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WEG-Verwalter – Wann kann er die WEG rechtlich binden?

LG Karlsruhe – Az.: 6 O 325/19 – Urteil vom 04.05.2022

1. Das Versäumnisurteil vom 01.12.2021 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die klagende WEG verlangt von ihrem vormaligen Verwalter Schadensersatz wegen Abschluss eines Wärmelieferungsvertrages als sog. Contracting-Vertrag.

Der Beklagte errichtete als Bauträger und Architekt ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 8 Drei- und Vierzimmerwohnungen, Garagen und Stellplätzen an der V.-Straße in P. Die Heizungsanlage sollte sich nach der Baubeschreibung aus einer Gaszentralheizung, Fußbodenheizung in jeder Wohneinheit mit separater Regelung jedes einzelnen Zimmers über Temperaturregler, sowie einer thermischen Solaranlage zusammensetzen. In der Teilungserklärung vom 26.02.2015 bestellte sich der Beklagte für drei Jahre zum ersten Verwalter, wobei die Amtszeit mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft begann. In den „Bauträgerverträgen“ mit den Wohnungseigentümern ist in § 9 die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung geregelt.

Am 20.05.2015 schloss der Beklagte „als Hausverwalter für die WEG P“ mit der X Stadtwerke P. GmbH & Co. KG (im Folgenden: X) auf Grundlage deren Angebots vom 5.5.2015 einen Wärmelieferungsvertrag. Im Rahmen eines Wärme-Contractings übernahm die X über die Vertragslaufzeit von 15 Jahren die Installation und den Betrieb einer Brennwertanlage mit Warmwasserbereiter und Solaranlage für Warmwasser und Heizungsunterstützung, sowie Wartung und Instandhaltung der Anlage. Die Abrechnung der Leistungen erfolgte mit Hilfe eines Arbeits- und Leistungspreisgefüges. Der Arbeitspreis enthält die Kosten des Erdgasbezuges. Der Leistungspreis enthält den Kapitaldienst der Investition, sowie anteilig Wartung und Instandhaltung. Ersatzinvestitionen für ausfallende Anlagenkomponenten, die von der X erstellt werden, werden ebenfalls mit einer jährlichen Contractingrate abgegolten. Unmittelbare vertragliche Beziehungen werden nur zwischen dem Kunden und der X, nicht jedoch zwischen der X und eventuellen Abnehmern von Wärme in den Liegenschaften des Kunden geschaffen (§ 2.1 des Contracting-Vertrages). In § 2.3 ist geregelt, dass die Wärmeerzeugungsanlage, sofern sie mit einem Grundstück oder Gebäude oder einer beweglichen Sache verbunden, auf ein Grundstück eingebracht oder in eine räumliche Beziehung hierzu gebracht wird, dies nur zu einem vorübergehenden Zweck geschehe (§§ 95, 97 BGB) und diese Anlage im Eigentum der X stehe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Angebot und den Contracting-Vertrag nebst Anlagen im Anlagenheft der Klägerin Seiten 11 bis 35 verwiesen.

Zu Gunsten von Frau A. wurde am 14.04.2014 im Wohnungsgrundbuch von P. Nr. XYZ wegen des Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 7 bezeichneten Wohneinheit (Dachgeschoss) eine Eigentumsvormerkung bewilligt und am 29.07.2014 eingetragen. Die Abnahme des Objektes erfolgte am 8.12.2015, die jeweilige Inbesitznahme danach.

Am 14.12.2015 fand eine „Eigentümerversammlung“ der WEG statt, in der u. a. der Wirtschaftsplan 2016 genehmigt und ein Verwaltungsbeirat gewählt wurde; im Protokoll wird der Contracting-Vertrag nicht erwähnt.

Unter gleichem Datum erteilte der Beklagte der X zum Konto der WEG bei der Sparkasse P. ein ab dem 01.01.2016 gültiges SEPA – Lastschriftmandat.

Nach der ersten Heizungsabrechnung kam es wegen des Wärmelieferungsvertrages zu Unstimmigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern und dem Beklagten. In einer außerordentlichen Versammlung vom 28.03.2017 beschlossen die Eigentümer den Verwaltervertrag mit dem Beklagten zum 31.07.2017 aufzulösen und die Firma B. als neuen Verwalter zu bestellen.

