliche Abrechnung der Klägerin ist formell ordnungsgemäß (1.); inhaltliche Fehler der Abrechnung hat der Beklagte jedenfalls nicht innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB geltend gemacht, was hier zu einem Einwendungsausschluss nach Satz 6 der Bestimmung führt (2.).

1. Eine Betriebskostenabrechnung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben i. S. des § 259 BGB enthält und damit den verständigen, betriebswirtschaftlich aber nicht geschulten Durchschnittsmieter in die Lage versetzt, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.08.2011 – VIII ZR 295/07, NZM 2009, 78, 79; Urt. v. 17.11.2004 – VIII ZR 115/04, NZM 2005, 13). Bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten sind regelmäßig folgende Mindestangaben in die Abrechnung aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit erforderlich – Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (grdl. BGH, Urt. v. 23.11.1980 – VIII ZR 298/80, NJW 1982, 573, 574; ferner BGH, Urt. v. 11.08.2010 – VIII ZR 45/10, NZM 2012, 784; Urt. v. 07.12.2011 – VIII ZR 118/11, NZM 2012, 155; Beschl. v. 14.02.2012 – VIII ZR 207/11, WuM 2012, 405). Diese Anforderungen erfüllt die streitgegenständliche Heizkostenabrechnung.

a) Die Gesamtkosten sind vollständig in die Abrechnung eingestellt. Die zu verteilenden Kosten belaufen sich auf 42.214,05 €. Davon wird ein Betrag in Höhe von 28.776,47 € gesondert verteilt, so dass eine Abrechnung lediglich über die verbleibenden 13.437,58 € erfolgt. Bei den 28.776,47 € handelt es sich um einen Vorwegabzug, den die Klägerin richtigerweise in der Abrechnung ausgewiesen hat (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.2007, VIII ZR 1/06, NZM 2007, 244; zuletzt Urt. v. 07.12.2011 – VIII ZR 118/11, NZM 2012, 155). Die Angabe, an welchen Gebäuden die Gesamtkosten angefallen sind, ist zur formellen Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung nicht erforderlich. Dies kann der Mieter durch Einsichtnahme in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege ermitteln; zur gedanklichen und rechnerischen Nachprüfung des ihm in Rechnung gestellten Kostenanteils bedarf es einer solchen Information nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 14.02.2012 – VIII ZR 207/11, WuM 2012, 405).

Nichts anderes gilt hinsichtlich des Vorwegabzugs; auch hier ist die Mitteilung, auf welche Gebäude bzw. welche Mietobjekte sich dieser bezieht, nicht erforderlich. Es genügt, wenn er überhaupt in der Abrechnung ausgewiesen ist, so dass sich der Mieter auch insoweit gegebenenfalls durch Einsichtnahme in die Belege darüber informieren kann, welche Mieteinheiten er betrifft.

Die Klägerin ist nicht gehalten gewesen, dem Beklagten die Bezugsdaten der Abrechnung, namentlich die Größe der Abrechnungseinheit, vor Beginn der Abrechnungsperiode mitzuteilen. Eine Leistungsbestimmung für den abrechnungsgegenständlichen Zeitraum (vgl. § 315 Abs. 1 BGB) kann auch stillschweigend mit der Abrechnung selbst erfolgen; einer gesonderten vorherigen Ankündigung bedarf es nicht (BGH, Beschl. v. 13.09.2011 – VIII ZR 69/11, CuR 2011, 164).

b) Auch der Verteilungsschlüssel ist in der Abrechnung ordnungsgemäß mitgeteilt. Der Mieter kann ihr entnehmen, dass die Kosten der Warmwasserbereitung zu 100 % nach dem Flächenschlüssel, die übrigen Heizkosten hingegen zu 50 % nach Fläche und zu 50 % nach Verbrauch verteilt sind. Ferner kann der mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraute Mieter, auf dessen Verständnishorizont bei Abrechnungen im Bereich der Heizkostenverordnung abzustellen ist (vgl. BGH, Urteile v. 26.10.2011 – VIII ZR 268/10, NZM 2012, 153, 154, sowie VIII ZR 270/10, ZMR 2012, 345), erkennen, dass eine Ermittlung des Brennstoffverbrauchs für die Warmwasserbereitung nach dem Pauschalwertverfahren des § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizkV in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (vgl. § 12 Abs. 5 HeizkV) erfolgt ist. Denn es hat weder eine Errechnung nach der aus § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkV a. F. ersichtlichen Formel noch nach den anerkannten Regeln der Technik i. S. des § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkV a. F., zu denen etwa die Berechnungsformeln nach DIN 4713 Teil 5 Abschnitt 2.5 und nach der VDI-Richtlinie 3811 gehören (vgl. Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 9 HeizkV Rn. 19), stattgefunden. Zudem kann der Mieter aus der Abrechnung ersehen, dass die Vermieterseite für die Kosten der Warmwasserbereitung einen Anteil von 6,04 % der insgesamt entstandenen Kosten in Höhe von 42.214,05 € in Ansatz bringen wollte und dabei zu einem Betrag in Höhe von 2.551,78 € gelangt ist. Richtig wären 2.549,73 € gewesen. Auch inhaltlich erscheint der in der Abrechnung dargestellte Rechenweg nicht korrekt, zumindest nicht vollständig zu sein; denn aus § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizkV a. F. ergibt sich, dass als Brennstoffverbrauch der zentralen Warmwasserversorgungsanlage ein Anteil von 18 % insgesamt verbrauchten Brennstoffe zugrunde zu legen ist, sofern das Volumen des verbrauchten Warmwassers nicht gemessen werden kann. Wie die Vermieterseite von einem anteiligen Brennstoffverbrauch von 18 % zu 6,04 % gelangt ist, ist der Abrechnung nicht zu entnehmen.

