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WEG – Dachsanierung – mindestens drei Vergleichsangebote

Rechtliche Pflicht oder Ermessenssache? Die Herausforderung bei Dachsanierungen in WEG

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Amtsgericht Bonn verhandelt wurde, stand die Frage im Mittelpunkt, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bei der Vergabe eines Auftrags zur Dachsanierung Vergleichsangebote einholen muss, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten. Die Klägerin, eine Miteigentümerin der betroffenen WEG, hatte den Beschluss zur Beauftragung der Fa. I.H. S mit Arbeiten zur Dachsanierung angefochten, da dieser auf der Grundlage nur eines Angebots und ohne Einholung von Vergleichsangeboten gefasst wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 211 C 25/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Bonn hat entschieden, dass Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Vergabe von Aufträgen, insbesondere bei hohen Auftragsvolumina, mindestens drei Vergleichsangebote einholen müssen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten.

  • Das Amtsgericht Bonn hat ein Urteil bezüglich der Vergabe von Aufträgen durch Wohnungseigentümergemeinschaften gefällt.
  • Bei Auftragsvergaben mit einem Wert von mehr als 3.000 € müssen mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt werden.
  • Die Klägerin, eine Miteigentümerin, hat den Beschluss zur Beauftragung der Fa. I.H. S zur Dachsanierung angefochten.
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in der Vergangenheit bereits mehrere Dachsanierungsarbeiten durchgeführt.
  • Bei vorherigen Sanierungen wurden Vergleichsangebote eingeholt und die Fa. I.H. S Bedachungen wurde als bester Anbieter ausgewählt.
  • Bei der neuesten Dachsanierung wurde jedoch kein Vergleichsangebot eingeholt.
  • Das Gericht betonte, dass die Eigentümer ohne Alternativangebote die Kostenhöhe des Angebots nicht marktgerecht einschätzen können.
  • Das Urteil unterstreicht die Bedeutung von Transparenz und ordnungsgemäßer Verwaltung in Wohnungseigentümergemeinschaften.

Herausforderungen und Entscheidungen der WEG

Die WEG, bestehend aus einem Wohngebäude mit 43 Wohnungseinheiten und einer Tiefgarage, stand vor der Herausforderung, ein undichtes Flachdach zu sanieren. Aufgrund der enormen Kosten für eine einmalige und komplette Erneuerung des Daches entschied sich die WEG für einen stufenweisen Sanierungsplan. In den Jahren zuvor hatte die WEG bereits mehrere Teilsanierungen des Daches vorgenommen und dabei stets die Dienste der Fa. I.H. S Bedachungen in Anspruch genommen. Bei den vorherigen Sanierungsmaßnahmen wurden Vergleichsangebote eingeholt, und die Fa. I.H. S Bedachungen wurde jeweils als fachkompetentester und günstigster Anbieter ausgewählt.

Rechtliche Probleme und Argumente

Dach Sanierung
(Symbolfoto: Mabeline72 /Shutterstock.com)

Das rechtliche Problem entstand, als die WEG bei der Vergabe des Auftrags zur Sanierung der 4. Teildachfläche auf das Einholen von Vergleichsangeboten verzichtete und sich direkt für die Fa. I.H. S Bedachungen entschied. Die Klägerin argumentierte, dass die Eigentümergemeinschaft ohne Vergleichsangebote keine angemessene Entscheidungsgrundlage gehabt habe, insbesondere bei einem Auftragsvolumen von fast 70.000 Euro.

Gerichtliche Entscheidung und Auswirkungen

Das Gericht stellte fest, dass die angefochtene Beschlussfassung ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht. Es wurde auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach bei einer Auftragsvergabe mit einem höheren Wert als 3.000 € mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt und der Eigentümergemeinschaft vorgelegt werden müssen. Das Gericht betonte, dass es den Eigentümern ohne Alternativangebote nicht möglich sei, die Kostenhöhe des Angebots marktgerecht einzuschätzen.

