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Bemessung der Mietminderung bei Feuchtigkeit in der Decke und im Keller

AG Bergheim – Az.: 28 C 147/10 – Urteil vom 12.04.2011

Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Beklagten vom 22.04.2010, 07.06.2010, 26.07.2010 und vom 07.09.2010 unwirksam sind und das Mietverhältnis vom 27.09.2007 über die im 2.OG links des Hauses gelegene Wohnung fortbesteht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Mieterin der im Tenor näher bezeichneten Wohnung, die Beklagte ist Vermieterin dieser Wohnung. Die monatliche Miete beträgt 300 € Grundmiete zzgl. 80 € Nebenkostenvorauszahlung und 3 € Pauschale für die Gemeinschaftsantenne. Am 21.12.2009 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass aus dem Kabelkanal der Deckenbeleuchtung in der Küche sowie aus den Stromkabeln der Flur-, Wohnzimmer- und Schlafzimmerlampe Wasser tropfen würde, wodurch es zu Kurzschlüssen in der Elektrik komme. Außerdem sei der Keller bei Schneefall und starkem Regen feucht und es habe sich bereits Schimmel gebildet. Mit Schreiben vom 05.03.2010, welches der Beklagten zugegangen ist, zeigte die Klägerin die Mängel schriftlich an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2010, welches erst im April 2010 zuging, kündigte die Klägerin an, die Miete rückwirkend ab Januar 2010 um 25 % zu mindern und ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von weiteren 25 % auszuüben, wenn eine Beseitigung der Mängel nicht erfolge. Die Miete für den Monat April zahlte die Klägerin nur in Höhe von 95,75 €. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.04.2010 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 31.07.2010. Die Kündigung wurde darauf gestützt, dass die Wohnung für den Sohn der Beklagten benötigt werde, dass die Aprilmiete nicht gezahlt worden sei, dass es zu Lärmbelästigungen durch die Klägerin gekommen sei und dass die Klägerin auch die Wäsche für andere Familienmitglieder übernehme. Mit Schreiben vom 19.05.2010 bestätigte ein Dachdeckermeister, dass Undichtigkeiten am Dach nicht vorhanden seien und der Speicherboden trocken sei. Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.06.2010 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis fristlos mit der Begründung, die Klägerin sei mit mehr als zwei Monatsmieten in Verzug. Die Klägerin hatte für den Monat Mai keine Miete gezahlt und für den Monat Juni einen Betrag in Höhe von 191,50 €. Mit Schriftsatz vom 26.07.2010 kündigte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erneut das Mietverhältnis fristlos mit der Begründung, dass die Klägerin mit mehr als Monatsmieten in Verzug sei. In den Monaten Juli, August und September 2010 zahlte die Klägerin jeweils 191,50 €. Mit Schriftsatz vom 07.09.2010 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erneut die Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

Die Klägerin behauptet, dass aus dem Kabelkanal der Deckenbeleuchtung in der Küche sowie aus den Stromkabeln der Flur-, Wohnzimmer- und Schlafzimmerlampe Wasser tropfen würde, wodurch es zu Kurzschlüssen in der Elektrik komme. Außerdem sei der Keller bei Schneefall und starkem Regen feucht und es habe sich bereits Schimmel gebildet. Darüber hinaus habe sich im Schlafzimmer Schimmel gebildet. Alle diese Mängel seien auf bauliche Ursachen des Gebäudes zurückzuführen. Eine Minderung in Höhe von 25 % und ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 25 % seien angemessen. Ein Eigenbedarf bezüglich des Sohnes der Beklagten bestünde nicht und auch zu Lärmbelästigungen durch die Klägerin sei es nicht gekommen.

Die Klägerin beantragt, – wie erkannt –

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die von der Klägerin geschilderten Mängel bestünden nicht. Wenn sie bestünden, seien sie jedenfalls auf ein falsches Lüftungsverhalten der Klägerin zurückzuführen. Die Klägerin schulde daher die volle vereinbarte Miete.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschlüssen vom 05.10.2010, 24.11.2010 und 23.12.2010 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, eines Ergänzungsgutachtens sowie durch eine Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen I… vom 03.11.2010 und vom 27.11.2010 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kündigungen der Beklagten vom 22.04.2010, 07.06.2010, 26.07.2010 und vom 07.09.2010 sind unwirksam und das Mietverhältnis vom 27.09.2007 über die im 2.OG links des Hauses gelegene Wohnung besteht fort.

