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Mieterhöhung – Zustimmungsklage nach Erhöhung

AG Esslingen, Az.: 5 C 173/14, Urteil vom 29.01.2015

1. Die Beklagten werden verurteilt, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die 3-Zimmer Wohnung im Gebäude … von bisher 692,37 € auf nunmehr 726,-€ monatlich mit Wirkung ab dem 1.11.2013 zuzustimmen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 403,56 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Zustimmung zu einer von der Klägerin verlangten Mieterhöhung.

Die Beklagten mieteten mit Mietvertrag vom 01.03.2006 (Anlage K 1 und K 2, Blatt 6-28 der Akten) von der Rechtsvorgängerin der Klägerin die streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung im 1. OG des Gebäudes … . Mit Schreiben der Verwalterin der klägerischen Wohnung, der … vom 16.08.2013 (Anlage K 3, Bl. 29 d.A.) wurde um Zustimmung zur Mieterhöhung ab 01.11.2013 auf EUR 726,- gebeten. Dieses Schreiben ging den Beklagten im August 2013 zu, sie stimmten der Mieterhöhung nicht zu. Das Mieterhöhungsverlangen wurde mit 3 Vergleichswohnungen aus dem Bestand der Klägerin begründet. Hinsichtlich der Vergleichswohnungen sind Name des Mieters, Lage der Wohnung mit Straße und Hausnummer, Zimmeranzahl, Wohnungsgröße, Baujahr des Gebäudes, Geschoß sowie Nettokaltmiete pro Monat und pro Quadratmeter angegeben. Die derzeitige Miete in Höhe von 692,37€ wurde zuvor zuletzt durch Erhöhung vom 01.08.2012 vereinbart.

Die Klägerin behauptet im Wesentlichen, das Erhöhungsverlangen sei formal in Ordnung und die Miete zu der die Zustimmung verlangt werde übersteige nicht die ortsübliche Vergleichsmiete. Alle Vergleichswohnungen dürften sich im Bestand des Vermieters befinden. Die notwendigen Angaben betreffend der Vergleichswohnungen seien erfolgt. Die 3 Vergleichswohnungen seien ungefähr mit der streitgegenständlichen Wohnung vergleichbar. Es sei die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche von 100,7ß qm zugrunde zu legen.

Der Esslinger Mietspiegel sei nicht auf Ostfildern anwendbar. Der Esslinger Mietspiegel beruhe auf einer Umfrage bei Mietern „im Stadtgebiet von Esslingen“. Es sei nicht eine einzige Wohnung in Ostfildern berücksichtigt worden. Die Gemeindestrukturen von Ostfildern und Esslingen seien keinesfalls vergleichbar. Bei Ostfildern handle es sich um ein künstliches Gebilde. Ostfildern habe nur rund 1/3 der Einwohnerzahl von Esslingen und sei ein künstliches Gebilde, welches 1975 aus dem Zusammenschluss vierer Gemeinden entstanden sei. Es zerfalle in 6 Stadtteile, verstreut auf der Filderebene. Bei Esslingen handele es sich um eine historisch gewachsene, ehemals freie Reichsstadt mit fast 100.000 Einwohnern. Eine Begründung des Mieterhöhungsverlangens nach dem Mietspiegel von Esslingen sei unter diesen Umständen nicht erforderlich.

Darüber hinaus handele es sich nicht um einen qualifizierten Mietspiegel, die Auswertung von 700 Datensätzen führe nicht zu einer hinreichenden Repräsentativität. Der Mietspiegel entfalte daher keine Vermutungswirkung. Bei Anwendung des Esslinger Mietspiegels ergebe sich im Übrigen bei Zugrundelegung der gleichen Zu- und Abschläge wie in den vorangegangen Mieterhöhungen (15Pkte minus 8 Pkte) ein Zuschlag von 7%.Es müsse dann aber zugunsten des Vermieters eine Stichtagsdifferenz berücksichtigt werden., da der Mietspiegel 2014 zeitlich weitaus näher am streitgegenständlichen Erhöhungsverlangen liege. Daraus ergebe sich eine Grundmiete von 6,92€ und ein Zuschlag von 0,48€, somit eine Vergleichsmiete von 7,40€/qm, verlangt würden jedoch nur 7,20€.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte Partei zu 1 und 2 zu verurteilen, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die 3-Zimmer-Wohnung im …, von bisher EUR 692,37 auf nunmehr EUR 726,-€ monatlich mit Wirkung ab 01.11.2013 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, Klagabweisung.