Die Beklagte, die WEG, argumentierte, dass die Fa. I.H. S Bedachungen sich bei den bisherigen Arbeiten bewährt habe und es daher nicht notwendig sei, Vergleichsangebote einzuholen. Das Gericht erkannte zwar den Ermessensspielraum der Eigentümergemeinschaft an, betonte jedoch, dass es bei einem Auftragsvolumen von ca. 70.000 Euro ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, keine Alternativangebote mehr einzuholen.

Fazit des Urteils

Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen, da es die Bedeutung von Transparenz und ordnungsgemäßer Verwaltung in Wohnungseigentümergemeinschaften unterstreicht. Es betont die Notwendigkeit, bei der Vergabe von Aufträgen eine angemessene Entscheidungsgrundlage zu schaffen, insbesondere bei hohen Auftragsvolumina.

Das Fazit des Urteils ist klar: Wohnungseigentümergemeinschaften müssen bei der Vergabe von Aufträgen, insbesondere bei hohen Auftragsvolumina, Vergleichsangebote einholen, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten und den Eigentümern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Vergabe von Aufträgen für Dachsanierung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Vergabe von Aufträgen für die Dachsanierung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) folgt bestimmten rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich ist die Dachsanierung eine Angelegenheit des Gemeinschaftseigentums, und die Kosten werden nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer verteilt.

Bei der Auftragsvergabe für die Dachsanierung ist es üblich, dass mehrere Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, um einen wirtschaftlichen und qualitativ passenden Anbieter zu finden. Laut einem Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 19.04.2017 müssen bei Aufträgen, die mehr als 3.000 Euro umfassen, in der Regel mindestens drei verschiedene Angebote eingeholt werden. In einigen Fällen können laut Amtsgerichten auch zwei Angebote ausreichend sein.

Die Organisation und Beauftragung der Dachsanierung ist häufig Aufgabe des internen oder externen Verwalters der WEG. Dieser ist auch dafür verantwortlich, die notwendigen Angebote einzuholen und die Vergabe der Aufträge vorzubereiten.

Für die Durchführung der Dachsanierung werden verschiedene Fachleute benötigt. Dazu gehören Dachdecker für die Dämmung, Eindeckung und Installation von Solaranlagen, Zimmerer für den Dachstuhl und die Dachsparren, Klempner für Metall- und Blecharbeiten am Dach, Schornsteinbauer für die Abgasanlage und Gerüstbauer für die Sicherheit auf dem Dach.

Die Vergabe der Arbeiten für die Dachsanierung kann erst stattfinden, wenn die benötigten Geldmittel zur Verfügung stehen. Es ist auch wichtig, dass die Vergabe der Aufträge auf einer Eigentümerversammlung beschlossen und dokumentiert wird, um die rechtliche Grundlage für die Durchführung der Arbeiten und die Kostenverteilung zu schaffen.

  • Eigentümerversammlung: Die Eigentümerversammlung ist das zentrale Organ in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). In diesen Versammlungen treffen sich die Wohnungseigentümer, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Dies kann die Vergabe von Aufträgen für Reparaturen oder Renovierungen, die Verabschiedung des Wirtschaftsplans oder die Wahl des Verwalters umfassen. Die Eigentümerversammlung ist gesetzlich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert, insbesondere in den §§ 23-25 WEG. Ihre Beschlüsse erfordern in der Regel eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
  • Sonderfachmann: Ein Sonderfachmann ist eine Person mit speziellen Fachkenntnissen oder Qualifikationen in einem bestimmten Bereich. Diese Personen werden oft hinzugezogen, um bestimmte Arbeiten zu überwachen oder zu leiten, die spezielles Fachwissen erfordern. Im vorliegenden Fall wurde der Architekt D als Sonderfachmann beauftragt, die Dacharbeiten zu begleiten und zu überwachen. Dies gewährleistet, dass die Arbeiten fachgerecht und gemäß den bautechnischen Vorschriften ausgeführt werden.
  • Verwalter: Der Verwalter ist eine Person oder eine Firma, die von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt wird, die Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Eigentum zu übernehmen. Diese Aufgaben können die Organisation von Eigentümerversammlungen, die Führung der Buchhaltung, die Planung des Haushalts und die Umsetzung der Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft umfassen. Die Rechte und Pflichten des Verwalters sind im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere in den §§ 26-28 WEG, festgelegt.

