AG Hannover, Az.: 541 C 3858/15, Urteil vom 28.04.2016
Die Beklagte wird verurteilt, der Haltung des Mischlingshundes Tobi zu Gunsten der Kläger in der Wohnung …. zuzustimmen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,00 € in der Hauptsache und wegen der Kosten in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 1.200,00 € in der Hauptsache und wegen der Kosten in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien sind Mieter und Vermieter einer Wohnung und streiten um einen in der Wohnung lebenden Hund.
Durch Mietvertrag vom 17.07.2014 mieteten die Kläger eine im Eigentum der Beklagten stehende Wohnung in der … Im Rahmen einer zuvor erteilten Selbstauskunft vom 13.07.2014 teilten die Kläger mit, dass eine Tierhaltung nicht beabsichtigt sei (Anlage K2, Blatt 11 der Akte).
In § 11 des Mietvertrages ist geregelt, dass für jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, eine vorherige ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters notwendig sei. Im Übrigen wird zugenommen auf die Anlage K1 (Blatt 6-10 der Akte).
Bereits durch WEG-Beschluss vom 26.01.2006 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, die Tierhaltung (Hunde, Katzen) bei einer Neuvermietung von Wohnungen der WEG …. in Zukunft zu untersagen (Anlage B2, Blatt 40-41 der Akte).
Mittlerweile lebt ein Mischlingshund in der streitgegenständlichen Wohnung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, seit wann der Hund dort lebt.
Mit Schreiben vom 23.12.2014 untersagte die Beklagte die weitere Hundehaltung (Anlage K4, Blatt 13 der Akte). Mit Schreiben vom 05.02.2015 und vom 18.02.2015 wurden die Kläger zur Entfernung des Hundes aufgefordert (Anlage B4, B5, Blatt 44-46 der Akte).
Die Kläger behaupten, der Hund sei im November 2014 kurzzeitig in ihrer Wohnung aufgenommen worden. Im Dezember habe man sich entschlossen, ihn dauerhaft zu behalten. Die Klägerin zu 1 leide seit Herbst 2014 unter einer gesundheitlichen Störung (rezidivierende depressive Episoden), weshalb sie ärztlich und medikamentös behandelt worden sei. Durch die Gegenwart des Hundes habe sich eine erhebliche Verbesserung des Zustandes ergeben.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, der Haltung des Mischlingshundes Tobi zu Gunsten der Kläger in der Wohnung … zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie, die Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, den Hund „Toby“ (Mischlingshund, ca. 50 cm hoch), aus der Wohnung …. zu entfernen und es künftig zu unterlassen, diesen Hund in der Wohnung zu halten.
Die Kläger beantragen, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Hund sei bereits seit September 2014 in der Wohnung der Kläger. Mehrere Bewohner des Hauses würden sich von dem Hund gestört fühlen. Er belle und werde im Treppenhaus unangeleint geführt. Er verschmutzte den Hausflur sowie den Waschkeller und zerkratze die Treppenstufen. Schon bei der Wohnungsbesichtigung hätten sich die Kläger nach der Möglichkeit einer Hundehaltung erkundigt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … sowie durch Inaugenscheinnahme des Treppenhauses … Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 12.10.2015 und vom 13.04.2016 Bezug genommen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage und die Widerklage sind zulässig.
Es liegt hinsichtlich der Widerklage entgegen der Ansicht der Kläger keine doppelte Rechtshängigkeit vor, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Hierfür wäre eine Identität des Streitgegenstandes notwendig (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 261 Rn. 9), welche hier nicht gegeben ist. Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Zustimmung zur Haltung eines Hundes in der von ihnen angemieteten Wohnung. Mit der Widerklage verlangt die Beklagte die Entfernung des Hundes, sodass eine Identität der Sachanträge nicht vorliegt. Dass sich die Anträge im Wesentlichen auf denselben Lebenssachverhalt beziehen, ist rechtlich unbedenklich (vgl. auch § 45 Abs. 1 S. 3 GKG, welcher explizit vorsieht, dass Klage und Widerklage denselben Gegenstand betreffen können).
II.
Die Klage ist begründet, die Widerklage unbegründet.
Die Kläger haben einen Anspruch auf Zustimmung zur Haltung des Mischlingshundes Tobi in der streitgegenständlichen Wohnung aus § 11 S. 1 des Mietvertrages i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB.
1.
Ein Verbot des Haltens von Hunden und Katzen in der streitgegenständlichen Wohnung ergibt sich dabei nicht aus dem im Rahmen der Eigentümerversammlung der WEG … am 26.01.2006 gefassten Beschluss, denn dieser entfaltet zwischen den Parteien keine Wirkung.
In dem Beschluss wird festgehalten, dass „in Zukunft bei einer Neuvermietung von Wohnung der WEG …. eine Tierhaltung (Hunde, Katzen) zu untersagen“ ist.
