AG Hanau – Az.: 32 C 136/20 – Urteil vom 31.07.2020
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Hanau durch den Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31.7.2020 für Recht erkannt:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, das innegehaltene Wohnhaus, …, Hinterhaus, bestehend aus vier Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Gäste-WC, einem Abstellraum, einem Balkon, einer Terrasse, einem Garten sowie zwei Pkw-Abstellplätzen zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten werden weiterhin gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 4.500,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.500,00 Euro seit dem 5.4.2020, 5.5.2020 und 5.6.2020 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiterhin gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.6.2020 zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Räumungs- und Herausgabeverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 Euro abwenden, so der Kläger nicht seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 8.000,00 Euro leistet. Im Übrigen kann der Beklagte zu 1) die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, so der Kläger nicht seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Vermieter von den beklagten Mietern die Rückgabe der Mietsache, sowie Mietzahlungen.
Zwischen den Parteien wurde im Januar 2020 ein Mietvertrag über das streitgegenständliche Haus geschlossen. Die Miete beträgt monatlich brutto 1.500,00 Euro. Die Beklagten haben die Mieten für die Monate April, Mai und Juni 2020 nicht geleistet. Unter dem 8.6.2020 hat der Kläger die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges erklärt. Die Beklagten haben die Mietsache nicht zurückgegeben.
Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, das innegehaltene Wohnhaus, …, Hinterhaus, bestehend aus vier Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Gäste-WC, einem Abstellraum, einem Balkon, einer Terrasse, einem Garten sowie zwei Pkw-Abstellplätzen zu räumen und an den Kläger herauszugeben; die Beklagten weiterhin gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 4.500,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.500,00 Euro seit dem 5.4.2020, 5.5.2020 und 5.6.2020 zu zahlen; die Beklagten weiterhin gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.6.2020 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2) ist in dem Verhandlungstermin vom 31.7.2020 nicht erschienen. Der Beklagte zu 1) beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, er hätte die Miete aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht zahlen können. Sein Arbeitgeber habe ab April 2020 Kurzarbeit angeordnet, weshalb er nur ein verringertes Gehalt erhalten habe. Es sei seit Anfang April nicht möglich gewesen, Geld von seinem Konto bei der C-Bank abzuheben oder zu überweisen, da alle Geldautomaten gesperrt seien und er auch keine Telefonüberweisungen tätigen könne. Für das beantragte Online-Banking habe er nur die Zugangsdaten, nicht aber die TAN-Nummern erhalten. Zudem sei der Dauerauftrag deaktiviert gewesen, nachdem die Überweisung der Miete im April mangels Deckung nicht möglich gewesen wäre, und habe erst wieder aktiviert werden müssen. Das sei jetzt geschehen. Auch seien von seinem P-Konto alle pfändbaren Beträge abgezogen worden.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte zu 2) war aufgrund ihrer unentschuldigten Säumnis im Verhandlungstermin auf die zulässige und schlüssige Klage hin nach entsprechendem Antrag im Wege des Versäumnisurteils zu verurteilen.
Die Klage ist hinsichtlich des Beklagten zu 1) zulässig und begründet.
Der Vortrag des Beklagten zu 1), er habe aufgrund der Folgen der COVID-19-Pandemie von Anfang April 2020 bis zur Fälligkeit der Miete Juni 2020 weder Überweisungen tätigen noch Geld von seinem Konto abheben können, um die Miete zu zahlen, steht der Kündigung gem. Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB nicht entgegen.
Es ist allerdings unklar, welche prozessuale Systematik der Norm insoweit zugrunde liegt und daher ggf. weitere Hinweise erforderliche gewesen wären, insbesondere dahingehend, dass der Vortrag glaubhaft zu machen sei oder zumindest glaubhaft gemacht werden könne.
Nach dem Wortlaut des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB hat der Mieter den „Zusammenhang“ zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung „glaubhaft zu machen“. Das könnte je nach Normverständnis und Wertung des Beklagtenvortrages bedeuten, dass das Gericht dem Beklagten zu 1) gem. § 139 ZPO einen Hinweis dahingehend hätte erteilen müssen, dass er seinen Vortrag oder schlicht die Behauptung der Ursächlichkeit (es ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber eine solche mit dem Begriff „Zusammenhang“ meinte) im Wege der Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO, insbesondere über eine Versicherung an Eides statt, erbringen könne oder müsse, weil hierüber – so kann man Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB lesen – eine erfolgreiche Geltendmachung des sog. „Kündigungsmoratoriums“ möglich wäre.
