Skip to content
Menü

20% Mieterhöhung bei weiterer Mietdauer von 3 Jahren möglich

Mieterhöhung und Mietspiegel: Ein Blick auf das LG Lübeck-Urteil zur Zustimmungspflicht der Mieter

In einem jüngst ergangenen Urteil des Landgerichts Lübeck ging es um die Frage, ob Mieter einer Wohnung einer Mieterhöhung zustimmen müssen, die auf dem Mietspiegel der Stadt Lübeck basiert. Der Fall dreht sich um eine 70 qm große Wohnung in einem Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1918. Die Vermieterin hatte eine Erhöhung der bisherigen Miete von 400 EUR (zuzüglich 50 EUR für einen Stellplatz und Betriebskostenvorauszahlung) auf 480 EUR ab dem 1. Januar 2022 gefordert. Die Mieter lehnten dies ab und zogen vor Gericht. Das Hauptproblem lag in der Frage, ob die Mieterhöhung auf Basis des Mietspiegels von 2018 gerechtfertigt war, obwohl bereits ein aktueller Mietspiegel für das Jahr 2022 vorlag.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 95/22  >>>

Die Kappungsgrenze und ihre Bedeutung

20% Mieterhöhung bei weiterer Mietdauer von 3 Jahren möglich
Mieterhöhung und Mietspiegel: Ein Urteil des LG Lübeck klärt Zustimmungspflicht und Kappungsgrenze (Symbolfoto: Tanoy1412 /Shutterstock.com)

Die Mieter argumentierten, dass die Kappungsgrenze nicht eingehalten wurde. Nach ihrer Auffassung könnte eine Mieterhöhung um volle 20 % erst nach drei Jahren erfolgen. Das Gericht wies dieses Argument zurück. Es stellte klar, dass die Kappungsgrenze von 20 % auch bei einer Mieterhöhung vor Ablauf von drei Jahren ab Mietvertragsbeginn voll ausgeschöpft werden kann. Das Gericht betonte, dass die Kappungsgrenze nicht die einzelne Mieterhöhung begrenzt, sondern eine Steigerung über einen Zeitraum von drei Jahren auf 20 %.

Mietspiegel als Grundlage für die Mieterhöhung

Ein weiterer Streitpunkt war die Verwendung des Mietspiegels als Grundlage für die Mieterhöhung. Die Mieter kritisierten, dass kein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeholt wurde. Das Gericht hielt dies jedoch für unnötig. Es verwies auf die Vermutungswirkung des Mietspiegels, die besagt, dass die in ihm angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Da die Mieter diese Vermutung nicht widerlegen konnten, wurde ihr Einwand abgewiesen.

Die Rolle des Mietspiegels 2022

Interessant ist auch die Frage, ob der aktuelle Mietspiegel von 2022 hätte verwendet werden müssen. Das Gericht ließ dies offen, da die Mieterhöhung auch nach dem Mietspiegel von 2018 gerechtfertigt war. Es stellte fest, dass die geforderte Miete von 480 EUR sogar unter dem Mittelwert des Mietspiegels von 2018 lag.

Kosten und Vollstreckbarkeit des Urteils

Das Gericht entschied, dass die Mieter die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen haben. Das Urteil wurde als vorläufig vollstreckbar erklärt, was bedeutet, dass die Mieter der Mieterhöhung zustimmen und die erhöhte Miete zahlen müssen, solange das Urteil nicht durch eine höhere Instanz aufgehoben wird.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Lübeck wichtige Fragen zur Mieterhöhung und zur Verwendung des Mietspiegels geklärt. Es unterstreicht die Bedeutung des Mietspiegels als verlässliche Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und gibt Vermietern und Mietern eine klare Orientierung.

Stehen Sie vor einer 20% Mieterhöhung? So setzen Sie Ihre Rechte durch!

Das kürzlich gefällte Urteil des LG Lübeck (Az.: 14 S 95/22) hat für Aufsehen gesorgt. Es erlaubt Vermietern, die Miete um 20% zu erhöhen, selbst wenn das Mietverhältnis noch keine drei Jahre besteht. Diese Entscheidung kann weitreichende Folgen für Mieter haben. Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden und unsicher sind, wie Sie vorgehen sollen, sind wir für Sie da. Wir bieten eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation und beraten Sie anschließend umfassend zu Ihren Handlungsoptionen. Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, ob die Mieterhöhung in Ihrem Fall rechtens ist und welche Schritte Sie unternehmen können. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf.