§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:


  • Wohnungseigentumsrecht: Das Wohnungseigentumsrecht regelt die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Es betrifft unter anderem die Verwaltung, die Beschlussfassung und die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
  • Vergaberecht: Das Vergaberecht regelt die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen. Es stellt sicher, dass die Vergabe fair und transparent erfolgt und die Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz und Wettbewerbsförderung eingehalten werden.
  • Baurecht: Das Baurecht regelt die Vorschriften und Verfahren im Zusammenhang mit Bauvorhaben, Baugenehmigungen, Bauvorschriften und Bauabnahmen.
  • Allgemeines Zivilrecht: Das Allgemeine Zivilrecht umfasst die grundlegenden Regelungen für Verträge und Haftung im Zivilrecht, die in vielen Rechtsstreitigkeiten relevant sind.

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Das vorliegende Urteil

Amtsgericht Bonn – Az.: 211 C 25/21 – Urteil vom 13.12.2021

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Bonn auf die mündliche Verhandlung vom 24.11.2021 für Recht erkannt:

1. Der Beschluss unter Tagesordnungspunkt 10 über die Beauftragung der Fa. I.H. S mit Arbeiten zur Dachsanierung, gefasst auf der Eigentümerversammlung vom 08.06.2021 der Wohnungseigentümergemeinschaft S-straße #-## H D-str. ##-##, ##### C, wird für ungültig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Miteigentümerin in der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. S-str#-##/ D-str. ##-##,##### C.

Die WEG besteht aus einem Wohngebäude mit insgesamt 43 Wohnungseinheiten und einer Tiefgarage. Das im Gemeinschaftseigentum stehende Flachdach der WEG ist undicht und komplett zu erneuern. Durch die Undichtigkeiten sind bereits mehrfach erhebliche Wasserschäden verursacht worden. Die Kosten für eine einmalige und komplette Gesamterneuerung des Flachdaches sind jedoch immens und von der WEG nicht auf einmal tragbar. Deswegen hat sich die WEG entschieden, nach einem mehrjährigen Sanierungsplan stufenweise vorzugehen und jährlich einzelne Teilbereiche des Daches nach Dringlichkeit zu sanieren bzw. zu erneuern.

So wurde auf der Eigentümerversammlung vom 26.4.2018 unter TOP 7 bestandskräftig beschlossen, dass die Sanierung/Erneuerung einer 1. Teildachfläche von insgesamt circa 210 qm mit Kosten in Höhe von 53.000,-Euro genehmigt wird. Hierfür lagen 3 Vergleichsangebote der Fachfirmen I & D fL. aus C, I G Bedachungs GmbH & Co.KG aus C und I.H. S Bedachungen aus S vor, welche den Eigentümern vor der Beschlussfassung vom 26.4.2018 erteilt wurden und vorlagen. Gemäß Beschlussfassung vom 26.4.2018 unter TOP 7 erfolgte sodann die Beauftragung der Fachfirma I.H. Bedachungen für die Erneuerung/Sanierung der 1.Teildachfläche, da diese als fachkompetent eingestuft wurde und der günstigste Anbieter war. Ebenso wurde auf der Versammlung vom 26.4.2018 unter TOP 7 bestandskräftig beschlossen, dass der Architekt. D als Sonderfachmann die Dacharbeiten begleitet und bauüberwacht sowie die Arbeiten abnimmt und die Rechnungen der Fachfirma H.G. Reitz Bedachungen prüft und freigibt. Dieses ist dann auch vorliegend ohne Beanstandungen von D erfolgt. Die Fachfirma I.H. S Bedachungen führte diese Dachsanierungsarbeiten fachgerecht und ohne Beanstandungen im Jahr 2018 durch.

