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Änderung des Verteilerschlüssels für Nebenkosten nach Vermieterermessen

LG Berlin, Az.: 63 S 103/15, Urteil vom 12.01.2016

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 18.02.2015 – 11 C 374/14 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin 2.164,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.10.2014 zu zahlen.

Von den Gerichtskosten der ersten Instanz und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben diese 52% und der Beklagte zu 1.) 48% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1.) hat dieser selbst zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.) hat die Klägerin zu tragen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits der Berufungsinstanz hat der Beklagte zu 1.) zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1.) ein Anspruch auf Zahlung von 2.164,10 € aus der Betriebskostenabrechnung 2012 zu.

Die Abrechnungen sind formell rechtmäßig.

Sie enthalten die Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilungsschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug der geleisteten Vorauszahlungen (BGH Urt.v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, v. 14.02.2007 – VIII ZR 1/06 – juris).

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist insbesondere die Gesamtfläche angegeben. Diese lässt sich, wie die Klägerin zutreffend vorträgt, aus der Addition der dem Beklagten vorliegenden Grundbuchauszüge ermitteln, was der Beklagte selbst anführt.

Ob die abgerechneten Positionen dem Ansatz und der Höhe nach zu Recht bestehen oder sonstige Mängel der Abrechnung vorliegen, etwa ein falscher Anteil der Gesamtkosten zugrunde gelegt wurde, betrifft nur die inhaltliche Richtigkeit (BGH Urt.v. 19.11.2008 – VIII ZR 195/07 – juris).

Die Abrechnung ist auch materiell wirksam.

Insbesondere ist die Bildung der Abrechnungseinheiten wie durch die Klägerin erfolgt, zulässig. Die Frage, ob der Vermieter bei der Abrechnung mehrere Gebäude zu einer Abrechnungseinheit zusammenfassen durfte, betrifft die materielle Wirksamkeit (BGH Beschl.v. 22.11.2011 – VIII ZR 228/11 – juris).

Änderung des Verteilerschlüssels für Nebenkosten nach Vermieterermessen
Symbolfoto: izikmd/Bigstock

Die Bildung einer Wirtschaftseinheit ist im Mietvertrag vereinbart. Darauf, dass bei Vertragsschluss dem Mietvertrag kein Grundplan der Wirtschaftseinheit vorlag, wie die Beklagten einwenden, kommt es nicht an. Die Bildung einer Wirtschaftseinheit ist selbst dann zulässig, wenn es an einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag fehlt, die Gebäude aber einheitlich verwaltet werden, ein unmittelbarer örtlicher Zusammenhang zwischen ihnen besteht und kein wesentlicher Unterschied im Wohnwert der einzelnen Gebäude besteht (BGH Urt.v. 20.10.20110 – VIII ZR 151/10 – juris).

Dies ist bei dem Parkviertel unstreitig der Fall. Die Gesamtkosten der Wirtschaftseinheit sind aus der Betriebskostenabrechnung ersichtlich.

Auch der durch die Klägerin gewählte Umlagemaßstab ist nicht zu beanstanden.

Die Frage, ob der Umlagemaßstab dem vertraglich vereinbarten entspricht, betrifft – entgegen der Auffassung des Beklagten – ebenfalls ausschließlich die materielle Wirksamkeit (BGH Urt.v. 17.11.2004 – VIII ZR 115/04, v. 19.01.2005 – VIII ZR 116/04, v. 18.05.2011 – VIII ZR 240/10). Dies gilt selbst dann, wenn es gänzlich an einer Umlagevereinbarung fehlte (BGH Beschl.v. 31.01.2012 – VIII ZR 335/10).

Die Vorverteilung auf einzelne kleinere Wirtschaftseinheiten ist zulässig (LG Berlin Urt.v. 20.12.2010 – 67 S 29/10).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts widerspricht der getroffene Umlagemaßstab auch nicht der Vereinbarung im Mietvertrag. Nach dem Mietvertrag ist die Klägerin lediglich verpflichtet, die kalten Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche im Verhältnis zur gesamten Wohnnutzfläche der Wirtschaftseinheit umzulegen. Dies tut die Klägerin mit ihrer Abrechnung jedoch unstreitig, da sie – zwar mit einem Zwischenschritt – die Wohnfläche ins Verhältnis zu der gesamten Abrechnungseinheit setzt.