Am 03.07.2018 wurde zwischen der X und dem Beklagten im Hinblick auf die Wärmeerzeugungsanlage ein Vergleich geschlossen, dessen Inhalt dem Gericht nicht mitgeteilt wurde.

In der mündlichen Verhandlung vom 1.12.2021 erging ein klagabweisendes Versäumnisurteil.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe pflichtwidrig den Contracting-Vertrag zu Lasten der Klägerin geschlossen. Seit der Teilungserklärung vom 25.02.2014 existiere die WEG und habe durch den Beklagten verpflichtet werden können. Nachdem das vertragswidrige Verhalten aufgedeckt worden sei, sei der Beklagte aufgefordert worden, dafür Sorge zu tragen, dass die X entschädigungslos die Heizungsanlage in das Eigentum der Kläger überführen solle, was im Jahr 2018 nach mehrfachem Druck auch des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgt sei. Mit der X sei anschließend ein „normaler Energielieferungsvertrag“ geschlossen worden. Soweit nach dem Hinweis des Gerichts von einem schwebend unwirksamen Contracting-Vertrag auszugehen sei, sei insoweit eine Genehmigung durch die WEG zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Selbst wenn der Beklagte die Kläger auf den streitgegenständlichen Contracting-Vertrag hingewiesen haben sollte, was bestritten werde, ergebe sich aus der bloßen Information noch keine anschließende konkludente Genehmigung des Vertrages. Auch aus der Behandlung dieser Thematik in der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 28.03.2017 könne kein konkludentes Verhalten zur Genehmigung des Vertrags gesehen werden, da die Eigentümer schriftlich und mündlich ihren Unmut beim Beklagten kundgetan hätten und er auch aus diesen genannten Gründen als Verwalter abberufen worden sei. Mangels Aufklärung über den Vertrag vom 20.05.2015, insbesondere mangels Übersendung des Vertrages an die einzelnen Eigentümer, hätten die Eigentümer bzw. die klagende WEG auch nicht den Vertrag, insbesondere nicht die Mehrkosten des Vertrages, die über die reine Wärmelieferung hinausgingen, genehmigen können. Eine Genehmigung wäre nur dann möglich gewesen, wenn über diese Mehrkosten transparent aufgeklärt worden und im Anschluss daran die Leistungen aus dem Vertrag – ohne einen entgegenstehenden Willen kundzutun – entgegengenommen worden wären. Für den Zeitraum vom 9.12.2015 bis zur Übertragung am 30.4.2018 seien deshalb zu Lasten der Wohnungseigentümer Mehrkosten entstanden, die der Beklagte auch deshalb zu tragen habe, da er der Klägerin nicht von Beginn an, wie geschuldet, die Gaszentralheizung übereignet habe, sondern aufgrund des von ihm abgeschlossenen Contracting-Vertrages Mehrkosten durch den erhöhten Arbeitspreis entstanden seien. Die regulären Verbrauchskosten für den Zeitraum vom 09.12.2015 bis 30.04.2018 hätten Euro 9.838,54 betragen, wenn der Gasbezug für eine Anlage erfolgt wäre, die im Eigentum der Klägerin gestanden hätte. Da die Klägerin in diesem Zeitraum 37.469,14 Euro gezahlt habe, sei ihr ein Schaden in Höhe von 27.730,60 Euro entstanden. Auch habe der Beklagte pflichtwidrig veranlasst, dass Abbuchungen zu Gunsten der X vom WEG Konto der Klägerin erfolgten. Der Beklagte habe den der Klägerin entstandenen Schaden i.H.v. Euro 18.472,56 zu ersetzen, der durch die unberechtigte Freigabe der Gelder entstanden sei.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. das Versäumnisurteil vom 1.12.2021 aufzuheben;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Euro 27.730,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz ab 06.02.2019 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, den Einspruch gegen das am 01.12.2021 ergangene Versäumnisurteil zurückzuweisen und das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Er trägt vor, die Klage sei nicht schlüssig. Die WEG sei nicht bereits im Februar 2014 entstanden, denn der Besitz an den Wohnungen sei nicht vor Dezember 2015 an die Käufer übertragen worden. Er habe seine Leistungspflichten von Anfang an erfüllt. Bereits mit Schreiben vom 21.09.2015 seien die Wohnungseigentümer auf den Contracting-Vertrag hingewiesen worden. Auf Anfrage sei dieser Vertrag, der jederzeit hätte eingesehen werden können, auch an einzelne Eigentümer übersandt worden. Die Kostenrechnungen der Stadtwerke seien von den Käufern bis zum Ausscheiden des Beklagten als Hausverwalter im Juli 2017 ohne Vorbehalt bezahlt wurden, wodurch konkludent der Vertrag genehmigt worden sei.

