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Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltens der Mietzahlung – Rücknahmewillen des Vermieters

Wer seinen Ex-Mieter verklagt, weil er dessen Kündigung nicht akzeptiert, könnte am Ende überraschend leer ausgehen. Ein Gericht in Hanau hat entschieden: Fehlender „Rücknahmewille“ des Vermieters kostet bares Geld – und zwar bei der Nutzungsentschädigung nach Mietende.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 35/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Hanau
  • Datum: 22.11.2023
  • Aktenzeichen: 2 S 35/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Mieter, der die Rückzahlung von unter Vorbehalt gezahlter Miete und der Kaution fordert.
  • Beklagte: Vermieter (im Berufungsverfahren der Berufungskläger), der mit einer Widerklage Schadensersatz und Betriebskosten verlangt.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nach Beendigung eines Mietverhältnisses und einem vorangegangenen Rechtsstreit über die Kündigung stritten Mieter und Vermieter über verschiedene finanzielle Ansprüche. Der Mieter forderte gezahlte Miete und die Kaution zurück. Der Vermieter forderte im Gegenzug Schadensersatz und Betriebskosten und machte Ansprüche wegen der verspäteten Rückgabe der Wohnung geltend, da der Mieter noch Gegenstände in der Wohnung gelassen hatte.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging hauptsächlich darum, ob der Vermieter Anspruch auf eine Entschädigung für die Vorenthaltung der Wohnung hat (§ 546a BGB), auch wenn er laut Vorinstanz keinen eindeutigen Willen zur Rücknahme der Wohnung gezeigt hatte. Zudem ging es um die Berechtigung der gegenseitigen Forderungen (Mietrückzahlung, Kautionsrückzahlung, Schadensersatz, Betriebskosten) nach Ende des Mietvertrages.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Vermieters gegen das Urteil des Amtsgerichts Hanau (welches dem Mieter überwiegend Recht gegeben hatte) wurde zurückgewiesen.
  • Folgen: Der Vermieter muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, das heißt, die Entscheidung kann vorläufig durchgesetzt werden. Der Vermieter kann die Vollstreckung durch Zahlung einer Sicherheitsleistung verhindern, es sei denn, der Mieter leistet ebenfalls Sicherheit. Gegen dieses Urteil kann Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden, da diese zugelassen wurde. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 12.721,29 € festgelegt.

Der Fall vor Gericht


Hintergrund des Rechtsstreits

Mietrecht Kündigung: Mieter wirft Kündigungsschreiben ein. Rechtliche Schritte.
Nutzungsentschädigung und Rücknahmewille im Mietrecht | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Kern des Verfahrens vor dem Landgericht Hanau stand ein Konflikt zwischen einem Mieter (Kläger) und seinem ehemaligen Vermieter (Beklagter). Nach Beendigung des Mietverhältnisses zahlte der Mieter die Miete nur noch unter Vorbehalt und forderte später diese Zahlungen sowie seine Kaution zurück. Der Vermieter wiederum erhob Widerklage und verlangte Schadensersatz sowie Nachzahlungen für Betriebskosten.

Streitpunkt: Nutzungsentschädigung nach Mietende

Ein zentraler Streitpunkt war die Frage, ob der Vermieter Anspruch auf eine sogenannte Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB hat. Diese Regelung sieht vor, dass ein Mieter, der die Wohnung nach Vertragsende nicht zurückgibt, dem Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung eine Entschädigung in Höhe der vereinbarten Miete schuldet. Der Vermieter forderte diese Entschädigung für den Zeitraum, in dem der Mieter die Wohnung noch nicht vollständig geräumt hatte.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Hanau

Das Amtsgericht Hanau hatte in erster Instanz (Az.: 34 C 35/21) der Klage des Mieters überwiegend stattgegeben und die Widerklage des Vermieters abgewiesen. Die Richter argumentierten, dass dem Vermieter keine Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB zustehe. Der Grund hierfür sei ein fehlender Rücknahmewille des Vermieters gewesen.

Fehlender Rücknahmewille des Vermieters

Das Amtsgericht sah den mangelnden Willen zur Rücknahme der Wohnung darin begründet, dass der Vermieter selbst über zwei Instanzen hinweg einen Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch den Mieter führte. Wer gerichtlich gegen die Beendigung des Mietverhältnisses vorgeht, signalisiert nach Ansicht des Gerichts nicht, dass er die Wohnung tatsächlich zurückhaben möchte. Dies sei jedoch Voraussetzung für den Anspruch aus § 546a BGB.

Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung

Stattdessen sprach das Amtsgericht dem Vermieter lediglich einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Der Mieter habe durch das Zurücklassen von Gegenständen in der Wohnung einen tatsächlichen Nutzungswert gezogen. Diesen schätzte das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 120 Euro monatlich für den Zeitraum Februar bis August 2018 und gewährte zudem eine Nutzungsentschädigung für Oktober 2018.

Abweisung weiterer Vermieterforderungen

Die Forderung nach Nebenkostennachzahlungen für 2018 wurde abgewiesen, da kein wirksames Mietverhältnis mehr bestand. Auch Schadensersatz für ein beschädigtes Parkett wurde verneint. Das Gericht wertete die Schäden als Folge des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, für den ein Mieter grundsätzlich nicht haftet.