Nach dem Mietvertrag ist die Klägerin jedoch genau hierzu berechtigt, da sie einseitig den Umlageschlüssel ändern kann.

Eine derartige Vereinbarung ist wirksam (Kinne in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl. § 556 Rn. 77 m.w.N.)

Der vereinbarte Umlagemaßstab der Wohnfläche benachteiligt den Mieter entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch grundsätzlich nicht unbillig (BGH Urt.v. 31.05.2006 – VIII ZR 159/05, v. 20.09.2006 – VIII ZR 103/06 – juris).

Die Grenze für die einseitige Änderungsbefugnis des Vermieters – die grundsätzlich auch zu Lasten des Mieters zulässig ist – ist § 242, bzw. § 313 BGB (BGH Urt.v. 31.05.006 – VIII ZR 159/05). Voraussetzung ist, dass dem Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könnte (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine Änderung ist jedoch auch in diesem Fall erst für die künftige Abrechnungsperiode möglich.

Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung der Kammer diese Grenze jedoch nicht überschritten. Dass die anderen Häuser der Wirtschaftseinheit die „Gemeinschaftsflächen“ mitbenutzen dürfen, rechtfertigt allein noch nicht die Umlage auch auf diese, da sie eben zu einem anderen Flurstück gehören. Insofern ist die Auffassung des Amtsgerichts, die Klägerin schaffe willkürlich Abrechnungseinheiten, unzutreffend, da die Untergliederung nach den Flurstücken erfolgte und daher nicht willkürlich ist. Nach Auffassung der Kammer ist der gewählte Umlagemaßstab auch nicht grob unbillig, da es nicht um das Verhältnis der einzelnen Mieter der verschiedenen Häuser einer Abrechnungseinheit geht, sondern allein um das Verhältnis des einzelnen Mieters zu dem Vermieter.

Bestünde keine Abrechnungseinheit und die Abrechnung würde lediglich für dieses Flurstück mit diesem Haus erstellt, stellte sich die vorliegende Streitfrage überhaupt nicht. Auch dann nicht, wenn Mieter der umliegenden Häuser mangels Umzäunung die auf diesem Flurstück gelegenen Anlagen mitnutzten.

Der Beklagte vermag auch nicht mit seinen weiteren Einwendungen gegen die einzelnen Betriebskostenpositionen durchzudringen. Im Einzelnen:

a) Heizkosten

Das pauschale Bestreiten des Beklagten nach Erhalt der Ableseprotokolle ist unbeachtlich. Die vermeintlich hohen Heizkosten resultieren jedoch offensichtlich auch daraus, dass 30% nach der Fläche umgelegt werden.

b) Wasserkosten

Ähnlich verhält es sich mit den Wasserkosten. Die Klägerin hat auf den Einwand, dass in der Abrechnung die unzutreffenden Nummern der Kaltwasserzähler des Beklagten angegeben waren, die Ableseprotokolle übersandt. Auch hier kamen daraufhin keine weiteren Einwände seitens des Beklagten

c) Hauswart

Zwar reicht grundsätzlich ein einfaches Bestreiten des Mieters, wenn der Vermieter bei den Hauswartskosten einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Kosten vornimmt, und der Vermieter ist gehalten, die Aufschlüsselung der einzelnen Kosten darzulegen, jedoch wendet die Klägerin zutreffend ein, genau dies vorgenommen zu haben. Unstreitig weisen die dem Beklagten im rahmen der Belegeinsicht vorgelegten Rechnungsbelege und das Leistungsverzeichnis zu 50% umlagefähige Kosten aus. Dass die einzelnen Tätigkeiten in diesem Umfang nicht ausgeführt würden, bestreitet der Beklagte dagegen nicht.

d) sonstige Positionen

Wie bei den Hauswartskosten verhält es sich bei den sonstigen Positionen. Der Beklagte moniert lediglich, dass einzelne Arbeiten nicht ausgeführt worden seien, ohne jedoch substantiiert zu den Rechnungsbelegen Stellung zu nehmen, oder auszuführen, wann denn z.B. der Reinigungsturnus nicht eingehalten gewesen sein soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

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