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WEG – Dachsanierung – 3 Vergleichsangebote notwendig?

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 539 C 16/18 – Urteil vom 15.04.2020

In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-Blankenese – Abteilung 539 – am 15.04.2020 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2020 für Recht:

1. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 15.05.2018 zu TOP 2 lit. f. wird insoweit für ungültig erklärt, als rückständige Beträge mit 8,5% zu verzinsen sind; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kläger zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Kostenbetrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

WEG - Dachsanierung - 3 Vergleichsangebote notwendig?
Symbolfoto: Von sanddebeautheil /Shutterstock.com

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft B in Blankenese.

Die Kläger zu 1) und 2) fechten mit der per Fax am 13.06.2018 eingegangenen Klage die zu TOP 2 gefassten Beschlüsse zur Instandsetzung des Daches einschließlich Finanzierung an. Die Beschlüsse zu lit. a. bis f. (vgl. Bl. 9 unten bis 11 d.A) lauten:

TOP 2 a.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, die Fa. H KG (GmbH & Co.) auf Grundlage der von der Fa. P Architekt GmbH durchgeführten Planung nebst Ausschreibung zur Erneuerung der Dacheindeckung inkl. der zugehörigen Blechteile, Kehlen, Rinnen inkl. aller notwendigen Nebenarbeiten gem. der Kostenaufstellung und der Vergabeempfehlung des Architekten Herrn Huth vom 27.03.2018, die sämtlichen Eigentümern mit der Übersendung der Einladung zur heutigen WE-Versammlung zugesandt wurde, zu beauftragen. Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, die Fa. B Gerüstbau GmbH mit den erforderlichen Gerüstbauarbeiten, die abschnittsweise beginnend mit dem Haus 1 erfolgen, zu beauftragen. Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, die Fa. M GmbH mit der Erneuerung sämtlicher Gaubenfenster inkl. der notwendigen Nebenarbeiten zu beauftragen. Insgesamt wird hierfür ein Kostenbudget in Höhe von max. 775.000,00 Euro bereitgestellt, Für die Maßnahme wird eine gesonderte Instandhaltungsrücklage „Dach“ gebildet. Die Arbeiten können nur durch Beschlussfassung unter dem TOP 2 f.) zur Erhebung einer Sonderumlage als Sonderzuführung zur Instandhaltungsrücklage „Dach“ durchgeführt werden. Aufträge können erst dann erteilt werden, wenn die Sonderumlage vollständig auf das Konto der WEG eingezahlt ist. Die Finanzierung der Kosten erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage Dach.

b.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, die Firma P Architekt GmbH mit der Erbringung von Architektenleistungen auf Grundlage des Angebots vom 05.03.2018 und auf Grundlage der HOAI (die Leistungsphasen 5-8) zu beauftragen. Hierfür wird ein Kostenbudget in Höhe von max. 26.000,00 Euro bereitgestellt. Die Leistungen können nur durch Beschlussfassung unter dem Top 2 f.) zur Erhebung einer Sonderumlage als Sonderzuführung zur Instandhaltungsrücklage „Dach“ erbracht werden. Aufträge können erst dann erteilt werden, wenn die Sonderumlage vollständig auf das Konto der WEG eingezahlt ist. Die Finanzierung der Kosten erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage „Dach“.

c.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, der H-GmbH für deren verwaltungstechnischen Mehraufwand für die unter dem TOP 2 beschlossenen Dacherneuerungsarbeiten gem. der im Verwaltervertrag unter dem § 8 enthaltenen Regelung eine zusätzliche Vergütung in Höhe von pauschal 3.500,00 Euro netto zzgl. MwSt. nach Beendigung der Maßnahme zu zahlen. Die Finanzierung der Kosten erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage „Dach“.

d.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, Fördermittel im Sinne des Programms 430 der KfW in Anspruch zu nehmen und den Verwalter dahingehend zu legitimieren den entsprechenden Förderantrag zur Bezuschussung der Erneuerung des Dachs gem. der Beschlussfassung zu dem TOP 2 bei der KfW im Namen der WEG zu stellen sowie die Unterlagen einzureichen. Weiterhin beschließt die Gemeinschaft der Eigentümer den von der KfW zertifizierten Energieberater M mit den erforderlichen Untersuchungen zur Bestätigung der Umsetzung der Maßnahme gem. den Richtlinien bzw. Auflagen der KfW zu beauftragen. Die Kosten in Höhe von max. 1.500,00 Euro werden aus der Instandhaltungsrücklage „Dach“ finanziert. Die Fördermittel sollen nach Ausschüttung der Instandhaltungsrücklage zugeführt werden.

e.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, im Sinne von § 16 Nr.4 WEG eine abweichende Kostenverteilung für die Materialkosten für notwendige Erneuerungen von Dachflächenfenstern dahingehend, dass diese Kosten durch die Eigentümer der jeweiligen Eigentumseinheiten zu tragen sind. Ob ein Dachflächenfenster aus technischen Gründen gegen ein neues Dachflächenfenster ersetzt werden muss, entscheidet der Architekt im Rahmen der Bauüberwachung. Die Kosten werden den betroffenen Eigentümern über die Hausgeldeinzelabrechnungen direkt zugeordnet.

f.) Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt, dass für die unter dem TOP 2 a) – c.) der heutigen WE-Versammlung beschlossenen Dacherneuerungsarbeiten als Sonderzuführung zur Instandhaltungsrücklage Dach eine Sonderumlage in Höhe von 841.000,00 Euro erhoben wird. Die Sonderumlage wird am 12.06.2018 zur Zahlung fällig. Die Verteilung der Beträge erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Rückständige Beträge sind mit 8,5% zu verzinsen. Die Eigentümer werden gebeten, den fälligen Betrag fristgerecht auf das Konto der WEG zu überweisen. Die Sondereigentümer erhalten von der Verwaltung unverzüglich ein Schreiben mit einer Berechnung des anteiligen Umlagebetrages.

Laut „Umlage-Kontrollblatt“ (Anlage K1, Bl. 7 d. A.) entfällt auf die Wohnung Nr. 2 der Klägerin zu 1) ein Kostenanteil von 5,36% = 45.077,60 Euro.

Auf die Wohnung Nr. 12 des Klägers zu 2) entfallen 4,801% = 40.376,41 Euro.

Mit Schreiben vom 16.05.2018 hat die Verwalterin von der Klägerin zu 1) ihren Sonderumlagenanteil angefordert unter Fristsetzung bis 12.06.2018 (Bl. 14 d. A.).

Die P Architekt GmbH hat den Anteil der Modernisierungskosten für die vermietenden Wohnungseigentümer berechnet (Bl. 12 d. A.).

Mit Schreiben vom 17.05.2018 hat die Verwalterin die Klägerin zu 1) über die Möglichkeit der Mieterhöhung gem. § 559 BGB hinsichtlich des Modernisierungsanteils von 7.737,60 Euro je Einheit informiert.

Die 1956 errichtete Anlage (vgl. Screenshot, K3, Bl. 9 d. A.) liegt direkt am Elbuferweg. Die Dacheindeckung stammt weitgehend noch aus den 50er Jahren (Foto, Anlage K3b, Bl. 42 d. A.).

Am 15.05.2018 wurde die hier streitgegenständliche grundlegende Instandsetzung des Daches einschließlich Gauben unter Hinzuziehung von Sonderfachleuten beschlossen.

Bereits am 21.03.2018 hatte der Verwaltungsbeirat „Informationen und Empfehlungen“ zur Erneuerung des Daches abgegeben (Bl. 48 d. A.). Auf dieses Schreiben wird im Einladungsschreiben der Verwalterin vom 18.04.2018 hingewiesen (Anlage K4, Bl. 46 d. A.).

Die P Architekt GmbH hatte am 27.03.2018 eine Kostenaufstellung mit Vergabevorschlag unterbreitet (Bl. 49 d. A.).

Für Dachdeckerarbeiten lagen drei Angebote über brutto 653.066,39 Euro sowie 657.033,18 Euro und über 682.254,11 Euro vor.

Die im Beschluss zu TOP 2a erwähnte Firma H KG (GmbH & Co.) hatte am 25.01.2018 das als Anlage K5 (Bl. 56 ff. d. A.) vorgelegte Angebot unterbreitet. Es belief sich auf netto 552.128,72 Euro = brutto 657.033,18 Euro (Bl. 77 d. A.).

Am 07.11.2017 informierten die Architekten die Bauprüfabteilung.

Am 17.04.2018 teilte die als Zeugin benannte Mitarbeiterin B vom Fachamt Bauprüfung unter anderem mit:

„Bei dem Gebäude handelt es sich um ein erkanntes Denkmal… Gem. § 24 EnEV kann jedoch davon abgesehen werden, erforderliche Dämmschutzmaßnahmen der Verordnung in Gänze umzusetzen…“

Wegen des Abweichungsantrags vom 09.04.2018 wird auf die Anlage K10 (Bl. 93/94 d. A.) verwiesen.

Am 15.11.2017 hatten die Architekten beim Denkmalschutzamt zu Händen des als Zeugen benannten Herrn K einen Antrag für eine denkmalrechtliche Genehmigung für die Neueindeckung der Dachflächen gestellt (Anlage K11, Bl. 95 d. A.).

Am 20.12.2017 (Anlage K12, Bl. 101 d. A.) wurde eine denkmalrechtliche Genehmigung unter anderem mit der Maßgabe erteilt, dass Detailabstimmungen vor Ausschreibung und Ausführung zu erfolgen hätten.

Am 04.06.2018 schrieb der Mitarbeiter K an die Klägerin zu 1), dass für umfassendere Maßnahmen wie Dachsparrenerhöhung, Ausbau der Gauben und Anderes diese von der bisherigen denkmalrechtlichen Genehmigung nicht abgedeckt seien. Aller Voraussicht nach wäre dafür auch ein Bauantrag bei der Bauprüfabteilung zu stellen, da der Bestandschutz nicht mehr gelten dürfte. Eine verbindliche Aussage dazu könne die Bauprüfabteilung geben.

Wegen des ebenfalls in TOP 2a erwähnten Angebots der Fa. M wird auf deren Schreiben vom 13.02.2018 (Anlage K6, Bl. 80 d. A.) verwiesen.

Wegen der Teilungserklärung (TE) wird auf die Anlage K14 Bezug genommen.

Auf Seite 6 der TE werden die Wohnungseigentümer zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums verpflichtet, wozu der Notar auch Fenster gezählt hat. Anschließend heißt es allerdings „…soweit diese Gebäudeteile nicht gemeinschaftliches Eigentum sind…“.

Die Thematik um die Instandsetzung des Daches war bereits auf der Eigentümerversammlung vom 08.12.2015 (Anlage B1, Bl. 150 d. A.) unter TOP 9 angesprochen worden. Es erfolgte eine Vertagung auf 2016. Auf der Eigentümerversammlung vom 11.10.2016 wurde zu TOP 8 (Bl. 156 d. A.) beschlossen, ein geeignetes Architektenbüro mit der Grundlagenplanung etc. zu beauftragen.

Wegen des Zustands der Dacheindeckung wird auf die Fotos in Anlage B3 (Bl. 164 ff. d. A.) verwiesen.

Am 21.03.2017 wurde auf der Eigentümerversammlung zu TOP 5 beschlossen, die Fa. P Architekt GmbH zu beauftragen (Bl. 173 d. A.).

Am 22.03.2018 legte die Fa. H KG ein reduziertes Angebot über brutto 632.267,08 Euro vor (Anlage B6, Bl. 215 ff. d.A.).

In dem Betrag der Gesamtkosten (841.000,00 Euro) für die Sonderumlage (Beschluss zu lit. f.) sind Unterdeckungen in Höhe von 39.053,00 Euro aus den Vorjahren 2017 und 2018 mit eingerechnet worden.

Die Kläger tragen vor, es handele sich hier um eine öffentlich-rechtlich genehmigungspflichtige Baumaßnahme bei den im Leistungsverzeichnis des Angebots der Fa. H KG (Anlage K5, Bl. 56 ff. d. A. bzw. Anlage B6, Bl. 215 ff. d. A.) erwähnten Arbeiten.

Eine Beschlussumsetzung sei in der konkreten Form schon mangels Zustimmung der Bauprüfabteilung in Abstimmung mit dem Denkmalschutz nicht ausführbar.

Im Übrigen haben die Kläger unter anderem innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist mit am selben Tag eingegangenen Schriftsatz vom 12.07.2018 moniert:

Die mutmaßlich bereits seit 2018 der Verwalterin vorliegenden Angebote seien lediglich dem Verwaltungsbeirat zur Verfügung gestellt worden, nicht jedoch allen Wohnungseigentümern.

Aufgrund des 11-seitigen Einladungsschreibens (Anlage K4, Bl. 46 ff. der Akte) sei für die Kläger offensichtlich, dass der Verwalter mit dem Beirat schon bestimmte Handwerker „abgesprochen“ habe.

Die Kläger monieren auch das Fehlen mindestens dreier Vergleichs-, Alternativ bzw. Konkurrenzangebote. Der Kläger zu 2) hätte erwartet, dass auf seine Anfrage, die Angebote vor Abhaltung der Eigentümerversammlung, jedoch spätestens auf der Versammlung durch Vorlage von Kopien oder Einsichtnahmemöglichkeit zugänglich gemacht worden wären.

Lediglich durch sein Insistieren habe der Kläger zu 2) drei von sieben Angeboten erhalten. Dies sei jedoch viel zu spät gewesen. Die Eigentümer seien am 15.05.2018 überrumpelt und vor vollendete Tatsachen hinsichtlich der Auswahl der Angebote gestellt worden.

Letztlich sei das Einladungsschreiben zu unkonkret und der Empfänger könne das gesamte Ausmaß der Baumaßnahme hieraus nicht ersehen.