Eine solche Vorgehensweise war jedoch nicht geboten, weil Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auch entgegen dem Wortlaut so nicht zu verstehen ist, sondern lediglich eine Beweiserleichterung iSd § 252 Satz 2 BGB anordnet.
Die grammatische Auslegung der Norm führt zu keinem verwertbaren Ergebnis. Dass die Ursächlichkeit der Pandemie für die Nichtleistung der Mieten glaubhaft zu machen „ist“ – und nicht etwa Glaubhaftmachung als ausreichend angesehen wird (zB § 605 Abs. 2 ZPO) -, lässt bereits nicht erkennen, ob es sich hierbei um eine Regelung handelt, welche die zivilprozessuale Beweisführung im Hauptsacheverfahren als Sondervorschrift gegenüber den §§ 355 ff. ZPO regelt, oder um eine zusätzliche Voraussetzung für den Mieter, um den Kündigungsausschluss gem. Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB geltend machen zu können. Denn das Rechtsinstitut der Glaubhaftmachung ist hier im materiell- und verfahrensrechtlichen Kontext der Norm sowie des Hauptsacheverfahrens gänzlich systemfremd (Scholl WM 2020, 765 [768/769]) und daher keiner handhabbaren inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Ausgestaltung zugängig. Eine Kollision von Glaubhaftmachung und allgemeiner Beweisführung kennt das Zivilverfahren ebenso wenig, wie eine Ersetzung der Beweisführung durch erstere im Hauptsacheverfahren, es sei denn, die Glaubhaftmachung ist nicht zwingend, sondern genügend (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 294 Rn. 5).
Die Gesetzesmaterialen lassen Ziel und Funktion der Glaubhaftmachung nicht erkennen. Die in Bezug genommene Entscheidung BGH, Beschluss vom 21.12.2006 – IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776 (BT-Drs. 19/18110, 36), ist zu § 42 ZPO und damit einer gänzlich anderen verfahrensrechtlichen Thematik ergangen. Im Übrigen verweist die Entwurfsbegründung lediglich auf § 294 ZPO (BT-Drs. 19/18110, 36), was über den Inhalt dessen, was glaubhaft zu machen ist (anders als etwa § 920 Abs. 2 ZPO), sowie den Verfahrensgang keine Erkenntnisse liefert. Lediglich die beispielhaft genannte Möglichkeit des Gewerberaummieters, den Zusammenhang zwischen der Pandemie und der ausgebliebenen Mietzahlung über den „Hinweis“ auf eine behördliche Betriebsuntersagung oder -beschränkung glaubhaft zu machen, lässt vermuten, der Gesetzgeber wolle dem Mieter eine Nachweiserleichterung zukommen lassen.
Der Abgeordnete des Deutschen Bundestages J.-M. L. hingegen betonte in der Plenaraussprache den Schutz der Vermieterinteressen, denen durch den Kündigungsausschluss Erhebliches zugemutet werde. Daher sei es geboten, „dass die Mieterinnen und Mieter nachweisen und glaubhaft machen müssen, dass sie wirklich aufgrund von Corona in diese wirtschaftliche Notlage gekommen sind und deswegen ihre Mietzahlungen nicht leisten können.“ (Plenarprotokoll 19/154 – Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages, 154. Sitzung, 19151/2). Das steht einer Verfahrenserleichterung des Mieters diametral entgegen.
Demgegenüber wird vertreten, eine Glaubhaftmachung sei nicht verpflichtend (BeckOGK/Geib, 1.7.2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 53; Schmidt-Kessel/Möllnitz NJW 2020, 1103 [1106]), was eine strenge Wortlautauslegung aber nicht zulässt. So enthält § 920 Abs. 2 ZPO den korrespondierenden Begriff „sind“ in Bezug auf die Glaubhaftmachung von Arrestanspruch und -grund, begründet hierbei aber keine Abstufung gegenüber dem Vollbeweis im Hauptsacheverfahren, sondern statuiert die geringere Nachweismöglichkeit aber auch -pflicht für das einstweilige Verfügungsverfahren. Wie unverständlich die gesetzgeberische Zielsetzung ist, zeigt schon die erforderliche Klarstellung bei Artz (in Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 1. Auflage 2020 § 3 Rn. 43), dass – jedenfalls nach dessen Auffassung – „die Bestimmung, der Mieter müsse den Zusammenhang von Nichtleistung und COVID-19-Pandemie glaubhaft machen, eine Privilegierung und keine Belastung des Mieters darstellt.“
Dennoch wird die Anwendung der Glaubhaftmachung häufig ohne (Frind BB 2020, 1346, [1351]; BeckOK BGB/Wiederhold, 54. Ed. 1.5.2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 16; BeckOK MietR/M. Schultz, 20. Ed. 1.5.2020 EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 20) bzw. mit nur teilweiser näherer Auseinandersetzung (Nissen/Elzer, MDR 2020, 761 [764]) übernommen.