Die Beklagten behaupten im Wesentlichen, das Mieterhöhungsverlangen sei nicht wirksam begründet. Es fehle an sonstigen Angaben über die Beschaffenheit der Vergleichswohnungen, ohne die es den Beklagten nicht möglich sei, die Vergleichbarkeit zu überprüfen. Eine Vergleichbarkeit der Wohnungen liege nicht vor. Die herangezogenen Wohnungen müssten nach ihrer Ausstattung, Beschaffenheit und Lage ungefähr mit der Wohnung der Beklagten vergleichbar sein, hierzu seien aber weitere Angaben erforderlich wie Zuschnitt, Bauweise, und baulicher Zustand. Die Ausstattung der Wohnung rechtfertige darüber hinaus die geforderte Miete nicht. Seit Einzug der Beklagten seien keine Renovierungsmaßnahmen durchgeführt worden. Die derzeitige Miete überschreite bereits die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem gem. § 558a Abs. 4 S.2 BGB vergleichbaren Mietspiegel für Ostfildern. Bei einer Mietpreisberechnung anhand des Esslinger Mietspiegels ergebe sich eine ortübliche Vergleichsmiete zwischen 486,68 und 707,14€. Die Wohnfläche sei von der Klägerin nicht zutreffend ermittelt und zugrundegelegt worden, diese betrage tatsächlich nur 97,41 qm

Der Mietspiegel von Esslingen sei auf Ostfildern anwendbar. Esslingen und Ostfildern seien strukturell vergleichbar. Es handele sich um einen qualifizierten Mietspiegel, da für die Erstellung das anerkannte regressionsanalytische Auswertungsverfahren angewandt wurde. Bei kleineren Kommunen genüge eine Ergebnisstichprobe von mindestens 500 Wohnungen.

Die von der Klägerin ermittelten Zu- und Abschläge seien unzutreffend, es sei ein Abschlag von 4 Punkte zu machen für das Vorliegen eines Mehrfamilienhauses mit mehr als 10 Wohnungen pro Hauseingang und mind. 5 Volletagen. Ferner sei in den letzten 15 Jahren keine komplette Wohnungssanierung erfolgt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2014 (Blatt 93 der Akten) verwiesen. Das Gericht habt Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gem. Beweisbeschluss vom 17.06.2014. Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 30.10.2014 und 15.12.2014 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung ist zulässig. Das Mieterhöhungsverlangen erfüllt die formellen Anforderungen des §558 a Abs. 1, 2, 3 BGB und ist wirksam.

1. Das Mieterhöhungsverlangen ist formell ordnungsgemäß begründet. Vermieter sind berechtigt, als Vergleichswohnungen Wohnungen aus dem eigenen Bestand zu benennen (Börstinghaus/Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, §558 a, RN98; BGH Urteil vom 19.05.2010, VIII ZR 122/09, Juris RN. 12).

Die im Mieterhöhungsverlangen mitgeteilten Angaben zu den Vergleichswohnungen reichen aus. Die Wohnungen sind dadurch, dass sogar die Straße, die Hausnummer und die Mieter mitgeteilt werden, für jeden auffindbar. Sinn und Zweck der Begründungspflicht ist, dass ein Mieter die Wohnungen auffinden und sich ggf. anschauen kann. Dies ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben. Es ist nicht erforderlich, dass alle Wohnwertmerkmale mitgeteilt werden. Angaben zur Ausstattung und Beschaffenheit der Vergleichswohnungen sind nicht notwendig (Börstinghaus/Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, §558 a, RN. 137).