Zwar wird eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ein generelles Verbot der Hundehaltung als zulässig erachtet, da sich im Regelfall Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer (Verschmutzung der Gemeinschaftsanlagen, Lärmbelästigung) nie ausschließen lassen. Auch ein nicht angefochtener Beschluss der Eigentümerversammlung, durch den ein umfassendes Hundehaltungsverbot angeordnet worden ist, ist wirksam (Thomas Spielbauer in: Spielbauer/Then, WEG § 14 Rn. 44). Die Kläger sind allerdings nicht Mitglieder der WEG, sondern lediglich Mieter einer durch die WEG vermieteten Wohnung.
In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, inwiefern Beeinträchtigungen durch den Dritten gegen Beschlüsse der WEG schon auf der Grundlage des Wohnungseigentumsrechts zu einem Vorgehen gegen den Dritten berechtigen. Dies wird zum Teil mit der Begründung bejaht, der Wohnungseigentümer könne dem Dritten nicht mehr Rechte einräumen, als ihm selbst zustehen (Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 14 WEG Rn. 58 m.w.N.). Nach anderer Ansicht treffen den Mieter die Verpflichtungen aus den §§ 14, 15 WEG nicht, diese seien nur zwischen Wohnungseigentümern einschlägig (AG München, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 113 C 19711/13 -, Rn. 11, juris). Das Gericht folgt der zuletzt genannten Ansicht.
Die Wohnungseigentümer können nicht mit schuldrechtlicher Wirkung Verpflichtungen zu Lasten Dritter begründen (Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 14 WEG Rn. 58). Ein derartiges Vorgehen ist dem bürgerlichen Recht fremd. Zudem befinden sich die Vorschriften der §§ 13 ff. WEG in dem Abschnitt „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“. § 10 Abs. 2 S. 1 WEG, welcher den Gesetzesabschnitt einleitet, regelt, dass sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften dieses Gesetzes richtet. Hieraus wird deutlich, dass das Gesetz lediglich die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer untereinander zu regeln beabsichtigt. Unabhängige Dritte wie die Mieter sind von diesen Normen nicht betroffen (OLG München, Urteil vom 10. Dezember 2002 – 5 U 4733/02 -, Rn. 35, juris). Den Wohnungseigentümern entsteht durch eine solche Auslegung des Gesetzes auch kein Nachteil, denn ihnen steht es frei, die durch die WEG gefassten Beschlüsse auf vertraglicher Grundlage in das Mietverhältnis einzubeziehen. Eine andere Gesetzesauslegung käme einem Rechtsetzungsrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft gleich, wenn sie ähnlich einer Satzung oder Rechtsverordnung Recht setzen könnte (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 31. Juli 2009 – 19 S 2183/09 -, Rn. 46, juris). Zudem konnten die Kläger als Mieter weder selbst an der Beschlussfassung mitwirken, noch können sie diesen einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen lassen. Vielmehr sind etwaige Folgen der gefassten Beschlüsse im Rahmen der jeweiligen schuldrechtlichen Beziehungen abzuwickeln (AG Hannover, Urteil vom 28. August 2009 – 458 C 7007/09 -, Rn. 10, juris).
Auch heißt es in dem Beschluss, dass eine Tierhaltung bei der Neuvermietung, d.h. im Mietvertrag zu untersagen ist, sodass sich ein Verbot aus dem Beschluss selbst nicht ergibt.
2.
Entscheidend ist demzufolge die zwischen den Parteien getroffene Abrede im Mietvertrag.
a.
In § 11 S. 1 des Mietvertrages heißt es:
„Für jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, ausgenommen Kleintiere in geringer Zahl, bedarf es der vorherigen ausdrücklichen Erlaubnis des Vermieters.“
Die Parteien haben damit im Mietvertrag keine Regelung getroffen, welche die Haltung von Hunden und Katzen grundsätzlich gestattet oder ausschließt, sondern sie an eine vorherige Erlaubnis der Beklagten geknüpft. Es handelt sich folglich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Blank NZM 1998, 5, 8). Eine Haltung soll erst dann statthaft sein, wenn die Beklagte eine Genehmigung hierzu erteilt hat, §§ 133, 157 BGB.
b.
Die Regelung in § 11 S. 1 des Mietvertrages ist wirksam. Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand.
Bei der zwischen den Parteien getroffenen Abrede handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB, weil es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ist ersichtlich, dass es sich um einen von der Firma … gefertigten Vordruck handelt.
Eine Klausel, nach welcher die Tierhaltung mit Ausnahme von Kleintieren der Erlaubnis durch den Vermieter bedarf, widerspricht nicht den Anforderungen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH, Urteil vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06 -, Rn. 14, 15, juris m.w.N.).
3.
a.
In seiner am 14.11.2007 getroffenen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Frage offen gelassen, ob die Zustimmung zur Tierhaltung des Mieters im freien Ermessen des Vermieters steht oder ob dieser seine Zustimmung nur aus sachlichen Gründen versagen darf (BGH, Urteil vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06 -, Rn. 14, juris).