Die Berufung des Vermieters

Der Vermieter legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung beim Landgericht Hanau ein. Er argumentierte, die Auffassung des Amtsgerichts zum fehlenden Rücknahmewillen widerspreche dem Wortlaut des § 546a BGB. Es sei die Pflicht des Mieters, die Wohnung nach Mietende zurückzugeben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Vermieter keinen Rücknahmewillen haben sollte.

Argumente des Vermieters im Berufungsverfahren

Der Vermieter führte weiter an, der Mieter habe Möbel in der Wohnung belassen und diese erst Mitte August 2018 vollständig entfernt. Zudem habe ein Hinweis auf eine Massagepraxis des Mieters am Klingelschild auf eine fortgesetzte Nutzung hingedeutet. Der Vermieter forderte eine deutlich höhere Nutzungsentschädigung (mindestens 6 Euro pro Quadratmeter) und die volle Miete für eine mitvermietete Garage.

Die Entscheidung des Landgerichts Hanau

Das Landgericht Hanau (Az.: 2 S 35/22) wies die Berufung des Vermieters mit Urteil vom 22. November 2023 zurück. Die Richter bestätigten damit im Ergebnis die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Berufung sei zwar zulässig gewesen, in der Sache jedoch unbegründet.

Bestätigung der Vorinstanzlichen Argumentation

Das Landgericht schloss sich der Argumentation des Amtsgerichts hinsichtlich des erforderlichen Rücknahmewillens des Vermieters für einen Anspruch aus § 546a BGB an. Wenn ein Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses gerichtlich bestreitet, kann er für denselben Zeitraum nicht gleichzeitig die uneingeschränkte Rücknahme der Mietsache fordern und somit die volle Miete als Nutzungsentschädigung verlangen.

Keine volle Nutzungsentschädigung für den Vermieter

Der Vermieter konnte daher nicht die ursprünglich vereinbarte Miete als Entschädigung fordern. Die vom Amtsgericht zugesprochene, geringere Entschädigung auf Basis des tatsächlichen Nutzungswertes aus ungerechtfertigter Bereicherung wurde somit bestätigt. Die Argumente des Vermieters zur fortgesetzten Nutzung durch den Mieter änderten nichts an der grundsätzlichen rechtlichen Bewertung des fehlenden Rücknahmewillens.

Bedeutung des Urteils für Betroffene

Für Vermieter

Dieses Urteil verdeutlicht ein signifikantes Risiko für Vermieter: Wer die Beendigung eines Mietverhältnisses (z.B. eine Kündigung des Mieters) nicht akzeptiert und gerichtlich dagegen vorgeht, kann seinen Anspruch auf die volle Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB verlieren, falls der Mieter nicht pünktlich auszieht. Der Vermieter muss sich entscheiden: Entweder er akzeptiert das Mietende und fordert die Rückgabe (und ggf. Nutzungsentschädigung), oder er bestreitet das Mietende, riskiert aber, bei späterer Vorenthaltung nur einen geringeren Betrag als die vereinbarte Miete zu erhalten. Es ist entscheidend, einen klaren Rücknahmewillen zu dokumentieren, wenn man die Entschädigung nach § 546a BGB anstrebt.

Für Mieter

Für Mieter bedeutet die Entscheidung, dass sie auch nach Vertragsende nicht automatisch die volle Miete weiterzahlen müssen, wenn der Vermieter die Beendigung des Vertrages bestreitet und sie die Wohnung noch nicht vollständig zurückgegeben haben. Allerdings entbindet dies nicht von der Pflicht zur Rückgabe. Belässt der Mieter Gegenstände in der Wohnung oder nutzt sie anderweitig weiter, kann der Vermieter zumindest Wertersatz für diese Nutzung verlangen (Ungerechtfertigte Bereicherung), dessen Höhe aber unter der vereinbarten Miete liegen kann. Eine vollständige und pünktliche Räumung bleibt der sicherste Weg, um Zahlungsansprüche zu vermeiden.

Weitere Entscheidungen des Landgerichts

Das Landgericht Hanau legte dem Beklagten (Vermieter) die Kosten des Berufungsverfahrens auf. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei beide Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden können. Bemerkenswert ist, dass das Landgericht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst oder eine Fortbildung des Rechts für erforderlich hält. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 12.721,29 Euro festgesetzt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein Vermieter nach rechtskräftiger Beendigung eines Mietverhältnisses keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB hat, wenn er selbst keinen Rückerlangungswillen zeigt, was sich durch das Führen eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung dokumentiert. In solchen Fällen kann der Vermieter lediglich den tatsächlich gezogenen Nutzungswert aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen, der deutlich geringer ausfallen kann als die ursprüngliche Miete. Für Mieter bedeutet dies, dass unter Vorbehalt gezahlte Beträge nach Feststellung der unwirksamen Mietforderung zurückgefordert werden können, während nur für den tatsächlichen Nutzungswert (wie für in der Wohnung verbliebene Gegenstände) eine Entschädigung zu leisten ist.