Beide Auslegungsergebnisse – Glaubhaftmachung statt oder zusätzlich zu einer allgemeinen Beweisführung – haben jedoch prozessual untaugliche Folgen, was die Vermutung, der Gesetzgeber habe hier aufgrund deutlicher Fehlvorstellungen schlicht etwas Anderes gemeint (und normiert), aufdrängt.
Denn glaubhaft zu machen ist nach Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die „Ursächlichkeit“ der Covid-19-Pandemie für die Nichtzahlung der Miete. Diese aber ist kein selbständig vorzutragendes Tatbestandsmerkmal (so aber wohl Toporzysek, zpoblog.de v. 21.4.2020), sondern nur die Schlussfolgerung aus den vom Gericht der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen (anschaulich insoweit die „Umschiffung“ dieser Problematik bei BeckOK MietR/M. Schultz, 20. Ed. 1.5.2020 EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 20: „Die bestrittene Behauptung des Mieters über diejenigen Tatsachen, welche die Voraussetzungen der Kündigungssperre erfüllen, kann daher auch im Wege einer eidesstattlichen Versicherung „bewiesen“ werden“). Solche nennt die Gesetzesbegründung ja auch beispielhaft (zB Jobverlust, Kurzarbeit, Schließungsanordnung nach § 28 IfSG; näher hierzu Zehelein in Zehelein, COVID-19 Miete in Zeiten von Corona, 1. Aufl. 2020 § 2 Rn. 21 ff. mwN).
Der Mieter kann ohnehin nur die bei ihm eingetretenen Folgen vortragen, während sodann dem Gericht der Schluss obliegt, ob sich aus diesen eine äquivalent (Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger/Tiedemann jurisPK-BGB § 569 Rn. 150.2) kausale Ursachenkette ergibt zwischen dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie, den sodann – vom Mieter im Prozess vorzutragenden und ggf. zu beweisenden – bei ihm eingetretenen Folgen und der wiederum hierdurch bedingten Nichtleistung der Miete. Ein Vortrag der Ursächlichkeit selbst ist ihm per se unmöglich, weil er in aller Regel weder substantiiert vortragen noch nachweisen kann, dass etwa eine Gewerbeuntersagung oder die Kündigung des Arbeitsvertrages tatsächlich pandemiebedingt erfolgte, da sich die hierfür erforderlichen Informationen außerhalb seines Kenntnisbereichs befinden oder auch rein subjektiver Natur sind. Hierbei handelt es sich lediglich um Schlussfolgerung des Gerichts nach §§ 286, 287 ZPO, was zivilprozessual auch absolut üblich ist, ggf. unter Anwendung des § 252 Satz 2 BGB. Folglich ist auch eine Versicherung an Eides statt dieser Ursächlichkeit nach § 294 ZPO weder möglich, weil der Mieter solches zum Teil gar nicht versichern kann (BGH, Beschluss vom 22.6.2004 – VI ZB 14/04, NJW 2004, 3491), noch überhaupt notwendig.
Die Glaubhaftmachung könnte sich also nur auf die von ihm selbst vorzutragenden und nach möglichem Bestreiten des Vermieters zu beweisende Tatsachen, aus denen sich die Ursächlichkeit dann schließen lässt, beziehen. Das meint wohl auch die Entwurfsbegründung (BT-Drs 19/18110, 36):
Gemäß Satz 2 obliegt es dem Mieter, den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung der Miete im Streitfall glaubhaft zu machen. Er muss dann Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (vergleiche BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006, Aktenzeichen IX ZB 60/06, Randnummer 11) dafür ergibt, dass seine Nichtleistung auf der COVID-19-Pandemie beruht. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Mieter entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen. Geeignete Mittel können insbesondere der Nachweis der Antragstellung beziehungsweise die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise über den Verdienstausfall sein.
