AG Schöneberg – Az.: 106 C 187/11 – Urteil vom 11.08.2011
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Aufgrund eines Vertrages aus dem Jahr 1969 ist der Kläger Vermieter und die Beklagte Mieterin einer 149,88 qm großen Wohnung im Haus W.straße in B., die ansonsten den Kriterien des Feldes L2 des Berliner Mietspiegels 2011 entspricht. Seit dem 1.2.2008 beträgt die monatliche Bruttokaltmiete 803,40 €.
Zu Beginn des Mietverhältnisses verfügte das Bad über eine freistehende Wanne, die Wände waren nicht verfliest und ein Handwaschbecken war nicht vorhanden. In der Folgezeit wurde das Bad modernisiert; die Wände wurden verfliest, ein Handwaschbecken und eine Einbauwanne wurden installiert. Die 14 qm große Küche verfügte zu Beginn des Mietverhältnisses über keine Warmwasservorrichtung. In der Folgezeit wurde vermieterseits ein Durchlauferhitzer installiert, der zuletzt 2007 auf Kosten des Vermieters ausgetauscht wurde. Die Wohnung verfügt überwiegend über moderne Isolierglasfenster, teilweise über Doppelkastenfenster, Stuckdecken und einen Abstellraum; die Elektroinstallation wurde 1969 nach dem seinerzeitigen Standart mit unter Putz verlegten Leitungen erneuert. In dem Haus gibt es ein Breitbandkabelanschluss; diesen können die Mieter nur nutzen, wenn sie selber einen Nutzungsvertrag mit dem Betreiber abschließen. Die Heizungsanlage ist modern und der Energieausweis weist einen Verbrauchskennwert von 175 kWh(m2a) aus. Die Wohnung liegt an einer besonders ruhigen Straße und die Müllstandsflächen sind sichtbegrenzt.
Mit Schreiben vom 28.12.2010 begehrte der Kläger unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2009 die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete auf 930,55 € zum 1.3.2011. Hierbei gab er den Betriebskostenanteil mit monatlich 167,61 € an. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 6 f d. A. verwiesen. Die Beklagte stimmte dem Begehren zur Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete auf 858,56 € teilweise zu. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 5 d. A. verwiesen.
Mit der am 31.5.2011 unter Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses bei Gericht eingegangenen und am 11.6.2011 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Nettomiete von 635,79 € auf 762,94 € ab dem 1.3.2011 zuzustimmen. Mit Schriftsatz vom 8.7.2011, der am gleichen Tage bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 16.7.2011 zugestellt worden ist, hat er seinen Antrag modifiziert.
Der Kläger beantragt nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete für die Wohnung W.straße in B. von 803,40 € auf 930,55 € zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass vermieterseits ihr die Küche ohne eine Spüle überlassen worden sei; die Elektroinstallation sei unzureichend und vermieterseits gäbe es keinen Waschmaschinenanschluss.
Die Beklagte hat vorsorglich eine Erklärungsfrist auf den Schriftsatz vom 8.7.2011 beantragt; der Kläger hat auf die rechtlichen Hinweise in der mündlichen Verhandlung vom 21.7.2011 einen Schriftsatznachlass beantragt; diesen hat das Gericht ihm bis zum 28.7.2011 bewilligt. Mit Schriftsatz vom 25.7.2011 hat der Kläger seine Rechtsansicht vorgetragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsstreit ist i. S. d. § 300 ZPO entscheidungsreif.
Dem Kläger wurde gemäß § 139 V ZPO der beantragte Schriftsatznachlass auf den in der mündlichen Verhandlung vom 21.7.2011 gemäß § 139 I ZPO erteilten richterlichen Hinweis gewährt.
Der Beklagten war die vorsorglich gemäß § 283 ZPO beantragte Erklärungsfrist auf den Schriftsatz vom 8.7.2011 nicht zu bewilligen. Denn dieser enthält keinen neuen Tatsachenvortrag, der entscheidungserheblich wäre.
Die Klage ist mit dem nunmehr gestellten Antrag unzulässig. Denn die Klagefrist des § 558b II 2 BGB ist als besondere Sachurteilsvoraussetzung (vgl. BT-Drucksache 14/553, 56; Erman-Jendrek, BGB, 12. Aufl. 2008, zu § 558b Rn. 6) bezüglich dieses Antrages nicht gewahrt.
Bei dem umgestellten Antrag aus dem Schriftsatz vom 8.7.2011 handelt es sich um eine objektive Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO und nicht lediglich um eine Berichtigung infolge eines offensichtlichen Fehlers analog § 319 ZPO (vgl. LG Berlin GE 2001, 1469). Denn der Streitgegenstand wurde ausgetauscht. Der Streitgegenstand bestimmt sich nach dem sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. 2010, Einl. Rn. 82) nach dem Klageantrag und nach dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (vgl. BGH NJW 2001, 3713; BGH NJW-RR 1996, 1276; BGH NJW 1992, 1172; LG Berlin GE 2001, 1469; Zöller-Vollkommer, a. a. O., Einl. Rn. 82). Der Klageantrag wurde von einer Zustimmung zu der Erhöhung einer Nettomiete auf die Zustimmung zu der Erhöhung einer Bruttokaltmiete umgestellt. Dieses ist infolge der geänderten Mietzinsstruktur ein Austausch des Streitgegenstandes. Denn hätte der Kläger seinen ursprünglichen Antrag gestellt, hätte die Klage zwingend als unbegründet abgewiesen werden müssen. Denn der Kläger hatte im Rahmen dieses Rechtsstreits keinen Anspruch auf die Umstellung der vertraglich vereinbarten Mietzinsstruktur gehabt.
Eine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO hat zur Folge, dass der ursprüngliche Antrag i. S. d. § 269 ZPO zurückgenommen wird und der geänderte Antrag erst mit dem Eingang des Schriftsatzes mit dem neuen Antrag bei Gericht anhängig und mit der Zustellung an den Gegner rechtshängig wird (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., zu § 263 Rn. 16). Der umgestellte Antrag ist erst am 8.7.2011 anhängig geworden; zu diesem Zeitpunkt war die Klagefrist des § 558b II 2 BGB indes bereits abgelaufen; demgemäß erfolgte die Zustellung der Klageänderung an die Beklagte auch nicht i. V. m. § 167 ZPO innerhalb der Klagefrist des § 558b II 2 BGB und führt zur Unzulässigkeit der Klage (vgl. LG Berlin GE 2001, 1469).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.