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Unsicherheiten bei Mietende und Rückgabe

Nach der Beendigung eines Mietverhältnisses entstehen oft Unsicherheiten, insbesondere wenn noch Gegenstände in der Wohnung verbleiben oder die Rückgabe nicht eindeutig vollzogen ist. Häufig stellt sich die Frage, ob und in welcher Höhe Zahlungen für die weitere Nutzung verlangt oder geleistet werden müssen.

Unsere Kanzlei berät bei der rechtssicheren Einschätzung solcher Situationen, etwa wenn der Rücknahmewille unklar ist oder Streit über Nutzungsentschädigungen besteht. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Ansprüche fundiert zu beurteilen und geeignete Schritte zu ergreifen, um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Nutzungsentschädigung im Mietrecht genau?

Wenn ein Mietvertrag endet – zum Beispiel durch eine Kündigung oder weil die vereinbarte Mietzeit abgelaufen ist – müssen Sie als Mieter die Wohnung oder die Gewerberäume normalerweise an den Vermieter zurückgeben.

Nutzungsentschädigung ist eine Zahlung, die der Vermieter von Ihnen verlangen kann, wenn Sie die Mietsache nach dem Ende des Mietvertrags nicht zurückgeben, obwohl Sie dazu verpflichtet wären. Es handelt sich also um einen finanziellen Ausgleich dafür, dass der Vermieter seine Immobilie nicht wie geplant zurückerhält und nutzen kann.

Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 546a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Wann genau kann der Vermieter Nutzungsentschädigung fordern?

Damit ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Das Mietverhältnis muss beendet sein: Der Mietvertrag darf nicht mehr gültig sein. Das kann durch eine wirksame Kündigung (von Mieter oder Vermieter), einen Aufhebungsvertrag oder den Ablauf einer vereinbarten Mietzeit geschehen.
  2. Der Mieter gibt die Mietsache nicht zurück: Sie als Mieter müssen die Wohnung, das Haus oder die Geschäftsräume tatsächlich noch nutzen oder zumindest nicht vollständig geräumt und übergeben haben. Die bloße Nichtzahlung der letzten Miete reicht nicht aus.
  3. Der Mieter „enthält“ die Mietsache dem Vermieter „vor“: Das bedeutet, Sie geben die Mietsache gegen den Willen des Vermieters nicht zurück. Der Vermieter muss also deutlich gemacht haben (oder es muss aus den Umständen klar sein), dass er die Rückgabe wünscht. Wichtig ist hier: Es kommt nicht darauf an, ob Sie als Mieter ein Verschulden trifft, also ob Sie den Auszug absichtlich hinauszögern oder ob es andere Gründe gibt (z.B. Sie finden keine neue Wohnung). Allein die Tatsache, dass die Rückgabe gegen den Willen des Vermieters nicht erfolgt, genügt. Der erkennbare Wille des Vermieters, die Sache zurückzuerhalten (Rücknahmewille), ist entscheidend. Wenn der Vermieter der Weiternutzung zustimmt oder diese stillschweigend duldet, entsteht in der Regel kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung.

Wie hoch ist die Nutzungsentschädigung?

Das Gesetz (§ 546a BGB) sieht zwei Möglichkeiten für die Höhe der Nutzungsentschädigung vor:

  • In Höhe der bisherigen Miete: Der Vermieter kann mindestens den Betrag verlangen, den Sie bisher als Miete (einschließlich vereinbarter Nebenkostenvorauszahlungen) gezahlt haben.
  • In Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete: Liegt die übliche Miete für vergleichbare Objekte am Markt höher als Ihre bisherige Miete, kann der Vermieter auch diese höhere Marktmiete als Entschädigung fordern. Der Vermieter muss diese höhere Miete gegebenenfalls nachweisen.

Der Vermieter kann also den Betrag wählen, der für ihn günstiger ist.

Ist Nutzungsentschädigung das Gleiche wie Miete?

Nein, Nutzungsentschädigung ist keine Miete. Ein Mietverhältnis besteht ja gerade nicht mehr. Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch des Vermieters als Ausgleich für die Nutzung ohne gültigen Vertrag.

Wichtig für Sie zu verstehen: Die Zahlung einer Nutzungsentschädigung führt nicht automatisch dazu, dass ein neues Mietverhältnis entsteht. Der ursprüngliche Mietvertrag bleibt beendet.

Stellen Sie sich vor: Ihr Mietvertrag wurde zum 31. Juli gekündigt. Sie ziehen aber erst am 15. August aus. Für die Zeit vom 1. August bis zum 15. August geben Sie die Wohnung nicht zurück, obwohl der Vertrag beendet ist. Ihr Vermieter möchte die Wohnung zurück. Für diese 15 Tage kann der Vermieter von Ihnen eine Nutzungsentschädigung verlangen, mindestens in Höhe der anteiligen bisherigen Monatsmiete oder, falls höher, der anteiligen ortsüblichen Miete.


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Wann spricht man im Mietrecht von einem fehlenden Rücknahmewillen des Vermieters?

Wenn ein Mietvertrag endet, müssen Sie als Mieter die Wohnung an den Vermieter zurückgeben. Geben Sie die Wohnung nicht rechtzeitig zurück, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte Nutzungsentschädigung nach § 546a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verlangen. Das ist eine Art Ersatzmiete für die Zeit nach Vertragsende, in der Sie die Wohnung noch nutzen.