Das Gericht vertritt die Auffassung, dass hinsichtlich der Frage, ob der Vermieter eine Erlaubnis erteilen muss, eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Dies ergibt sich bereits aus § 241 Abs. 2 BGB (Blank NJW 2007, 729, 732 unter Hinweis auf LG Mannheim NJW 1984, 59; LG Mannheim ZMR 1992, 545; AG Bückeburg NJW-RR 2000, 376 und m.w.N.; Blank NZM 1998, 5, 9; a.A. LG Braunschweig, Urteil vom 07. Januar 1988 – 7 S 204/87 -, juris; OLG Hamm, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 13. Januar 1981 – 4 REMiet 5/80, 4 REMiet 6/80 -, Rn. 8, juris; LG Köln, Urteil vom 11. Februar 1994 – 6 S 189/93 -, juris; LG Köln, Urteil vom 04. Februar 2010 – 6 S 269/09 -, Rn. 22, juris).
In einer vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung vom 20.03.2013 hat dieser eine Klausel beanstandet, nach deren eindeutigem Wortlaut die Haltung von Katzen und Hunden generell und ohne Einschränkung nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (§ 535 Abs. 1 BGB) gehören soll. Die Klausel hat eine Katzen- und Hundehaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen untersagt (BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12 -, Rn. 16, juris).
Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Bundesgerichtshof darin gesehen, dass auch evident berechtigte Belange des Mieters an einer entsprechenden Tierhaltung in vollem Umfang ausgeblendet wurden. Dem Mieter war die Haltung von Hunden (und Katzen) selbst in besonderen Härtefällen (etwa bei einem Angewiesensein auf einen Blinden-, Behindertenbegleit- oder Therapiehund) untersagt. Weiter ergebe sich eine unangemessene Benachteiligung des Mieters auch daraus, dass das Hunde- und Katzenhaltungsverbot uneingeschränkt sogar in den Fällen gilt, in denen auf Seiten des Vermieters kein berechtigtes Interesse an einem solchen Verbot erkennbar ist, etwa weil von den gehaltenen Tieren keine Beeinträchtigungen der Mietsache und keine Störungen anderer Hausbewohner oder sonstiger Nachbarn ausgehen (BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12 -, Rn. 18, juris).
Der Bundesgerichtshof hat weiter ausgeführt, dass die Frage, ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört, eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten erfordere. Diese Abwägung lasse sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig seien, dass sich jede schematische Lösung verbiete. Zu berücksichtigen seien insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung und des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12 -, Rn. 19, juris).
Das Gericht folgt dieser Rechtsprechung und hält sie auch für den hier zu entscheidenden Sachverhalt für anwendbar.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes einen anderen Sachverhalt betraf und deshalb nicht direkt übertragen werden kann. Dort wurde die Hundehaltung per se ausgeschlossen, was die Unwirksamkeit der Klausel bewirkte und eine Interessenabwägung zur Folge hatte. Nichts anderes kann jedoch in den Fällen gelten, in denen die Haltung von Hunden und Katzen nicht ausgeschlossen worden ist, sondern der Zustimmung des Vermieters bedarf. Würde man eine andere Ansicht vertreten, so könnte der Vermieter gerade doch die Haltung dieser Tiere ohne Rücksichtnahme auf die Belange des Mieters verbieten, in dem er eine Klausel mit Erlaubnisvorbehalt vereinbart und anschließend die Genehmigung ohne weitere Begründung versagt. Dies widerstrebt den gesetzlichen Anforderungen, §§ 241 Abs. 2, 242 BGB.
Folglich erfordert die Beantwortung der Frage, ob der Vermieter für die Haltung von Haustieren in dem hier gegebenen Fall die Zustimmung erteilen muss, eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten anhand der bereits genannten Kriterien (hierzu BGH, Urteil vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06 -, Rn. 19, juris).
b.
Für die Durchführung einer Interessenabwägung spricht auch das beiden Parteien aus Art. 14 GG zustehende Eigentumsgrundrecht bzw. das Recht der Kläger auf freie Entfaltung der Persönlichkeit durch Haltung eines Hundes aus Art. 2 Abs. 1 GG (Blank NZM 1998, 5, 7; OLG Saarbrücken NJW 2007, 779, 780).
Im bürgerlichen Recht entfaltet sich der Rechtsgehalt der Grundrechte mittelbar durch die privatrechtlichen Vorschriften (BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198-230). Hier wirkt der Rechtsgehalt der Grundrechte über das Medium der das einzelne Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften, insbesondere der Generalklauseln und sonstigen auslegungsfähigen und ausfüllungsbedürftigen Begriffe, die im Sinne dieses Rechtsgehalts ausgelegt werden müssen, auf dieses Rechtsgebiet ein (BVerfG MDR 1987, 289).
Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG schützt nicht nur die Eigentumsposition des Vermieters. Auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1-14; BVerfG WuM 2000, 298). Sowohl die Kläger als auch die Beklagte können sich hinsichtlich der Nutzung der Wohnung auf das Eigentumsgrundrecht berufen.