2. Eine Begründung des Erhöhungsverlangens mit dem Esslinger Mietspiegel nach §558 a Abs. 3 war im vorliegenden Falle nicht notwendig. Der Esslinger Mietspiegel müsste, wenn er anwendbar sein sollte, Auskünfte über die ortsübliche Miete in Ostfildern geben (BGH, Urteil vom 13.11.2013, VIII ZR 413/12, Juris RN. 11). Dies ist nicht der Fall. Der Esslinger Mietspiegel wurde bereits ausweislich seines Vorwortes auf Grundlage einer repräsentativen Umfrage bei Mietern von nicht preislich gebundenen Wohnungen im Stadtgebiet von Esslingen erstellt. Wohnungen in Ostfildern wurden nicht berücksichtigt.

Für Ostfildern existiert kein Mietspiegel. Ob der Esslinger Mietspiegel gemäß §558 Abs. 2 BGB auf Ostfildern anwendbar ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Ein Mieter, der ein Mieterhöhungsverlangen ausspricht, ohne dass in der fraglichen Stadt ein Mietspiegel existiert, kann zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, ob das zuständige Gericht eine andere Gemeinde für vergleichbar hält und deren Mietspiegel anwendet. §558 a Abs. 3 gilt deshalb nur in Gemeinden, in denen ein Mietspiegel existiert, nicht bei analoger Anwendung des Mietspiegels im Sinne von §558 Abs. 2 BGB. Eine andere Bewertung würde das Eigentumsrecht des Vermieters nach Art. 14 GG verletzen.

II.

Die Klage ist begründet. Die geforderte Miete entspricht der sich aus dem für Ostfildern anwendbaren Mietspiegel der Stadt Esslingen ergebenden Vergleichsmiete.

1. Der Mietspiegel der Stadt Esslingen ist auf Ostfildern anwendbar. Ostfildern ist mit Esslingen vergleichbar. Die Vergleichbarkeit der Gemeinden richtet sich nach der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Infrastruktur, dem Grad der Industrialisierung, der verkehrstechnischen Erschließung sowie der Anbindung an Versorgungszentren (Börstinghaus/Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, §558 a RN. 48). Maßgeblich ist der Vergleich der Gemeinden als Gebietskörperschaften in ihrer Gesamtheit für die Beurteilung der vergleichbaren Gemeinde nach §558 Abs. 4 Satz 2 BGB (LG Heidelberg, Urteil vom 17.02.2012, 5 S 95/11, Juris RN. 22). Esslingen ist eine gewachsene, jahrhundertealte Stadt, mit knapp 90000 Einwohnen und Sitz der Landkreisverwaltung, während Ostfildern durch den Zusammenschluss von Kemnat, Nellingen, Ruit und Scharnhausen im Jahre 1975 entstanden ist und 37000 Einwohner zählt. Ostfildern verfügt auch nicht über die kulturellen Einrichtungen Esslingens, wie die Landesbühne und große Kinos. Beide Gemeinden liegen jedoch im Großraum Stuttgart, haben eine hervorragende Verkehrsanbindung, sowohl an die Autobahn, als auch an den Stuttgarter Flughafen und das S-Bahn-Netz Stuttgart. Beide Gemeinden sind stark industrialisiert und profitieren hinsichtlich von Arbeitsplätzen von der schnellen Erreichbarkeit Stuttgarts. Beide Gemeinden haben etliche Museen, eine städtische Galerie, Volkshochschule, Musikschule und Stadtbibliothek. Nachdem beide Gemeinden im Großraum Stuttgart und die wirtschaftlichen und kulturellen Angebote der Landeshauptstadt damit gleich gut mit nutzen können, ist das Gericht der Auffassung, dass der verbleibende Unterschied hinsichtlich Einwohnerzahl und kultureller Einrichtungen nicht so stark ins Gewicht fällt, wie bei Gemeinden, die weit von einer Großstadt entfernt liegen.

