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Fristlose Mietvertragskündigung bei Schlag mit Axt in Wohnungstür

AG Detmold – Az.: 41 C 381/21 – Urteil vom 14.04.2022

Die Beklagten wird verurteilt, die von ihr bewohnte Wohnung im Hause „A-Straße 00“, in B, 1. OG, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad bis spätestens zum 30.06.2022 zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverteidigungskosten in Höhe von 238,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2022 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte ist befugt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 3.000,00 EUR abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Rückgabeanspruch aus einem Wohnungsmietverhältnis.

Die Parteien führten über Jahre eine nichteheliche Lebensgemeinschaft.

Unter dem 27.12.2018 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über die Wohnung im 1. Obergeschoss des im Eigentum des Klägers stehenden Hauses „A-Straße 00“ in B.

Am 24.10.2021 kam es zwischen den Parteien zu einem Vorfall, im Zuge dessen sich der Kläger in die streitgegenständliche Wohnung begab und die zur Wohnung gehörende Tür mittels eines Brettes verriegelte. Die Beklagte schlug sodann in die zur Wohnung gehörende Tür ein Loch mithilfe einer Axt. Die weiteren Umstände sind zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.10.2021 erklärten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.

Fristlose Mietvertragskündigung bei Schlag mit Axt in Wohnungstür
(Symbolfoto: J.D.S/Shutterstock.com)

Eine Räumung der Beklagten erfolgte indes nicht. Vielmehr wies die Beklagte mit Schreiben vom 11.11.2021 die Kündigung zurück.

Im Rahmen eines nachfolgenden Gewaltschutzverfahrens vor dem Familiengericht Detmold einigten sich die Parteien schließlich auf ein Kontaktverbot. Nach dem in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleich vom 17.12.2021 ist die Beklagte verpflichtet, mit dem Antragsteller keinerlei Kontakt aufzunehmen, auch nicht unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Sollte es zu einem zufälligen Zusammentreffen der Beklagten mit dem Kläger kommen, sei es über den Balkon, im Hausflur oder in der Waschküche, so hat die Beklagte sofort einen gebührenden Abstand wiederherzustellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung des familiengerichtlichen Verfahrens vom 17.12.2021, Bl. 12-13 der Akte verwiesen.

Die Beklagte leidet unter den Folgen des Long-Covid-Syndroms. Sie kann weder richtig riechen noch schmecken. Nach 3 Stunden fallen ihr die Augen zu. Zudem hat die Beklagte einen Hund, welcher keinen funktionierenden Darmausgang mehr hat. Isst der Hund etwas falsches, läuft er aus.

Der Kläger leidet unter Burnout und befindet sich diesbezüglich in Therapie.

Der Kläger behauptet, seit dem streitgegenständlichen Vorfall hätten sich die bei ihm bestehenden Schlafstörungen deutlich verschlechtert. Die dauernde Konfrontation mit der Beklagten belaste ihn derart, dass er die bereits in Angriff genommene Therapie nicht fortsetzen können.

Der Kläger beantragt:

1. die Beklagte zu verurteilen, die von der Beklagten bewohnte Wohnung im Hause des Klägers in A-Straße 00, in B, 1. OG, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad mit sofortiger Wirkung zu räumen und an den Kläger herauszugeben;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverteidigungskosten in Höhe von 238,83 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Eskalation provoziert. Darüber hinaus habe er sich auch während des Einschlagens der Tür mit der Axt über sie lustig gemacht. Zu keinem Zeitpunkt haben sich dieser bedroht gefühlt.

Wegen des weiteren wechselseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und Umfang begründet.

I.

Die Klage ist zunächst zulässig.

Insbesondere ist das Amtsgericht Detmold gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 29a ZPO sachlich und örtlich zuständig.

II.

Die Klage ist zudem begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB.

Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs liegen insgesamt vor.

Unstreitig bestand zwischen den Parteien aufgrund Mietvertrages vom 27.12.2018 ein Wohnungsmietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung im Sinne des § 535 BGB.

Dieses Mietverhältnis ist durch außerordentliche Kündigung des Klägers vom 28.10.2021 gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam gekündigt worden. Insbesondere war bei Ausspruch der Kündigung ein wichtiger Grund nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben.

Dem Kläger war auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten.

Dies folgt bereits aus dem unstreitigen Umstand, dass die Beklagte im Zuge der streitgegenständlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien am 24.10.2021 mit einer Axt ein Loch in die Wohnungstür geschlagen hat, hinter welcher sich der Kläger in der Wohnung befand.