Auf der Versammlung seien viele Diskussionsbeiträge vom Verwalter, dem Beirat und dem Architekten unterdrückt worden. Nur die exakt vorgeschlagene Lösung habe beschlossen werden sollen, Alternativen wurden weder diskutiert, noch berücksichtigt.

Außerdem seien Maßnahmen beschlossen worden, die weitere Kosten auslösen würden. Aufgrund der neuen Dämmung könne das Dach nicht nur um bis zu 6 Zentimeter höher ausfallen. Letztlich werde es nämlich zu einer Dacherhöhung um bis zu 9 Zentimeter kommen, was der geplanten Sparrenaufdoppelung und der zusätzlichen Konterlattung geschuldet sei.

Die Gemeinschaft könne auch nicht mit Kosten belastet werden, die bei vernünftiger Betrachtung gar nicht anfielen.

Die Verwalterin habe sich vorher gar nicht darum gekümmert, welcher Sondereigentümer selbst bereits zuvor wie und wann innen gedämmt habe.

1995 von den Eigentümern aufgewandte Kosten würden jetzt sinnlos werden, was für die Betreffenden eine besondere Härte bedeute.

Bei den Gauben sei letztlich herausgekommen, dass diese komplett entfernt und vom Dachdecker neu aufgebaut werden sollten. Dies stehe nicht in der Empfehlung des Beirats, ergäbe sich aber aus den Positionen 20.02.0028, S. 7, und 20.05.001, S. 15 (Bl. 62/70 d. A.).

Dies bedeutet letztlich eine als erheblich angesehene temporäre Beeinträchtigung der Dachraumnutzung.

Letztlich würden die Kosten ungerecht verteilt, nämlich sachgrundlos und willkürlich. Wenn die Maßnahme sich erst nach 30 Jahren amortisiere, könne nicht von einer modernisierenden Instandsetzung gesprochen werden.

Die gesamte Berechnung des Architekten P sei gravierend fehlerbehaftet.

Informationen an das Bauamt, „dass Veränderungen am Dach gar nicht geplant seien“ wären unzutreffend.

Da es sich vorliegend um eine bauliche Veränderung handele, sei ein einstimmiger Beschluss notwendig.

Der Abweichungsantrag werde als unzulässig verworfen werden.

Der Mitarbeiter K (Denkmalschutzamt) soll über eine Sparrenaufdopplung nicht informiert gewesen sein und auf eine Detailabstimmung vor Ausführung bestanden haben.

Letztlich hätte bei Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen ein Rückbau aufgrund der Intervention des Denkmalschutzamtes gedroht.

Der Verzugszins von 8,5% (Beschluss zu lit. f) sei nicht nachvollziehbar und stünde in krassem Widerspruch zu § 288 Abs. 1 BGB.

Die Kläger beantragen, die Beschlüsse zu TOP 2a, b, c, d, e und f für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen unter anderem vor, dass die Beschlussfassung auf der Basis 3er vorliegender Angebote erfolgt sei. Der Dachbereich des Ensembles sei insgesamt instandsetzungsbedürftig. Das Dach sei altersbedingt insgesamt abgängig gewesen. Ende Januar 2018 hätten sogar 6 Angebote vorgelegen. Daraufhin seien mit den beiden preiswertesten Anbietern zu den Bauhauptarbeiten Ende März 2018 Vergabeverhandlungen geführt worden. Die Fa. H KG habe den kompetentesten Eindruck hinterlassen und auch erkennbar mehr Leistungsfähigkeit als alle Mitbewerber.

Im Rahmen der Beschlussfassung sei sehr umfangreich und vielschichtig über die angedachte Instandsetzungsmaßnahme gesprochen worden. Auch zuvor seien den Eigentümern schon umfangreiche Informationen und bei entsprechendem Bedarf weitergehende Möglichkeiten angeboten worden.

Die Kostenaufstellung des Architekturbüros enthalte einen Preisspiegel (Bl. 49 d. A.) mit detaillierten weitergehenden Informationen auch zur Notwendigkeit und den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Arbeiten.

Noch gewissenhafter hätte die Sanierungsmaßnahme nicht vorbereitet werden können. Keiner der Wohnungseigentümer habe zusätzliche Informationen verlangt. Lediglich der Kläger zu 2) habe Kontakt zu den Beiratsmitgliedern aufgenommen.

Sämtliche Wohnungseigentümer – die Kläger ausgenommen – waren mit der gewählten Vorgehensweise des Verwalters zufrieden. Es bedürfe im Übrigen nicht der Vorlage aller Angebote, wenn wie hier ein Preisspiegel vom Sonderfachmann erstellt worden war.

Über die durchzuführenden Maßnahmen sei umfangreich diskutiert worden. Die Wohnungseigentümer seien nicht gezwungen gewesen, dem Antrag zuzustimmen. Auch eine Ablehnung war möglich.

Die Dämmung sei zwingende Voraussetzung für KfW-Fördermittel in Höhe von 70.000,00 Euro.

Wegen der Konterlattung für die Aufdoppelung der Dachsparren komme es insgesamt maximal zu einer Erhöhung um 6 Zentimeter. Dies sei keine „bauliche Veränderung“.

Soweit die Kläger monieren, dass im Rahmen der Baumaßnahmen Sondereigentum zerstört würde, verweisen die Beklagten auf § 14 Ziff. 4 WEG.

Es sei auch fach- und sachgerecht, den gesamten Dachbereich einheitlich zu dämmen und nicht Flickwerk zu bauen.

Die Dachraumnutzung werde durch die Instandsetzung nicht nennenswert beeinträchtigt. Da sämtliche Angebote im Rahmen der Versammlung vorlagen, hätten alle Eigentümer Einsicht nehmen können.

Eine Kostennutzenanalyse sei nicht erforderlich, da diese allenfalls bei einer modernisierenden Instandsetzung i. S. d. § 22 Abs. 3 WEG Bedeutung habe.

Im Übrigen sind die Beklagten der Auffassung, dass es nicht sinnvoll gewesen sei, erst eine Genehmigung der Denkmal- oder Baubehörde einzuholen, sondern vielmehr erst Maßnahmen beschlossen werden müssten und im Anschluss daran eine finale Abstimmung mit den zuständigen Behörden zu erfolgen habe. Letztlich seien die Beschlüsse „unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigung gefasst“.

Der Gesamtbetrag von 841.000,00 Euro ergibt sich aus der Kostenzusammenstellung. Dabei handele es sich um das Projekt „Dach“ sowie um alle anderen noch nicht umgesetzten Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft (s.o.).

Der Verzugszins von 8,5% (im Beschluss zu lit. f.) sei nicht wucherisch und eine Schädigungsabsicht habe nicht vorgelegen.

Das Gericht hat nach Schweigen – trotz Vorliegen von Aussagegenehmigungen – auf die Möglichkeit einer schriftlichen Aussage zumindest noch Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S (vom Bauprüfamt).

Das Gericht hat am 21.11.2018 2018 einen Beweisbeschluss erlassen. Wegen der Vernehmung des Zeugen S wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29.01.2020 verwiesen.

Die bei der Behörde (Bauprüfabteilung) arbeitende Zeugin B wurde mehrfach geladen. Die Zeugin soll inzwischen im Ruhestand sein.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Beschlussanfechtungsklage gem. den §§ 43 Nr. 4, 46 WEG ist weitgehend unbegründet.

Die Klage ist fristgerecht per Fax bereits am 13.06.2018 bei Gericht eingegangen und binnen zwei Monaten durch Schriftsatz vom 12.07.2018 – eingegangen am selben Tage – begründet worden.

1. Prüfungsumfang

Im Rahmen der Beschlussanfechtungsklage nach § 43 Nr. 4 WEG ist bei höchstens ordnungswidrigen (= nicht nichtigen), das heißt nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechenden Beschlüssen die gerichtliche Prüfung auf die innerhalb der Zweimonatsfrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG vorgebrachten Gründe beschränkt. Es handelt sich insoweit um eine materiell-rechtliche – entgegen Klägervertreterantrag in der Klageschrift (dort S. 4) – nicht verlängerbare Frist (BGH, ZMR 2009, 298 und 698).

Innerhalb der Zweimonatsfrist müssen die maßgeblichen Tatsachen ihrem wesentlichen Kern nach von den Klägern vorgetragen worden sein. Später sind lediglich noch nachträgliche Erläuterungen oder Konkretisierungen sowie Substantiierungen möglich. Pauschale Ausführungen genügen niemals (vgl. LG Hamburg ZMR 2011, 411 und 581).

Weder genügt eine schlagwortartige Bezeichnung des behaupteten Beschlussmangels noch eine Verweisung auf Anlagen.

Ein Nachschieben neuer Anfechtungsgründe ist ausgeschlossen (vgl. zum Streitstand Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl. § 46 Rn. 23).

Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung sind Verstöße der angegriffenen Beschlüsse gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. dazu Riecke ZMR 2018, 173 ff. sowie Abramenko ZfIR 2014, 725 ff.) hier nicht zu berücksichtigen, es sei denn sie führten zur Nichtigkeit eines Beschlusses.

Zwar bilden Anfechtbarkeit und Nichtigkeit denselben Streitgegenstand (vgl. BGH, ZMR 2010, 126 und LG Lüneburg, ZMR 2019, 295), jedoch müssen nur die Anfechtungsgründe fristgerecht durch Klage geltend gemacht und auch fristgerecht begründet werden (vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl. § 46 Rn. 19).

Auch wenn der Bestimmtheitsgrundsatz als wesentlicher Grundsatz des WEG anerkannt ist (vgl. LG München I, ZMR 2017, 582), ist aufgrund der fehlenden Bestimmtheit lediglich von Anfechtbarkeit und nicht von Nichtigkeit auszugehen, wenn der Beschluss noch eine durchführbare Regelung erkennen lässt. Dies ist im vorliegenden Fall, insbesondere für die in dem Beschluss zu TOP 2 lit. e. festgestellte, eingeschränkte Delegation auf den Architekten zu bejahen (vgl. LG Hamburg ZMR 2012, 657, Hogenschurz ZMR 2011, 928 und Abramenko ZfIR 2014, 725 sowie AG Hamburg-Blankenese Urteil vom 01.04.2015, 539 C 26/14).

Auch wenn Nichtigkeitsgründe wegen § 48 Abs. 4 WEG im Anfechtungsverfahren mit zu prüfen sind, können solche hier nicht bejaht/angenommen werden (vgl. LG München I, ZMR 2014, 480).

So entschied etwa der BGH (ZMR 2015, 239 Rn 8 ff.):

„Der angefochtene Beschluss ist hinreichend bestimmt, er enthält durchführbare Regelungen und weist auch keine inneren Widersprüche auf.“

Lediglich bei einer „gesteigerten Unbestimmtheit“ kann Nichtigkeit bejaht werden (OLG Düsseldorf, WuM 2009, 63).

Das Gericht hat am 08.01.2019 (vgl. Bl. 239 d.A.) – entgegen der Behauptung des Klägervertreters im Schriftsatz vom 30.03.2020 (Bl. 342 d.A.) – auch nicht mitgeteilt, dass der Beschluss zu TOP 2 lit. e. nichtig ist, sondern nur, dass er ein „Blankett“ enthält. Ob dies „Blankett“ zumindest zur Teilnichtigkeit führt und diese evtl. gar über § 139 BGB Gesamtnichtigkeit bewirken konnte, blieb offen.

2. Inhalt der Tagesordnung

Ein Ankündigungsmangel liegt auch nicht vor. Die Bezeichnung des Beschlussgegenstandes muss nach § 23 Abs. 2 WEG in der Einladung lediglich ausreichend – ggf. schlagwortartig – bezeichnet sein. Die Vorschrift dient dem Schutz der Eigentümer, die nicht durch eine Beschlussfassung überrascht werden sollen (BGH ZMR 2012, 380). Jeder Eigentümer muss sich sachgerecht auf eine Beschlussfassung vorbereiten können.

Eine stichwortartige Bezeichnung des Beschlussgegenstands reicht aus, die die Maßnahme als solche und das davon betroffene denkmalgeschützte Ensemble so umschreibt, dass die mit den Verhältnissen ihrer Wohnanlage vertrauten Wohnungseigentümer eine zweifelsfreie Zuordnung vornehmen konnten. Es ist nicht erforderlich, dass der jeweilige Eigentümer aus der Ladung von Vorneherein sämtliche Einzelheiten des Gegenstandes übersehen und die Auswirkung eines etwaigen Beschlusses in jeder Beziehung erkennen kann.

Es ist nicht notwendig, bereits den Inhalt des beabsichtigten Beschlusses – wie hier (taktisch suboptimal) geschehen – oder einen konkreten Beschlussantrag mitzuteilen; dies verengt sogar die Beschlussmöglichkeiten der Eigentümer (vgl. Drabek/Riecke in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl., § 23, Rn. 30).

Andererseits ist ein Beschlussgegenstand umso genauer in der Ladung zu bezeichnen, je größer seine Bedeutung und je geringer der Wissensstand des einzelnen Eigentümers hierzu ist, insbesondere bei einer geplanten „Großsanierung“.

Die formalen Anforderungen an die Bezeichnung in der Einladung sind hier sogar geringer, weil die Maßnahme bereits in der Vergangenheit Gegenstand von Erörterungen in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, die Eigentümer also mit dem Gegenstand grundsätzlich vertraut waren (vgl. BayObLG, ZMR 2005, 460 = NJW-RR 2004, 1092).