Auf der Eigentümerversammlung vom 7.5.2019 unter TOP 6 wurde aufgrund der o.g.  fachgerechten Dacharbeiten der Fachfirma I.H. S Bedachungen bestandskräftig die Sanierung/Erneuerung der 2. Teildachfläche von circa 300 qm ebenfalls durch die Fachfirma I.H.S. Bedachungen in Höhe von 45.000,-Euro beschlossen. Ebenso wurde unter TOP 6 bestandskräftig beschlossen, dass der Architekt. D wieder als Sonderfachmann die Dacharbeiten begleitet und bauüberwacht sowie die Arbeiten abnimmt und die Rechnungen der Fachfirma I H S Bedachungen prüft und freigibt. Dieses ist dann auch vorliegend ohne Beanstandungen von D erfolgt. Die Fachfirma I.H. S Bedachungen führte diese zweiten Dachsanierungsarbeiten ohne Beanstandungen im Jahr 2019 durch.

Auf der Eigentümerversammlung vom 16.6.2020 unter TOP 7 wurde aufgrund der o.g. beanstandungsfreien Dacharbeiten der Fachfirma I H S Bedachungen bestandskräftig die Sanierung/Erneuerung der 3. Teildachfläche von circa 300 qm ebenfalls durch die Fachfirma I H S Bedachungen gemäß ihrem Angebot in Höhe von 61.057,67 Euro beschlossen. Ebenso wurde unter TOP 7 bestandskräftig beschlossen, dass der Architekt D wieder als Sonderfachmann das Angebot und Auftrag prüft, die Dacharbeiten begleitet und bauüberwacht sowie die Arbeiten abnimmt und die Rechnungen der Fachfirma I H S Bedachungen prüft und freigibt. Dieses ist dann auch vorliegend ohne Beanstandungen des Herrn Architekt D erfolgt. Die Fachfirma I H S Bedachungen führte diese dritten Dachsanierungsarbeiten beanstandungsfrei im Jahr 2020 durch.

Auf der streitgegenständlichen Versammlung vom 8.6.2021 unter TOP 10 wurde in Folge der o.g. Dacharbeiten der Fachfirma I H S Bedachungen die Sanierung/Erneuerung der 4. Teildachfläche von circa 285 qm ebenfalls durch die Fachfirma I H S Bedachungen gemäß ihren beiden Angeboten vom 24.2.2021 in Höhe von 68.741,48 Euro beschlossen. Vergleichsangebote wurden nicht eingeholt. Ebenso wurde unter TOP 10  beschlossen, dass der Architekt D wieder als Sonderfachmann die Angebote und Auftrag prüft, die Dacharbeiten begleitet und bauüberwacht sowie die Arbeiten abnimmt und die Rechnungen der Fachfirma I H S Bedachungen prüft und freigibt.

Die Beschlussfassung lautet ausweislich des Protokolls wie folgt:

„Beschluss Beauftragung:

Die Eigentümerversammlung beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, namens und im Auftrage sowie auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft die Fa. I H S Bedachungen auf der Grundlage deren vorliegenden Angebote vom 24.02.2021, Angebots-Nr.: 3257 und 3256 , welches in Kopie als Anlage der Tagesordnung beiliegt, zu Kosten i.H.v. 68.741,48 EUR brutto mit der Ausführung der im o.g. Angebot näher beschriebenen Arbeiten zur Dachsanierung zu beauftragen. Zur Finanzierung beschließt die Eigentümerversammlung, die vorbeschlossene Maßnahme zu Lasten der Erhaltungs-bzw. Instandhaltungsrücklage zu finanzleren. Die Vewaltung wird angewiesen, Aufträge zur Durchführung der vorbeschlossenen Maßnahme nur zu erteilen, soweit deren Bezahlung im Zeitpunkt der Auftragserteilung durch liquide Mittel der Wohnungseigentümergemeinschaft gesichert ist.“