Mieter von Gewerbeimmobilien können darüber hinaus den Zusammenhang zwischen CO-VID-19-Pandemie und Nichtleistung zum Beispiel regelmäßig mit Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres Unternehmens im Rahmen der Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist. Dies betrifft derzeit etwa Gaststätten oder Hotels, deren Betrieb zumindest für touristische Zwecke in vielen Bundesländern untersagt ist.
Hier zeigt sich, dass der Gesetzgeber tatsächlich etwas gänzlich anderes meinte, jedoch fälschlicher Weise glaubte, dieses Ziel über eine Glaubhaftmachung iSd § 294 ZPO verwirklichen zu können.
Dass der Mieter bei ihm infolge der Pandemie eingetretene Umstände glaubhaftmachen könnte oder müsste, wäre schon deshalb abwegig, weil es auch nach der Gesetzesbegründung überhaupt keinen Grund gibt, ihn insoweit von den allgemeinen Beweiserfordernissen des Hauptsacheverfahrens der §§ 355 ff. ZPO zu befreien (oder weitere hinzuzufügen). Weder dieser noch der Plenaraussprache ist zu entnehmen, der Mieter bedürfe einer Beweiserleichterung dahingehend, den behaupteten Verlust seines Berufes, die Anordnung von Kurzarbeit oder die Schließung seines Gewerbebetriebes im Falle des Bestreitens nachzuweisen, über eine Versicherung an Eides statt. Ebenso wenig ist eine solche Annahme aus dem gesetzgeberischen Willen zu schließen. Zwar nennt die Begründung Typisierungen, meint damit aber unverkennbar, dass aus diesen die Ursächlichkeit der Nichtzahlung – und damit das eigentliche Nachweisproblem – zu schließen sei. Diese Folge wollte der Gesetzgeber anordnen (siehe vorstehend: „regelmäßig mit Hinweis darauf glaubhaft machen“), nicht die Nachweiserleichterung der Anknüpfungstatsache (den „Hinweis“) selbst.
Die Beweiserleichterung der Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO – „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ (BeckOK ZPO/Bacher, 37. Ed. 1.7.2020, ZPO § 294 Rn. 3) – würde ihm dabei auch nicht helfen, eben weil sich diese nur auf den Nachweis der glaubhaft zu machenden Tatsache selbst, nicht aber die hieraus zu ziehenden Schlüsse, namentlich also die Kausalität bezieht. Das ist nur bei der Glaubhaftmachung über Indiztatsachen anders, was hier theoretisch greifen würde, bezieht sich jedoch nicht auf eine Beweisführung streitigen Parteivortrages, sondern rein verfahrensrechtliche Aspekte (Wiedereinsetzung, Ablehnung wegen Befangenheit, etc.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. 2. 1998 – II ZB 15-97, NJW 1998, 1870; BGH, Beschluss vom 21.12.2006 – IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776).
Gerade weil der Gesetzgeber meinte, mit Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB anordnen zu können, dass die Glaubhaftmachung „regelmäßig“ (siehe vorstehend) über eine bestimmte Anknüpfungstatsache gelinge, ist der Fehlgriff auf § 294 ZPO in der Umsetzung seines eigentlichen Willens offenkundig.
Denn auch iRd § 294 ZPO gilt die Regelung des § 286 ZPO nach wie vor vollumfänglich. Das Gericht entscheidet frei nach eigener Überzeugung sowohl über den Beweiswert des Glaubhaftmachungsmittels als auch dessen Erfolg (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 294 Rn. 26). Der Gesetzgeber wollte aber die Vermutung erleichtern bzw. gar anordnen, sobald die dargelegten und ggf. bewiesenen Anknüpfungstatsachen für diese ausreichen, was nur eine Beweiserleichterung iSd § 252 Satz 2 BGB begründen kann (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019 Rn. 31, BGB § 252 Rn. 31), die also tatsächlich gemeint war.