Zum unklaren Begriff der Sanierung im Beschlusstext selbst (für eine Ankündigung ist er auch selten akzeptabel) vgl. AG Hamburg.-Blankenese, ZMR 2017, 194 ff: Das Gesetz unterscheidet Instandhaltung, Instandsetzung, bauliche Veränderung, Modernisierung und modernisierende Instandsetzung. Alle diese Begriffe meinen etwas anderes. Den Begriff „Sanierung“ kennt das WEG nicht. Ein Beschluss über „notwendige Sanierungsarbeiten“ ist nicht eindeutig und wäre nicht nur anfechtbar, sondern sogar nichtig. Aus der Formulierung des Eigentümerbeschlusses muss sich ergeben, welche „Sanierungsmaßnahmen“ konkret durchzuführen sind. Durch ausdrückliche Bezugnahme können ergänzende Unterlagen zum Gegenstand des Beschlusses gemacht werden. Auch für nach der Beschlussfassung neu hinzutretende Wohnungseigentümer muss klar erkennbar sein, welche konkreten Arbeiten beschlossen wurden. Für die Durchführung der umfangreichen „Sanierungsarbeiten“ hat die Verwaltung aktuelle Angebote einzuholen. Ein älteres günstiges Angebot nebst Teuerungszuschlag reicht nicht aus.

Bei einer mittelgroßen Wohnanlage reicht in der Einberufung der Eigentümerversammlung etwa die Angabe „Beschluss über ergänzende und weiterführende Beschlüsse zur Großsanierung …“ nicht aus, wenn über konkrete bauliche Einzelmaßnahmen beschlossen werden soll (OLG München, ZMR 2006, 954).

Es entsprach hier ordnungsmäßigem Ermessen (vgl. zum Ermessen grundlegend Elzer, ZMR 2006, 85 – 94) der Verwalterin bereits in der umfangreichen 11-seitigen Einladung vom 18.04.2018 (Anlage K4, Bl. 46 ff. d. A.) auf das Informations- und Empfehlungsschreiben des Beirats zu verweisen sowie die Kostenaufstellung und den Vergabevorschlag der Architekten vom 27.03.2018.

Dass die Beschlussvarianten zu TOP 2 so festgezurrt wurden, dass andere Anbieter keine Chance mehr hatten, auf genau dieser Eigentümerversammlung vom 15.05.2018 zum Zuge zu kommen, ist unschädlich, nachdem eine Vorauswahl durch den Beirat und die Verwalterin erfolgt war und ein Preisspiegel von den Architekten erstellt worden war. Die Eigentümer hätten – soweit sie sich von der Verwaltung und dem Beirat überfahren fühlten – durch Negativbeschluss den einzig möglichen dann auch mehrheitlich beschlossenen Antrag ablehnen können. Ob die eventuellen Mehrkosten für eine weitere Versammlung dem Verwalter anzulasten wären, kann offenbleiben.

3. Öffentlichrechtliche Aspekte

Die Beschlussfassung über die umfangreiche Instandsetzung des über 30 Jahre alten Daches des denkmalgeschützten Ensembles entsprach auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Erst wenn klar war, ob die zu TOP 2 angebotene Dachsanierung so beschlossen würde, machte es Sinn, auch eine Baugenehmigung sowie ggf. eine Zustimmung des Denkmalschutzamtes einzuholen – soweit überhaupt erforderlich.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht im Übrigen fest, dass die Klägerin zu 1) keineswegs von der Bauprüfabteilung, in Person des Zeugen S, die Auskunft seinerzeit bekam, dass hier für die Erneuerung des Daches eine Baugenehmigung erforderlich sei, selbst wenn es zu einer Erhöhung des Daches zwischen 6 und 9 Zentimetern aufgrund KfWgeförderter zusätzlicher Dämmung kommen werde. Der Zeuge S hat klipp und klar gesagt – wenn auch ohne nähere Prüfung -, dass die Erhöhung der Gauben- und Dachfläche bis zu 9 Zentimeter aufgrund von energetischen Maßnahmen sowie ansonsten nur eine NeuEindeckung des Daches insgesamt nicht baugenehmigungspflichtig sind.

Die als Zeugin benannte B kann nunmehr nach so langer Zeit und kontinuierlicher Weigerung schriftlich oder vor Gericht auszusagen als „unerreichbares Beweismittel“ eingestuft werden. Dem seit 1.4.1985 in Blankenese tätigen erkennenden Richter ist ein derart unkooperatives Verhalten einer Behördenmitarbeiterin noch nicht begegnet:

Der Beweisbeschluss vom 21.11.2018 blieb ohne Resonanz. Am 11.12.2018 teilte das Bezirksamt durch Herrn L mit, die Zeugin B sei erkrankt. Auch eine Anfrage an den Leiter der Bauprüfabteilung am 18.02.2019 brachte keinen Erfolg. Selbst die Ladung zum Termin vom 29.01.2020 kam 2x als unzustellbar zurück (Adressat nicht zu ermitteln). Die Zeugin B soll inzwischen im Ruhestand sein.

Ob diese beschlossene Maßnahme denkmalschutzrechtlich relevant ist, kann hier offenbleiben. Die Gemeinschaft wollte auf jeden Fall nur wenn die KfW-Förderung von rund 70.000,00 Euro gesichert ist, die Instandsetzung in dieser Form durchführen. Eine Dachinstandsetzung ohne KfW-Förderung etwa aufgrund denkmalschutzrechtlicher Einwendungen war niemals angedacht. Außerdem stand schon bei Beschlussfassung zu erwarten, dass auch die Denkmalschutzbehörde – ähnlich wie die Bauprüfabteilung – die von der Klägerin zu 1) vorgetragenen Bedenken nicht teilen werde. Insoweit scheint Ziel der Anfechtungsklage eher die Verhinderung der kostenintensiven Dachinstandsetzung zu sein, als die Beachtung des Denkmalschutzes.

Auch im Wohnungseigentumsrecht gilt jedoch der im Schuldrecht anerkannte Satz „Geld hat man zu haben“ oder „Geldmangel entlastet den Schuldner nie“ (so bereits D. Medicus, Bürgerliches Recht, 7. Aufl. Rn. 264 ff). Generell lässt sich feststellen, dass WEG-Anlagen in Bezug auf den energetischen Zustand weit hinter dem Bundesdurchschnitt zurückbleiben, weil – wie dieser Fall zeigt – bestandskräftige Entscheidungsfindungen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, die Verwalter „wacklige“ Beschlüsse nicht vollziehen und die Geduld der Handwerksunternehmen zum Teil überstrapaziert wird.

Im vorliegenden Fall ist wohl aufgrund der erheblichen Summe wegen der Anfechtungsklage von einer Beschlussdurchführung – ohne, dass dies beschlossen worden wäre – vom Verwalter (eigenmächtig) Abstand genommen worden. Im Übrigen würde nach nunmehr zwei Jahren (dank Verzögerung des Verfahrens durch die Zeugen B und S) kein Handwerksunternehmen zu den bisherigen (beschlossenen) Preisen mehr anbieten.

Die Beklagten selbst räumen mit Schriftsatz vom 23.03.2020 ein, dass die Beschlüsse aller Voraussicht nach ohnehin nicht umzusetzen sein werden, und zwar genau aus diesem Grunde.

4. Rechtliche Einordnung

Rechtliche Einordnung der Instandsetzungsmaßnahme und notwendige Mehrheiten.

Die gem. EnEV vorzunehmende Instandsetzung des Daches aus dem Jahr 1956, das sich in einem altersbedingt nahezu abgängigen Zustand befindet (die Fotos Anlage B3, Bl. 164 ff. d. A. verdeutlichen dies) – entsprach noch ordnungsmäßiger Verwaltung.

Es liegt hier insgesamt keine modernisierende Instandsetzung vor. Nur im Fall des § 22 Abs. 3 BGB kommt es darauf an, ob eventuelle Mehrkosten gegenüber einer bloßen Wiederherstellung des Zustandes von 1956 durch Einsparungen etwa aufgrund geringeren Energieverbrauchs aufgewogen werden, was dann nach strengster Ansicht innerhalb von 10 Jahren der Fall sein muss (BGH ZMR 2013, 293 sowie Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl., § 22 Rn. 289).

Selbst wenn man die konkrete Instandsetzung des Daches wegen der energetischen Verbesserungen (teilweise) als Modernisierung i. S. d. § 22 Abs. 2 WEG einstuft, wäre die doppel-qualifizierte Mehrheit bei lediglich zwei Nein-Stimmen und 16 bzw. 17 Ja-Stimmen allemal erreicht. Lediglich 10% der Wohnungseigentümer (2 von 20) waren gegen den Beschluss. Diese beiden mit „Nein“ stimmenden Kläger/Wohnungseigentümer hielten auch nur gut 10% der Miteigentumsanteile. § 22 Abs. 2 WEG verweist insoweit auf die mietrechtlichen Normen des § 555 b Nr. 1 bis 5 BGB.

Gem. § 555 b Nr. 1 BGB wird hier nachhaltig Endenergie eingespart (energetische Modernisierung) sowie nach § 555 b Nr. 4 BGB der Gebrauchswert nachhaltig erhöht und gem. § 555 b Nr. 5 BGB die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert.

Die energetische Modernisierung wird bereits bejaht bei Einbau von isolierverglasten Kunststofffenstern als Ersatz für alte Holzkastenfenster, die Aufbringung einer wärmedämmenden Gebäudehülle etc.

Soweit auf die Amortisation abgestellt wird, geschieht dies im Rahmen der modernisierenden Instandsetzung gemäß § 22 Abs. 3 WEG. Auch hier kann die kurze mietrechtliche Frist von rund 10 Jahren auf Wohnungseigentum nicht 1:1 übertragen werden. Nicht zu verwechseln mit dieser kurzen Amortisation ist die generelle Kosten-Nutzen-Analyse.

Eine Instandsetzung ist modernisierend, wenn sie im Interesse der Werterhaltung des Wohnungseigentums und der Gewährleistung eines zeitgemäßen technischen Standards, zwischenzeitlich eingetretene technische Entwicklungen berücksichtigt und nicht nur den Ursprungszustand, sondern einen besseren herstellt (Hamm ZMR 2007, 131; LG Hamburg ZMR 2011, 580; LG Koblenz ZWE 2009, 282). Bei der Prüfung kommt es grds. auf das einzelne Bauteil, zB Fenster, an (LG Itzehoe ZMR 2016, 565).

Richtigerweise handelt es sich hier jedoch (nahezu) ausschließlich um eine reine überfällige Instandsetzungsmaßnahme nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum, zu dem – egal was in der Teilungserklärung steht – zwingend nach § 5 WEG auch die Fenster gehören.

Als Instandsetzung werden auch öffentlich-rechtlich (etwa bau- oder energierechtlich) vorgeschriebene bauliche Veränderungen angesehen (BayObLG ZMR 2005, 383). Die Anforderungen können Teil eines Gesetzes sein, Gegenstand eines Verwaltungsaktes, einer Allgemeinverfügung oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, der nicht zu verhindern war. Unter § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG fallen schließlich auch modernisierende Instandsetzungen (vgl. PWW/Elzer/Riecke § 22 Rn 18 ff).

Zur Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands gehört bei einer Totalinstandsetzung des Daches auch die Beachtung öffentlich-rechtlicher Pflichten, z. B. nach der EnEV. Die EnEV greift ein, wenn eine Erneuerung erforderlich ist, die sich auf 20% und mehr der Gesamtfläche des jeweiligen Bauteils (hier Dach) erstreckt. Die Frage der Amortisation der Kosten stellt sich dann nicht, weil die Wärmedämmung zwingend vorgeschrieben ist (OLG Hamm WuM 2009, 252 sowie Drabek/Graf in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl., § 21 WEG, Rn. 207).

5. Beurteilungsspielraum

Die Eigentümer haben bei ihrem Mehrheitsbeschluss auch das Verwaltungsermessen/ihren Beurteilungsspielraum (vgl. Elzer, ZMR 2006, 85 ff) nicht überschritten. So hat etwa das Amtsgericht Hamburg-St. Georg (ZMR 2019, 1008) entschieden: „Es steht im Ermessen der Eigentümer, die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem ersten als mit der Sanierung beauftragten Unternehmen fortzusetzen, sofern veränderte wirtschaftliche Gesichtspunkte die Ermessensausübung (ohne Einholung von Vergleichsangeboten) nicht als fehlerhaft erscheinen lässt.“

Für die Frage, „wie“ Wohnungseigentümer ihrer Pflicht zur Erhaltung nachkommen (= die Art und Weise der Ausführung: wer? …, mit welchen Mitteln? bei mehreren anstehenden Erhaltungsmaßnahmen; wann/welche Reihenfolge), besteht grds. Ermessen (BGH, NZM 2015, 53 Rz 10; BGH NJW 2012, 2955 Rz 9). Was gilt, ist also eine Frage des Einzelfalls der konkreten Wohnungseigentumsanlage wie sie „steht und liegt“. Zu fragen ist u. a., ob die Maßnahme überhaupt bereits ansteht, in welchen Schritten vorgegangen wird (BGH, NJW 2011, 2958 Rz 8), ob ein angemessenes Tun beschlossen ist (Geeignetheit der Maßnahme? Kosten? Zeitpunkt?). In der Regel ist eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen (BGH, NZM 2015, 53 Rz 10). Die Ermessensausübung muss Gesetze, die anerkannten Regeln der Baukunst und Technik und ggf. auch DIN-Bestimmungen beachten (BGH, NJW 2013, 2271 Rz 25 = ZMR 2014, 219). Ferner ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten und grds. ist auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen (BGH, NZM 2015, 53 Rz 10). Nicht zwingend erforderliche Maßnahmen sind ggf. zurückzustellen (BGH NZM 2015, 53 Rz 10).

Ergänzend wird zur „Gesamtsanierung“ und der ggf. aufzustellenden Prioritätenlisten verwiesen auf OLG Hamburg (ZMR 2010, 129).

