LG Berlin, Az.: 67 T 9/18
Beschluss vom 25.01.2018
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die im Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Wedding vom 13. Dezember 2017 – 19b C 56/17 – getroffene Kostenentscheidung wird auf seine Kosten nach einem Wert von bis 1.000,00 EUR zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Kostenverteilung nach einem beklagtenseits erklärten Anerkenntnis.
Nachdem der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2016 die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen angekündigt und die Beklagten mit Schreiben vom 29. August 2016 ihre Bereitschaft zu deren Duldung erklärt hatten, führte der Kläger die Maßnahmen zunächst nicht durch, da nicht alle im streitgegenständlichen Anwesen von den Maßnahmen betroffenen Mieter die von ihnen erbetenen Zustimmung zur Duldung erklärt hatten. Mit weiterem Schreiben vom 19. Juli 2017 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 21. Juli 2017 erneut auf, ihre Zustimmung zu erklären. Dieses Schreiben ließen die Beklagten unbeantwortet. Daraufhin erhob der Kläger am 27. September 2017 Duldungsklage. Noch vor Ablauf der Klageerwiderungsfrist erkannten die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche im schriftlichen Vorverfahren an. Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreit gemäß § 93 ZPO dem Kläger auferlegt. Dagegen richtet sich dessen sofortige Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die es der Kammer zur Entscheidung vorgelegt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 567 ff., 99 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat dem Kläger zutreffend gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Danach fallen dem Kläger die Prozesskosten zu Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Beklagten haben den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen sofort i.S.v. § 93 ZPO anerkannt, indem sie ihr Anerkenntnis im schriftlichen Vorverfahren noch vor Ablauf der Klageerwiderungsfrist erklärt haben (vgl. BGH, Beschl. v. 30. Mai 2006 – VI ZB 64/05, BGHZ 168, 57, juris Tz. 15 ff.).
Sie haben durch ihr vorgerichtliches Verhalten auch keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Veranlassung zur Klageerhebung gibt eine Partei nur dann, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 10). An diesen Voraussetzungen fehlte es, auch wenn die Beklagten der schriftlichen Aufforderung des Klägers vom 19. Juli 2017, ihm innerhalb von zwei Tagen die Duldung der bereits mehr als ein Jahr zuvor mit Schreiben vom 30. Mai 2016 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen erneut zu bestätigen, nicht nachgekommen sind.
Zwar wird vereinzelt vertreten, ein Mieter gebe bereits dann Veranlassung zur Erhebung einer auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen gerichteten Klage, wenn er der fristgebundenen Aufforderung des Vermieters, schriftlich die Bereitschaft zur Duldung der Maßnahmen zu erklären, nicht nachkommt (vgl. KG, Beschl. v. 16. Juli 2009 – 8 U 77/09, NJW-RR 2010, 442, juris Tz. 4; LG Berlin, Beschl. v. 11. März 1997 – 64 T 120/96, GE 1997, 621; Heilmann, in: Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 555c BGB Rz. 13; Schlosser, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, 43. Edition Stand: 1. Februar 2017, § 555c Rz. 7). Dem ist jedoch nicht zu folgen, wobei dahinstehen kann, ob der Mieter materiell-rechtlich zur Abgabe einer solchen – im Regelungsgefüge der §§ 555b ff. BGB nicht vorgesehenen – Erklärung über seine Erfüllungsbereitschaft überhaupt verpflichtet ist (vgl. verneinend OLG Hamm, Beschl. v. 17. Mai 1996 – 33 W 13/96, ZMR 1996, 499, LG Berlin, Urt. v. 1. Februar 2010 – 12 O 509/09, GuT 2010, 247, juris Tz. 11; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 7. Mai 1999 – 5 W 16/99, NZM 2000, 95, juris Tz. 3 (jeweils zur unterlassenen Erklärung über die künftige Räumungsbereitschaft)).