Allerdings ist es für die … formelle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung unerheblich, ob diese rechnerisch korrekt oder in gesetzlich zulässiger Weise erfolgt ist. Maßgebend ist allein, dass der Mieter den vom Vermieter bzw. vom Abrechnungsunternehmen gewählten Rechenweg aus der Abrechnung ersehen und anhand der mitgeteilten Faktoren auf seine Richtigkeit hin überprüfen kann (vgl. BGH, Urteile v. 26.10.2011 – VIII ZR 268/10, NZM 2012, 153, 154, sowie VIII ZR 270/10, ZMR 2012, 345). Gelangt er dabei oder gegebenenfalls nach Einsichtnahme in die Belege zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung inhaltlich unrichtig ist, so kann er vom Vermieter eine Neuberechnung der betreffenden Kostenposition verlangen (BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VIII ZR 73/10 Tz. 16, NZM 2010, 895, 896). Allein der Umstand, dass die Abrechnung nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht, führt entgegen der Auffassung der Beklagtenseite nicht automatisch zu ihrer formellen Ordnungswidrigkeit und damit ihrer Unwirksamkeit.

2. Im Übrigen kann es offenbleiben, ob die Abrechnung tatsächlich aus den vorstehenden Gründen inhaltlich fehlerhaft ist. Denn der Beklagte ist sowohl mit den Einwänden hinsichtlich der Gesamtkosten, namentlich der Mitteilung des Abrechnungsobjektes sowie der Zulässigkeit der herangezogenen Abrechnungseinheit, als auch hinsichtlich der Ermittlung der Kosten der Warmwasserbereitung ausgeschlossen. Der Ausschluss ergibt sich aus § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB. Nach diesen Bestimmungen hat der Mieter dem Vermieter Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach deren Zugang mitzuteilen; nach Ablauf dieser Frist kann er Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

Die Abrechnung ist dem Mieter jedenfalls vor dem 01.11.2008 zugegangen. In dem Schreiben gleichen Datums nimmt der Mieterverein P. zu der streitgegenständlichen Abrechnung Stellung. Das bedeutet, dass die Einwendungsfrist spätestens Ende Oktober 2009 abgelaufen gewesen ist. Während des Laufs dieser Frist hat sich der Beklagte lediglich mit erwähntem Schreiben vom 01.11.2008 gegen die Abrechnung gewendet. Dieses enthält jedoch die hier in Rede stehenden Einwendungen nicht. Neben einem Bestreiten des Kostenanteils für haushaltsnahe Dienstleistungen im Kostenansatz Heizungswartung und Schornsteinfeger sowie dem Verlangen nach Überlassung des Energieausweises in Kopie folgt lediglich die allgemeine Mitteilung, dass die Nachzahlung aus der streitgegenständlichen Wärmekostenabrechnung nicht akzeptiert werde und mit Rücksicht auf die vorangegangenen Ausführungen ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werde. Die hier in Rede stehenden Einwendungen hat der Beklagte erst in seiner Klageerwiderung vom 20.05.2010 und damit außerhalb der zwölfmonatigen Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB erhoben. Gründe, welche die verspätete Geltendmachung entschuldigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Eine generelle Beanstandung der Abrechnung ohne konkrete positionsbezogene Begründung reicht jedoch zur Wahrung der Einwendungsfrist nicht aus. Vielmehr muss der Mieter seine Einwendungen dergestalt konkretisieren, dass der Vermieter erkennen kann, welche Position der Beanstandung unterliegt und gegebenenfalls zu einer Korrektur der Abrechnung in der Lage ist (so Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 556 Rn. 501; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., V Rn. 461; Blank, DWW 2009, 91, 96 f.; ders. in: Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 556 Rn. 156; Lehmann-Richter, MietRB 2008, 283; Streyl, WuM 2005, 508; Lützenkirchen, NZM 2002, 512; Hinz, NZM 2009, 97, 99). Dabei ist es unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zum Begründungserfordernis bei der ordentlichen Kündigung als ausreichend zu erachten, wenn der jeweils gerügte Abrechnungsfehler „identifizierbar und von anderen Fehlern abgrenzbar“ mitgeteilt wird (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 317/10, NZM 2011, 706, 707; grdl. BayObLG, RE v. 14.07.1981 – Allg. Reg. 32/81, NJW 1981, 2197, 2199). Diese Anforderungen erfüllt das Schreiben vom 01.11.2008 im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Einwendungen – wie bereits ausgeführt – nicht.