Auch wenn der einzelne Wohnungseigentümer nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null einen Anspruch auf eine „Sanierungsmaßnahme“ hat, ist beim umgekehrten Fall eines Instandsetzungsbeschlusses aufgrund eines Sanierungskonzepts eines Architekten dies Vorgehen als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend anzusehen. Für den gegenteiligen Fall hat das Landgericht Berlin (ZMR 2014, 467) sogar eine Beschlussersetzung vorgenommen und dem Grunde nach festgelegt, dass die Sanierung vorangetrieben werden müsse. Auch im vorliegenden Fall war ein „Nichtstun“ nicht mehr vom Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt vor dem Hintergrund des desolaten Zustands des Daches aus den 50er Jahren.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der in der Einladung mit übersandte Preisspiegel den von der Rechtsprechung immer noch geforderten drei Vergleichsangeboten überlegen oder gleichwertig ist. Gegen das apodiktische Erfordernis von mindestens drei Vergleichsangeboten (vgl. zuletzt AG Nürnberg vom 20.12.2019, 14 C 3575/19, ZMR 2020, 345) spricht schon, dass die Wohnungseigentümer – auch nach Einholung der Vergleichsangebote – nicht verpflichtet sind, das billigste oder günstige Angebot – wie man es bei einer Ausschreibung kennt, anzunehmen und zu realisieren.

Im Übrigen gilt Folgendes: Auch wenn das AG Langenfeld (Urt. v. 5.12.2018 – 64 C 44/18, ZMR 2019, 810) zutreffend auf die Relation zwischen Kosten und Größe der WEG-Anlage abstellt, wäre das Kriterium der Erheblichkeit der Kosten für die Notwendigkeit der Einholung von Alternativangeboten hier aufgrund der Dimension der Ausgaben immer erfüllt.

Sofern nicht alle Vergleichsangebote vor der Versammlung den Eigentümern vorlagen, ist dies unschädlich, wenn zumindest das günstigste (nicht: billigste!) später ausgewählte Angebot vorher bekannt war und der Anfechtende nicht fristgerecht (§ 46 WEG) darlegt, welchen weiteren Informationsbedarf er hatte. Der Verwalter darf einen Ingenieur oder Architekten mit der Marktforschung betrauen. In erster Linie ist es aber Aufgabe der Wohnungseigentümer selbst, für die ordnungsmäßige Instandsetzung zu sorgen (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 12.9.2018 – 2-09 S 21/18, ZMR 2019, 982).

Die Anzahl der Alternativangebote können die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst festlegen (LG Hamburg, Urt. v. 11.9.2019 – 318 S 75/18, ZMR 2019, 984). Die Wohnungseigentümer können sich auch mit dem Preisspiegel des von ihnen hinzugezogenen Architekten hier begnügen.

Zutreffend schreibt A. Lehmann-Richter, Die drei magischen Angebote oder: Information als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung eines Wohnungseigentümerbeschlusses (FS Riecke, 2019, 293 ff.):

„Es kann nicht ausreichen, dass die abstimmenden Wohnungseigentümer aus ihrer (!) Sicht eine vertretbare Entscheidung getroffen haben. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob die Entscheidung aus Sicht eines objektiven und vernünftigen Wohnungseigentümers vertretbar ist, dem alle relevanten Tatsachen bekannt sind, die für oder gegen den Beschluss sprechen (Staudinger/Lehmann-Richter (2018) § 21 WEG Rn. 102 f.; ebenso Jennißen/Heinemann, WEG, 5. Aufl. 2017, § 21 Rn. 37 und zu § 315 BGB Staudinger/Rieble (2015) § 315 Rn. 352).

Aus § 21 Abs. 4 WEG folge, dass die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung ihr Ermessen fehlerfrei ausüben müssten; die Rechtsprechung zur Beschlussfassung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage sei ein Fall der Ermessensunterschreitung (Elzer ZMR 2006, 85, 87).

Das Ergebnis der h. M., einen inhaltlich nicht zu beanstandenden Beschluss allein deshalb aufzuheben <für ungültig zu erklären, weil die Beschlussgrundlage mutmaßlich unvollständig war, führt mithin zu einer nicht überzeugenden, überschießenden Rechtsfolge. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass § 21 Abs. 4 WEG nicht die Prüfung des Vorgangs der Ermessensbetätigung anordnet, weshalb die Norm nicht als Anknüpfungspunkt für das Gebot in Betracht kommt, ein Beschluss müsse stets durch hinreichend informierte Wohnungseigentümer gefasst werden.

Umgekehrt ist es aber nicht überzeugend, bei jedem Beschluss über eine Auftragsvergabe Vergleichsangebote zu verlangen, weil diese Information keineswegs stets erforderlich ist, um den Wohnungseigentümern die Tragweite ihrer Entscheidung vor Augen zu führen.

Wesentliche Ergebnisse in Thesen

1. §§ 21 Abs. 3, Abs. 4 WEG berechtigen nicht zu einer gerichtlichen Überprüfung des Vorgangs der Ermessensausübung beim Wohnungseigentümerbeschluss. Die Kontrolle nach diesen Normen ist vielmehr auf das Ergebnis der Entscheidung, also den Inhalt des Beschlusses, beschränkt.

2. Das Informationsgebot bei der Beschlussfassung ist verfahrensrechtlicher Natur. Normativer Anknüpfungspunkt ist § 23 Abs. 2 WEG. Aus einer analogen Anwendung der Norm kann sich im Einzelfall ergeben, dass das Verfahren der Beschlussfassung nur ordnungsgemäß ist, wenn die Wohnungseigentümer über das Beschlussthema ausreichend informiert waren. Die Kassation des Beschlusses wird in diesen Fällen durch die Kausalitäts- bzw. Relevanzmethode beschränkt.

3. Die zu einem absoluten Anfechtungsgrund führende Vergleichsangebotsthese der h. M. ist abzulehnen.“

C. Küttner, Alternativangebote bei der Verwalterbestellung nach § 21 Abs. 8 WEG – oder: ein Plädoyer gegen den Vergleich als Selbstzweck – schreibt (FS Riecke, 2019, 277 ff.):

„Nach ständiger Rechtsprechung erfordert eine ordnungsmäßige Verwaltung vor der Vergabe eines nicht nur geringen Auftrages die Einholung von Vergleichsangeboten. Betroffen sein sollen nach der Rechtsprechung Maßnahmen mit einem Kostenvolumen ab Euro 3.000,00 bzw. ab Euro 5.000,00 aufwärts. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer auf einer hinreichend fundierten Tatsachengrundlage beruht. Insbesondere soll auf Wirtschaftlichkeit geachtet und kein überteuerter Auftrag erteilt werden.

Dieser Grundsatz führt in der gerichtlichen Praxis regelmäßig dazu, dass Beschlüsse nur im Hinblick auf fehlende Vergleichsangebote und ohne weitere inhaltliche Prüfung für ungültig erklären werden. Selbst bei der Beauftragung von geringfügig Beschäftigten („Mini-Jobber“) als Gartenhilfe oder von Fachingenieuren, Architekten und Rechtsanwälten werden mittlerweile schon Vergleichsangebote verlangt (AG Hamburg ZMR 2018, 876-880).

Der Vergleich ist kein Selbstzweck. Das gebetsmühlenartige Abstellen auf drei Vergleichsangebote überzeugt häufig nicht. Es erspart lediglich dem Gericht die Auseinandersetzung mit dem Beschluss, verzögert Maßnahmen und verhilft einer häufig aus sachfremden Gründen erhobenen Klage zum Erfolg. Eine gesetzliche oder sonstige vergaberechtliche Grundlage für das „3-Angebot-Gebot“ findet sich nicht. Die strikte Forderung nach drei Angeboten birgt auch die Gefahr in sich, Scheinangebote einzuholen. In diesem Zusammenhang stellt Greiner fest, dass die unbedingte Forderung von (mindestens) drei Vergleichsangeboten als „irrationale Mystik“ abzulehnen wäre. Die Angebote und deren Anzahl seien kein Selbstzweck. Es komme auf den Einzelfall an.

Dem ist zuzustimmen. Zum einen macht es wenig Sinn, unabhängig von einer Bezugsgröße ab einem bestimmten Betrag von einer „nicht nur geringen Maßnahme“ auszugehen.

Vielmehr muss die wirtschaftliche Bedeutung einer Maßnahme z. B. in das Verhältnis zur Anzahl der betroffenen Wohnungseigentümer gesetzt werden. Eine Maßnahme mit Kosten von Euro 3.000,00 hat für eine kleine Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. bestehend aus einem Doppelhaus) eine andere wirtschaftliche Bedeutung als etwa für eine Anlage mit 100 Eigentümern. Zum anderen ist es bei der derzeitigen Auftragslage in der Baubranche praxisfremd, für jeden Auftrag ab einem bestimmten Kostenvolumen stets mindestens drei Vergleichsangebote zu verlangen. Viele Firmen sind schlichtweg nicht mehr dazu bereit, nur aus formellen Gründen bei ungewisser Auftragserteilung Angebote abzugeben. Demzufolge hält auch ein „vernünftig und wirtschaftlich denkender Eigentümer“ nicht stets daran fest, (zwei) weitere Angebote, ggf. kostenpflichtig, einzuholen. Soweit das Gebot der drei Vergleichsangebote auch für die Beauftragung von Rechtsanwälten gelten sollte, müssten diese sich künftig trotz Geltung des RVG mit Kollegen um Hausgeldklagen „bewerben“. Die Rechtsprechung entfernt sich diesbezüglich weiter von der Praxis.

J.-H. Schmidt, Streifzug durch das Wohnungseigentumsrecht (FS Riecke, 2019, 385 ff.) schreibt:

„Vergleichsangebote – wieso eigentlich nur drei? Judex non calculat? Von wegen! Geht es darum, Beschlüsse über größere Verwaltungsmaßnahmen zu Fall zu bringen, fackeln Wohnungseigentumsgerichte nicht lange und geben Anfechtungsklagen statt, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mindestens drei Vergleichsangebote vorlagen und die Klägerseite dies innerhalb der Klagebegründungsfrist vorträgt.

In der Urteilsbegründung heißt es unvergleichlich kurz und knackig, die Willensbildung sei auf einer mangelhaften Tatsachengrundlage erfolgt. Während Wohnungseigentümer, Verwalter, Handwerker, Dienstleister und weitere Marktanbieter sowie zunehmend auch Stimmen im juristischen Schrifttum mit Unverständnis auf diese Spruchpraxis reagieren, hält sich die h.M. noch immer. Überzeugend ist das nicht.

Selbstorganisationsrecht, Beurteilungs- und Ermessensspielraum und auch der Minderheitenschutz müssen es der Mehrheit gestatten, ohne Preisvergleich einen Auftrag zu vergeben. Grotesk an der h.M. erscheint, dass Gerichte die Mehrheitsentscheidung ohne weiteres akzeptieren, obwohl das preislich teuerste ausgewählt wurde, solange nur im Moment der Abstimmung 3 Angebote vorlagen. Denn die Wohnungseigentümer seien – so die ganz h.M. sodann in unvergleichlicher Toleranz und Liberalität – keineswegs dazu verpflichtet, den preisgünstigsten Anbieter zu beauftragen, wenn zumindest ein sachlicher Grund für die getroffene Entscheidung spreche. Von Mark Twain stammt der Ausspruch, man müsse die Tatsachen erst kennen, bevor man sie verdrehen könne. Übertragen auf die hier beleuchtete Thematik, lässt sich trefflich sagen: Man muss die billigeren Angebote erst kennen, bevor man sie ignorieren darf! Angreifbar erscheint die h.M. auch deshalb, weil der BGH bereits entschieden hat, dass Wohnungseigentümer nicht gehalten sind, stets 3 Angebote einholen zu müssen. Bei der Wiederbestellung des amtierenden Verwalters geht der BGH sogar so weit, dass auf ein Vergleichsangebot ganz verzichtet werden darf. Ein weiteres kommt hinzu: Die Minderheit hat laut BGH die Mehrheitsentscheidung für einen bestimmten Verwalter selbst dann hinzunehmen, wenn wichtige Gründe gegen seine Bestellung bzw. für eine Abberufung sprechen sollten, solange der Mehrheitswille nicht objektiv unvertretbar ist. Weshalb diese Großzügigkeit auf die Besetzung des Verwalteramtes beschränkt sein sollte, ist weder dargetan noch nachvollziehbar. Besonders in großen Wohnungseigentümergemeinschaften zählt die Verwaltervergütung zu den höchsten Ausgaben und ist insoweit vergleichbar mit teuren Instandsetzungsmaßnahmen.

Eine ausgeprägte Vertrauensbeziehung zum Verwalter kann ebenfalls nicht das entscheidende Argument sein. Denn auch bei der erstmaligen Bestellung eines neuen Verwalters, der das Amt noch nicht innehat, hat die Mehrheit bereits den oben genannten weiten Ermessensspielraum. Hier vertretener Ansicht nach entspricht ein Mehrheitsbeschluss über die Beauftragung einer größeren Maßnahme der Instandsetzung oder sonstigen Verwaltung auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie auf der Grundlage eines einzigen Angebots erfolgt, sofern ein sachlicher Grund vorliegt (z.B. Eilbedürftigkeit, Zeitdruck, Schadhaftigkeit) und der Verzicht auf einen Preisvergleich nicht unvertretbar erscheint.