Auch der weitere Verfahrensgang ist völlig unklar und offensichtlich nicht bedacht bzw. intendiert worden. Der einfache Gesetzgeber muss das verfassungsrechtliche Prinzip der prozessualen Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.6.2020 – 1 BvR 1380/20, BeckRS 2020, 13380) beachten. Der Prozessgegner hat selbst im einstweiligen Verfügungsverfahren die Möglichkeit, der glaubhaft gemachten Behauptung der anderen Partei entgegenzutreten und diese zu entkräften, was im Hauptsacheverfahren nach Art. 240 § 2 EGBGB ebenso gelten würde (BeckOGK/Geib, 1.7.2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 53; Schmidt-Kessel/Möllnitz NJW 2020, 1103 [1106]), wodurch der vermeintliche Vorteil des Mieters wieder egalisiert wird. Zudem wären gem. § 294 Abs. 2 ZPO nur Beweisaufnahmen möglich, die sofort durchgeführt werden können, was die Prozessführung des Mieters deutlich beschränkt, wenn er andere Mittel der Glaubhaftmachung nicht zeitnah heranbringen kann (so jedenfalls prozessual stringent Herlitz, jurisPR-MietR 8/2020 Anm. 1). Dem wird zwar entgegengehalten, diese nachteiligen Folgen seien nicht intendiert, weshalb es keine Beschränkung auf präsente Beweismittel gebe (MüKoBGB/Häublein, 1. Aufl. 2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 23; Schmidt-Kessel/Möllnitz NJW 2020, 1103 [1106]). Das ist nachvollziehbar, widerspricht aber (bei Anwendung des § 294 ZPO) dem Gesetzestext und verdeutlicht im Übrigen erneut das gesetzgeberische Fehlverständnis bei der Glaubhaftmachungsanordnung (oder -möglichkeit, je nach Auslegung).
Vorstehendes ist vor dem Hintergrund des in größter Eile betriebenen Gesetzgebungsverfahren erklärbar, zumal der Gesetzgeber für sich selbst nicht in Anspruch nimmt, ein umfassend durchdachtes Gesetzeskonstrukt erstellt zu haben, da noch nicht alle fachlichen Hinweise aufgegriffen werden konnten und erkennbar Nachbesserungsbedarf bestehe (MdB Eva Högl, Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages, 154. Sitzung, 19155). Es bedarf daher einer Korrektur durch Normauslegung, um dem tatsächlichen Willen des Gesetzgebers Geltung zu verschaffen. Für die Erfassung seines objektiven Willens sind dabei alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, die sich gegenseitig ergänzen und nicht in einem Rangverhältnis zueinander stehen (BVerfG, Urteil vom 20.3.2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, NJW 2002, 1779 [1781]).
Aus der historisch-teleologischen Normauslegung des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB folgt, dass der Gesetzgeber tatsächlich eine § 287 ZPO ergänzende Beweiserleichterung iSd § 252 Satz 2 BGB begründen wollte und angeordnet hat (ebenso Scholl WM 2020, 765 [768/769]; wohl auch Sittner NJW 2020, 1169 [1173], aber unklar wegen der Möglichkeit, sich der Mittel des § 294 ZPO zu bedienen).
Eine Partei, die im Zuge des Verfahrens Eintritt und Ursächlichkeit der begehrten Rechtsfolge (dort: Entgangener Gewinn) nachweisen muss, kann sich hierfür auf die Behauptung (und im Falle des Bestreitens ggf. Nachweis) von Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Für die Anknüpfungstatsachen selbst geltend die allgemeinen Beweisregeln und -erfordernisse (BeckOGK/Brand, 15.7.2020, BGB § 252 Rn. 60; MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 252 Rn. 37). § 252 Abs. 1 Satz 2 BGB ist insoweit – ebenso wie Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB – eine Vorschrift mit zivilprozessualer Natur (BeckOK BGB/Johannes W. Flume, 54. Ed. 1.5.2020, BGB § 252 Rn. 13). Die Beweiserleichterung betrifft aber nicht die Anknüpfungstatsachen, sondern die Ursächlichkeit dieser für die begehrte Rechtsfolge (bzw. Tatsachsachenbehauptung).