2. Nach dem Esslinger Mietspiegel, welchen die Sachverständige aus oben genannten Gründen auch ihrem Gutachten zu Grunde legen durfte, beträgt die Vergleichsmiete 742,- € so dass die begehrte Zustimmung zu einer Miete von 726,-€ begründet ist.

Das Gericht macht sich Ausführungen des klaren und plausiblen Gutachtens zu eigen.

Das Gericht ist der Ansicht, dass aufgrund der Vergleichbarkeit der Gemeinden der Esslinger Mietspiegel 2014 eine geeignete Schätzgrundlage nach § 287 Abs. 2 ZPO darstellt. Insbesondere, da die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgeblicher Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung der streitigen Forderung in keinem Verhältnis steht. Da es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete um eine „modifizierte Durchschnittsmiete“-handelt, bedarf es zur Feststellung dieses Wertes einer empirischen Datenerhebung, die umso genauer ist, umso größer aber vor allem auch repräsentativer die zu Grunde liegende Datenerhebung ist.

Wenn einem Mietspiegel eine solchen Ansprüchen genügende Datenerhebung zu Grunde liegt, dann ist der Mietspiegel einem üblichen Sachverständigengutachten deutlich überlegen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 558a Rn 11).

Nach Auffassung des Gerichts ist davon auszugehen, dass der Gemeinderat und die Interessenvertreter der Vermieter- und Mieterseite den Mietspiegel 2014 anerkannt haben, wie in §§ 558cAbs. 1, 558d Abs. 1 BGB für das Vorliegen eines (qualifizierten) Mietspiegels verlangt wird, da sich dies von den Parteien unbestritten aus dem Vorwort des Mietspiegels ergibt. Bei einer entsprechende Anwendung des Esslinger Mietspiegels im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO durch das Gericht scheidet die Vermutungswirkung des § 558d Abs. 3 BG scheidet aber schon deshalb aus, weil es sich nicht um einen Mietspiegel der Gemeinde Ostfildern handelt. Nach herrschender Meinung können jedoch auch einfache Mietspiegel im Sinne von § 558c BGB im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach §§286, 287 Abs. 2 ZPO herangezogen werden (vgl. AG Dortmund, 10.12.2002, Az 125 C 12016/02) sofern ihre Aufstellung auf einer Datenerhebung beruht.

Ob die Indizwirkung eines einfachen Mietspiegels im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen gegen den Erkenntniswert der Angaben im Mietspeigel erhoben werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.2010, VII ZR 99/09)

Der Esslinger Mietspiegel 2014 wurde nach einem regressionsanalytischen Auswertungsverfahren erarbeitet, wobei zunächst 700 Datensätze erhoben wurden. Die Regressionsmethode ist ein anerkanntes statistisches Verfahren, sie basiert auf einem komplexen mathematischen Modell. Konkrete Einwendungen, dass dieses Auswertungsverfahren generell und oder im konkreten Fall nicht zu tauglichen Werten führt, haben die Parteien nicht vorgetragen. Von einer Partei, die das Vorliegen eines (qualifizierten) Mietspiegels in Abrede stellt, ist allerdings zu fordern, dass sie im Rahmen des möglichen substantiierte Angriffe, gegen den Mietspiegel vorbringt, sofern die Erstellung des Mietspiegels in allgemein zugänglichen Quellen dokumentiert ist (vgl. BGH, Urt. 21.22.2012, Az. VIII ZR 46/12). Wie das Gericht den Parteien bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, stellt die Gemeinde Esslingen die Dokumentation auf Anfrage zur Verfügung, das Gericht hat diese nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO angefordert. Die Klägerin hat ihren Einwand, der Mietspiegel sei nicht unter Beachtung allgemein anerkannter wissenschaftlicher Methoden erstellt worden, damit begründet, es seien zu wenige Daten erhoben worden. Eine ausreichende Repräsentativität der erhobenen Daten liegt zur Überzeugung des Gerichts jedoch hier vor. Bei Regressionsmietspiegeln genügen im Vergleich zu Tabellenmietspiegeln kleinere Stichproben, dadurch dass die Regressionsmethode die Information der gesamten Stichprobe ausnutzt. Bei Kleineren Gemeinden empfiehlt sich eine Ergebnisstichprobe von 500 Wohnung, bei größeren bis zu 1 % des relevanten Wohnungsbestandes (vgl. Börstinghaus/Clas, Mietspiegel 2. Aufl.. Rn 380).