Eine entscheidende Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass der Vermieter die Wohnung auch tatsächlich zurückhaben will. Man spricht hier vom „Rücknahmewillen“ des Vermieters. Fehlt dieser Wille, kann der Vermieter in der Regel keine Nutzungsentschädigung fordern, selbst wenn Sie die Wohnung noch nicht zurückgegeben haben.

Was bedeutet „fehlender Rücknahmewille“?

Ein fehlender Rücknahmewille liegt vor, wenn das Verhalten des Vermieters nach außen hin klar erkennen lässt, dass er aktuell kein Interesse daran hat, die Wohnung zurückzuerhalten. Es kommt also nicht auf seine geheimen Absichten an, sondern darauf, wie er sich Ihnen gegenüber verhält.

Beispiele für Situationen, in denen oft ein fehlender Rücknahmewille angenommen wird:

  • Streit über die Wirksamkeit der Kündigung: Wenn der Vermieter selbst noch der Meinung ist, das Mietverhältnis bestehe fort (z.B. weil er die Kündigung für unwirksam hält und auf Vertragserfüllung pocht), kann dies gegen seinen Willen zur sofortigen Rücknahme sprechen. Stellen Sie sich vor, der Vermieter klagt auf Fortsetzung des Mietvertrages – dann will er die Wohnung in diesem Moment in der Regel nicht als „zurückgegeben“ betrachten.
  • Ablehnung der Rücknahme: Wenn Sie als Mieter die Wohnung ordnungsgemäß zur Rückgabe anbieten (z.B. einen konkreten Termin vorschlagen und die Schlüssel übergeben wollen), der Vermieter dies aber grundlos ablehnt oder einen vereinbarten Übergabetermin ohne wichtigen Grund platzen lässt.
  • Fehlende Mitwirkung: Wenn der Vermieter notwendige Handlungen zur Rücknahme unterlässt, obwohl Sie zur Rückgabe bereit sind.

Wann ist ein Rücknahmewille in der Regel gegeben?

Umgekehrt zeigt der Vermieter seinen Rücknahmewillen normalerweise deutlich, wenn er:

  • Sie ausdrücklich zur Rückgabe der Wohnung auffordert.
  • Einen konkreten Termin für die Wohnungsübergabe mit Ihnen vereinbart oder vorschlägt.
  • Eine Räumungsklage gegen Sie einreicht, um die Wohnung gerichtlich zurückzuerhalten.
  • Nach einer Kündigung klarstellt, dass er die Wohnung zum Vertragsende zurückerwartet.

Es kommt also immer auf die Umstände des Einzelfalls an, wie das Verhalten des Vermieters zu werten ist. Entscheidend ist, ob für Sie als Mieter objektiv erkennbar war, dass der Vermieter die Wohnung tatsächlich zurückhaben möchte.


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Wie wirkt sich ein fehlender Rücknahmewille des Vermieters auf seinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung aus?

Wenn ein Mietverhältnis beendet ist, sind Sie als Mieter grundsätzlich verpflichtet, die Wohnung an den Vermieter zurückzugeben. Tun Sie das nicht rechtzeitig, kann der Vermieter für die Zeit, in der Sie die Wohnung weiter nutzen, eine sogenannte Nutzungsentschädigung nach § 546a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verlangen. Diese entspricht oft der bisherigen Miete oder sogar der ortsüblichen Vergleichsmiete, falls diese höher ist.

Was passiert, wenn der Vermieter die Wohnung gar nicht zurücknehmen will?

Eine entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB ist, dass der Mieter dem Vermieter die Wohnung vorenthält. Das bedeutet: Der Mieter gibt die Wohnung nicht zurück, obwohl der Vermieter sie zurückhaben möchte und zur Rücknahme bereit ist.

Fehlt dieser Rücknahmewille beim Vermieter, sieht die Situation anders aus:

  • Kein „Vorenthalten“: Wenn der Vermieter die angebotene Rückgabe der Wohnung ablehnt (z.B. die Schlüssel nicht annimmt oder einen vereinbarten Übergabetermin ohne Grund platzen lässt), dann „enthält“ der Mieter die Wohnung nicht im Sinne des Gesetzes vor. Der Grund, warum der Vermieter die Wohnung nicht zurückbekommt, liegt dann im Verhalten des Vermieters selbst.
  • Folge für § 546a BGB: In einem solchen Fall entfällt der Anspruch des Vermieters auf die spezielle Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB. Der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, dass ihm die Wohnung vorenthalten wird, wenn er selbst die Rücknahme verhindert oder signalisiert hat, dass er sie (vorerst) nicht wünscht.

Gibt es dann gar keine Ansprüche des Vermieters?

Auch wenn der Anspruch nach § 546a BGB entfällt, weil der Vermieter die Rücknahme nicht wollte, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass der Mieter die Wohnung einfach kostenlos weiter nutzen darf.

  • Mögliche andere Ansprüche: Dem Vermieter könnten unter Umständen andere Ansprüche zustehen, zum Beispiel aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Wenn Sie als Mieter die Wohnung ohne gültigen Mietvertrag (da dieser ja beendet ist) weiter nutzen und dadurch einen Vorteil haben (Sie sparen sich Miete für eine andere Wohnung), müssen Sie diesen Vorteil möglicherweise herausgeben.
  • Unterschied zu § 546a BGB: Ein solcher Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ist jedoch rechtlich etwas anderes als die Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB. Die Höhe kann anders berechnet werden (oft orientiert am objektiven Mietwert) und die Voraussetzungen sind unterschiedlich.