Die Klägerin hat der X den Streit verkündet; ein Beitritt ist nicht erfolgt.

Das Gericht hat verhandelt am 19.02.2020, am 1.12.2021 und am 2.2.2022. In der Sitzung vom 1.12.2021 erging ein Versäumnisurteil, das am 23.12.2021 zugestellt wurde, wogegen am selben Tage Einspruch eingelegt wurde.

Das Gericht hat Hinweise erteilt am 19.02.2020, am 16.04.2020 und am 22.11.2021.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Das Versäumnisurteil vom 1.12.2021 ist zu Unrecht ergangen, da der Klägervertreter ohne sein Verschulden am Erscheinen zum Termin verhindert war (§ 337 Satz 1 4. Alt. ZPO). Es war daher aufzuheben.

2. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft kann von ihrem vormaligen Verwalter aus keinem Rechtsgrund den hier geltend gemachten Schadensersatz verlangen, weder aus einem zu ihren Lasten abgeschlossenen Contracting-Vertrag oder aus fehlerhafter Aufklärung über einen solchen Vertrag, noch aus dem Lastschriftmandat für die X oder einem vermeintlich verspäteten Eigentumserwerb an der Wärmeerzeugungsanlage. Soweit der Beklagte gegen die ihn im Innenverhältnis aufgrund des Verwaltervertrages gegenüber der Klägerin bestehenden Verpflichtungen verstoßen hat (§§ 280, 281 BGB), ist durch diese Pflichtwidrigkeiten der Klägerin noch kein dem Beklagten zurechenbarer Schaden, wie er hier mit den erhöhten Entgelten für Wärmeleistungen aus einem Contracting-Vertrag geltend gemacht wird, entstanden (§ 249 BGB).

a) Der Contracting-Vertrag vom 20.05.2014 hat die Klägerin nicht gegenüber der X zur Zahlung verpflichtet, denn er war schwebend unwirksam und wurde auch nicht durch ein Verhalten der Klägerin oder ihrer Wohnungseigentümer während der Verwaltertätigkeit des Beklagten zu ihrem Nachteil genehmigt.

aa) Der Beklagte hat den Vertrag vom 20.5.2015 nicht mit unmittelbarer Wirkung für die klagende WEG geschlossen, da die WEG zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden war.

Der Bundesgerichtshof hat für die Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden, dass jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein kann (vgl. Beschluss vom 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 ff.). Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran erlangt hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist. Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer die Mitwirkungsrechte ausüben kann. Die solchermaßen erlangte Rechtsposition endet nicht dadurch, dass ein anderer Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird und damit die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht (BGH, Beschluss vom 5.6.2008, aaO, Rn. 14, 16; BGH, Urteil vom 11.5.2012 – V ZR 196/11 -, BGHZ 193, 219-227, Rn. 5). So liegt der Fall hier ab dem 8.12.2015. Erst ab diesem Zeitpunkt ist vorgetragen, dass eine Wohnungseigentümerin – hier: Frau A. – nach gesicherter Auflassungsvormerkung auch Besitz an ihrem späteren Wohnungseigentum erlangt hat. Ab diesem Zeitpunkt ist demnach die Wohnungseigentümergemeinschaft zwischen ihr und dem Beklagten entstanden. Der streitgegenständliche Contracting-Vertrag wurde jedoch bereits zuvor am 20.5.2015 abgeschlossen, mithin zu einem Zeitpunkt, als die ausweislich des Vertrages Vertretene – hier: die WEG – noch gar nicht entstanden war. Der Beklagte handelte also für eine noch nicht existente Partei.

bb) Auf den vor ihrer Entstehung in ihrem Namen geschlossenen Vertrag finden die §§ 177 ff. BGB entsprechende Anwendung (vgl. BGH, Urteile vom 7.5.1984 – II ZR 276/83, BGHZ 91, 148 und vom 25.10.2012 – III ZR 266/11 -, BGHZ 195, 174; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 5.3.2012 – 1 U 14/11 -, CuR 2012, 77; LG Berlin, Urteil vom 5.7.2006 – 28 O 508/05, CuR 2007, 21).