Bemessung der Mietminderung bei Feuchtigkeit in der Decke und im Keller
Symbolfoto: Von stocksolutions/Shutterstock.com

Den in der Kündigung vom 22.04.2010 behaupteten Eigenbedarf hinsichtlich des Sohnes der Beklagten hat die Beklagte trotz Bestreitens der Klägerin nicht näher begründet. Es ist nicht dargelegt, ab wann und aus welchem Grund der Sohn der Beklagten auf die Wohnung angewiesen sein soll. Die Angaben mögen in formaler Hinsicht im Bezug auf das Kündigungsschreiben ausreichend sein, angesichts des Bestreitens der Klägerin hätte es jedoch weiterer Ausführungen der Beklagten hierzu bedurft, um überhaupt überprüfen zu können, ob der Kündigungsgrund tatsächlich besteht. Ebenso verhält es sich mit den in der Kündigung vom 22.04.2010 behaupteten Lärmbelästigungen durch die Klägerin. Auch hier ist der Vortrag der Beklagten nicht ausreichend, vom Bestehen dieses Kündigungsgrundes auszugehen. So hat die Beklagte weder vorgetragen, wann diese Lärmbelästigungen erfolgt sein sollen noch um welche Art von Lärm es sich gehandelt haben soll.

Sofern die Kündigung vom 22.04.2010 auf unpünktliche Zahlungen und die Kündigungen vom 07.06.2010, 26.07.2010 und vom 07.09.2010 auf Zahlungsverzug gestützt werden, so bestand ein solcher Zahlungsverzug nicht. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Klägerin vorgetragenen Mängel im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden haben und zu einer Minderung des Mietzinses um 57 % geführt haben.

Der Sachverständige hat in seinem Erstgutachten ausgeführt, dass im Bad der Wohnung in der Heizkörpernische, in der sich unstreitig Schimmelspuren befinden, eine Wärmebrücke vorliegt. Dies stellt eine bauliche Ursache dar, die allein im Verantwortungsbereich des Vermieters liegt. Darüber hinaus hat der Sachverständige durch Feuchtemessungen im Bereich der Deckenöffnungen festgestellt, dass dort ein erhöhter Feuchtegehalt vorhanden war. Dies wird bestätigt durch die dem Gutachten beigefügten Fotos, auf dem unter anderem eine Glühbirnenfassung mit deutlichen Kalkablagerungen zu sehen ist. Der Sachverständige hat bereits in seinem Erstgutachten ausgeführt, dass die Feuchtigkeit in diesen Bereichen vom Spitzboden stammt. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Theorie aufgestellt hat, die Feuchtigkeit in den Leerrohren rühre daher, dass sich durch falsches Heiz- und Lüftungsverhalten der Klägerin Kondensat in den Leerrohren gebildet habe, welches dann wieder in Richtung Wohnung zurück- und aus den Deckenöffnungen herausgeflossen sei, so hat der Sachverständige diese Theorie in für das Gericht gut nachvollziehbarere Weise widerlegt. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass Feuchtigkeit aus der Wohnung sich nur dann in größeren Mengen in den Leerrohren sammeln könne, wenn die feuchte Luft mit erhöhtem Druck in die Leerrohre gelangt. Ohne einen erhöhten Druck könne die feuchte Luft gar nicht über einen größeren Teilbereich hinweg in die Leerrohre eindringen. Dass in einer Wohnung kein dermaßen erhöhter Luftdruck besteht, ist einleuchtend. Darüber hinaus hat der Sachverständige auch ausgeführt, dass, selbst wenn feuchte Luft von der Wohnung her in die Leerrohre hätte eindringen können, sich eine darauf beruhende Kondensatbildung in den Leerrohren auch als baulicher Mangel darstellen würde. Denn dann müssten die Leerrohre freiliegen, so dass es zu einem erheblichen Temperaturunterschied zwischen der warmen feuchten Luft und den kalten Leerrohren komme, welcher dann eine Kondensatbildung zur Folge hätte. Für Leerrohre sei jedoch vorgeschrieben, dass diese stets in ein Bauteil eingebettet sein müsste, was solche großen Temperaturunterschiede vermeide. Das Fehlen einer entsprechenden Ummantelung der Leerrohre würde daher ebenfalls einen baulichen Mangel darstellen. Dass der Sachverständige die genaue Ursache der Feuchtigkeit an den Deckenöffnungen nicht aufklären konnte, da er dafür umfangreich in die Gebäudesubstanz hätte eingreifen müssen, steht der Annahme, dass die Feuchtigkeit im Verantwortungsbereich der Beklagten liegt, nicht entgegen. Es ist ausreichend, wenn der Sachverständige ein Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieterseite als Ursache ausschließen kann und eine von der Vermieterseite behauptete, dem entgegenstehende Theorie überzeugend widerlegt. Im Übrigen trägt die Beweislast hinsichtlich der Ursache von Feuchtebildung ohnehin der Vermieter. Dieser muss beweisen, dass eine festgestellte Feuchtigkeit nicht auf einer baulichen Ursache beruht. Dieser Beweis ist nicht erbracht worden.