Für Sie bedeutet das: Zeigt der Vermieter nach Mietende keine Bereitschaft, die Wohnung zurückzunehmen, ist sein spezieller Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB in der Regel ausgeschlossen. Ob und welche anderen Ansprüche er eventuell geltend machen kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


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Welche anderen Ansprüche kann der Vermieter geltend machen, wenn kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht?

Wenn der Vermieter nach Beendigung des Mietvertrages die Wohnung nicht zurücknehmen möchte (fehlender Rücknahmewille) und ihm deshalb kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusteht, kann er dennoch unter bestimmten Voraussetzungen andere Ansprüche haben. Der wichtigste alternative Anspruch ist der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB.

Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB)

Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“? Stellen Sie sich vor, jemand erhält einen Vorteil (zum Beispiel die Möglichkeit, eine Wohnung zu nutzen), obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage mehr gibt (wie einen gültigen Mietvertrag). Das Gesetz sieht vor, dass dieser „ungerechtfertigte“ Vorteil nicht einfach behalten werden darf. Derjenige, der den Vorteil erlangt hat, muss ihn entweder zurückgeben oder seinen Wert ersetzen.

Warum kann dieser Anspruch entstehen, wenn keine Nutzungsentschädigung geschuldet wird? Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB setzt voraus, dass der Mieter die Wohnung dem Vermieter vorenthält, also nicht zurückgibt, obwohl der Vermieter sie zurückhaben möchte. Wenn der Vermieter die Rücknahme aber selbst ablehnt, liegt kein solches „Vorenthalten“ vor.

Trotzdem nutzt der Mieter die Wohnung ja weiterhin, obwohl der Mietvertrag beendet ist. Er erlangt also durch diese Weiternutzung einen Vermögensvorteil (er „spart“ die Miete für eine vergleichbare Wohnung), ohne dafür eine vertragliche Grundlage zu haben. Dieser Vorteil entsteht auf Kosten des Vermieters, der seine Wohnung nicht anderweitig nutzen oder vermieten kann. Genau hier setzt der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung an.

Wie wird der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung berechnet?

Der Wert, den der Mieter als Bereicherung herausgeben muss, ist in der Regel der objektive Wert der Nutzungsmöglichkeit. Dieser Wert entspricht üblicherweise der ortsüblichen Vergleichsmiete (Marktmiete) für eine solche Wohnung.

  • Maßgeblich ist der Marktwert: Es kommt also darauf an, welche Miete ein neuer Mieter auf dem freien Markt für die Wohnung zahlen müsste.
  • Nicht unbedingt die alte Miete: Die Höhe ist nicht automatisch die Miete, die im beendeten Mietvertrag vereinbart war. Sie kann höher oder niedriger sein, je nach aktueller Marktlage.
  • Berechnung: Der Vermieter kann den Betrag fordern, der dem Marktwert der Nutzung entspricht, für die Dauer der Weiternutzung ohne Rechtsgrund nach Vertragsende.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch wenn der spezielle Anspruch auf Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB) wegen fehlenden Rücknahmewillens des Vermieters ausscheidet, ist der Mieter, der die Wohnung weiter nutzt, nicht schutzlos gestellt. Der Vermieter kann stattdessen oft den Wert der Nutzung über den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) geltend machen, wobei sich die Höhe nach der üblichen Marktmiete richtet.


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Muss der Mieter immer für Schäden in der Wohnung aufkommen, die nach Mietende entstanden sind?

Nein, der Mieter muss nicht automatisch für alle Schäden aufkommen, die nach dem offiziellen Ende des Mietvertrags in der Wohnung entstehen. Entscheidend ist, wann genau der Schaden entstanden ist und ob der Mieter die Wohnung bereits ordnungsgemäß an den Vermieter zurückgegeben hat.

Grundsatz: Haftung für selbst verursachte Schäden während der Mietzeit

Während des laufenden Mietverhältnisses haften Sie als Mieter grundsätzlich für Schäden an der Wohnung, die Sie selbst oder Personen, für die Sie verantwortlich sind (z.B. Besucher, von Ihnen beauftragte Handwerker), schuldhaft verursacht haben. Schuldhaft bedeutet hier: durch Vorsatz (Absicht) oder Fahrlässigkeit (Unachtsamkeit).

Wichtig ist die Abgrenzung zur normalen Abnutzung: Für Spuren, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch ganz normal entstehen (z.B. leichte Kratzer im Lack von Türen, übliche Abnutzung von Teppichböden), müssen Sie nicht aufkommen. Das ist mit der Miete abgegolten. Ein Schaden liegt erst vor, wenn die Wohnung über diese normale Abnutzung hinaus beschädigt wird (z.B. ein Brandloch im Teppich, ein Sprung im Waschbecken durch einen heruntergefallenen Gegenstand).