Doch nicht nur die rechtliche Betrachtung sollte zu einem Umdenken führen. Greiner gebührt Dank für seinen frühen Hinweis, dass die Zahl 3 irrationale Mystik ist. Lehmann-Richter spricht von Magie. Bei näherer Analyse lässt sich dem Einiges hinzufügen: Der Jurist begegnet Mystizismus, Scheinerkenntnis und Irrglauben erstmals im Studium, kleiner Schein Strafrecht im Katzenkönig-Fall. Beim Thema Vergleichsangebote im Wohnungseigentumsrecht geht es freilich nicht um vermeidbare Verbotsirrtümer des mittelbaren Täters und auch weniger darum, einen Mitmenschen (Verwalter) zum „menschlichen Werkzeug“ für den eigenen Spaß (Angebotseinholung) zumachen, sondern um Zahlenmystik: Darunter versteht man die Zuweisung von Bedeutungen an einzelne Zahlen oder Zahlenkombinationen, wobei die Zahlen eine symbolische Funktion erhalten, die über ihre mathematische Funktion hinausverweisen. Das AG Hamburg (ZMR 2018, 876 Rn. 58) widerspricht der Kritik Greiners und meint, an einen Rechtssatz statt an Mystik anknüpfen zu können: „Auch die Erwägung, der Rechtssatz sei irrationale Mystik, weil es genauso gut 4 oder 2 hätten sein können, und weil, wenn man lange genug sucht, für die Zahl 3 einen mystischen Hintergrund findet, ist offenkundig reine unjuristische Rhetorik, auch wenn sie von Greiner stammt. Erstens, es lässt sich nahezu für jede Zahl irgendein mystischer Hintergrund finden, ob es die 3, die 5, die 7, die 13, die 11 usw. ist. Es überzeugt nicht, die Verwendung von Zahlen in der Rechtsordnung deswegen als mystisch abzulehnen, weil es auch nichtjuristische Kontexte für Zahlen mit mystischem Charakter gibt. Das Argument, warum es nicht 2 oder 4 Vergleichsvorschläge geworden sind, ist ein an den Nichtjuristen gerichtetes Argument, das unterstellt, es wäre eine Rechtsordnung denkbar, die auf Grenzziehungen verzichtet. Selbstverständlich muten Grenzziehungen stets willkürlich an und selbstverständlich sind sie unvermeidbar. Der Gesetzgeber hat sich beim Verzugszinssatz für 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz entschieden, warum nicht für 4% oder 6%, vielleicht wegen der mit der 5 verbundenen Mystik, weil es 5 Finger gibt, 5 Sinnesorgane oder 5 Yamas?“ In diesen Ausführungen fehlt (über-)natürlich auch noch die 8, und zwar als die Zahl der Amtsgerichte Hamburgs. Es gibt das Amtsgericht Hamburg (Mitte) und als sog. Stadtteilgerichte die Amtsgerichte in Altona, Barmbek, Bergedorf, Blankenese, Harburg, St. Georg und Wandsbek. Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese ist das kleinste, feinste und – wie Spötter sagen – gemeinste unter ihnen. Um einen aussagekräftigen Marktüberblick in Hamburg zu gewinnen, wäre es demnach wohl in jedem Falle ermessensfehlerfrei, aus jedem Bezirk einen Anbieter anzufragen.

Teilt man die Stimmen von Greiner und Lehmann-Richter, die jedweder Mystik und Magie abschwören, kann folgender Losung niemals Folge geleistet werden: „Und der Herr sprach und sagte: (…) Sodann sollst du zählen bis 3, nicht mehr und nicht weniger. 3 allein soll die Nummer sein, die du zählest, und die Nummer, die du zählest, soll 3 und nur 3 sein. Weder sollst du bis 4 zählen, noch sollst du nur bis zur 2 zählen, es sei denn, dass du fortfährst zu zählen bis zur 3. Die 5 scheidet völlig aus. Wenn sodann die Nummer 3, welches ist die 3. Nummer von vorne, erreicht ist, dann (…).“ Sie stammt aus dem Mittelalter und lässt keinen Bezug zur Einholung von Vergleichsangeboten erkennen. Grammatikalisch und sowohl nach Herkunft als auch Entstehungsgeschichte deutlich stärker ist demgegenüber dieser Ausspruch: „Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.“ Moderner Zeitrechnung entsprechend und auch im Dienste einer Steigerung der Merkfähigkeit sollte das bisher vorherrschende Erfordernis von Vergleichsangeboten wie folgt aufgelöst und dem Ermessen der Mehrheit überstellt werden: „Drei, zwei, eins, keins!“

Erst wenige Berufungsgerichte haben begonnen, die überzogenen Vorgaben der h.M. zu lockern. Untauglich ist die Diskussion um Bagatellgrenzen, jedenfalls in ihrer bisherigen Form. Denn fast alle der insoweit veröffentlichten Entscheidungen lassen Angaben dazu vermissen, wie groß die jeweilige Gemeinschaft ist. In einer 6er Gemeinschaft sind 3.000,00 EUR kein Bagatellbetrag, in einer 100er Gemeinschaft möglicherweise schon. Ohne diese Bezugsgröße kann keine zuverlässige Aussage getroffen werden. Darüber hinaus sollten die Grenzen der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) und Unzumutbarkeit (§ 242 BGB) stärker in die rechtliche Bewertung einbezogen werden. Ist es einem Verwalter trotz nachweislicher Bemühungen nicht gelungen, mehr als einen Anbieter zu finden, kann eine Anfechtungsklage nach hier vertretener Auffassung nicht per se Erfolg haben. Das Gericht ist verpflichtet, einem entsprechenden Beweisangebot der Beklagtenseite nachzugehen. Es mag im Einzelfall sogar gerichtsbekannt sein, dass es angesichts der Marktlage unmöglich ist, genügend Anbieter zu finden.

Eine andere interessante Frage lautet, ob ein Gericht dem Beweisangebot der Beklagten im Anfechtungsprozess nachzugehen hat, dass ein (weiteres) Vergleichsangebot keine anderen Marktpreise erzielt hätte. Im Fall LG Frankfurt/Main (ZMR 2017, 579), wo auf der Grundlage von (nur) zwei Angeboten über die Auftragsvergabe für Hausmeisterdienste beschlossen worden war, wandten die beklagten Wohnungseigentümer zur Verteidigung des Beschlusses ein, dass die Einholung eines dritten Angebots nicht zu anderen Preisen geführt hätte, da sich die zwei der Versammlung vorgelegten Angebote im Rahmen des Ortsüblichen bewegten. Hierzu boten sie Beweis durch Sachverständigengutachten an. Fraglich ist, ob das Gericht bei Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme durchzuführen hat. Die bis vor kurzem ganz h.M. verneint dies. Maßgeblich sei der Augenblick der Beschlussfassung. Lägen nicht genügend Vergleichsangebote vor, habe die Versammlung auf mangelhafter Tatsachengrundlage entschieden. Die Gegenansicht ist für eine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle und stellt auf den Schluss der mündlichen Verhandlung im Anfechtungsprozess ab, so dass bei Entscheidungserheblichkeit der Einwendung in eine Beweisaufnahme über den Preis einzutreten wäre. Erstaunlicherweise spricht der BGH diesen Meinungsstreit neuerdings an, lässt ihn aber offen. Geklärt ist bisher nur, dass es bei der Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG nicht auf den Versammlungszeitpunkt, sondern denjenigen der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht ankommt. Solange die maßgeblichen Beurteilungszeitpunkte höchstrichterlich nicht abschließend geklärt sind, ergibt sich folgendes Zwischenresultat: Die Anfechtung eines positiven Beschlusses, dem bei der Abstimmung zu wenig Vergleichsangebote zugrunde lagen, ist in der Regel erfolgreich. Wird hingegen ein Beschlussantrag über eine erforderliche Verwaltungsmaßnahme mehrheitlich abgelehnt, sollte der Kläger neben einer denkbaren Anfechtungsklage gegen den Negativbeschluss in jedem Falle auf Beschlussersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG klagen. Bereits nach geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung muss er nicht darlegen, dass bereits eine ausreichende Anzahl an Vergleichsangeboten eingeholt wurde. Denn dies hat nicht auf der Willensbildungsebene zu geschehen, sondern erst auf der Ebene der Willensbetätigung, d.h. der Beschlussdurchführung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) nach gerichtlicher Beschlussfassung. Der Verwalter ist von Amts wegen verpflichtet, den gerichtlich ersetzten Beschluss umzusetzen, indem er – wohlgemerkt nicht vor der Beschlussfassung, sondern danach – Vergleichsangebote einholt, diese prüft und den Auftrag erteilt. Er ist zwar in aller Regel gehalten, den günstigsten Anbieter zu wählen; auch können ihm die Wohnungseigentümer eine dahingehende Weisung erteilen. Zwingend ist dies jedoch nicht. Es kann im Einzelfall triftige Gründe dafür geben, einen teureren Anbieter zu beauftragen.

Fraglich ist, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts einen Preisvergleich voraussetzt. Das AG Hamburg ist der Ansicht, dass bei Beauftragung von Fachingenieuren, Architekten, Rechtsanwälten oder sonstigen Dienstleistern, deren Vergütung sich nach Gebührenordnungen richtet, Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, um den Eigentümern eine ausreichende Tatsachengrundlage zu liefern. Mit dieser Ansicht schwimmt das Amtsgericht u.a. gegen die Rechtsprechung der vorgesetzten Instanz an. Nach hier vertretener Auffassung bieten gesetzliche Gebührenordnungen bereits einen ausgewogenen Kundenschutz, speziell auch für Verbraucher, zu denen Wohnungseigentümergemeinschaften in der Regel zu zählen sind. Dies hat auch dort zu gelten, wo neben Gegenstandswert bzw. Streitwert (RVG) oder anrechenbaren Kosten (HOAI) bestimmte Gebührenrahmen oder Vergütungszuschläge für Umbau oder Modernisierung, Honorarzonen oder Mindestsätze (HOAI) durchaus unterschiedliche Vergütungshöhen auslösen können. Die Ausschöpfung dieser Rahmengebühren liegt immer noch in einem gesetzlich vorgegebenen und gebilligten Maße. Fraglich ist, was zu gelten hat, wenn gesetzliche Gebührenordnung keine Vorgaben treffen, bei Rechtsanwälten beispielsweise in der außergerichtlichen Beratung (§ 34 RVG) oder beim Abschluss von Honorarvereinbarungen. So ließe sich bei einer Abrechnung auf Stundensatzbasis daran denken, Vergleichsangebote verschiedener Rechtsanwälte einholen zu müssen. Dafür spricht, dass auch am selben Ort durchaus unterschiedliche Honorarsätze herrschen können. Dagegen spricht, dass die Auswahl und Beauftragung eines Rechtsanwalts im besonderen Maße von der Vertrauensbeziehung geprägt wird. Dieses Vertrauen kann es rechtfertigen, einen hohen Stundensatz zu akzeptieren. Es überzeugt nicht, Wohnungseigentümer und Verwalter für verpflichtet zu halten, Angebote anderer Rechtsanwälte einzuholen, um sich sodann letztlich doch für den teuersten zu entscheiden.“

Auch Wiebke Först, Drei Angebote: Keine zwingende Voraussetzung für einen ordnungsmäßigen Beschluss (FS H. Müller, 2019, 107 ff.) sieht die noch h.M. kritisch.

Aus der Rechtsprechung:

1. Zur Anschaffung eines elektronischen Abstimmungsgeräts für eine große WE-Anlage (600 Eigentümer) und fehlenden Vergleichsangeboten entschied das AG Nürnberg (Urteil vom 20.12.2019, 14 C 3575/19):

Es genügt nicht, wenn der Verwalter die Anschaffung des Premiumprodukts am Markt (hier: elektronisches Zählgerät für Abstimmungen in einer 600er-WE zum Preis von ca. 30 Euro pro Eigentümer/Einheit, insgesamt 20.400 Euro brutto) vorschlägt.

Die Einholung von – nicht vergleichbaren – Alternativangeboten (hier: zu unzuverlässigeren Systemen) und deren Mitteilung vor der Abstimmung ist als Entscheidungsgrundlage erforderlich, auch wenn die Eigentümer sich letztlich für das beste und teuerste System entscheiden dürfen (Beurteilungsspielraum).

Das ist schon kurios: Nach Meinung des AG müssen, wenn es zu einem Gegenstand keine vergleichbaren Angebote gibt, nicht vergleichbare Angebote eingeholt werden. Hier ist allenfalls die Grundannahme bzw. -behauptung, es gebe keine anderen zuverlässigen Anbieter zu dem Produkt, zu hinterfragen.

Statt dieses Angebotsdogma mit einer neuen Facette zu versehen, müsste das Gericht einfach fragen, ob die Eigentümer bei verobjektivierter Betrachtung ausreichend informiert waren, und sonst nichts (vgl. FS Riecke, s.o.).

2. Das LG München I (ZMR 2015, 147) entschied auf dem Boden der h.M. zu einer (größeren) Sanierungsmaßnahme:

Grundsätzlich ist bei (größeren) Sanierungsmaßnahmen die Einholung von drei Alternativangeboten angezeigt; nur im Einzelfall bedarf es vor der Versammlung der Übersendung aller Angebote. Ist der Umfang der Maßnahmen weitgehend öffentlich-rechtlich vorgegeben, bedarf es keines Gutachtens über den Leistungsumfang.

(Rn. 6) Es wurden drei Angebote verschiedener Firmen eingeholt und in einem Preisspiegel zusammengefasst, welcher den Eigentümern vorab übermittelt wurde. Es mag zwar zutreffen, dass allein anhand des Preisspiegels ein hinreichender Vergleich der Angebote nur unzureichend vorgenommen werden kann. Den Wohnungseigentümern fehlt jedoch nicht bereits deshalb die Entscheidungsgrundlage, weil die Angebote selbst vorab nicht übersandt wurden. Auf Grund der Übersendung des Preisspiegels hatten die Wohnungseigentümer sowohl im Vorfeld als auch in der Eigentümerversammlung Gelegenheit sich weitergehend zu informieren. Es besteht keine generelle Pflicht zur Übersendung von Alternativangeboten an sämtliche Wohnungseigentümer. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls.

(Rn. 7) Wesentlich ist, dass den Eigentümern aufgrund mehrerer Angebote ausreichende Informationsmöglichkeiten gegeben werden als Grundlage der zu treffenden Entscheidung. Es kommt nicht darauf an, in welcher Form die verschiedenen Angebote den Wohnungseigentümern zugänglich gemacht werden.