Hinsichtlich des Kellers hat der Sachverständige ebenfalls festgestellt, dass die Außenwände seit längerem massive Feuchtigkeit aufweisen und sich auf dem Boden sogar Pfützen bilden. Dies wird belegt durch die dem Erstgutachten beigefügten Fotos, auf denen der Zustand des Kellers gut zu erkennen ist. Auch hier handelt es sich nach den Angaben des Sachverständigen eindeutig um einen Baumangel.

Das Gericht folgt dem fundierten Vorschlag des Sachverständigen hinsichtlich der Bemessung der Mietminderung aufgrund der zuvor genannten Mängel bezogen auf die Wohnung an sich. Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten basierend auf der Methode Kamphausen die Beeinträchtigung des Gebrauchs der einzelnen Räume ermittelt und anhand der Wertzahlen für die einzelnen Räume, welche nach Ansicht des Gerichts den Nutzwert zutreffend wiedergeben, berechnet, dass sich bezogen auf die Kaltmiete eine Minderung in Höhe von etwas über 28 % ergibt. Hinsichtlich der Bewertung der Minderung des Kellers folgt das Gericht dem sachverständigen Vorschlag ebenfalls. Der Sachverständige hat die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Kellers mit 10 % bewertet. Das Gericht schließt sich dem an. Die von dem Sachverständigen aufgeführten Urteile aus der Rechtsprechung bewerten eine eingeschränkte Nutzbarkeit des Kellers mit 5 – 10 %. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Keller nach den Feststellungen des Sachverständigen wie auch nach den Fotos nur zur Lagerung von feuchteresistenten Gegenständen geeignet ist. Der Keller ist derart feucht, dass weder Holzmöbel noch Papier noch Kleidungsstücke oder rostempfindliche Metallgegenstände dort gelagert werden können. Damit ist der Keller für die Klägerin nahezu nutzlos. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Mieter über eine Vielzahl von Gegenständen verfügt, die nicht ständig benötigt werden und daher üblicherweise in einem Keller gelagert werden, stellt die Nichtnutzbarkeit des Kellers eine mit 10 % zu bewertende Minderung des Wohngebrauchs dar, denn der Mieter ist dann gezwungen, all diese Gegenstände in der Wohnung selbst zu lagern, was wiederum die Nutzbarkeit der Wohnung an sich einschränkt.

Da die Mietminderung sich nach der Rechtsprechung des BGH nicht auf die Kaltmiete, sondern auf die Bruttomiete bezieht, ist auch von den Nebenkosten ein Abschlag vorzunehmen. Der Sachverständige hat die entstehenden Nebenkosten, also nicht die Vorauszahlung, sondern die tatsächlich entstehenden Nebenkosten auf 50 % der Kaltmiete geschätzt. Dies ist von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen worden und dürfte auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen. Zu den auf die Kaltmiete bezogenen 38 % sind daher weitere 19 %, also die Hälfte der Minderung der Kaltmiete, hinzuzurechnen, so dass sich ein Minderungsbetrag von 57 % ergibt.

Die Klägerin war berechtigt, die Miete spätestens ab Zugang des Schreibens vom 05.03.2010, welches an die richtige Adresse der Beklagten adressiert war und unstreitig zugegangen ist, um 57 % zu mindern. Daneben stand ihr wegen der Mängel auch ein Zurückbehaltungsrecht in gleicher Höhe zu, so dass die Klägerin ab März 2010 überhaupt keine Miete hätte zahlen müssen. Von einem Zahlungsverzug oder einer unpünktlichen Zahlung kann daher keine Rede sein.

Das Mietverhältnis besteht daher trotz der Kündigungen durch die Beklagte fort.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 3.600 €

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