Die Eigentumsgarantie soll dem Grundrechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen. Unter den Schutz der Eigentumsgarantie im Bereich des Privatrechts fallen deshalb grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1-14, Rn. 20).
Die Wohnung ist für jedermann Mittelpunkt seiner privaten Existenz. Der Einzelne ist auf ihren Gebrauch zur Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse sowie zur Freiheitssicherung und Entfaltung seiner Persönlichkeit angewiesen. Der Großteil der Bevölkerung kann zur Deckung seines Wohnbedarfs jedoch nicht auf Eigentum zurückgreifen, sondern ist gezwungen, Wohnraum zu mieten. Das Besitzrecht des Mieters erfüllt unter diesen Umständen Funktionen, wie sie typischerweise dem Sacheigentum zukommen (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1-14, Rn. 21).
Dieses Besitzrecht ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die eine Nutzungs- und Verfügungsbefugnis zum Inhalt hat (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1-14, Rn. 23). Zwischen dem Eigentumsgrundrecht des Vermieters und des Mieters ist daher eine Abwägung zu treffen. Die jeweiligen Befugnisse sind so zu bestimmen, dass die beiden Eigentumspositionen angemessen gewahrt werden (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1-14, Rn. 27).
c.
Einbezogen in die Interessenabwägung können dabei nur solche Umstände, die entweder unstreitig oder aber i.S.d. der Anforderungen des § 286 ZPO bewiesen sind. Dabei trägt jede Partei die Darlegungs- und Beweislast der zu ihren Gunsten sprechenden Tatsachen, denn nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen trifft grundsätzlich denjenigen die Beweislast, der sich auf ein von ihm geltend gemachtes Recht – hier Zustimmung zur Hundehaltung bzw. Entfernung des Tieres – beruft (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu § 284 Rn. 17a).
4.
a.
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Kläger ausweislich des Mietvertrages eine 97 qm große 4-Zimmer-Wohnung mit einem Hund bewohnen. Weitere Personen halten sich regelmäßig und dauerhaft nicht in der streitgegenständlichen Wohnung auf. Die Wohnung ist daher ausreichend groß, um ein Tier zu halten. Die Wohnung befindet sich des Weiteren im 2. Obergeschoss, welches durch den Hund – und diese Kenntnis hat sich das Gericht im Rahmen des Ortstermins verschaffen können – ohne Probleme erreicht werden kann.
b.
Soweit sich die Parteien darum streiten, seit wann sich der Hund in der streitgegenständlichen Wohnung befindet, konnte sich das Gericht nicht von der Behauptung der Beklagten überzeugen, dass der Hund bereits seit September 2014 in der Wohnung der Kläger lebt. Darauf kommt es aber auch nicht an.
Unstreitig haben die Kläger das Tier in die Wohnung aufgenommen, ohne die vorherige Zustimmung der Beklagten einzuholen. Ob das nun im September oder November 2014 passiert ist, ist ohne Belang, denn die Sachlage bleibt dadurch unverändert.
In der von den Klägern vor Abschluss des Mietvertrages übermittelten Selbstauskunft vom 13.07.2014 (Anlage K2, Blatt 11 der Akte) haben sie die Frage, ob eine Tierhaltung beabsichtigt sei, mit „Nein“ beantwortet. Zwar würde es im Zuge der Interessenabwägung erheblich gegen die Kläger sprechen, sofern sie den Mischlingshund bereits zu diesem Zeitpunkt besessen und dies gegenüber der Beklagten arglistig verschwiegen hätten, doch das behauptet selbst die Beklagte nicht. Sie hat im Rahmen der Klagerwiderung vom 20.05.2015 ausgeführt, am 29.08.2014 – mithin eineinhalb Monate nach der Auskunft und Abschluss des Mietvertrages – habe die Klägerin gefragt, wie es denn mit der Hundehaltung aussehe. Seit September 2014 habe die Vermutung bestanden, dass die Kläger das Tier zu sich aufgenommen hätten. Erst im November habe sich die Vermutung zur Gewissheit verdichtet. Eine bewusst wahrheitswidrige Selbstauskunft durch die Kläger kann folglich nicht festgestellt werden. Zudem nimmt die Beklagte auch lediglich an, der Hund halte sich seit September 2014 in der Wohnung auf.
Ob die Klägerin – wie von der Beklagten behauptet – im Rahmen der Wohnungsbesichtigung mit einer Art bedauernden Grimasse reagiert habe, nachdem der Zeuge … eine Hundehaltung verneint habe, ist ohne Belang, weil es nichts darüber aussagt, ob die Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits einen Hund hatten oder die Anschaffung planten. Genauso gut kann das Verhalten dahingehend interpretiert werden, dass die Klägerin tierlieb ist und Hunde gerne im Haus hat, ohne selbst welche zu halten.
c.
