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Hundehaltung in Mietwohnung zulässig

AG Köln – Az.: 210 C 208/20 – Urteil vom 07.07.2021

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 02.06.2021 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Haltung eines Boxerhundes in der Wohnung ###, ### Köln, 1. OG links, zu erlauben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Mieterin, die Beklagte ist Vermieterin der Wohnung ###-Straße, in, ### Köln, 1. OG links. Es handelt sich um eine 1-Zimmer-Wohnung mit ca. 38 qm. Die Klägerin ist Flugbegleiterin in Teilzeit, daneben absolviert sie ein Abendstudium der sozialen Arbeit.

Zuletzt mit Schreiben des Mietervereins vom 26.10.2020 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zur Haltung eines Boxerhundes in der Wohnung. Mit Schreiben vom 26.10.2020 verweigerte die Beklagte die Erlaubnis und bezog sich zur Begründung darauf, dass die Wohnung zu klein sei und sie der Meinung sei, dass die Klägerin nicht ausreichend Zeit habe. Die angrenzende Nachbarin erteilte mit Schreiben vom 26.11.2020 ihre Zustimmung zur Hundehaltung durch die Klägerin. Eine weitere Mieterin der Beklagten im Haus hält zwei Hauskatzen.

§ 13 des Mietvertrages enthält folgende Regelung: „Haltet und Inpflegenahme von Haustieren ist nach Zustimmung des Vermieters für das jeweilige Tier gestattet. Die Zustimmung zur Tierhaltung und in Pflegename kann der Mieter nur verlangen, wenn hierdurch keine Belästigungen und keine Gefahren für andere Hausbewohner und Nachbarn entstehen. Nicht zustimmungspflichtig ist einer Haltung oder Inpflegenahme von Kleintieren, die das Verhältnis Mieter/Vermieter und der Mitbewohner untereinander nicht berührt (z.B. Zierfische, Käfigvögel usw.).

2. Die Haltung von Kampfhunden sowie sonstiger Tiere, von denen erfahrungsgemäß eine Gefahr ausgehen kann, ist nicht gestattet.“

Die Klägerin behauptet, eine weitere Nachbarin habe ebenfalls einen Hund. ihre Teilzeittätigkeit bei der Lufthansa stehe der Hundehaltung nicht entgegen, insbesondere habe sie in der Regel einen Anspruch auf 19 freie Tage im Monat. An den Tagen ihrer Abwesenheit würde sie den Hund zu Freunden, Familie oder Hundepension geben. Insbesondere die Cousine der Klägerin sei Hundefachwirtin mit eigener Hundeschule und könne den Hund in Zeiten der Ortsabwesenheit übernehmen.

Die Klägerin behauptet ferner, sie leide unter einer Depression und einer Anpassungsstörung, insofern sei ein Hund gut für ihre Gesundheit.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr in der Wohnung ###, ### Köln, 1. OG links, die Haltung eines Boxerhundes zu erlauben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Hund der weiteren Mieterin sei ohne ihre Erlaubnis angeschafft und mittlerweile auf ihre Intervention wieder abgeschafft worden.

Sie ist der Ansicht, die von der Klägerin angemietete Wohnung eigne sich nicht für die Haltung eines Boxerhundes und widerspreche insofern dem Tierwohl.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die von der Klägerin begehrte Hundehaltung gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache.

Dies ergibt sich aus der vertraglichen Regelung des § 12 des Mietvertrages und den nach der Rechtsprechung zu beachtenden Entscheidungsgrundsätzen im Falle der begehrten Tierhaltung bzw. – untersagung.

Die Beantwortung der Frage, ob die Haltung von Haustieren in dem Fall, dass eine wirksame mietvertragliche Regelung fehlt, zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, erfordert, soweit es sich nicht um Kleintiere handelt, eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters, und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (BGH, NJW 2013, 1526; BGH, VIII ZR 340/06, NZM 2008, 78; BGH ,VIII ZB 57/16, NZM 2018, 462; BGH, VIII ZR 329/11, WuM 2013, 152). In der Regel ist eine umfassende Abwägung der Einzelfallumstände erforderlich, vgl. BGH, NJW 2013, 1526.

Hundehaltung in Mietwohnung zulässig
(Symbolfoto: Von Iryna Kalamurza/Shutterstock.com)

Vorliegend kann dahinstehen, ob die zugrunde liegende mietvertragliche Regelung in § 3 des Mietvertrages wirksam vereinbart wurde. Hieran könnten Zweifel bestehen, da die Zustimmungspflicht daran geknüpft ist, dass jedwede Belästigung d. h. auch in ganz geringen Umfang ausgeschlossen ist. Ferner ergeben sich Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel im Hinblick darauf, dass sie keine Interessenabwägung in Bezug nimmt; vgl. auch Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 535 Rn. 562. Allerdings dürfte ein beschränktes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt grundsätzlich die Zusage beinhalten über die Tierhaltung unter Beachtung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden, vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, .14. Aufl., § 535 Rn. 563.