3. Das AG Hamburg-Blankenese (Urteil vom 23. Januar 2019 – 539 C 10/18, IMR 2019, 248) entschied zur Durchführung der Dachsanierungsmaßnahmen:

Der sehr detaillierte und professionelle Beschlusstext entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und er hält sich im Rahmen des Verwaltungsermessens der Wohnungseigentümer. Zum Ermessen vgl. grundlegend Elzer ZMR 2006, 85-94.

Allein schon im Hinblick auf den hohen Wert der beschlossenen Instandsetzungsmaßnahme war die Einholung von Vergleichsangeboten erforderlich. Dies gilt allerdings nicht für die Beauftragung eines Architekten, der nach der HOAI abrechnen soll oder eines Anwaltes, der nach dem RVG abrechnen muss (vgl. AG München, ZMR 2018, 1034). Der gegenteiligen Auffassung des Amtsgerichtes Hamburg (ZMR 2018, 876) ist nicht zu folgen.

Soweit Greiner (WEG § 4, Rn. 136) die Zahl von mindestens drei Konkurrenzangeboten/Vergleichsangeboten als „irrationale Mystik“ ablehnt, hat sich diese Meinung noch nicht durchgesetzt, obwohl die Konkurrenzangebote kein Selbstzweck sein dürfen und es immer auf den Einzelfall ankommen sollte.

Da die Untergrenze von 3.000,00 Euro bis 5.000,00 Euro hier weit überschritten ist (vgl. LG Hamburg, ZMR 2012, 474 und LG München I, ZMR 2014, 668) mussten für die Dachdeckerarbeiten (bei einer Klein-Anlage) Vergleichsangebote eingeholt werden.

Letztlich entspricht eine Beschlussfassung über aufwendigere Sanierungs- oder Renovierungsmaßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer von der Wirtschaftlichkeit der beschlossenen Maßnahme ausgehen durften (vgl. LG Frankfurt/Oder, ZMR 2017, 825). Die eingeholten Angebote dienen als Tatsachengrundlage für die Ermessensauslegung der Wohnungseigentümer (vgl. LG Frankfurt, ZMR 2017, 579).

Eine totale Vergleichbarkeit der einzelnen Angebote ist nicht immer erforderlich (für größere Instandsetzungsarbeiten vgl. LG Itzehoe, ZMR 2018, 626). Hinzu kommt, dass es nicht allein Aufgabe der Verwalterin ist oder der Beklagten dieses Verfahrens, weitere Alternativangebote zu besorgen. Dies ist hier allgemein Aufgabe der Wohnungseigentümer (vgl. AG Bonn, ZMR 2018, 960, AG Charlottenburg, ZMR 2018, 632).

Das Gericht hat einen gewissen Beurteilungsbeziehungsweise Ermessensspielraum der Eigentümer zu akzeptieren (vgl. Riecke/Schmidt/Elzer, 4. Aufl., 2006 „Die erfolgreiche Eigentümerversammlung“, Rn. 565 unter Hinweis auf OLG Celle NJW-RR 1994, 977).

Das Gericht hat im Ergebnis nicht die Stellung eines Vormundes, sondern hat lediglich als Kontrollinstanz zu überprüfen, ob die Mehrheit eine „vertretbare Entscheidung“ getroffen hat. Eine Verpflichtung die wirtschaftlich sinnvollste oder sonst optimale Entscheidung zu finden, obliegt weder der Eigentümermehrheit noch dem Gericht.

Die extremste Position vertritt insoweit das LG Köln (ZMR 2015, 790) wenn es feststellt: „Im Übrigen haben die Gerichte den weiten Spielraum der Eigentümer im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechtes zu respektieren. Die Prüfung des Gerichtes ist auf das Willkürverbot beschränkt.“

Danach darf ein Beschluss lediglich fundamentale inhaltliche Schranken zum Schutz der Minderheit nicht missachten (BGH, ZMR 2015, 12), nicht gegen zwingendes Recht verstoßen oder unentziehbare Rechte beeinträchtigen oder gegen das Belastungsgebot verstoßen.

Willkürlich sei ein Beschluss erst dann, wenn er unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar, sondern schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig oder eindeutig unangemessen ist (LG Köln, ZMR 2015, 791 linke Spalte unten).

Die Gemeinschaft war andererseits nicht verpflichtet, im Rahmen der hier streitgegenständlichen Beschlussfassung das billigste Angebot anzunehmen. Insoweit wird verwiesen auf OLG Hamburg, ZMR 2005, 71 zum „billigen Jakob“.

Zu Beschlüssen über Instandsetzungsmaßnahmen wird ergänzend verwiesen auf LG München I, ZMR 2018, 447 f. („Im Zeitpunkt der Beschlussfassung – so auch LG Itzehoe, Urteil vom 20. Mai 2016, 11 S 78/15, ZMR 2016, 728 – muss die ausreichende Tatsachengrundlage für die Instandsetzungsmaßnahme bereits bestanden haben.“) zugleich zur Zweitbeschlussproblematik.

Es bedarf ein Beschluss über eine Instandsetzungsmaßnahme zwingend einer Finanzierungsregelung. Ergänzend wird verwiesen auf AG Friedberg (ZMR 2018, 802); ebenfalls eine Instandsetzung eines Gebäudes betreffend.

Von einer Auswahlentscheidung der Wohnungseigentümer aufgrund unzureichender Tatsachengrundlage kann hier im Ergebnis nicht ausgegangen werden. Eine Beweisaufnahme über die Frage, ob sich die Angebote im Rahmen des Ortsüblichen bewegten, scheidet hier aus, da immer auf der Basis der Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Eigentümerversammlung zu entscheiden ist (vgl. auch LG Frankfurt, ZMR 2017, 579).

Generell ist für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer beschlossenen Instandsetzungs- oder Verwaltungsmaßnahme auf die im Zeitpunkt der Beschlussfassung zu Grunde liegenden Verhältnisse abzustellen. Maßgeblich ist dabei der Kenntnisstand, den ein besonnener Wohnungseigentümer unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen ermittelt haben kann (vgl. instruktiv LG Itzehoe, ZMR 2016, 728).

Dem Vorwurf fehlender Ermessensausübung durch die Wohnungseigentümer steht der Grundbeschluss sowie der Preisspiegel entgegen. Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich auf die Entscheidung des LG München I, ZMR 2014, 748 (die Verwalterwahl betreffend) berufen.

4. Das AG Augsburg (ZMR 2018, 79) entschied:

Eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Eigentümer ist nur dann gewährleistet, wenn bereits im Einladungsschreiben eine zumindest schematische Darstellung der Entscheidungsgrundlagen erfolgt. Die vorgelegten Angebote der Unternehmen müssen vergleichbar sein, d.h. die Angebote dürfen sich in ihrem Leistungsverzeichnis nicht stark unterscheiden.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Einladung keine Angebote oder Preisvergleiche beigefügt waren. Vielmehr wurde in der Einladung darauf abgestellt, dass die auf der Grundlage des Beschlusses vom 5.5.2014 erholten Vergleichsangebote mit dem Verwaltungsbeirat besprochen und gegeneinander abgewogen worden seien. Auf dieser Basis wurde den Eigentümern eine Beschlussfassung entsprechend einem Angebot der Firma nahegelegt. Auf weitere Angebote wurde in der Einladung nicht näher eingegangen.

Zwar ist der Beklagtenpartei darin zuzustimmen, dass das Informationsbedürfnis der Eigentümer nicht zwangsläufig und stets die Pflicht zur Übermittlung von Angeboten zur Folge hat. Wird jedoch wie hier auf eine bereits erfolgte Abstimmung zwischen Verwaltung und Verwaltungsbeirat Bezug genommen und den Eigentümern das Ergebnis dieser Konsultation als Beschlussempfehlung unterbreitet, ist eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Eigentümer nur dann gewährleistet, wenn bereits im Einladungsschreiben eine zumindest schematische Darstellung der Entscheidungsgrundlagen erfolgt. Ohne eine solche Offenlegung kann eine sinnvolle inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgenstand nicht erfolgen, so dass die rechtlichen und tatsächlichen Folgen einer Beschlussfassung nicht hinreichend erfasst werden können. (vgl. Bärmann WEG 12. Auflage § 23 Rn.87). Vor dem Hintergrund des unstreitigen Investitionsvolumens von ca. 65. 000 Euro kann dieses Informationsdefizit auch nicht dadurch ausgeglichen werden, dass eine Einsichtnahme in die Angebote im Rahmen der Versammlung selbst möglich gewesen wäre. Die hier gewählte Vorgehensweise führt im Ergebnis zu einer Verlagerung der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer auf die Verwalterin und die Verwaltungsbeiräte, zumal dem Informationsbedürfnis der Eigentümer ohne weiteres durch Übersendung des im Termin vom 1.10.2015 übergebenen Preisvergleichs Rechnung getragen hätte werden können.

In materieller Hinsicht liegt ein Verstoß gegen das Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung vor, nachdem es an einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage fehlt. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren die vorgelegten Angebote der Firmen …, …, …, … und … nicht vergleichbar. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass sich die Angebote in ihrer Leistung stark unterscheiden.

5. Das LG Itzehoe (ZMR 2018, 626) entschied:

Die Vergabe eines Auftrages für die Durchführung größerer Instandsetzungsarbeiten widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Verwalter nicht in der Regel zumindest drei Vergleichs- oder Konkurrenzangebote eingeholt hat. I.d.R. müssen alle wesentlichen Kostenpositionen erfasst sein, um den Wohnungseigentümern eine hinreichende Entscheidungsgrundlage bereitstellen zu können. Jedenfalls dann, wenn eine Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme mehrere, im Wesentlichen identische Maßnahmen umfasst, von denen das von der Verwaltung eingeholte Angebot jedoch nur eine oder jedenfalls nicht alle Maßnahmen abbildet, kann im Einzelfall von diesem Grundsatz eine Ausnahme gerechtfertigt sein. Beziehen sich die Angebote nur auf eine Heizungsanlage und sollen tatsächlich zwei Heizungsanlagen ausgetauscht werden, sind die Angebote dennoch ordnungsgemäß, da die Gesamtkosten durch eine einfache Verdopplung errechnet werden können. Eine möglicherweise unterschiedliche Rabattierung der verschiedenen Anbieter aufgrund des geänderten Auftragsvolumens steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Auch wenn eine Frischwasserstation statt eines Warmwasserspeichers verbaut werden soll, macht es nicht erforderlich, dass entsprechend aktualisierte Vergleichsangebote eingeholt werden müssten – zumindest dann nicht, wenn die Firma zusagt, dass keine Mehrkosten entstehen.

Der Ordnungsgemäßheit des Beschlusses steht die fehlende Einholung von Vergleichsangeboten nicht entgegen. Grundsätzlich ist den Klägern zuzugestehen, dass die Vergabe eines Auftrages für die Durchführung größerer Instandsetzungsarbeiten ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, wenn der Verwalter nicht in der Regel zumindest drei Vergleichs- oder Konkurrenzangebote eingeholt hat (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.09.1999 – 2Z BR 54/99; LG Hamburg, Urteil vom 15.02.2012 – 318 S 119/11; LG Hamburg, Urteil vom 12.11.2014 – 318 S 74/14, Vandenhouten, in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, § 21 Rn. 75).

Die Einholung entsprechender Vergleichsangebote soll eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei der Auswahl der erforderlichen Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und des mit der Durchführung dieser Maßnahmen zu beauftragenden Unternehmers gewährleisten. So soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer die von den unterschiedlichen Unternehmen angebotenen technischen Lösungen miteinander vergleichen können, um sich für diejenige Lösung zu entscheiden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden verspricht.

Andererseits sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, indem keine überteuerten Aufträge erteilt werden (Vandenhouten, in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, § 21 Rn. 75).

Es ist jedoch nicht notwendig das billigste oder das technisch hochwertigste Angebot anzunehmen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 26.01.1999 – 2Z BR 130/98, Merle, in: Bärmann, WEG, 13. Auflage 2015, § 21 Rn. 112c). Vielmehr sollen die Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der angebotenen Leistungen und der hierfür in Ansatz gebrachten Kosten in die Lage versetzt werden, sich nach Ausübung des ihnen zustehenden Ermessens für eines der Angebote zu entscheiden. Um jedoch das Preis-/Leistungsverhältnis beurteilen zu können, ist es erforderlich, dass die eingeholten Angebote vergleichbar sind (Merle, in: Bärmann, WEG, 13. Auflage 2015, § 21 Rn. 31). Die Wohnungseigentümer sind über sämtliche relevanten Umstände aufzuklären und die Angebote müssen ihnen spätestens bei der Beschlussfassung zugänglich gemacht werden, sofern dies gewünscht wird (LG Hamburg, Urteil vom 15.02.2012 – 318 S 119/11).

6. Das LG Frankfurt/M. (ZMR 2017, 579) entschied:

Bedarf es vor einer Beschlussfassung über eine Auftragserteilung durch die WEG der Einholung von Vergleichsangeboten, ist es erforderlich, mindestens drei Angebote einzuholen. Geschieht dies nicht, wird die Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen, so dass der gefasste Beschluss für ungültig zu erklären ist. Einer Beweisaufnahme über die Frage, ob sich die eingeholten Angebote im Rahmen des Ortsüblichen bewegen, bedarf es nicht. Daher ist das Vorbringen der Beklagten ohne Belang, dass auch die Einholung weiterer Angebote nicht zu anderen Preisen geführt hätte, denn Aufgabe des WEG-Gerichts ist es nicht, zu überprüfen, ob sich die Entscheidung der Wohnungseigentümer – vielleicht zufällig – in einem sachlich angemessenen Spielraum bewegt, sondern ob die Wohnungseigentümer den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten haben oder nicht. Eine Auswahlentscheidung auf der Basis einer unzureichenden Tatsachengrundlage stellt jedoch einen Ermessensfehler dar, der die Ungültigerklärung des Beschlusses zur Folge hat.