Das Gericht konnte sich durch die Aussage der Zeugin … davon überzeugen, dass die Kläger den Hund zunächst kurzzeitig in ihrer Wohnung aufgenommen und sich erst einige Zeit später entschlossen haben, ihn zu behalten. Es handelte sich folglich um eine spontane Entscheidung und nicht um ein gegenüber der Beklagten arglistiges Verhalten.
Der Beweis zugunsten der beweisbelasteten Partei kann gem. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO nur als geführt angesehen werden, wenn sich das Gericht eine subjektive Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung in einem Maße bilden kann, das verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245, 256; OLG Celle, Urteil vom 18. Juli 2012 – 4 U 122/10 -, Rn. 16, juris).
Die Zeugin … hat ausgesagt, sie arbeite mit einem rumänischen Tierschutzverein zusammen und habe Tobi eigentlich selbst aufnehmen wollen. Aus beruflichen und persönlichen Gründen habe das nicht geklappt, sodass sie den Hund kurzzeitig der Klägerin überlassen habe. Damals sei nicht geplant gewesen, dass der Hund dauerhaft dort bleiben soll. Erst Monate später habe sich die Klägerin dazu entschlossen, den Hund zu behalten.
Die Zeugin ist glaubwürdig. Es ist nicht ersichtlich, dass sie einer Partei des Rechtsstreits besonders nahe steht und deswegen zu ihren Gunsten ausgesagt hat. Die Aussage ist auch glaubhaft. Auf Nachfrage konnte die Zeugin ohne Zögern detailreiche Angaben machen, so dass der Verein „animal souls“ heiße, wie eine Rettung der Tiere durch den Verein ablaufe und dass sie Tobi nicht habe nehmen können, weil sie ihn nicht mit in ihren Laden nehmen könne und eine Mitarbeiterin dort die Arbeitszeit reduziert habe.
Für diese zeitliche Reihenfolge spricht auch der zwischen den Parteien durchgeführte Schriftverkehr, der im Dezember 2014 begann (Anlagen K4-K7, K9, Blatt 13-16, 18 der Akte; Anlagen B3-B5, Blatt 42-46 der Akte).
d.
Soweit sich die Parteien darum streiten, ob von dem Hund Belästigungen in Form von Lärm und Schmutz ausgehen, ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Hund keinen Störfaktor darstellt.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass im Zuge des sozialadäquaten Zusammenlebens in einem Mehrparteienhaus kein Anspruch darauf besteht, dass es den ganzen Tag vollkommen ruhig ist und es zu keinerlei Verschmutzungen kommt. Einwirkungen eines Mieters können nicht verboten werden, wenn sie den Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 -, Rn. 10, juris zur Frage des Rauchens in einer Mietwohnung). Derartige wesentliche Probleme verursacht der Hund nicht.
Die Zeugin … hat ausgesagt, ein von ihr im Februar 2015 verfasstes Schreiben, in welchem sie sich über den Hund beschwert habe, sei lediglich eine Momentaufnahme gewesen. Der Zustand habe sich gebessert. Der Kläger kümmere sich sehr gut um den Hund, alles sei wunderbar. Der Hund belle selten. Er sei ruhig und höre gut.
Es habe einmal vermehrt Tapsen von dem Hund im Treppenhaus gegeben, was aber auch an der kalten Jahreszeit gelegen haben könne. Die Tapsen seien nicht in höherer Anzahl als Schuhabdrücke vorhanden gewesen. Derzeit sei keine Verschmutzung des Treppenhauses vorhanden. Sie habe mit dem Hund keine Probleme.
Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie ist in sich widerspruchsfrei. Zu der Feststellung, dass die Aussage wahrheitsgemäß war, gelangt das Gericht auch aufgrund des durchgeführten Ortstermins, in welchem ein gepflegtes, sauberes Treppenhaus in Augenschein genommen werden konnte. Größere Verschmutzungen waren nicht vorhanden.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hat das Gericht ebenfalls nicht. Sie hat ausgesagt, die Kläger nur vom Sehen zu kennen, sodass ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits der Zeugin nicht erkennbar ist.
Der Zeuge … hat ausgesagt, er fühle sich vom Hund nicht gestört. Auch nach Gesprächen mit Nachbarn habe er nicht feststellen können, dass diese sich von dem Hund belästigt fühlen. Der Hund sei ruhig. Ab und zu belle er mal, er könne aber nicht sagen, wann das zum letzten Mal der Fall gewesen sei.
Auch diese Aussage hält das Gericht für glaubhaft. Sie ist plausibel und ohne Widersprüche. Der Zeuge hat bekundet, er habe unter anderem mit der Familie … gesprochen, sodass sich das Gericht davon überzeugen konnte, dass der Eindruck des Zeugen nicht einfach in den Raum gestellt worden, sondern durch Konversationen mit den Mitmietern entstanden ist.