Die oben genannten Grundsätze der Einzelfallabwägung sind jedenfalls zu berücksichtigen.

Vorliegend sind keine gewichtigen Sachgründe ersichtlich, die der Beklagten die Untersagung der Hundehaltung im Rahmen einer Abwägung rechtfertigen würden. Insbesondere kann derzeit nicht von einer Störung anderer Hausbewohner ausgegangen werden, da bislang mangels Anschaffung keinerlei Störungen aufgetreten sind. Dass es durch die Anschaffung eines Boxerhundes gleichsam zwangsläufig zu einer Störung anderer Hausbewohner und Mieter kommt, hat die Beklagte nicht dargelegt. Insbesondere ist die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin, dass Lärmbelästigungen auch schon wegen des vor der Wohnung liegenden Laubenganges ausgeschlossen sind, nicht entgegengetreten. Die schriftliche Zustimmung der angrenzenden Nachbarin lässt die Beklagte als nicht maßgeblich nicht gelten, ohne Entgegenstehendes hervorzuheben.

Auch ist die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin, dass eine weitere Mieterin im Haus zwei Hauskatzen halte und dies seitens der Beklagten gestattet wurde nicht entgegen getreten und hat keinerlei Unterschiede vorgetragen hinsichtlich der Erlaubnisgewährung.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Haltung eines Boxerhundes als jedenfalls mittelgroßen bis großen Hund in einer 1-Zimmer-Innenstadtwohnung nicht ideal sein mag im Hinblick auf die artgerechte Haltung eines Hundes. Allerdings erscheint die Wohnung mit ca. 38 qm für eine Person nebst Hund ausreichend. Aus der Tierschutzhundever0 NRW ergibt sich hinsichtlich des Haltens von Hunden in Wohnungen, die auch dem Aufenthalt von Menschen dienen, keine flächenmäßige Einschränkung. Gemäß 5 Abs. 1 darf der Hund nur in Räumen gehalten werden, bei denen Einfall von natürlichem Tageslicht gegeben ist. Dieses Erfordernis ist gewahrt. Soweit die Beklagte moniert, die Klägerin habe nicht genügend Zeit sich um das Tier zu kümmern; stellt diese Behauptung jedenfalls derzeit eine Behauptung ins Blaue hinein dar. In § 3 Abs. 2 der TierschutzhundeverO NRW heißt es: „Einem einzeln gehaltenen Hund ist täglich mehrmals die Möglichkeit zum länger dauernden Umgang mit Betreuungspersonen zu gewähren, Um das Gemeinschaftsbedürfnis des Hundes zu befriedigen.“ Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin dieses Gemeinschaftsbedürfnis des Hundes nicht befriedigen könnte. Vielmehr hat die Klägerin unter Vorlage einer Arbeitgeberbestätigung substantiiert dargetan, dass sie über eine erhebliche Anzahl freier Tage (19 Tage im Monat) verfügt, an denen sie nicht ihrer Teilzeittätigkeit als Flugbegleiterin nachgeht. Auch das Studium der Klägerin findet in Teilzeit und jedenfalls derzeit überwiegend online statt. Mangels entsprechender entgegenstehender Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin sich in den Tagen ihrer berufsbedingten Abwesenheit um adäquaten Ersatz in der Betreuung des Hundes bemühen wird.

Genügend (grüne) Freiflächen für Hundeauslauf sind in Köln im Übrigen vorhanden. Überdies kommt es nach der Rechtsprechung des BGH für die mietrechtliche Frage der Haltungserlaubnis nicht auf die Frage der artgerechten Haltung an, vgl. BGH, VIII ZR 329/11, WuM 2013, 152.

Des Weiteren hat die Klägerin substantiiert vorgetragen und durch ärztliches Attest belegt, dass ein Hund ihrer psychischen Gesundheit zuträglich wäre durch Stimmungsaufhellung und regelmäßige Spaziergänge.

Die Beklagte hat letztlich keine konkreten Umstände vorgetragen, welche aus Sicht der Nachbarn oder ihrer Sicht gegen die Hundehaltung sprechen, während auf

Seiten der Klägerin im Wesentlichen ihr psychisches Wohlergehen und Interesse bzw.,Wunsch nach einem eigenen Haustier in Form eines Boxerhundes streiten. Aus den äußeren Umständen der Wohnung ergeben sich keine Hindernisgründe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.500 Euro, § 3 ZPO.

 

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