Der Gesetzesentwurf zu Art. 240 § 2 EGBGB bezieht sich auf die Kündigungsvorschriften der §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit der Befürchtung, Personen mit hoher Mietbelastungsquote könnten aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie diesen Ausstand kurzfristig erreichen, zumal zeitnah meist keine staatlichen Ersatzleistungen erlangt werden könnten (BT-Drs. 19/18110, 1/2). Das folgt ebenso aus der Aussprache im Bundestrag vor der Verabschiedung des Gesetzes. Dieses solle einem Wohnungsverlust als Folge etwa von Jobverlust, Kurzarbeit, Betriebsschließung oder Auftragsrückgang entgegenwirken (MdB Christine Lamprecht, Plenarprotokoll 19/154 – Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages, 154. Sitzung, 19150), wenn der Mieter also „coronabedingt die Miete nicht bezahlen kann“ (MdB Volker Ulrich, Plenarprotokoll 19/154 – Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestages, 154. Sitzung, 19156). Damit ist jedenfalls von der Zielrichtung des Gesetzes her deutlich, dass der Mieter einem erhöhten Schutz vor den Folgen der Covid-19-Pandemie unterliegen bzw. eine Besserstellung erfahren solle (Artz/Brinkmann/Pielsticker MDR 2020, 527 [528]; BeckOGK/Geib, 1.7.2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 52; MüKoBGB/Häublein, 1. Aufl. 2020, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 21). Die Beweiserleichterung iSd § 252 Satz 2 BGB spiegelt dabei den Willen des Gesetzgebers unmittelbar wieder, ist dem materiellen und insbesondere Mietrecht gerade für einen Kausalitätsnachweis ausreichend bekannt (vgl. etwa zur Anwendung für den hierdurch ursächlichen Mietausfall BGH, Hinweisbeschluss vom 13. 7. 2010 – VIII ZR 326/09, NZM 2010, 815; BeckOGK BGB/Zehelein Stand 1.7.2020 § 546 Rn. 132) und verwirklicht die Gesetzesintension aufgrund der Vermutungsanordnung im Gegensatz zu einer Glaubhaftmachung, die ihm sogar Nachteile bringt. Es ist offensichtlich, dass der Gesetzgeber diese Regelung beabsichtigt, aber unter unzutreffenden verfahrensrechtlichen Vorstellungen und zudem divergierender Ansichten über die Folge eine Glaubhaftmachungspflicht („ist“) falsch bezeichnet hat.
Die Regelung in Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist notwendig, weil § 252 Satz 2 BGB hier keine Anwendung findet. Der Mieter muss daher, schon nach dem Wortlaut des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 BGB, die Ursächlichkeit zwischen der Covid-19-Pandemie und einer Nichtleistung der Mieten beweisen und kann hierfür auf typisierte und in der Gesetzesentwurfsbegründung auch beispielhaft genannten Tatsachen, also Anknüpfungspunkte, zurückgreifen (zB Jobverlust, Kurzarbeit, Schließungsanordnung nach § 28 IfSG; näher hierzu Zehelein in Zehelein, COVID-19 Miete in Zeiten von Corona, 1. Aufl. 2020 § 2 Rn. 21 ff. mwN). Gelingt dieser Vollbeweis, wird die Ursächlichkeit widerleglich vermutet, was dem eigentlichen Willen des Gesetzgebers entspricht Die historisch-teleologische Auslegung ist vorliegend auch nicht durch den Wortlaut des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund der Verwendung des Glaubhaftmachungsbegriffs gesperrt.
Der Wortlaut ist an sich nicht nur der Einstieg der Normauslegung, sondern bestimmt zugleich deren äußerste Grenze. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfG, Urteil vom 20. 3. 2002 – 2 BvR 794/95, NJW 2002, 1779; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 139). Der Bundesgerichtshof relativiert diese Grenze jedoch bereits, wenn die historisch-teleologischen Auslegungswege ergeben, dass der Gesetzgeber mit der Regelung ein bestimmtes – vom Wortlaut abweichendes – Ziel verfolgte (BGH, Urteil vom 26. 11. 2008 – VIII ZR 200/05, NJW 2009, 427 – Kein Wertersatz für die Nutzung mangelhafter Sache bei Ersatzlieferung – Quelle; und zwar unabhängig von dem Gebot richtlinienkonformer Rechtsfortbildung bereits nach nationalem Recht, vgl. S. 430).