Der Zeuge … hat ausgesagt, er wohne in demselben Haus wie die Kläger. Den Hund sehe er ab und zu, er störe nicht sonderlich. Zwar bestehe er auf die Abschaffung des Hundes, jedoch liege das nicht am Hund und an durch diesen ausgehende Belästigungen, sondern daran, dass es im Haus in Form des Eigentümerbeschlusses aus dem Jahr 2006 klare Regeln gebe, die es einzuhalten gelte. Außerdem brauche ein Hund ausreichend Platz, welchen es in der Wohnung nicht gebe.
Auch dieser Zeuge ist glaubhaft, insbesondere deshalb, weil er sowohl für als auch gegen den Hund sprechende Tatsachen geschildert hat. Das Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass der Zeuge alle wesentlichen und bedeutsamen Umstände objektiv geschildert hat. Zwar ist ein gewisses Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits zu erkennen, weil er selbst Eigentümer des Hauses … ist. Doch kann allein deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Zeuge zugunsten der einen und zuungunsten der anderen Partei ausgesagt hat.
Der Zeuge … hat hingegen ausgesagt, er sei an einem Freitag im Jahr 2015 in das Haus… gekommen und habe dort nach Problemen geguckt. Die Zeugin … habe ihm jede Menge Hundetapsen im Vorgarten gezeigt. In der Waschküche sei der Fußboden fleckenartig nass gewesen. Es hätten sich dort Hundehaare und Sand befunden.
Ob diese Aussage der Wahrheit entspricht, kann dahinstehen, weil der Zeuge zudem bekundet hat, dass diese Vorkommnisse nur einmal passiert seien. Von einer permanenten Störung durch den Hund kann daher keine Rede sein. Es handelt sich folglich um im oben genannten Sinne hinzunehmende Unannehmlichkeiten.
Das Gericht hat aus diesem Grunde auch davon abgesehen, die Zeugin … zu diesen Geschehnissen zu vernehmen. Selbst wenn sie die Aussage des Zeugen … bestätigen sollte, rechtfertigt dies keine Interessenabwägung zulasten der Kläger.
Der Zeuge … hat weiter ausgeführt, an einem Freitag habe ihn der Zeuge … angerufen und mitgeteilt, dass sich im Treppenhaus überall Sandkrümel befunden hätten. Auch das sei nur einmal passiert. Weitere Beschwerden habe es bezüglich der Treppe nicht gegeben.
Hier steht schon nicht fest, dass der Sand durch den Hund in das Treppenhaus getragen worden ist, wobei sich das Gericht ohnehin fragt, wie ein einzelner Hund ein komplettes Treppenhaus mit Sand bestreuen soll.
e.
Ob der von den Klägern gehaltene Mischlingshund tatsächlich das Treppenhaus zerkratzt hat, kann dahinstehen.
Das Gericht hat das Treppenhaus im Rahmen eines Ortstermins in Augenschein genommen. Dabei hat es feststellen können, dass das Treppenhaus insgesamt einen sehr gepflegten und sauberen Eindruck macht. Gröbere Verschmutzungen waren nicht vorhanden. In den einzelnen Stufen waren mehrere schwächere Kratzer zu erkennen. Insoweit wird auch Bezug genommen auf die von der Beklagten eingereichten Lichtbilder (Blatt 141-146 der Akte), welche die Örtlichkeit zutreffend abbilden. Vereinzelt waren in den Treppenstufen gröbere, schwarze Kratzer zu erkennen, die aufgrund einer vorliegenden Einkerbung fühlbar waren. Es handelte sich allerdings nur um vereinzelte, nicht zahlreiche Kratzer.
Die länglicheren, dickeren Kratzer waren deutlich in der Unterzahl. Auf dem untersten Treppenabschnitt waren ca. 3-5 Kratzer pro Stufe vorhanden, teilweise sogar weniger. Gebrauchsspuren waren überall zu erkennen. Auf dem dritten und vierten Treppenabschnitt waren größere Kratzer so gut wie nicht vorhanden.
Ab dem fünften Treppenabschnitt, welche der Hund laut Auskunft der Kläger nicht mehr betreten soll, waren auf einzelnen Stufen ebenfalls kleinere Kratzer, vereinzelte länglichere schwarze Kratzer zu sehen, wobei bei den länglicheren Einkerbungen fühlbar waren.
Selbst wenn die vereinzelten Kratzer von dem streitgegenständlichen Hund stammen sollten, ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigten, dass ein Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten hat, § 538 BGB. Dem Gericht ist durchaus bewusst, dass hier gerade darum gestritten wird, ob es sich bei der Haltung des Hundes überhaupt um einen vertragsgemäßen Gebrauch handelt.
Nicht vernachlässigt werden darf allerdings, dass ein Treppenhaus in einem Mietshaus ein täglich durch die einzelnen Mieter sehr häufig frequentierter Bereich ist. Insbesondere in den Wintermonaten oder an nassen Tagen werden Splitt und Dreck durch Schuhwerk hereingetragen. Auch hohe Schuhabsätze können Spuren hinterlassen. Der Treppenbelag unterliegt daher auf natürlicher Weise der besonders gesteigerten Abnutzung.