Hinsichtlich der weiteren Details der Beschlussfassung wird auf das Protokoll Bl. 5 ff. der Gerichtakte Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Eigentümergemeinschaft mangels Vergleichsangeboten keine angemessene Entscheidungsgrundlage gehabt habe. Das Einholen von nur einem Angebot für einen Auftrag in einer Dimension von beinahe 70.000 €, wobei von einer tatsächlich noch höher liegenden Summe auszugehen sei, entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es leuchte ein, dass eine Eigentümergemeinschaft ein Interesse daran habe, kleinere Aufträge ohne viel Aufwand und Bürokratie erledigen zu lassen. Gehe es jedoch, wie im vorliegenden Fall, um Sanierungsarbeiten, die in mehreren Teilschritten insgesamt eine Kostendimension i.H.v. beinahe 250.000,00 € haben, habe die Verwaltung im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung in besonderer Sorgfalt dafür Sorge zu tragen, dass die Eigentümer die für sie am wenigsten belastende Entscheidung treffen können und hierfür auch ausreichend Gelegenheit bestehe, zwischen mehreren Anbietern auszuwählen, um die anfallenden Kosten auch richtig einordnen zu können.

Die Klägerin beantragt, wie beantragt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die verweist darauf, dass sich die Fachfirma I H S Bedachungen bei den bisherigen Arbeiten für die WEG bewährt habe. Es gelte der Grundsatz von „bewährt und gut“. Es seien keine Vergleichsangebote einzuholen, wenn – wie – vorliegend — der Dienstleister oder das beauftragte Unternehmen entsprechend bereits in der Vergangenheit für die WEG tätig war. Es stehe der Gemeinschaft frei, – wie vorliegend — ein für gut befundenes Handwerksunternehmen zu beauftragen, auch wenn dies sogar zu einer höheren Belastung führt als die Beauftragung eines Konkurrenten.

Hinsichtlich des weitere Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze, Anlagen und Protokolle der Gerichtsakte Bezug genommen, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die angefochtene Beschlussfassung unter TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 08.06.2021 –  Beauftragung der Fa. I H S mit Arbelten zur Dachsanierung – widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage der Eigentümergemeinschaft, wenn diese über die Beauftragung eines Handwerkunternehmens entscheidet.

Dabei ist in der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt worden, dass bei einer Auftragsvergabe mit einem höheren Wert als 3.000 € mindestens drei Verglelchsangebote eingeholt und der Eigentümergemeinschaft vorgelegt werden müssen, um der Eigentümerversammlung eine angemessene und hinreichende Vergleichsbasis zur Abwägung der in Rede stehenden Arbeiten und Aufträge zu ermöglichen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 02.02.2018 – 85 S 98/16; LG Frankfurt, Beschluss vom 19.04.2017 – 2-13 S 2/17).

Zwar ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass der Eigentümergemeinschaft ein Ermessensspielraum zusteht, ob die Sanierung der Dachflächen in einem Beschluss oder im Rahmen eines mehrjährigen Sanierungsprogramms mit Einzelbeschlüssen durchgeführt wird. Bei den dann jährlich erfolgenden Beschlüssen über die Beauftragung weiterer Teilsanierungen steht es der Eigentümergemeinschaft frei, aufgrund der guten Erfahrungen mit dem bisherigen Handwerksunternehmen dieses weiterhin zu beauftragen, selbst wenn dieses nicht das günstigste Angebot abgibt. All dieses ist in einer Abwägung und Entscheidungsfindung der Eigentümergemeinschaft zu klären.

Es widerspricht jedoch ordnungsgemäßer Verwaltung, bei Auftragsvolumen von ca. 70.000 Euro keinerlei Alternativangebote mehr einzuholen. Damit ist es den Eigentümern nicht möglich, die Kostenhöhe des Angebots marktgerecht einzuschätzen. Zudem ist ihnen von vorne herein eine Diskussion und Entscheidungsfindung über die Beauftragung unmöglich, da sie zur Fortführung der Dachsanierung das einzig vorliegende Angebot annehmen müssen. Eine Überprüfung und Auswahl hinsichtlich Kostenhöhe, Ausführungsart und Unternehmen ist ihnen nicht mehr gegeben. Dabei ist es nicht Aufgabe der einzelnen Miteigentümer, durch eigene Einholung von Alternativangebote aufzuzeigen, dass vorliegend möglichweise attraktivere Angebote einholbar gewesen wären.

Aus den vorgenannten Gründen ist der Klage stattzugeben.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 22.156,24 EUR festgesetzt.

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