Das BVerfG statuiert jedoch keine prinzipielle Wortlautschranke der Auslegung: Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.6.2014 – 1 BvR 1157/12:
„Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein.“
Es sieht in dem Wortlaut vielmehr eine Indizwirkung. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NJW 2018, 2542/2548):
„Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption im Gesetz zugrunde liegt, kommt neben Wortlaut und Systematik den Gesetzesmaterialien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu […] In Betracht zu ziehen sind hier die Begründung eines Gesetzentwurfes, der unverändert verabschiedet worden ist, die darauf bezogenen Stellungnahmen von Bundesrat (Art. 76 II 2 GG) und Bundesregierung (Art. 76 III 2 GG) und die Stellungnahmen, Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse. In solchen Materialien finden sich regelmäßig die im Verfahren als wesentlich erachteten Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe und Personen.“
Die ohnehin in der Methodenlehre viel kritisierte (näher MüKoBGB/Säcker, BGB Einleitung BGB 8. Aufl. 2018, Rn. 117) Andeutungstheorie (zwingende Notwendigkeit einer Andeutung des eigentlichen gesetzgeberischen Willens im Wortlaut) findet keine Anwendung. Ausreichend, aber auch erforderlich, ist, dass der vom Gericht tatsächlich angenommene Gesetzeszweck in den Materialien dokumentiert sein muss (Höpfner RDA 2018, 321 [325]). Weicht der aus den Gesetzesmaterialen erkennbare gesetzgeberische Wille von der missglückten sprachlichen Wiedergabe im Normtext ab, ist das Gericht an den Wortlaut nicht gebunden (BVerfG, Beschluss vom 23. 5. 2016 – 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15, r+s 2016, 407 [410/411]).
„Dabei umreißt die Auffassung, ein Richter verletze seine Gesetzesbindung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist, die Aufgabe der Rspr. zu eng. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte, „nach Gesetz und Recht“ zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor (vgl. BVerfGE 88, 145 ). Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze (vgl. BVerfGE 118, 212 ).“
Das meint die Auslegung auch gegen den Wortlaut, wenn nur diese den Normzweck erfüllt (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 206; Möllers, Juristische Methodenlehre, 2. Aufl. 2019, § 6 Rn. 82 f.). Eine solche Abweichung ist bei Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB geboten.
Allerdings würde eine Wortlautschranke vorliegend ohnehin nicht greifen. Diese dient zwar auch dem Schutz der Gewaltenteilung. Der Wortlaut ist insoweit aber nur eine von mehreren Erkenntnisquellen des Gesetzesverständnisses, methodisch begrenzt nur der Wille des Gesetzgebers die Auslegung (BVerfG, Beschluss vom 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NJW 2018, 2542/2548). Der Wortlaut dient primär dem Gebot der Normklarheit und Rechtssicherheit gerade mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG (Möllers, Juristische Methodenlehre, 2. Aufl. 2019, § 4 Rn. 36; Kudlich JR 2009, 210/211).
Das aber setzt – hinsichtlich beider Zwecke – voraus, dass eine wortgetreue Gesetzesinterpretation und -anwendung überhaupt möglich wäre, weil nur der „mögliche Wortsinn“ die Auslegung sperren kann (BVerfG, Urteil vom 20.3.2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, NJW 2002, 1779 [1781]), was hier gerade nicht der Fall ist. Ob „Glaubhaftmachung“ iSd Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB eine die Beweisführung im Hauptsacheverfahren ersetzende oder vielmehr zu dieser hinzutretende Voraussetzung darstellt, ist wie erörtert den Gesetzgebungsmaterialien und den Äußerungen in der Plenaraussprache nicht zu entnehmen, sondern führt vielmehr zu diametral gegenläufigen Ergebnissen. Zudem fehlt es an jeder nachvollziehbaren oder zumindest über die bestehenden verfahrensrechtlichen Mechanismen lösbaren Grundlage, wie diese Möglichkeit – oder Pflicht („ist glaubhaft zu machen“) – im Hauptsacheverfahren als verfahrensrechtliche Beweisführungsvorschrift zu handhaben wäre, zumal das wie dargestellt – und entgegen dem gesetzgeberischen Ziel – gerade mit Blick auf das prozessuale Gebot der Waffengleichheit und die Beschränkung auf präsente Beweismittel durchaus eine Schlechterstellung des Mieters begründen kann. Das Gesetz lässt über den Wortlaut keine klare Rechtsfolge erkennen oder bestimmen, so dass der Normtext andere Auslegungsmethoden nicht sperren kann.
Unter Anwendung der Grundsätze des § 252 Abs. 1 Satz 2 BGB in dem von dem Gesetzgeber für Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgesehenen Normverständnis hätte der Beklagte zu 1) daher Tatsachen vortragen müssen, die ausreichende Anhaltspukte begründen können, dass die Nichtleistung der Mieten April bis Juni 2020 tatsächlich unmittelbar pandemiebedingt war. Nur dann hätte er die über § 287 ZPO vorgesehene Erleichterung der gerichtlichen Feststellung dieser Ursächlichkeit mit der Folge des Kündigungsverbots nach Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Anspruch nehmen können.