Der Zeuge … hat ausgesagt, der Treppenbelag sei im Jahr 2006 verlegt worden, wobei eine Absicht der Parteien, dies zu bestreiten, nicht erkennbar ist. Der Treppenbelag ist daher schon 10 Jahre alt. Teilweise wird in der Rechtsprechung vertreten, dass dies die Höchstlebensdauer eines Bodenbelages ist (AG Steinfurt, Urteil vom 30. November 2006 – 4 C 168/05 -, Rn. 42, juris). Selbst für den Eingangsbereich einer Wohnung, welcher einer geringeren Abnutzung unterliegt als ein Treppenhaus, wird in der Rechtsprechung und Literatur vertreten, dass Kratzer und Schmarren im Parkett vertragsimmanent (LG Berlin GE 1996, 925) und als vertragsgemäße Abnutzung zu behandeln sind, für deren Beseitigung ein Mieter nicht nach schadensrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Oktober 2003 – 10 U 46/03 -, Rn. 30, juris; Münch in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK- BGB, 7. Aufl. 2014, § 538 Rn. 7, 8; Staudinger/Volker Emmerich (2014), BGB, § 538 Rn. 3, 5; Emmerich/Sonnenschein in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 538 Rn. 3). Ein Vermieter kann daher nicht verlangen, dass es durch die Nutzung des Treppenhauses zu keinerlei Abnutzungserscheinungen kommt. Kratzer im Treppenhausbeleg in geringem Umfang hat er hinzunehmen.
Weil das Treppenhaus insgesamt einen gut erhaltenen Eindruck macht und sich von anderen, gepflegten Mietshäusern nicht nachteilig unterscheidet, kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Hund die gröberen schwarzen Kratzer verursacht hat. Das Gericht hat aus diesem Grunde von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage abgesehen.
f.
Das Gericht kann allerdings nicht zu der Überzeugung gelangen, dass sich der Hund positiv auf den Gesundheitszustand und den individuellen Krankheitsverlauf der Klägerin auswirkt.
Die Zeugin … hat ausgesagt, die Klägerin sei schon einige Jahre Patientin in ihrer Praxis. Sie leide an einer psychovegetativen Erschöpfung und habe immer wieder depressive Episoden. Sie nehme ein Medikament namens Escitalopram.
Symptome der Krankheit können unter anderem Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Schlaflosigkeit und Einschränkungen im Alltag sein. Wenn Escitalopram verschrieben werde, handele es sich nicht um eine nur leichte, vorübergehende Version der Krankheit.
Die Zeugin … hat weiter bekundet, dass sie therapeutisch zum Halten von Hunden rate, wenn jemand Stabilität oder Konstanz im Leben brauche. Als die Klägerin ihr mitgeteilt habe, dass sie einen Hund habe, habe sie das als Anlage K18 (Blatt 106 der Akte) vorliegende Attest ausgestellt, was sie jederzeit wieder so unterschreiben würde.
Die Aussage der Zeugin ist sehr allgemein gehalten. In dem von ihr angesprochenen Attest heißt es:
„Seit sie [die Klägerin] Hundebesitzerin ist, beobachte ich eine deutliche Stabilisierung in Verbindung mit der antidepressiven Dauermedikation. Aus ärztlicher Sicht tut ihr der Hund sehr gut.“
Eine konkrete Schilderung des Krankheitsbildes der Klägerin vor und nach Anschaffung des Hundes hat die Zeugin nicht mitgeteilt. Sie hat vielmehr ausgesagt, sie habe der Klägerin das Attest ausgestellt, nachdem diese ihr mitgeteilt habe, dass sie einen Hund habe. Sie scheint sich daher gar nicht intensiv mit der Klägerin und dem Hund auseinandergesetzt zu haben, zumal sie bekundet hat, dass sie allgemein zum Halten von Hunden rate, wenn Stabilität oder Konstanz gebraucht werde. Wenn jemand in die Praxis komme und mitteile, dass er einen Hund habe bzw. ihn halten möchte, werde ihm das in der Regel so verschrieben. Die Klägerin sei im August 2015 und davor im Dezember 2014 in ihrer Praxis gewesen. Ein intensiver Kontakt zwischen der Zeugin und der Klägerin hat daher nicht stattgefunden.
In einem vor der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2015 übersandten Schreiben der Zeugin an das Gericht (Blatt 113 der Akte) hat sie ausgeführt, sie habe die Klägerin am 03.08.2015 erstmalig im Jahr 2015 gesehen und könne nicht mehr zum Sachverhalt beitragen, als dass aus ärztlicher Sicht Hunde bei Patienten mit einer rezidivierenden depressiven Verstimmung zur Stabilisierung beitragen. Auch diese Ausführungen verdeutlichen die allgemein gehaltenen Angaben der Zeugin. Zwar hält das Gericht es für insgesamt glaubhaft, dass sich Hunde positiv auf den Gesundheitszustand auswirken können und möchte diese These der Zeugin als ausgebildete und geschulte Medizinerin auch nicht absprechen. Eine individuelle und auf die Klägerin bezogene Schilderung ersetzt dies jedoch nicht.