Es entspricht dem allgemein anerkannten – und von der Kammer geteilten – kostenrechtlichen Grundsatz, dass der Beklagte gemäß § 93 ZPO mit Ausnahme hier nicht einschlägiger deliktischer Sonderszenarien frühestens dann Veranlassung zur Klageerhebung gibt, wenn er sich bereits vorgerichtlich in Verzug befunden hat (vgl. BGH, Beschl. v. 3. März 2004 – IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999, juris Tz. 15; KG, Beschl. v. 12. Dezember 2007 – 12 W 87/07, ZMR 2008, 447, juris Tz. 16; Flockenhaus, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 93 Rz. 17; Herget, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 93 Rz. 6). Daran indes fehlt es bei vom Vermieter vorgerichtlich angekündigten und später im Wege der Duldungsklage geltend gemachten Modernisierungsmaßnahmen in der Regel und auch hier, unabhängig davon, ob für die vorgerichtliche Verzugslage nur auf den später klageweise geltend gemachten Duldungsanspruch abzustellen ist oder auch ein Verzug des Mieters mit der vom Vermieter verlangten Erklärung über seine zukünftige Duldungsbereitschaft ausreicht, um hinreichende Veranlassung zur Klage zu geben. Denn die Beklagten befanden sich bei Klageerhebung weder mit der Erfüllung des Duldungsanspruchs noch mit der eines etwaigen Anspruchs auf Erklärung über ihre künftige Leistungsbereitschaft in Verzug.
Mit der Erfüllung des Duldungsanspruchs befanden sich die Beklagten vorgerichtlich nicht in Verzug, da der Kläger sie insoweit nicht gemahnt hat (§ 286 Abs. 1 BGB) und die Mahnung auch nicht ausnahmeweise – wie etwa bei einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Mieters nach Zugang der Modernisierungsankündigung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB) – gemäß § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich war.
Dasselbe gilt für die von den beklagten Mietern verlangte Erklärung über ihre Leistungsbereitschaft, die frühestens mit Zugang der vermieterseitigen Aufforderung zu ihrer Abgabe fällig wurde. Da insoweit ebenfalls keiner der Ausnahmetatbestände des § 286 Abs. 2 BGB erfüllt war, hätte es auch hier zur Inverzugsetzung der Beklagten einer weiteren Mahnung nach fruchtlosem Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist bedurft. Daran fehlte es. Das Aufforderungsschreiben des Klägers vom 19. Juli 2017 selbst stellte trotz darin enthaltener Fristsetzung keine Mahnung dar, auch wenn eine solche nach nicht unumstrittener – und im Einzelnen uneinheitlicher – Rechtsprechung des BGH mit der die Fälligkeit begründenden Handlung des Gläubigers verbunden werden und demnach auch in einem Schreiben enthalten sein darf, mit dessen Zugang nach den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen der Anspruch erstmals fällig wird (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 2006 – X ZR 157/05, NJW 2006, 3271, juris Tz. 10; Urt. v. 25. Oktober 2007 – III ZR 91/07, BGHZ 174, 77 juris Tz. 11; Urt. v. 13. Juli 2010 – XI ZR 27/10, NJW 2010, 2040, juris Tz. 14). Ob eine solche sog. befristete Mahnung überhaupt geeignet ist, Verzugsfolgen auszulösen oder ob dem nicht bereits der Wortlaut des § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen steht (“ … auf eine Mahnung …, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, …”), bedarf keiner Entscheidung. Hier konnten und mussten die Beklagten das Schreiben unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB nicht als Mahnung verstehen. Denn ein die Fälligkeit erstmals begründendes Schreiben gilt auch bei gleichzeitiger Bestimmung einer konkrete Leistungsfrist im Verkehr üblicherweise nicht als Mahnung, wenn es keinen Hinweis auf den Verzugseintritt oder ähnliche Zusätze enthält (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 – III ZR 91/07, BGHZ 174, 77 juris Tz. 11). Genau so lag der Fall hier.
Die Wertfestsetzung und die Kostenentscheidung beruhen auf den §§ 3, 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO zuzulassen, bestanden nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde auf einer Bejahung der Voraussetzungen des § 93 ZPO beruht, die seit langem höchstrichterlich geklärt sind. Von diesen Grundsätzen weicht die Kammer nicht ab, so dass auch eine Divergenzzulassung wegen der zum Teil gegenteiligen Instanzrechtsprechung nicht geboten war (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10, NJW 2011, 3229, juris Tz. 2).