7. Das LG Karlsruhe (ZWE 2013, 417) entschied:

Ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Vergabe von (größeren) Aufträgen über die Durchführung von Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsarbeiten verstößt regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, sofern nicht vorab (mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind. Auch wenn es sich um diverse Einzelaufträge handelt, ist bei Gesamtkosten von ca. 3.000 Euro jedenfalls die Bagatellgrenze überschritten, ab der zuvor Vergleichsangebote einzuholen sind.

8. Das LG Hamburg (ZMR 2012, 654) entschied:

(Rn. 52) Hinzu kommt hier, dass den Eigentümern zwar noch keine Kostenvoranschläge vorgelegt werden mussten, weil lediglich über das „Ob“ der Maßnahmen entschieden worden ist, ihnen eine vollständige Kosten-Nutzen-Analyse aufgrund der ihnen (erst) in der Versammlung ausgehändigten Stellungnahme des Dipl.-Ing. H vom 20. Juni 2010 jedoch nicht möglich war. Aus dieser sind lediglich geschätzte Kosten ersichtlich; eine Aufstellung des Nutzens der Maßnahme fehlt indes, was aber angesichts der insgesamt avisierten Energieeinspareffekte geboten gewesen wäre. Im Übrigen hat die Überreichung dieser Stellungnahme erst in der Versammlung – gleichsam als „Tischvorlage“ – dem Informationsinteresse der Eigentümer nicht Rechnung getragen (vgl. dazu etwa nur BGH, Urt. v. 13.01.2012 – V ZR 129/11, Tz. 12); der damit verbundene „Überraschungseffekt“ war erheblich.

9. Der BGH (ZMR 2011, 735) entschied:

Angebote von mehreren Verwaltern müssen im Grundsatz vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Bestellung eines neuen Verwalters, nicht aber vor der Wiederbestellung des amtierenden Verwalters eingeholt werden.

Alternativangebote können zwar den Wohnungseigentümern deutlicher aufzeigen, woran sie bei rein rechnerischer Betrachtung mit dem amtierenden Verwalter sind.

Insbesondere Schwächen in dessen Leistungsangebot treten oft nur durch die Einholung von Alternativangeboten zutage. Dieser Effekt lässt sich aber regelmäßig nur erreichen, wenn nicht der – in dieser Hinsicht befangene – amtierende Verwalter, sondern der Verwaltungsbeirat oder die Wohnungseigentümer selbst Konkurrenzangebote einholen.

Dieser Aufwand ist nur angezeigt, wenn die Wohnungseigentümer oder erhebliche Teile der Wohnungseigentümer einer Anlage mit der Arbeit des bisherigen Verwalters nicht mehr zufrieden sind oder Anlass besteht, die Angemessenheit von dessen Honorierung zu überprüfen. Das Entgelt, das dem Verwalter für die einzelnen Leistungen zu zahlen sind, ist nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Gesichtspunkt, der bei der Entscheidung über die Bestellung des Verwalters zu berücksichtigen ist (OLG München, NJW-RR 2008, 26; AG Hamburg, ZMR 2008, 576). Entscheidend ist vielmehr, ob der in Aussicht genommene Verwalter seiner Aufgabe gerecht wird und ob die Wohnungseigentümer mit ihm auch im Alltag gut zurechtkommen. Denn nur dann ist ein reibungsloses Funktionieren der Wohnungseigentümergemeinschaft sichergestellt. Es widerspräche deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung nicht, wenn die Wohnungseigentümer an dem amtierenden Verwalter, der seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt und mit dem sie gut zurechtkommen, festhalten, auch wenn er etwas teurer ist als andere Verwalter, die sie noch nicht aus eigenem Erleben kennen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Beurteilungssachverhalt verändert hat. Eine solche Veränderung läge etwa vor, wenn die Verwaltung ihrer Aufgabe nicht mehr so effizient gerecht wird, wie dies bisher der Fall war, wenn sich das Verhältnis zwischen Verwaltung und Wohnungseigentümern aus anderen Gründen verschlechtert hat oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die von der bisherigen Verwaltung angebotenen Leistungen von anderen Verwaltungsfirmen spürbar günstiger angeboten werden (vgl. OLG München, NJW-RR 2008, 26).

Anmerkung:

Ergo sind idR auch bei der Wiederwahl des Verwalters zu verbesserten Konditionen 3 Vergleichsangebote notwendig. Diese Ausnahme entpuppt sich als Regelfall für das 3- Angebots-Dogma.

10. Das LG Frankfurt/M. (ZMR 2018, 788) entschied:

Alternativangebote für eine Auftragsvergabe müssen ausnahmsweise dann nicht eingeholt werden, wenn das Auftragsvolumen gering ist oder sich aus anderen Umständen Anhaltspunkte für die Wohnungseigentümer ergeben, dass das vorgelegte Angebot sich im Rahmen des Üblichen bewegt.

11. Das LG Frankfurt/M. (ZMR 2019, 982) entschied zum Vorlagezeitpunkt:

Sofern nicht alle Vergleichsangebote vor der Versammlung den Eigentümern vorlagen, ist dies unschädlich, wenn zumindest das günstigste später ausgewählte Angebot vorher bekannt war und der Anfechtende nicht fristgerecht (§ 46 WEG) darlegt, welchen weiteren Informationsbedarf er hatte. Es entspricht nicht den originären Aufgaben des Verwalters, Vergleichsangebote ohne Hinzuziehung von Hilfspersonen einzuholen. Der Verwalter darf einen Ingenieur damit betrauen. In erster Linie ist es Aufgabe der Wohnungseigentümer selbst, für die ordnungsmäßige Instandsetzung zu sorgen.

6. Höhe der Sonderumlage

Die Höhe der Sonderumlage mit 841.000,00 Euro entspricht noch dem Verwaltungsermessen der Eigentümer und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Nach der Ausarbeitung/ Kostenaufstellung vom 27.03.2018 (Bl. 49 d. A.) belaufen sich die Kosten in der Variante A auf brutto 713.472,93 Euro und in der Variante B auf 672.465,05 Euro.

Die unter TOP 2 lit. f. beschlossene Sonderumlage von 841.000,00 Euro enthält insoweit objektiv (nur darauf kommt es an) einen angemessenen Sicherheitszuschlag. Jeder Bauherr weiß, dass eine ursprüngliche Kostenschätzung im Regelfall nicht eingehalten werden kann. Außerdem stand bei Beschlussfassung noch nicht fest, wie viele Fenster komplett erneuert werden müssen und nicht mehr instandsetzungsfähig sind. Außerdem muss der Verwalter jederzeit in der Lage sein, eine Sicherung i. S. d. § 648a BGB an den Bauunternehmer zu leisten.

Selbst von angeblichen Profis beauftragte Maßnahmen wie BER und Hamburger Elbphilharmonie haben mehr als deutlich gezeigt, dass Kostenschätzungen oft kaum zu halten sind. Bei Altbauten ist dies der Regelfall.

Auch wenn die Beschlussfassung in geringer Höhe von unter 5% mit falscher Begründung erfolgte, ist das Ergebnis nicht nur vertretbar, sondern zutreffend.

Insoweit ergeben sich aus der Aufstellung (Bl. 53 d. A.) weitere Plankosten in Höhe von 50.691,90 Euro, die einem verfügbaren Rücklagenbestand von 11.638,16 Euro gegenüberstehen. Per 31.12.2018 ergab sich eine Unterdeckung von 39.053,74 Euro. Damit konnte für die unter TOP 2a bis c beschlossenen Maßnahmen auf keinen einzigen Cent aus der Rücklage zurückgegriffen werden.

Auch hier gilt, dass die Höhe der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage aus objektiver Sicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht; nur die Begründung ist mangelhaft. Eine Aufsplittung in 2 Sonderumlagen („Dach“ und „Liquidität“) wäre angemessen gewesen.

Das AG Hamburg.-Blankenese, Urteil vom 12.06.2019, 539 C 26/18, MietRB 2019, 277 entschied zur Angemessenheit der Höhe einer Instandhaltungs-Rücklage:

Im Ausgangspunkt besteht auch zwischen den Parteien Einigkeit, dass bei der Bemessung der Rücklage für Instandsetzungsarbeiten – um die es hier geht – die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen haben. Die Ansammlung einer angemessenen Rücklage hat den Zweck, Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentumes zu sichern, deren Entstehung dem Grunde nach sicher, der Höhe nach und der Fälligkeit nach aber ungewiss ist und dass zahlungsschwache Miteigentümer über vertretbare Kleinbeträge für Reparaturen langfristig mit ansparen, damit sie nicht wegen einer sonst erforderlichen ggf. hohen Sonderumlage zahlungsunfähig werden (LG Hamburg, ZMR 2012, 472).

Der Beschluss über den Wirtschaftsplan ist hier – zugunsten der Kläger unterstellt, dass er teilbar ist – nicht wegen überhöht festgelegter Zuführungen zur Instandhaltungsrückstellung für ungültig zu erklären.

Bei der Beschlussfassung wurde keine – in der Praxis gar nicht anzutreffende – überhöhte Instandhaltungsrückstellung kreiert.

Da im Zeitpunkt der Beschlussfassung lediglich eine Instandhaltungsrücklage in Höhe von 37.000,00 Euro für das gesamte Objekt existierte, war es hier dringend geboten, diese viel zu niedrige Instandhaltungsrücklage deutlich aufzustocken. Zur Berechnung der anzusparenden Rücklage vgl. etwa die Software „Epiqr“ der Fa. CalCon (Ausgliederung des FraunhoferInstituts), die von WEG-Verwaltern gerne herangezogen wird. Es darf hier nicht mit eingeschränktem Blick auf die aktuell zu zahlenden Beträge abgestellt werden, sondern es ist auf die zu erreichende Höhe der Rücklage bezogen auf den – hier suboptimalen – Instandsetzungszustand zu schauen.

Sind im Bereich des Gemeinschaftseigentums gravierende bauliche Mängel vorhanden, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, ist sogar eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich (vgl. BGH ZMR 2018, 835).

Zur Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage wird ergänzend verwiesen auf LG München I, ZMR 2016, 986: Nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG gehört die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage zur ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage in angemessener Höhe dient der Sicherung notwendiger Reparaturen des Gemeinschaftseigentums größeren Ausmaßes. Die Höhe der Rücklage, die angemessen sein muss, ist nach objektiven Maßstäben zu ermitteln. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse im konkreten Einzelfall, insbesondere Alter, Größe, bauliche Besonderheiten und Zustand der Anlage, insbesondere welche absehbaren Instandsetzungsmaßnahmen anstehen und welchen Kapitaleinsatz diese erfordern. Bei der Bemessung der Instandhaltungsrücklage haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum. Nur wesentlich zu hohe oder wesentlich zu niedrige Ansätze widersprechen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Zur Lebensdauer einzelner Gebäudeelemente – neben Epiqr – wird verwiesen auf von Hauff/ Musielack, das große Verwalterhandbuch, 7. Auflage, Seite 305 f..

In der Immobilienwirtschaft haben sich verschiedene Methoden zur Berechnung der Instandhaltungsrückstellung herausgebildet. Nach der sogenannten Peters´schen Formel wird ein Zusammenhang hergestellt zwischen Herstellungskosten, Nutzungsdauer und dem Teil der Immobilie, der zum gemeinschaftlichen Eigentum zu rechnen ist und damit der Instandhaltungsverantwortung der Gemeinschaft unterliegt (vergleiche Peters, Fachverwalter, Seite 193).

Die Formel lautet für die reine Zuweisung zur Instandhaltungsrückstellung IR = Herstellungskosten/m² x 1,5 x 0,65 geteilt durch Nutzungs-/Lebensdauer von 80 Jahren.

Hieraus errechnen sich derzeit je nach Baukosten Werte für Wohnflächen zwischen 20,00 und 50,00 Euro je m² und Jahr an Zuweisungen zur Rücklage.

Wenn – wie hier – die Rücklage trotz Erhöhung in den letzten Jahren lediglich 37.000,00 Euro ausmacht, erschließt sich bei einem bereits 1927 errichteten Gebäude mit Renovierungsstau, das obendrein ursprünglich nur als Gartenhaus geplant war, dass die bloße Aufnahme angemessener oder erhöhter Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage niemals dazu führen werden, dass eine ausreichende Instandhaltungsrücklage angespart werden kann.

Von Hauff entwickelte folgende Formel:

IR = Marktpreis pro m² x 0,25 geteilt durch 50.

Dabei unterstellt er, dass das gemeinschaftliche Eigentum etwa ein Viertel des Kaufpreises ausmacht. Der Planungshorizont wird nur auf 50 Jahre festgelegt, in denen die zu betrachtenden/ in Stand zu setzenden Gewerke des gemeinschaftlichen Eigentumes mindestens einmal von einer Maßnahme betroffen sind (zum Beispiel Dach oder Außenfassade).

Letztlich kann es nicht auf die einzelne Zuführung zur Rücklage ankommen, sondern es bedarf einer individuellen Instandhaltungsrückstellungsplanung. Hierbei sind zu berücksichtigen

– das Alter der Immobilie,

– der technische Instandhaltungsgrad und der Instandhaltungsbedarf,

– ein umfangreicher und individuell erweiterbarer Gewerkekatalog,

– Wiederherstellungskosten der einzelnen Gewerke zum Planungszeitpunkt,

– individuelle Instandhaltungsintervalle,

– eine auf 30 Jahre ausgerichtete rollierende Planung,

– Mindesthöhe der Instandhaltungsrückstellung,

– Ausgleichszahlung zur Berücksichtigung von Instandhaltungsstaus.

Die planenden Eigentümer müssen jedoch immer den tatsächlichen Ist-Zustand der Immobilie zu Grunde legen. Abgeglichen werden müssen der Erhaltungszustand mit eventuellen Sanierungsstaus und die aktuelle Höhe der angesammelten Rücklage. Wenn der Zustand der Immobilie bereits zu Planungsbeginn umfangreiche Sanierungen erfordert und die angesammelte Rücklage nicht ausreicht, so sind zu Beginn des Planungszeitraumes zusätzliche Zahlungen anzunehmen entweder durch Sonderumlage oder durch erhöhte Zuführung zur Rücklage im Rahmen des Wirtschaftsplanes.