Entscheidend: Der Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe

Ihre Verantwortung für den Zustand der Wohnung und damit Ihre Haftung für neu entstehende Schäden endet in der Regel mit der ordnungsgemäßen Rückgabe der Wohnung an den Vermieter. Das ist meist der Zeitpunkt, an dem Sie alle Schlüssel übergeben und der Vermieter die Möglichkeit hat, die Wohnung wieder selbst in Besitz zu nehmen. Ab diesem Moment geht die Verantwortung für die Wohnung wieder auf den Vermieter über.

Haftung für Schäden nach vereinbartem Mietende, aber vor der Rückgabe

Komplizierter wird es, wenn das Mietverhältnis zwar offiziell beendet ist (z.B. durch Kündigung zum Monatsende), Sie die Wohnung aber noch nicht zurückgegeben haben. Geben Sie die Wohnung verspätet zurück, befinden Sie sich im sogenannten Verzug.

  • In dieser Zeit (zwischen Vertragsende und tatsächlicher Rückgabe) bleiben Sie für die Wohnung verantwortlich. Entstehen in dieser Phase neue Schäden, können Sie dafür haftbar gemacht werden, auch wenn das Mietverhältnis auf dem Papier schon beendet ist. Dies gilt insbesondere, wenn Sie den Schaden schuldhaft verursachen oder er aufgrund der verspäteten Rückgabe entsteht.
  • Zudem kann der Vermieter für die Zeit der Vorenthaltung eine Nutzungsentschädigung verlangen, die oft der bisherigen Miete entspricht oder sogar darüber liegen kann.

Keine Haftung für Schäden nach erfolgter Rückgabe

Sobald Sie die Wohnung ordnungsgemäß und vollständig geräumt an den Vermieter übergeben haben, haften Sie grundsätzlich nicht mehr für Schäden, die danach neu entstehen. Wenn beispielsweise nach Ihrem Auszug und der Schlüsselübergabe ein Wasserrohr bricht oder durch einen Sturm ein Fenster beschädigt wird, ist das Sache des Vermieters.

Eine Ausnahme könnte bestehen, wenn ein Schaden, der erst nach der Rückgabe sichtbar wird, klar auf ein schuldhaftes Verhalten Ihrerseits während der Mietzeit zurückzuführen ist (z.B. ein von Ihnen unsachgemäß installierter Anschluss führt erst später zu einem Wasserschaden). Hier geht es aber im Kern um einen Schaden aus der Mietzeit, der sich nur später zeigt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Rücknahmewille

Der Rücknahmewille beschreibt die erkennbare Absicht des Vermieters, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses tatsächlich wieder in Besitz nehmen zu wollen. Dieser Wille ist nach Ansicht einiger Gerichte eine Voraussetzung dafür, dass der Vermieter die volle Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB verlangen kann, wenn der Mieter die Wohnung nicht rechtzeitig zurückgibt. Im vorliegenden Fall fehlte dieser Wille laut Gericht, weil der Vermieter die Beendigung des Mietvertrags selbst gerichtlich bestritt. Wer die Vertragsbeendigung nicht akzeptiert, kann nicht gleichzeitig die sofortige Rücknahme fordern.

Beispiel: Ein Vermieter erhält die Kündigung seines Mieters, hält diese aber für unwirksam und klagt auf Fortbestand des Mietverhältnisses. Zieht der Mieter dennoch nicht pünktlich aus, kann der Vermieter nach dieser Rechtsprechung nicht die volle Nutzungsentschädigung verlangen, da sein Verhalten zeigt, dass er die Wohnung (noch) nicht zurückhaben will.


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Widerklage

Eine Widerklage ist eine Klage, die der Beklagte (die Person, die ursprünglich verklagt wurde) gegen den Kläger im selben Gerichtsverfahren erhebt (§ 33 ZPO). Statt sich nur gegen die ursprüngliche Klage zu verteidigen, macht der Beklagte eigene Ansprüche gegen den Kläger geltend, die mit dem Streitfall zusammenhängen. Im Text verklagte der Mieter (Kläger) seinen Vermieter (Beklagter) auf Rückzahlung von Miete und Kaution; der Vermieter reagierte mit einer Widerklage auf Schadensersatz und Betriebskostennachzahlung. So werden zusammengehörige Ansprüche effizient in einem Prozess geklärt.

Beispiel: Anna verklagt Ben auf Zahlung von 500 Euro aus einem Kaufvertrag. Ben ist der Meinung, der Vertrag sei ungültig und ihm stünden aus demselben Sachverhalt 300 Euro von Anna zu. Ben kann nun im selben Prozess eine Widerklage gegen Anna auf Zahlung der 300 Euro erheben.


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Ungerechtfertigte Bereicherung

Ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor, wenn jemand einen Vermögensvorteil (z.B. Geld, Nutzung einer Sache) ohne rechtlichen Grund auf Kosten eines anderen erlangt hat (§§ 812 ff. BGB). Derjenige, der den Vorteil erlangt hat (der „Bereicherte“), muss diesen dann herausgeben oder dessen Wert ersetzen. Im konkreten Fall hatte der Mieter nach Vertragsende noch Gegenstände in der Wohnung gelagert und sich dadurch einen Nutzungswert verschafft, ohne dass es dafür eine vertragliche Grundlage (den Mietvertrag) gab. Daher musste er dem Vermieter den Wert dieses Vorteils erstatten, auch wenn kein Anspruch auf volle Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB bestand.