➨ jetzt anfragen!


Das vorliegende Urteil

LG Lübeck – Az.: 14 S 95/22 – Urteil vom 29.06.2023

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lübeck vom 15.09.2022, Az. 29 C 551/22, wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Lübeck ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 960,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Zustimmung zur Mieterhöhung. Streitgegenständlich ist eine Wohnung in der #### in #### mit einer Größe von 70 qm, vier Zimmern in einem Mehrfamilienhaus Baujahr 1918. Die bisherige Miete betrug 400 EUR zuzüglich 50 EUR für einen Stellplatz zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung. Ab dem 1. Januar 2022 begehrte die Vermieterseite Zahlung von 480 EUR zuzüglich 50 EUR Stellplatz zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung. In dem Mieterhöhungsverlangen vom 26.10.2021 wird Bezug genommen auf den damals aktuellen Mietspiegel Lübeck Stand 2018. Mittlerweile liegt der Mietspiegel 2022 vor. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Lübeck vom 15. September 2022.

Das Amtsgericht hat die Beklagten verurteilt, mit Wirkung ab dem 01. Januar 2022 einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von bisher 400,00 Euro um 80,00 Euro auf nunmehr 480 Euro für die Wohnung in der #### in #### zuzustimmen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das angegriffene Urteil.

Die Berufungskläger beanstanden, dass das Amtsgericht kein Sachverständigengutachten über die angemessene Vergleichsmiete eingeholt habe, obwohl ein entsprechendes Beweisangebot vorgelegen habe, die Wohnung der Beklagten im Schnitt, Größe und Ausführung in keiner Weise ähnlich sei mit der weiteren, bereits begutachteten Wohnung in dem Objekt und der bloße Bezug auf den Mietspiegel alleine nicht ausreiche, um die Mieterhöhung zu begründen. Zudem sei die Kappungsgrenze nicht eingehalten, da eine Mieterhöhung um volle 20 % erst nach drei Jahren erfolgen könne. Im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsrechtszug im Einzelnen wird im Übrigen Bezug genommen auf die von ihnen in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze.

Die Berufungskläger beantragen, das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Der in zulässiger Weise eingelegten Berufung ist in der Sache der Erfolg versagt.

1. Zu Recht hat das Amtsgericht die Beklagten in der Hauptsache zur Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung verurteilt.

a. Soweit die Beklagtenseite beanstandet, dass die Kappungsgrenze nicht gewahrt sei, ist dies unzutreffend. Die Kappungsgrenze ist gewahrt. Auch bei einer Mieterhöhung vor Ablauf von drei Jahren ab Mietvertragsbeginn können die gesetzlich festgelegten maximalen 20 % voll ausgeschöpft werden. Eine zeitanteilige Kürzung der Kappungsgrenze findet nicht statt.

„Hat das Mietverhältnis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Mieterhöhung noch keine drei Jahre bestanden, dann ist (…) die Kappungsgrenze (…) in diesem Fall nicht zeitanteilig herabzusetzen. Die Kappungsgrenze soll nämlich nicht die einzelne Mieterhöhung prozentual begrenzen, sondern eine Steigerung über einen Zeitraum von drei Jahren auf 20 % (…) begrenzen. Diesem Ziel wird sie aber auch gerecht, wenn man bei kürzeren Mietverhältnissen eine Steigerung um 20 % (…) zulässt. In diesem Fall werden nämlich zukünftige Mieterhöhungen gem. § 558 BGB wegen der bereits erfolgten Ausschöpfung der Kappungsgrenze ausgeschlossen. Auch bei einem schon länger laufenden Mietvertrag ist der Vermieter berechtigt, die Kappungsgrenze durch eine einzige Mieterhöhung um 20 % auszuschöpfen. Deshalb ist grds. auch schon nach einem Jahr eine Mieterhöhung um 20 % möglich. Dies setzt aber faktisch voraus, dass die Miete bei Abschluss des Mietvertrages erheblich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lag.“ (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558 Rn. 160-164)

b. Soweit die Berufung die fehlende Einholung eines Sachverständigengutachtens über die ortsübliche Vergleichsmiete beanstandet, folgt die Kammer dem nicht.