Die gesamte Bausubstanz macht einen wenig gepflegten Eindruck. Die technischen Defizite bei der Entwässerung dokumentieren sich am baulichen Zustand, insbesondere der Außenwände, Kellerzugänge etc.

Um die Anlage wieder auf Vordermann zu bringen, bedarf es erheblicher Kraftakte, wobei das Gericht dahingestellt sein lassen kann, ob sämtliche im Schriftsatz vom 18.04.2019 erwähnten Maßnahmen tatsächlich zeitnah durchzuführen sind. Gegebenenfalls bedarf es hierzu einer echten Prioritätenliste (vgl. dazu OLG Hamburg ZMR 2010, 129), die sukzessive – je nach finanzieller Machbarkeit – abzuarbeiten ist.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass bei einer erhöhten Zuführung zur Instandhaltungsrücklage keine ernsthaften Zinsverluste zu befürchten sind, da Banken inzwischen schon mit Negativzinsen drohen.

Auch wenn das klägerseits vorgelegte Angebot des Dachdeckermeisters R vom 29.10.2018 mit einem Volumen von 99.285,60 Euro derzeit noch nicht umgesetzt werden müsste, wäre mit derartigen Kosten schon im Hinblick auf das Alter des Daches zumindest in den nächsten ein bis zwei Jahren zu rechnen.

Zu den Dachdeckerarbeiten kommen auch noch die im Angebot nicht enthaltenen Innenmaßnahmen (Verkleidung von Dachflächenfenstern) hinzu. Außerdem reichen erfahrungsgemäß prognostizierte Kosten eher nicht aus, sondern werden um mindestens 20% überschritten. Derzeit könnte die Gemeinschaft solche Arbeiten nicht guten Gewissens in Auftrag geben, sondern müsste erst durch Sonderumlagen sicherstellen, dass auch etwa 120.000,00 Euro für den Dachdecker verfügbar sind für den aktuellen WEG-Verwalter als Vollzugsorgan der Gemeinschaft.

Ganz ähnlich liegt der hier zur Entscheidung stehende Fall. Leere Kasse, aber teure notwendige Instandsetzung! Im Übrigen ist die Sonderumlage als reiner Nachtrag zum Wirtschaftsplan eine reine Prognose. Da offenbar die gesamte Maßnahme über eine Sonderumlage finanziert werden soll, indiziert dies bereits, dass die Instandhaltungsrückstellung in einem desolat niedrigen Zustand ist.

So hat bereits das LG Wuppertal (ZMR 2003, 298) festgestellt:

„Die Höhe der Sonderumlage ist an geschätztem Finanzbedarf auszurichten. Es ist eine Prognose der erforderlichen Kosten notwendig, wobei den Wohnungseigentümern ein weiter (!) Ermessensspielraum zusteht. Insoweit können für die Frage, ob das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden ist, solche Umstände, die erst später erkennbar waren oder hinzugetreten sind, grundsätzlich nicht mehr bestimmend sein.“

Das LG Frankfurt/M (ZMR 2019, 980) entschied:

Bei der Bemessung der Höhe der Instandhaltungsrücklage haben die Sondereigentümer ein weites Ermessen. § 28 Abs. 2 der II. BV bietet nur einen Anhaltspunkt! eine Orientierung. Bei anstehenden teuren und umfassenden Instandsetzungsmaßnahmen können die Höchstsätze der II. BV überschritten werden.

7. Höhe der Verzugszinsen.

Insoweit sind gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB vom gesetzlichen Zinssatz abweichende Regelungen grundsätzlich durch Vereinbarung zulässig.

Die pauschalierte Verzugszinsregelung im angegriffenen Beschluss zu TOP 2 lit. f. bewegt sich gerade noch unterhalb der Wuchergrenze/Sittenwidrigkeit.

Sie stellt allerdings keine unzulässige Vertragsstrafe dar, sondern lediglich an einen pauschalierten Schadensersatz für säumige Wohngeldzahler.

Der Zinssatz hält sich gerade noch im Rahmen der banküblichen Überziehungszinsen außerhalb eines vereinbarten Dispositionskredits.

Aber: Der Zinssatz ist als ordnungswidrig überhöht einzustufen.

Zu vergleichbar hohen Zinsen entschied das OLG Köln (ZMR 2001, 67): Die pauschale Festlegung eines von den Eigentümern im Falle des Verzugs mit Wohngeldzahlungen zu zahlenden, über den gesetzlichen Mindestschaden (§ 288 Abs. 1 S. 1 BGB) hinausgehenden Schadensersatzes bedarf der Vereinbarung aller Wohnungseigentümer. Ein diese Vereinbarung ersetzender, nicht angefochtener Mehrheitsbeschluss ist aber wirksam.

Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf dem Eigentümerbeschluss …, wonach im Falle des Verzuges ein Wohnungseigentümer Verzugszinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz, mindestens jedoch 12% p.a. an die Eigentümergemeinschaft zu zahlen hat. Auch insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des nicht angefochtenen Beschlusses. Er hält sich noch im Rahmen der Zuständigkeit der Versammlung der Wohnungseigentümer. Gem. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB sind vom gesetzlichen Zinssatz abweichende Vereinbarungen grundsätzlich zulässig. Die pauschalierte Verzugszinsregelung in dem Beschluss … hat keinen Strafcharakter sondern stellt einen pauschalierten Schadensersatz dar. Dieser Zinssatz hält sich noch im Rahmen der banküblichen Überziehungszinsen, die die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Überziehung ihres Gemeinschaftskontos zu entrichten hat und begründet keine absolute Unzuständigkeit (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 23 Rdnr. 126; BayObLG ZMR 1986, 297, 298). Der Beschluss ist deshalb wirksam und bindend (§ 23 Abs. 4 WEG), obwohl er mit der Pauschalierung eines über den gesetzlichen Mindestschaden (§ 288 Abs. 1 S. 1 BGB) hinausgehenden Verzugsschadens der Gemeinschaft (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB) eine Angelegenheit zum Gegenstand hatte, welche die Wohnungseigentümer grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2 WEG regeln, über die sie aber nicht mit Stimmenmehrheit beschließen konnten (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2000, 397 m.w.N.) Der Senat sieht trotz der derzeitigen Diskussion über die Wirksamkeit vereinbarungsersetzender Mehrheitsbeschlüsse (beispielhaft: Wenzel, NZM 2000, 257; Deckert, NZM 2000, 361; Röll, ZWE 2000, 13) für Fälle der vorliegenden Art, die den fließenden möglichen Grenzbereich der Beschlusskompetenz betreffen, keine Veranlassung, von der bisherigen gefertigten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte abzuweichen.

Trotzdem:

Die übrigen Beschlussteile (auch die Sonderumlage zu TOP 2 lit. f.) fällt nicht über § 139 BGB weg.

Die auf die Willensbildung der Eigentümerversammlung anwendbare Vorschrift des § 139 BGB (vgl. BGH, NJW 2012, 2648 = NZM 2012, 566, 567, Rn. 10) führt oft dazu, dass weitere Teile des Beschlusses ebenfalls für ungültig zu erklären sind. Sinn und Zweck von § 139 BGB ist es aber, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit im Übrigen aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen entspricht (BGH, a.a.O., Tz. 13). Das setzt die Teilbarkeit des Beschlusses voraus, die beim Beschluss zum Verzugszinssatz im Verhältnis zur übrigen Instandsetzung und deren Finanzierung zu bejahen ist. Die auftragsvergabe wurde sogar von vollständiger Zahlung aller Sonderumlagenbeträge abhängig gemacht. Die hohe Verzinsung war nicht gedacht um Finanzlöcher zu stopfen bei nicht voll finanzierter Auftragsvergabe.

Ein solcher Beschluss ist das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Gemeinschaft aus mehreren Einzelwillen, mit der der Gemeinschaftswille dahingehend festgelegt wird, dass die beantragte Instandsetzung zeitnah und voll finanziert durchgeführt werden soll (vgl. dazu BGH, NJW 2001, 3339, 3343 = ZMR 2001, 809). Ein solchermaßen gebildeter Gemeinschaftswille, der eine große Instandsetzungsmaßnahme betrifft, lässt sich aber leicht von dem Verzugszinssatz trennen. Es „infiziert“ die Ungültigkeit des Beschlussteils über die Zinshöhe hier nicht auch die Ausführungsentscheidung.

8. Beauftragung der Fa. P Architekt GmbH (TOP 2 lit. b.)

Diese entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die – nur teilweise fachlichen – Vorbehalte insbesondere des Klägers zu 2) (vgl. zuletzt Schreiben vom 26.01.2020, Bl. 303 d. A.) verdeutlichen lediglich, dass der Kläger die Sache technisch anders sieht als die von der Gemeinschaft beauftragten Sonderfachleute. Jedoch haben die Wohnungseigentümer auch insoweit Verwaltungsermessen als sie dem Architektenbüro P vertrauen, nachdem man zuvor mit einem anderen Architekten bereits schlechte Erfahrung gemacht hatte. Zumindest hat der Kläger zu 2) keinen Anspruch gegen die eindeutige Mehrheit auf Auswechselung des Sonderfachmanns.

Lediglich exemplarisch wird insoweit darauf hingewiesen, dass das vom Kläger zu 2) favorisierte Wiederverwenden alten Dämmmaterials zwar möglich erscheinen mag, jedoch genauso gut die gegenteilige Lösung einheitlich neu zu dämmen etwas für sich hat. Für Letztere hat sich hier die Gemeinschaft ermessensfehlerfrei entschieden.

Soweit der Kläger zu 2) auf den Innenausbau und dessen künftige Beschädigung verweist, steht ihm ggf. ein verschuldensunabhängiger Aufopferungsanspruch nach § 14 Nr. 4 WEG zu.

Auch die Materialauswahl der Mehrheit ist zumindest vertretbar.

Dass der Abriss der Gauben im Ergebnis teurer kommt als eine bloße Instandsetzung hat der Kläger zu 2) nicht nachgewiesen.

Eine Instandsetzungsmaßnahme wie eine komplette Dacherneuerung muss sich auch nicht binnen 10 Jahren amortisieren (s. oben). Allenfalls die Mehrkosten, die nicht von der EnEV gefordert sind, können einer Kosten-Nutzen-Analyse unterfallen.

Soweit der Kläger zu 2) nunmehr die Delegation auf den Architekten hinsichtlich der möglicherweise anzuordnenden Vernichtung einzelner Fenster moniert, ist die Rüge verspätet (s. oben).

Soweit der Kläger zu 2) die Dacheindeckung mit dem Genehmigen der Dachausbauten als Wohnraum verquickt, besteht ebenfalls keine Notwendigkeit hierzu, geschweige denn eine Ermessensreduzierung auf Null.

9. Kostenverteilung

Soweit im Beschluss zu TOP 2 lit.e. die Kosten abweichend von der Teilungserklärung nach Einheiten erfolgen soll, ist dies aufgrund der doppelt-qualifizierten Mehrheit gem. § 16 Abs. 4 (nicht Nr. 4) WEG möglich. Im Übrigen ergibt sich kein nennenswerter Unterschied zur Umlage nach Miteigentumsanteilen. Insoweit folgt aus der Anlage K1, dass bei insgesamt 20 Einheiten die größte mit knapp 6% und die kleinste immer noch mit 4,782% zu Buche schlägt. Ergänzend wird verwiesen auf die Teilungserklärung (Anlage K14, Bl. 104 ff. d. A.).

Im Übrigen bezieht sich TOP 2 lit. e. hinsichtlich der abweichenden Kostenverteilung nur auf die Materialkosten für die Erneuerung von Dachflächenfenstern. Insoweit erscheint es sachgerecht, die konkreten Kosten abweichend von den Miteigentumsanteilen den jeweiligen Verursachern anzulasten, das heißt den Wohnungseigentümern, die ihre Dachflächenfenster besonders schlecht behandelt haben.

Die Voraussetzungen der nicht gelungenen – durch das WEMoG künftig abzuschaffende – Regelung des § 16 Abs. 4 WEG sind hier gegeben, insbesondere liegt bei den Materialkosten dieser Dacheindeckungsmaßnahme ein „Einzelfall“ vor. Dem steht auch nicht der Grundsatz der Maßstabskontinuität entgegen. Es handelt sich hier um eine einheitliche Instandsetzung (Sanierung) aller Dachflächen und Gauben. Eine Auswirkung auf künftige Instandsetzungsmaßnahmen am Dach ist zu verneinen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den § 92 Abs. 2, 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird festgesetzt auf 420.500, – Euro

Gründe:

Der Streitwert berechnet sich entgegen den Angaben des Klägervertreters in der Klageschrift (40.000 Euro) und auch anders als im Schriftsatz vom 07.02.2020 (400.973,50 Euro) wie folgt gemäß § 49a GKG:

Gesamtpaket: 841.000,– Euro Davon ½ = 420.500,– Euro Wohnung Nr. 2 der Klägerin zu 1) Kostenanteil von 5,36% = 45.077,60 Euro Wohnung Nr. 12 des Klägers zu 2) Kostenanteil 4,801% = 40.376,41 Euro insgesamt 85.454,01 x 5 = 427.270,05 Euro, ergo größer als 420.500,– Euro

Es gibt keinen Betrag, der „außer Streit“ ist und der eine Kürzung rechtfertigen könnte.

Die Wertgrenze des § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG bestimmt sich bei einer subjektiven Klagehäufung nach der Summe der Einzelinteressen aller Kläger (BGH, Beschluss vom 21.03.2019 – V ZR 120/17, ZMR 2019, 623).

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