Beispiel: Sie überweisen versehentlich die Miete doppelt. Ihr Vermieter hat die zweite Zahlung ohne Rechtsgrund erhalten und ist dadurch ungerechtfertigt bereichert. Sie können das zu viel gezahlte Geld nach § 812 BGB zurückfordern.


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Bestimmungsgemäßer Gebrauch

Bestimmungsgemäßer Gebrauch bezeichnet die normale Nutzung einer Mietsache, wie sie im Mietvertrag vorgesehen ist und dem üblichen Wohnen oder der vereinbarten Nutzung entspricht. Abnutzungen, die durch diesen normalen Gebrauch entstehen (z.B. leichte Kratzer im Boden durch Möbelrücken, verblassende Tapeten durch Sonnenlicht), sind in der Regel mit der Miete abgegolten (§ 538 BGB). Der Mieter haftet nicht für solche normalen Verschleißerscheinungen, sondern nur für Schäden, die darüber hinausgehen. Im Text wurde der Schadensersatzanspruch des Vermieters für das Parkett abgewiesen, da die Schäden als Folge solchen bestimmungsgemäßen Gebrauchs gewertet wurden.

Beispiel: Das tägliche Gehen auf einem Teppich führt über Jahre zu Laufspuren. Dies ist bestimmungsgemäßer Gebrauch. Würde der Mieter jedoch Rotwein verschütten und den Fleck nicht entfernen, wäre dies ein Schaden, der über den bestimmungsgemäßen Gebrauch hinausgeht.


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Unter Vorbehalt (Zahlung)

Eine Zahlung „unter Vorbehalt“ bedeutet, dass der Zahlende den Betrag zwar leistet, aber gleichzeitig klarstellt, dass er die zugrunde liegende Forderung nicht anerkennt oder deren Rechtmäßigkeit anzweifelt. Der Zahlende behält sich damit ausdrücklich das Recht vor, das Geld später zurückzufordern (sog. Rückforderungsvorbehalt), falls sich herausstellt, dass die Forderung unberechtigt war. Dies verhindert insbesondere, dass die Zahlung als freiwillige Leistung auf eine Nichtschuld gilt, was eine Rückforderung sonst ausschließen könnte (§ 814 BGB). Im Text zahlte der Mieter nach Mietende die Miete unter Vorbehalt, um sie später erfolgreich zurückfordern zu können, als gerichtlich geklärt war, dass der Mietvertrag beendet war und er sie für diesen Zeitraum nicht (in voller Höhe) schuldete.

Beispiel: Sie erhalten eine Betriebskostenabrechnung, die Sie für fehlerhaft halten. Um Mahngebühren zu vermeiden, zahlen Sie den geforderten Betrag, vermerken aber bei der Überweisung „Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung“. So können Sie die Abrechnung in Ruhe prüfen und ggf. zu viel Gezahltes zurückverlangen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 546a Abs. 1 BGB (Nutzungsentschädigung): Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die Mietsache zurückzugeben. Verbleibt der Mieter dennoch in der Wohnung, kann der Vermieter eine Nutzungsentschädigung verlangen, mindestens in Höhe der vereinbarten Miete. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Vermieter fordert hier Nutzungsentschädigung, da der Mieter nach Vertragsende Möbel in der Wohnung ließ und einen Hinweis auf seine Praxis am Klingelschild behielt, was als Vorenthaltung der Wohnung ausgelegt wird.
  • § 546 BGB (Rückgabepflicht des Mieters): Der Mieter ist nach Ende des Mietvertrages verpflichtet, die Mietsache in dem Zustand zurückzugeben, in dem er sie übernommen hat, abzüglich der normalen Abnutzung durch den vertragsgemäßen Gebrauch. Die Rückgabe muss vollständig und rechtzeitig erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Es wird geprüft, ob der Mieter die Wohnung vollständig zurückgegeben hat, da das Belassen von Gegenständen und der Praxishinweis am Klingelschild die vollständige Rückgabe in Frage stellen könnten.
  • § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Ungerechtfertigte Bereicherung): Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Dies betrifft Vermögensvorteile, die jemand ohne rechtliche Grundlage erlangt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht argumentiert, dass der Mieter, auch wenn keine volle Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB anfällt, einen Nutzungswert aus der Wohnung gezogen haben könnte, für den er dem Vermieter einen Ausgleich schuldet, da er Gegenstände in der Wohnung beließ.
  • § 535 Abs. 2 BGB (Zahlungspflicht des Mieters): Durch den Mietvertrag wird der Mieter verpflichtet, die vereinbarte Miete an den Vermieter zu entrichten. Die Mietzahlung ist die Hauptpflicht des Mieters und die Grundlage des Mietverhältnisses. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der ursprüngliche Mietvertrag und die daraus resultierende Zahlungspflicht bilden die Basis für die Berechnung der Nutzungsentschädigung und die Frage, ob der Mieter für den Zeitraum nach Vertragsende weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet ist oder eine Nutzungsentschädigung schuldet.
  • § 287 ZPO (Beweiswürdigung durch richterliche Schätzung): Das Gericht ist befugt, Schadenshöhe oder andere streitige Tatsachen, die vom Betroffenen nicht genau beziffert werden können, nach freiem Ermessen zu schätzen. Dies gilt, wenn eine genaue Berechnung nicht möglich oder zumutbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat den Nutzungswert der Wohnung, der dem Vermieter zusteht, geschätzt, da eine präzise Berechnung des Vorteils, den der Mieter durch das Zurücklassen von Gegenständen hatte, schwierig ist.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Vermieter zum Thema Nutzungsentschädigung nach Mietende (§ 546a BGB) und Rücknahmewille