(1) Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die verlangte, gesteigerte Miete nach den einschlägigen Mietspiegeln der Hansestadt Lübeck ortsüblich ist. Dabei kann dahinstehen, ob insoweit der Mietspiegel 2018 oder 2021 zu Grunde gelegt wird (vgl. zur Bestimmung des maßgeblichen Mietspiegels: Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558d Rn. 128). Für die Wohnung der Beklagten ergibt sich aus dem Mietspiegel 2018 ein Mittelwert von 7,12 EUR/m2 bei einer Spanne von 6,03 bis 8,23 EUR/ m2 (mithin hier 422,10 bis 576,10 EUR). Nach unbestrittenem klägerischen Vortrag (Bl. 5 d.A.) sind vorliegend keine signifikanten Wohnmerkmale der konkreten Wohnung gegeben, die zu Zu- oder Abschlägen führen könnten, so dass vorliegend der Mittelwert angesetzt werden kann. Hiernach wären 498,40 EUR angemessen. Mit verlangten 480 EUR liegt die Vermieterseite darunter. Nichts Anderes ergäbe sich im Übrigen aus dem Mietspiegel 2021. Die dort angesetzten Werte liegen (naturgemäß) über den Werten des Mietspiegels 2018, so dass auch hiernach von einer angemessenen Miethöhe auszugehen ist.

(2) Ein Sachverständigengutachten war darüber hinaus nicht einzuholen.

(aa) Nach § 558d Abs. 3 BGB wird bei einem Mietspiegel vermutet, dass die in ihm angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben, wenn die erforderlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558d Rn. 124-140). Dies ist hier für die Mietspiegel 2018 und 2021 der Fall. Es handelt sich vorliegend um einen Mietspiegel i.S.d. § 558c BGB, der von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder den Interessenverbänden erstellt und von mindestens der Behörde oder den beiden Interessenverbänden anerkannt worden ist. Die Erstellung ist auch nach den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen geschehen. Dies wird vermutet, wenn der Mietspiegel von Behörden und Interessenverbänden anerkannt wurde, § 558d Abs. 1 S. 3 BGB – was vorliegend von keiner Seite in Frage gestellt wurde. Zuletzt kann die konkrete Wohnung auch in den Mietspiegel eingeordnet werden.

(bb) Greift danach – wie hier – die Vermutungswirkung, bleibt der Mieterseite allenfalls noch, diese zu entkräften

(„…wenn die Vermutungsgrundlagen (…) dargelegt und dann entweder unstreitig oder bewiesen sind, muss die Partei, gegen die die Vermutungswirkung streitet, sie ggf. widerlegen und zwar gem. § 292 ZPO. Das bedeutet, die entsprechende Partei muss zunächst substantiiert vortragen, warum der qualifizierte Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete nicht richtig angeben soll und dann muss er diesen Vortrag ggf. beweisen.“ Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 15. Aufl. 2021, BGB § 558d Rn. 140)

Dabei ist in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft im Einzelnen streitig, welche Anforderungen an substantiiertes Bestreiten zu stellen sind (vgl. hierzu a.a.O.). Vorliegend ist in jedem Fall kein hinreichend substantiiertes Bestreiten festzustellen. Denn im hiesigen Verfahren hat die Mieterseite schlicht gar nichts zu der Frage vorgetragen, weshalb die oben genannten Mietspiegel nicht zu korrekten Ergebnisse führen sollen. Dies reicht sicherlich nicht aus, um die Vermutungswirkung der Richtigkeit der Mietspiegel zu entkräften.

Auf das Sachverständigengutachten zu der Nachbarwohnung der Beklagten kommt es im Übrigen nach allem nicht an, so dass auch insoweit keine weitergehenden Beweiserhebungen erforderlich sind.

2. Auch gegen die Verurteilung zur Zahlung der zuerkannten Nebenforderung bestehen keine Bedenken. Auf die erstinstanzlichen Ausführungen wird insoweit verwiesen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!