Der Gegenansicht, nach der zur Wahrung der Einwendungsfrist eine Spezifizierung oder Begründung der Einwendungen nicht erforderlich ist (Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, .11. Aufl., Rn 3261; ders., in: MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 556 Rn. 94; ders., ZMR 2002, 730), vermag die Kammer nicht zu folgen. Diese Auffassung könnte zwar den Wortlaut des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB auf ihrer Seite haben, denn diese Bestimmung sieht – anders als die §§ 569 Abs. 4, 573 Abs. 3 BGB bei der Kündigung – eine Mitteilung von Gründen gerade nicht vor. Allerdings ergibt sich das Erfordernis einer Konkretisierung der gegen die Abrechnung erhobenen Kritik aus dem Sinn und Zweck des Einwendungsausschlusses. Dieser wurde erst im späten Gesetzgebungsverfahren zur Mietrechtsreform 2001 in den § 556 Abs. 3 BGB eingefügt. In der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 27.3.2001 heißt es: „Der Ausschuss hält es ferner für notwendig, neben dem Forderungsausschluss des Vermieters (Abs. 3 S. 3) im Interesse der Ausgewogenheit auch einen Einwendungsausschluss für Einwendungen des Mieters festzuschreiben. Dies dient zugleich der Rechtssicherheit, da durch absehbare Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht.“ (BT-Drs. 14/5663, S. 79 = NZM 2001, 798, 801). Dieser Befriedungsfunktion würde es zuwider laufen, wenn sich der Mieter auf ein schlichtes Bestreiten der abgerechneten Betriebskosten oder einzelnen Positionen zurückziehen könnte. Eine zeitliche Konzentration der Betriebskostenstreitigkeit lässt sich nur dadurch erreichen, dass dem Mieter innerhalb der Einwendungsfrist eine konkrete Auseinandersetzung mit der angegriffenen Betriebskostenposition abverlangt wird.

3. Eine Kürzung der Kosten der Wärmwasserversorgung um 15 % nach § 12 Abs. 1 HeizkV kommt nicht in Betracht. Voraussetzung dafür wäre, dass die Kosten entgegen den Vorschriften der Heizkostenverordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet sind. Schon das ist fraglich, denn eine „verbrauchsabhängige Abrechnung“ in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 16.11.2005 – VIII ZR 373/04 Tz. 21, NZM 2006, 102, 104) bereits dann vor, wenn ein in der Heizkostenverordnung vorgesehenes Ersatzverfahren angewendet worden ist. Hier hat die Vermieterseite den Kostenanteil für die Warmwasserbereitung offenbar nach § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizkV a. F. ermittelt. Jedenfalls hat der Beklagte ein Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkV nicht geltend gemacht; eine Berücksichtigung von Amts wegen kommt nicht in Betracht (Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 10 Aufl., § 12 HeizkV Rn. 13). Auch musste die Kammer den Beklagten auf dieses Institut nicht nach § 139 Abs. 1 und 2 ZPO hinweisen. Das Kürzungsrecht ist der Sache nach ein pauschalierter Schadensersatzanspruch (Schmidt-Futterer/Lammel, a. a. O. § 12 HeizkV Rn. 4). und damit ein selbständiges Verteidigungsmittel, auf dessen Einführung in den Prozess das Gericht nicht hinzuwirken hat (s. BGH, Beschl. v. 02.10.2003 – V ZB 22/03, NJW 2004, 164).

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 BGB i. V. m. §§ 13, 15 a RVG, Nr. 2300, 7002, 7008 VV RVG. Eine In-Verzug-Setzung des Beklagten ist mit anwaltlichem Schreiben vom 12.03.2009 (Anlage K 2) erfolgt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 543 Abs. 2, erster Fall ZPO). Nicht höchstrichterlich geklärt ist nach wie vor die Frage, ob der Mieter gehalten ist, innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB spezifizierte Einwendungen gegen einzelne Abrechnungspositionen zu erheben oder ob eine generelle Beanstandung der Abrechnung genügt. Darüber hinaus erscheint unklar, ob die Abrechnung von Heizkosten bei einer verbundenen Anlage gem. § 9 HeizkV zur Erfüllung der formellen Anforderungen zumindest ein solches Maß an Transparenz erfordert, dass der Mieter darauf hingewiesen wird, nach welcher der in der Vorschrift geregelten Varianten die Kosten der Warmwasserbereitung ermittelt werden sollen (zum Transparenzerfordernis vgl. etwa BGH, Urt. v. 28.05.2008 – VIII ZR 261/07 Tz. 12, NZM 2008, 567, 568). Hier kann der Mieter lediglich vermuten, dass eine Berechnung nach dem Pauschalwertverfahren des § 9 Abs. 2 Satz 4 HeizkV a. F. erfolgt ist; denn ein Prozentsatz von 6,04, bezogen auf die Brennstoffgesamtkosten, ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht.

 

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