Ein Vertretergeschäft, das der Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossen hat, ist unwirksam, kann aber rückwirkend auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses hin genehmigt werden (§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB). Bis zur Genehmigung des Vertretergeschäfts oder deren Verweigerung ist die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts in der Schwebe. Der Vertretene ist nicht gebunden, und er ist grundsätzlich nicht zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet. Das Vertretergeschäft hat bis zur Genehmigung keine Wirkung für und gegen den Vertretenen. Es bestehen noch keine klagbaren Ansprüche aus dem Vertrag (RGZ 98, 244). Eine Leistung auf Grund eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts ist jedenfalls dann ohne rechtlichen Grund erfolgt, wenn sie in Unkenntnis des Schwebezustandes vorgenommen wurde. Bereits erbrachte Leistungen auf den vermeintlichen Vertrag können dann nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB beim Empfänger kondiziert werden (vgl. BGH, Urteil vom 08.10.1975 – VIII ZR 115/74 -, BGHZ 65, 123-127).

Im vorliegenden Fall wurde der Contracting-Vertrag durch die Klägerin nicht genehmigt (§ 184 Abs. 1 BGB). Die Genehmigung hätte gegenüber dem Vertragspartner der Klägerin für die Wärmebeziehung, mithin der X, erfolgen müssen. Eine ausdrückliche Genehmigung der WEG wird nicht vorgetragen. In der Entstehung der WEG durch die Eintragung der Erwerber als Miteigentümer im Grundbuch zu einem hier nicht vorgetragenen Zeitpunkt, ist ebenso wenig eine konkludente Genehmigung zu sehen, wie in dem Wärmebezug oder der jeweiligen Zahlung der Wohnungseigentümer an die WEG – Kasse und die Abbuchung der X aufgrund der von dem Beklagten erteilten Ermächtigung vom 14.12.2015. Dass die Klägerin den Contracting-Vertrag durch den Wärmebezug nach § 184 Abs. 1 BGB konkludent genehmigt hätte, wird von ihr nachdrücklich bestritten und von dem Beklagten nicht substantiiert vorgetragen. Dass es in dem Stadium vor dem Beginn der Auseinandersetzungen über die Bindung an den Vertrag durch die Annahme der Wärmelieferungen und die Bezahlungen der Abschlagszahlungen zu einer schlüssigen Genehmigung gekommen ist, lässt sich schon deshalb nicht annehmen, weil es bei auch hier eines als Genehmigung aufzufassenden billigenden Verhaltens der Eigentümerin – und nicht des Hausverwalters – bedarf. Für den Erklärungswert des Verhaltens bedarf es eines Verhaltens, das unzweifelhaft als positive Billigung aufgefasst werden kann. Ein bloßes Kennenmüssen oder die Vermutung, dass die Leistungen wissentlich und willentlich in Kenntnis der Hintergründe angenommen wurden, genügt nicht. Eine konkludente Genehmigung setzt voraus, dass aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seiner Erklärung oder seinem Verhalten zum Ausdruck kommt, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich machen zu wollen. Fehlt ein Erklärungsbewusstsein des Betroffenen, so muss hinzukommen, dass er bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und vom Empfänger auch tatsächlich so verstanden wurde (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2005 – XI ZR 79/04). Bestreitet die Klägerin eine solche Genehmigung durch konkludentes Verhalten gegenüber der X und trägt der Beklagte ohne Substanz hierzu vor, so muss das Gericht vorliegend eine solche fehlende Genehmigung seiner Entscheidung zugrunde legen. Insbesondere bleibt für das Gericht aufgrund des dürftigen Vortrages der Parteien im Dunkeln, wann die X für welchen Zeitraum welchen Betrag abgebucht hat, sowie ob die WEG zu diesem Zeitpunkt bereits hat erkennen können, dass diese Abbuchung von der X tatsächlich als Genehmigung verstanden wurde.