Die Nutzung einer Axt stellt dabei eine derartige Gewalteskalation dar, welche in jedem Falle geeignet ist, den Kläger zu verängstigen und psychisch zu beeinflussen. Der gegenteilige Vortrag der Beklagten, der Kläger habe sich lediglich über die Beklagte lustig gemacht, ist er nur schwerlich nachvollziehbar und von der Beklagten im Ergebnis auch nicht nachgewiesen. Etwaigen Beweis hat sie nicht angetreten.

Allein aufgrund der objektiven Umstände ist es vielmehr nachvollziehbar, dass der Kläger im konkreten Fall um seine körperliche Unversehrtheit fürchten musste. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zusätzlich zur Bedrohung der körperlichen Integrität des Klägers vorsätzlich dessen Eigentum in erheblicher Weise geschädigt hat. Dabei kann dahinstehen, ob entsprechend dem Vortrag der Beklagten tatsächlich kurzfristig ein Austausch der streitgegenständlichen Tür hätte erfolgen sollen. Denn auch dies rechtfertigt es nicht, wie Tür mittels einer Axt zu zerstören.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten war der Kläger auch nicht gehalten, die Beklagte zuvor abzumahnen. Die Entgleisung der Beklagten ist von solcher Qualität, dass es dem Kläger insbesondere auch vor dem Hintergrund des unstreitig angespannten Verhältnisses zwischen den Parteien nicht zumutbar ist, auf die Wirkung einer Abmahnung zu vertrauen. Das in Teilen sogar strafrechtlich relevante Verhalten der Beklagten ist von solchem Gewicht, dass ein weitergehendes Festhalten am Mietvertrag für den Kläger unzumutbar ist.

Etwaige weitere rechtserhebliche Einwendungen gegen den sich hieraus ergebenden Räumungsanspruch des Klägers sind von der Beklagten nicht erhoben worden.

2. Der Kläger kann von der Beklagten weiterhin die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 238,83 EUR gemäß §§ 535, 543 Abs. 1, 280 Abs. 1, 249 BGB verlangen.

Auch die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs liegen insgesamt vor.

Durch das Schlagen mit der Axt auf die streitgegenständliche Wohnungstür hat die Beklagte eine Pflicht aus dem Mietverhältnis nach §§ 535, 241 Abs. 2 BGB verletzt, wobei sich die hieraus folgende fristlose Kündigung des Klägers unter anwaltlicher Inanspruchnahme als erforderlich im Sinne des § 249 BGB darstellt.

Unter Berücksichtigung des berechtigten Gebührenstreitwertes von 3.900,00 EUR errechnen sich bei Inansatzbringung einer 0,65 Geschäftsgebühr vorgerichtliche angemessene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 238,83 EUR.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

4. Der Beklagten war indes nach § 721 Abs. 1 ZPO eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2022 einzuräumen.

Unter Berücksichtigung des Erlangungsinteresses auf Klägerseite und des Erhaltungsinteresses auf Beklagtenseite stellt sich die diesbezüglich ausgesprochene Räumungsfrist als angemessen dar.

Auf Seiten der Beklagten war insoweit ihre unstreitige Long-Covid-Erkrankung zu berücksichtigen, auch wenn sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten nicht zwangsweise ergibt, inwieweit hierdurch dadurch die Möglichkeit des Umzugs erschwert wird. Denn jedenfalls führen die von der Beklagten vorgetragenen Beeinträchtigungen dazu, dass die Abwicklung eines Umzuges insbesondere im Hinblick auf die Organisation für die Beklagte deutlich erschwert wird. Daneben war auch die immer noch bestehende Pandemielage zugunsten der Beklagten mit einzubringen.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten konnte durch das Gericht indessen nicht mit gewertet werden, dass der Hund der Beklagten über keinen funktionierenden Schließmuskel verfügt. Insoweit lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, inwieweit hierdurch die Möglichkeit eines Auszugs erschwert oder sogar ausgeschlossen wird.

Gleichzeitig aber auch das Erlangungsinteresse des Klägers mit einzubeziehen. Insoweit hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass sich der Kläger unstreitig im psychologischer Behandlung befindet. Unabhängig davon, dass der Kläger etwaigen Beweis für die von ihm behaupteten Verschlechterungen seines Zustandes nicht eingetreten worden ist, war jedenfalls zugunsten des Klägers zu werten, dass er sich aufgrund seiner Erkrankung in einer psychisch beeinträchtigten Situation befindet. Es ist bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung nachvollziehbar, dass sich ein Zusammenleben unter einem Dach bei einem angespannten und durch ein Ereignis wie vom 24.10.2021 belasteten und durch Kontaktverbot geregelten Verhältnis nicht positiv auf den psychischen Allgemeinzustand des Klägers auswirkt.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.900,00 EUR festgesetzt.

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