4.
Nach alledem kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass von dem streitgegenständlichen Hund keinerlei erhebliche Störungen ausgehen und sich auch die Mitmieter des Hauses durch den Hund selbst nicht beeinträchtigt fühlen. Von einer auf das individuelle Krankheitsbild der Klägerin bezogenen positiven Entwicklung aufgrund des Hundes konnte sich das Gericht nicht i.S.d. § 286 ZPO überzeugen.
5.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass durch den WEG-Beschluss generell beschlossen worden sei, eine Tierhaltung zu untersagen, weil im Jahr 2006 im Treppenhaus ein Kind von einem freilaufenden Hund verletzt worden sei, spielt diese Motivation keine Rolle.
Auch hier gilt, dass sich die Beklagte nicht einer notwendigen Interessenabwägung durch einen WEG-Beschluss entziehen kann. Andernfalls würden Wohnungseigentümergemeinschaften gegenüber anderen Vermietern bevorzug und Mieter derartiger Wohnungen unangemessen benachteiligt werden. Auch hier muss es bei einer auf den Einzelfall bezogenen Interessenabwägung verbleiben.
Entscheidend für eine Interessenabwägung sind nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht generelle Erwägungen, sondern die Umstände im Einzelfall. Inwiefern aber gerade die Hundehaltung der Kläger den Hausfrieden stört oder den Interessen der Beklagten oder anderer Mieter entgegensteht, ist nicht ersichtlich. Dass ein Vermieter generell beschließt, Hunde- und Katzenhaltung nicht (mehr) zu dulden, ist demgegenüber kein zulässiger Gesichtspunkt einer einzelfallbezogenen Abwägung (AG Köln, Urteil vom 12.01.2012 – Aktenzeichen 210 C 350/11, BeckRS 2012, 03404, beck-online).
Dass die Kläger bei Abschluss des Mietvertrages von dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bezüglich der Tierhaltung wussten, ändert nichts daran, dass die jeweiligen Interessen abzuwägen sind. Allein dieses Argument der Beklagten spricht nicht gegen die Kläger, denn ansonsten würde eine Interessenabwägung von vorn herein ausscheiden.
6.
Nach alledem, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass von dem Hund selbst keine Beeinträchtigungen ausgehen und gegenstehende Interessen der Beklagten nicht erkennbar sind, haben die Kläger einen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur Haltung des Mischlingshundes in der streitgegenständlichen Wohnung (AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 05. Februar 1991 – 409 C 535/90 -, Rn. 11, juris). Dabei ist vor allem noch zu berücksichtigen, dass die Kläger nur einen Hund in der Wohnung halten und es sich bei einem Hund um ein traditionell als Haustier gehaltenes Tier handelt.
III.
Weil die Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zur Haltung des Hundes haben, hat die Beklagte keinen Anspruch auf Entfernung des Tieres bzw. Unterlassung der Tierhaltung, §§ 541, 1004 BGB. Die Widerklage war aus diesem Grunde abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO (Benutzung von Wohnräumen, hierzu Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 708 Rn. 7).
V.
Der Streitwert wurde gem. § 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 GKG, § 3 ZPO festgesetzt.
Für die Streitwertfestsetzung ist auf das Interesse der Kläger an der Erteilung der mit der Klage begehrten Zustimmung der Beklagten zur Haltung des Hundes abzustellen. Mangels anderweitiger konkreter Wertbestimmungen ist der Wert dieses Interesses nach § 3 ZPO zu schätzen, welchen das Gericht auf 1.000,00 € schätzt (LG Kassel, Beschluss vom 21. April 1997 – 1 T 80/96 -, Rn. 2, juris; LG Kassel WuM 1998, 296; LG Köln, Urteil vom 28.11.2013 – Aktenzeichen 1 S 300/12, BeckRS 2014, 11868, beck-online).
Der Streitwert der Klage und Widerklage waren nicht zu addieren, weil sie denselben Gegenstand betreffen, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.
Derselbe Gegenstand i.S.d. § 45 Abs. 1 S. 3 ZPO liegt vor, wenn die beiderseitigen Ansprüche sich dergestalt ausschließen, dass die Zuerkennung des einen die Aberkennung des anderen notwendigerweise bedingt (h.M., vgl. nur Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 45 GKG Rn. 4 unter Verweis auf BGH MDR 2003, 716 und NJW-RR 1992, 1404; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 963). Umgekehrt sind verschiedene Gegenstände betroffen, wenn die beiden Ansprüche materiell nebeneinander bestehen können, sodass das Gericht gleichzeitig beiden Klagen stattgeben kann (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, a.a.O., Rn. 5). Die von den Parteien geltend gemachten Ansprüche können nicht nebeneinander bestehen.