Das Mietverhältnis ist beendet, aber der Mieter zieht nicht vollständig aus oder Sie streiten noch über die Wirksamkeit der Kündigung. Sie möchten eine Entschädigung dafür, dass Sie die Wohnung nicht neu vermieten können. Doch Vorsicht: Ihr eigenes Verhalten kann diesen Anspruch gefährden.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Zeigen Sie unmissverständlich Ihren Willen zur Rücknahme der Wohnung
Auch wenn Sie die Kündigung des Mieters für unwirksam halten und dagegen vorgehen: Kommunizieren Sie klar, dass Sie die Wohnung zurückhaben möchten, falls das Mietverhältnis tatsächlich beendet ist. Fordern Sie den Mieter nachweislich zur Räumung und Herausgabe der Schlüssel zu einem bestimmten Zeitpunkt auf. Ihr „Rücknahmewille“ ist entscheidend für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB.

⚠️ ACHTUNG: Wenn Sie ausschließlich die Unwirksamkeit der Kündigung betonen und die Rücknahme der Wohnung ablehnen oder hinauszögern, könnten Gerichte argumentieren, dass Sie selbst kein Interesse an der sofortigen Rückgabe hatten. Dies kann Ihren Anspruch auf Nutzungsentschädigung kosten, selbst wenn der Mieter die Wohnung nicht pünktlich räumt.


Tipp 2: Verlassen Sie sich nicht allein auf zurückgelassene Gegenstände
Dass der Mieter noch Möbel oder andere Dinge in der Wohnung lässt, bedeutet nicht automatisch, dass er die Wohnung „vorenthält“ im Sinne des § 546a BGB. Entscheidend ist, ob Sie die Wohnung tatsächlich zurückhaben wollten und dies auch deutlich gemacht haben. Haben Sie keine klaren Schritte zur Rücknahme unternommen, begründen allein die Gegenstände des Mieters oft keinen Entschädigungsanspruch.

Beispiel: Sie weigern sich, die Schlüssel anzunehmen, weil Sie die Kündigung nicht akzeptieren. Gleichzeitig verklagen Sie den Mieter auf Nutzungsentschädigung, weil er noch Kisten in der Wohnung hat. Hier fehlt wahrscheinlich Ihr eigener Wille zur Rücknahme, was den Anspruch gefährdet.


Tipp 3: Dokumentieren Sie Ihre Forderungen und Handlungen
Fordern Sie die Rückgabe der Wohnung schriftlich und setzen Sie klare Fristen. Dokumentieren Sie Terminvorschläge für die Übergabe und die Reaktionen des Mieters. Wenn Sie eine Klage wegen der Kündigung führen, stellen Sie im Prozess oder außergerichtlich klar, dass Sie hilfsweise (für den Fall, dass die Kündigung doch wirksam ist) die sofortige Rückgabe fordern.

⚠️ ACHTUNG: Widersprüchliches Verhalten (z.B. Kündigung bestreiten und gleichzeitig keine Anstalten zur Rücknahme machen) wird zu Ihren Lasten ausgelegt.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der zentrale Fallstrick liegt in der widersprüchlichen Position des Vermieters: Einerseits die Kündigung nicht zu akzeptieren (und damit eventuell den Fortbestand des Mietvertrags zu wollen), andererseits aber eine Entschädigung für die Nicht-Rückgabe nach (vermeintlichem) Vertragsende zu fordern. Gerichte prüfen hier genau, ob der Vermieter tatsächlich die Wohnung zurückerhalten wollte oder ob sein Verhalten eher darauf abzielte, den alten Zustand (und die Mietzahlungspflicht) aufrechtzuerhalten. Ansprüche wegen Schäden oder ausstehender Betriebskosten sind hiervon getrennt zu betrachten, können aber im selben Prozess verhandelt werden.

Checkliste: Nutzungsentschädigung nach Mietende sichern

  • Haben Sie den Mieter nachweislich (schriftlich) zur Räumung und Rückgabe der Wohnung aufgefordert?
  • Haben Sie einen konkreten Termin für die Übergabe vorgeschlagen oder gefordert?
  • Haben Sie unmissverständlich signalisiert, dass Sie die Wohnung zurücknehmen wollen (auch wenn Sie parallel die Kündigung bestreiten)?
  • Vermeiden Sie Handlungen, die als Ablehnung der Rücknahme interpretiert werden könnten (z.B. grundlose Verweigerung der Schlüsselannahme)?
  • Ist Ihre gesamte Kommunikation und Ihr Handeln widerspruchsfrei bezüglich des Wunsches nach Rückerhalt der Wohnung?

Das vorliegende Urteil


LG Hanau – Az.: 2 S 35/22 – Urteil vom 22.11.2023


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