b) Die von den Wohnungseigentümern als WEG erbrachten Zahlungen hätten von der X nach §§ 812 ff. BGB zurückverlangt werden können. Wäre die klagende WEG gegen die X wegen der für den Zeitraum vom 9.12.2015 bis 30.4.2018 erbrachten Zahlungen nach § 812 BGB vorgegangen, so hätte die X wiederum in entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB wegen ihres Erfüllungsinteresses beim Beklagten Rückgriff nehmen können (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2012 – III ZR 266/11 -, BGHZ 195, 174-195, Rn. 34).

Indem die Klägerin nach ihrem – von dem Beklagten bestrittenen – Vortrag im Jahr 2018 mit der X einen – dem Gericht nicht bekannten – neuen Wärmelieferungsvertrag abschloss, hätte sie aus dem schwebend unwirksamen und nicht genehmigten Vertrag die hier geltend gemachten Mehrkosten gegebenenfalls vollumfänglich zurückverlangen können. Ob oder inwieweit die Klägerin diese Möglichkeit gegenüber der X durchsetzte, bzw. warum sie davon – teilweise oder vollständig – absah, ist hier ebenfalls nicht bekannt. Hätte sie jedoch die Rückzahlung verlangt, so wäre der schwebend unwirksame Vertrag kondiziert worden. Welcher Betrag letztlich von der Klägerin zu ihren Lasten in diesem Falle zu tragen gewesen wäre, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Jedenfalls wäre der Klägerin nicht der hier geltend gemachte Schaden entstanden. In welchem Umfang der Klägerin letztlich ein Schaden wegen möglichem pflichtwidrigen Verhalten des Beklagten zugestanden hätte, lässt sich aus dargestellten Gründen auch nicht nach § 287 ZPO schätzen, da es für das Gericht aus oben dargelegten Gründen an jeglicher Berechnungsgrundlage fehlt.

c) Aus oben dargelegten Gründen kommt es auch nicht darauf an, ob und inwieweit die Klägerin an einem möglichen Schaden ein – teilweises oder überwiegendes – Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft, indem sie es als WEG oder durch ihren am 14.12.2015 gewählten Verwaltungsbeirat unterließ, sich einen so wesentlichen Bestandteil entstehender Lasten wie durch einen Wärmelieferungsvertrag – hier in Form eines Contracting-Vertrages – umgehend vorlegen zu lassen und in eigener Verantwortung zu überprüfen.

d) Ebenso nicht weiter aufzuklären ist der von der Klägerin behauptete Eigentumsübergang an der Wärmeerzeugungsanlage, wie sie von der X auf der Grundlage des Contracting-Vertrages im Gebäude errichtet worden war. Bereits zweifelhaft ist, ob aufgrund des Vertrages ein Eigentumsübergang durch Einbau der Anlage als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nach § 94 BGB (vgl. zur Heizungsanlage BGH, Urteile vom 31.10.1986 – V ZR 166/85 -, WM 1987, 47; vom 15.11.1989 – IVa ZR 21/88 -, NJW-RR 1990, 158 m.w.Nachw.; OLG Hamm, Urteil vom 22.11.2004 – 5 U 136/04 -, BauR 2005, 1496; OLG Saarbrücken, Urteil vom 2.5.2002 – 1 U 682/00 -, NJW-RR 2001, 1632) durch die Formulierung in § 2.3 des Contracting-Vertrages nach §§ 95, 97 BGB hat verhindert werden können (vgl. dazu: OLG Rostock, Urteil vom 15.1.2004 – 7 U 91/02 -, CuR 2004, 145). Darauf kommt es vorliegend jedoch nicht an, da einerseits der Vertrag auch hinsichtlich der Regelung des § 2.3 des Contracting-Vertrages schwebend unwirksam war und andererseits aus oben dargelegten Gründen der hier geltend gemachte Schaden der Klägerin durch ein dem Beklagten zurechenbares pflichtwidriges Verhalten so nicht entstanden ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. § 344 ZPO ist aus den in 1. genannten Gründen nicht anzuwenden.

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