Zutreffender Weise hat die Sachverständige im vorliegenden Fall dem Esslinger Mietspiegel für 2014 ihren Bewertungen zu Grunde gelegt. Denn dem Vermieter steht gegenüber dem Mieter ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens zu. Da die ortsübliche Vergleichsmiete nicht statisch sondern dynamisch ist, können Mietspiegel systemimmanent die ortsübliche Vergleichsmiete zum maßgeblichen Stichtag nicht angeben, da sie auf einer Datenerhebung zu einem anderen in der Vergangenheit liegenden Stichtag beruhen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass Mietspiegel vom Gesetzgeber als Begründungsmittel vorgesehen wurden und im Rahmen einer Verfahrensvereinfachung auch eine gewisse Pauschalierung hinnehmbar ist. Mietspiegel sollen und dürfen verfassungsrechtlich aber nicht zu einem Mietenstopp während ihrer Laufzeit führen. Soweit deshalb Mietspiegel auch zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in einem Zustimmungsverfahren herangezogen werden, ist es zulässig, Veränderungen der ortsüblichen Vergleichsmiete, die seit der Datenerhebung eingetreten sind als Zu- oder auch Abschlag zu berücksichtigen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. § 558b BGB Rn. 121 f). Dazu kann im Einzelfall – so auch vorliegend – auf einen neuen Mietspiegel zurückgegriffen werden, dessen Erhebungsstichtag nahe am Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens lag. Vorliegend ging das Mieterhöhungsverlangen den Beklagten im August 2013 zu, gleichzeitig wurden im Zeitraum von Juni bis August 2013 die Daten für die Erstellung des Mietspiegels 2014 erhoben. Stichtag dieser Ermittlung war der 01.11.2013. Diese besondere zeitliche Nähe der Erhebung zum Mieterhöhungsschreiben, rechtfertigt es den aktuellen Mietspiegel heranzuziehen. Maßgeblich ist, dass es in einer Gemeinde für vergleichbaren Wohnraum zu einem bestimmten Stichtag der Höhe nach nur eine ortsübliche Vergleichsmiete gibt (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. § 558b BGB Rn. 121f).

Im Ergebnis zutreffend und nachvollziehbar ist die Sachverständige von einem Zuschlag von 6 Punkten in Anlehnung an Tabelle 2 des Mietspiegels gelangt.

Insbesondere ist die Sachverständige zutreffend zunächst von der von der im Mietvertrag enthaltenen Wohnungsgröße von 100,79qm ausgegangen und nicht von – wie von den Beklagten behauptet – 97,41 qm. Wobei sie aufgrund der Tatsache, dass sich die Mietsache im Grenzbereich zwischen zwei Wohnflächenkategorien einen Mittelwert von 6, 91€ (statt 6,90 oder 6,92€) zugrunde gelegt hat.