Der Vortrag des Beklagten zu 1) genügt dem jedoch nicht, weil dieser, auch auf entsprechende Nachfragen des Gerichts hin, weder ausreichende Anknüpfungstatsachen aufweist, noch in der behaupteten Ursächlichkeit plausibel ist.
Dass es dem Beklagten zu 1) nicht möglich gewesen sei, ab April 2020 Geld von seinem Konto bei der C-Bank abzuheben, ist schon offenkundig nicht zutreffend. Denn eine Sperrung von Bankautomaten ist im Zuge der pandemiebedingten Beschränkungen, auch der Gewerbebetriebe über § 28 IfSG, nicht eingetreten, was dem Dezernenten auch selbst bekannt ist. Dass er es in zwei oder drei Orten – bis heute – vergeblich versucht habe, ist schon kaum plausibel. Jedenfalls in Hanau und Frankfurt am Main waren Auszahlungen an Bankautomaten zu erlangen, das auch bei anderen Instituten.
Damit hat der Beklagte zu 1) zugleich selbst vorgetragen, dass er an sich über das Geld verfügt habe, es sei ihm lediglich nicht möglich gewesen, dieses von seinem Konto zu dem Kläger hin zu transferieren. Die weiteren Angaben zu der Gehaltsminderung durch die Anordnung von Kurzarbeit sowie der Teilpfändung des Kontoguthabens greifen daher schon aus diesem Grunde nicht. Das aber auch der Sache nach, weil trotz gerichtlicher Nachfrage kein Vortrag erfolgte, dass er hierdurch tatsächlich nicht mehr das für die Zahlung der Mieten oder jedenfalls Teilen dieser erforderliche Geld bei seiner Bank zur Verfügung gehabt habe. Eine Ursächlichkeit der Covid-19-Pandemie für die Nichtzahlung der Mieten (hier aller drei Monate) iSd Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB ergibt sich daher schon nicht schlüssig aus dem Beklagtenvortrag, insbesondere ergeben sich hieraus keine Anknüpfungstatsachen, die eine Beweiserleichterung begründen könnten. Ob – wie ebenfalls vorgetragen – die Einrichtung eines Online-Bankings seit Anfang April 2020 nicht möglich war, kann somit dahinstehen. So der Beklagte vorträgt, der Dauerauftrag an den Kläger sei die gesamte Zeit mangels Deckung des Kontos deaktiviert gewesen und habe erst jetzt wieder aktiviert werden können, ist das schon deshalb nicht geeignet, die Kündigung abzuwehren, weil es sich nicht erkennbar um eine pandemiebedingte Folge handelt.
Ob in diesem Fall selbst die Anwendung einer – wie auch immer prozessual vom Gesetzgeber mit der Formulierung des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB gedachten – Glaubhaftmachung iSd § 294 ZPO ein anderes Verfahrensergebnis zur Folge hätte, ist zwar fraglich. § 294 ZPO trifft selbst keine Aussage über die prozessualen Anforderungen an die Schlüssigkeit eines Sachvortrages. Nach § 920 Abs. 2 ZPO (hierbei handelt es sich um die einzige prozessuale Vorschrift, die jedenfalls ansatzweise in die Nähe dessen kommt, was der Gesetzgeber mit Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB gemeint haben könnte) sind Anspruchsbegründung und Arrestgrund – über § 936 ZPO der Verfügungsgrund – glaubhaft zu machen, was jedoch zunächst Schlüssigkeit erfordert (MüKoZPO/Drescher, 5. Aufl. 2016 Rn. 12, ZPO § 935 Rn. 12). Das würde wohl auch für Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB gelten – zumal die Gesetzesbegründung Beispiele nennt -, ist jedoch mangels Differenzierung im Tatbestand unklar. Ebenso könnte die Glaubhaftmachung bereits als Grundlage einer fiktionsähnlichen Rechtsfolge iSd § 1600d Abs. 2 S. 1 BGB (das zeitweise Kündigungsverbot könnte so zu werten sein) dienen. Darauf kommt es jedoch mangels Anwendbarkeit des § 294 ZPO nicht mehr an.
Der Anspruch auf Mietzahlung folgt aus § 535 Abs. 2 BGB und ist, ebenso wie die aus §§ 286, 288 BGB zuzusprechenden Verzugszinsen, von Art. 240 § 2 EGBGB grundsätzlich nicht erfasst (BT-Drs. 19/18110, 36).
Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt als Kündigungsfolgeschaden aus §§ 280, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt jeweils aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 2, 7 ZPO.