In der Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag liegt nach der Rechtsprechung des BGH eine Beschaffenheitsvereinbarung, die auch für die Beurteilung einer Mieterhöhung nach § 558 BGB maßgeblich ist, wenn die Flächenabweichung – wie hier – nicht mehr als 10 % beträgt (BGH, Urteil vom 08. Juli 2009 – VIII ZR 205/08 -, juris). Die Frage, ob sich auch der Mieter bei der Mieterhöhung nach § 558 BGB an einer für ihn nachteiligen, aber im Rahmen der Toleranzgrenze von 10 % liegenden Wohnflächenvereinbarung festhalten lassen muss, hat er bejaht unter Hinweis darauf, dass eine Wohnflächenvereinbarung von den Mieterschutzbestimmungen der § 557Abs. 4, § 558 Abs. 6 BGB nicht erfasst werde.

Nach § 557 BGB könne der Vermieter Mieterhöhungen, sofern er sie nicht während des Mietverhältnisses mit dem Mieter vereinbart (§ 557 Abs. 1 BGB), nur nach Maßgabe der §§ 558 ff. BGB verlangen. Mit dem in § 557 Abs. 4 BGB enthaltenen und in § 558 Abs. 6 BGB noch einmal wiederholten Verbot von Vereinbarungen, die von den gesetzlichen Bestimmungen zum Nachteil des Mieters abweichen, sind Abreden gemeint, die die formellen oder materiellen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung abändern (vgl. BGH, Urt. v.07.02.2007 – VIII ZR 122/05, NJW-RR 2007, 667). Dies trifft auf eine Wohnflächenvereinbarung nicht zu, selbst wenn sie im Rahmen eines späteren Mieterhöhungsverfahrens mittelbar Bedeutung erlangen kann.

Es wurde von der Sachverständigen schlüssig nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der – sich teilweise auch aus den Lichtbildern ergebenden – Renovierungsmaßnahmen, wie Fassadendämmung, Einbau von Isolierglasfenstern, Neugestaltung des Hauseingangs, Anbau von Balkonen und Erneuerung der Elektroinstallation von einer umfassenden Modernisierung des Objekts gem. Tabelle 2 des Mietspiegels auszugehen ist.

Da der Stellplatz unstreitig separat von den Beklagten angemietet wurde und der Mietzins hierfür gesondert von den Beklagten entrichtet wird, war dieser nicht zu berücksichtigen.

Nach den Feststellungen der Sachverständigen beim Ortstermin gibt es nach der Anzahl der Klingeln und Briefkästen nur 8 Wohnungen in dem betreffenden Hauseingang, so dass kein Abschlag zu machen war.

Das unstreitig überwiegend Parkettboden in der Wohnung verlegt ist, wurde entsprechend er Tabelle 2 mit 3 Punkten berücksichtigt. Ebenso zutreffend wurde der gut nutzbare Balkon mit einem Punkt berücksichtigt und das Fehlen einer vom Vermieter gestellten Einbauküche mit einem Abzug von 3 Punkten. Das Vorhandensein von Einbauelementen z.B. Schränken außerhalb der Küche – vorliegend im Bad – stellt ebenfalls ein berücksichtungsfähiges Kriterium nach dem Mietspiegel dar.

Das Gericht teilt im Übrigen die Auffassung der Sachverständigen, dass das Merkmal „Stadtteilzone“ bei einer entsprechenden Anwendung des Esslinger Mietspiegels auf Ostfildern keine Anwendung finden kann. Aufgrund der Entfernung zum Stadtzentrum Esslingen käme allenfalls analoge Anwendung der Stadteilzone Zollberg in Betracht, dies würde jedoch nicht zu Berücksichtigung von Zu- oder Abschlagspunkten führen.

Die Preisentwicklung zwischen dem Erhebungszeitraum des Mietspiegels und dem Stichtag dieser Ermittlung wurde logisch und nachvollziehbar von der Sachverständigen mittels der Sondertabelle „Entwicklung der Wohnungsmieten“ berücksichtigt.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 558 BGB (Kappungsgrenze, Jahressperrfrist und Wartefrist) sind erfüllt, insofern wurden auch keine Einwände erhoben.

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO; diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708Nr. 11, 711,713 ZPO.

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