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Anspruch auf sofortige Abberufung der Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

LG Hamburg – Az.: 318 S 72/10 – Urteil vom 23.03.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf vom 24.03.2010 – 407 A C 18/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft C.straße … c in H.-B.. Die Beigeladene ist seit dem 30.07.2008 Verwalterin der Eigentümergemeinschaft, welche seit ungefähr 1970 von der Rechtsvorgängerin der jetzigen Verwaltung verwaltet wird. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die sofortige Abberufung der Verwaltung, welche am 30.07.2008 für die Dauer von 5 Jahren bestellt worden ist.

Mit Schreiben vom 05.09.2009 forderte der Kläger die Beklagten auf, der Einberufung einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „vorzeitige Abberufung des neuen Verwalters“ zuzustimmen. Keiner der Beklagten reagierte hierauf.

Der Kläger hat das Verlangen auf Abberufung der Verwaltung im Wesentlichen mit Mängeln bei der Führung der Beschlusssammlung begründet, sowie einige weitere Vorwürfe gegen deren Amtsführung erhoben. Noch am 01.09.2009 sei die Beschlusssammlung auf dem Stand vom 22.12.2008 gewesen. Bei der Eintragung zu Nr. 12 fehle die Urteilsformel der erstinstanzlichen Entscheidung sowie der Umstand, dass gegen diese Berufung eingelegt worden sei. Die Eintragung unter Nr. 29 vermerke nicht, dass er, der Kläger, den Beschluss angefochten habe. Der Beschluss zu Nr. 24 sei unter falschem Datum und auch nicht mit exaktem Wortlaut wiedergegeben. Dies treffe auch auf die unter Nr. 26, 36 und 37 eingetragenen Beschlüsse zu. Die vorgenannten Mängel ergäben sich aus der von ihm als Anlage 7 vorgelegten und von ihm am 15.04.2009 fotografierten Fassung der Beschlusssammlung. Eine aktualisierte Fassung der Beschlusssammlung sei ihm erst am 29.10.2009 übersandt worden, in welcher die unter Nr. 26 und Nr. 37 genannten Mängel ebenso wenig wie die von ihm aufgezeigten formellen Mängel behoben seien: Es lägen einige Fehler bei der fortlaufenden Nummerierung vor. Als Versammlungsort sei stets „2 … H., Büro V“ angegeben. Es sei nicht deutlich, ob es sich um ordentliche oder außerordentliche Wohnungseigentümerversammlungen gehandelt habe. Unter den Nrn. 12 und 24 seien die Urteilsformeln nicht wörtlich und auch ohne Nebenentscheidungen wiedergegeben worden. In der Beschlusssammlung fehlten Eintragungsvermerke. Die Eintragungen „angefochten“ unter den Nrn. 12, 39, 40 und 41 seien nicht ausreichend, da Aktenzeichen, Gericht und Parteien zu benennen seien. Die Darstellung der Beschlusslage durch die bloße Kennzeichnung mit „Ja“ und „Nein“ sei missverständlich. Der Kläger ist der Ansicht, die mangelhafte Führung der Beschlusssammlung rechtfertige die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund.

Als weitere Gründe für die Abberufung hat der Kläger vorgetragen, die Verwalterin habe in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 30.07.2008 einen verwalterlosen Zustand herbeigeführt, indem sie das einzelkaufmännische Unternehmen des alten Verwalters rückwirkend zum 01.01.2008 in eine GmbH, die jetzige Verwalterin, eingebracht habe, welche erst ab dem 30.07.2008 als neue Verwalterin bestellt worden sei. Die Verwalterin habe trotz einstimmigen Beschlusses die alljährliche Hausbegehung nicht durchgeführt und Angebote zur Vergabe von Hausmeisterdienstleistungen nicht unterbreitet. Schließlich habe die Verwaltung es unterlassen, einen von ihm beantragten Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 24.06.2009 zu setzen.

Der Kläger hat beantragt, den Verwalter mit sofortiger Wirkung abzuberufen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, dass die Beschlusssammlung vom 05.08.2009 aktualisiert worden sei und verweisen auf die entsprechende Anlage zum Schriftsatz vom 06.01.2010 (Bl. 82 d. A.). Auch zuvor sei die Beschlusssammlung durchgehend geführt worden. Eine Hausbegehung habe nicht stattgefunden, weil es hierfür keinen Bedarf und auch kein Interesse der übrigen Eigentümer gegeben habe. Für den Hausmeisterservice habe es an einem wirtschaftlich akzeptablen Angebot gefehlt. Dem vom Kläger beantragten Tagesordnungspunkt habe bereits durch die Übersendung entsprechender Unterlagen an dem Kläger genügt werden können. Die Beklagten sind der Ansicht, der Antrag des Klägers sei unzulässig, weil zuvor ein Beschluss in der Eigentümergemeinschaft hätte herbeigeführt werden müssen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei dem Kläger die Befassung der Eigentümerversammlung mit seinem Begehren nicht zumutbar gewesen, weil aufgrund der ausgebliebenen Reaktion auf seine Aufforderung, eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, festgestanden habe, dass der Kläger für sein Begehren keine Mehrheit finden würde. Der Antrag auf Abberufung der Verwalterin sei jedoch unbegründet, weil das Begehren eines einzelnen Eigentümers auf Abberufung der Verwaltung nur dann Erfolg haben könne, wenn ausschließlich die sofortige Abberufung ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Zwar liege ein wichtiger Grund regelmäßig vor, wenn die Beschlusssammlung mangelhaft geführt werde. Dies gelte jedoch nicht, wenn es sich dabei nur um geringfügige Mängel handele. Von solchen sei auszugehen, wenn es zu Fehlern in der laufenden Nummerierung der Eintragungen gekommen sei. Auch die Angabe des Versammlungsortes sei, wenn überhaupt, ein nur geringfügiger Mangel. Eine Differenzierung nach ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen sei gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der lediglich „angefochten“ lautende Vermerk enthalte zwar keinen optimalen Informationswert, genüge aber noch den gesetzlichen Anforderungen. Abweichungen im Wortlaut von eingetragenen Beschlüssen seien äußerst gering und auch nicht sinnentstellend. Der Verwalterin könne auch nicht zur Last gelegt werden, dass unter Nr. 36 ein „Nicht-Beschluss“ in die Sammlung aufgenommen worden sei. Ebenfalls nicht ausreichend sei, Beschlussergebnisse nur mit „Ja“ und „Nein“ zu vermerken. Die Wiedergabe von Urteilsformeln sei ebenfalls nicht ordnungsgemäß erfolgt. Urteilsformeln seien richtigerweise mit Nebenentscheidungen wiederzugeben; bei klagabweisenden Entscheidungen sei zur Klarstellung der Klagantrag wiederzugeben. Diesen Anforderungen genügten die Darstellungen zu Nrn. 12 und 24 nicht. Die Beschlusssammlung weise durchgängig keine mit Datum versehenen Eintragungsvermerke auf. Einen Beweis für seine Behauptung, dass sich die Beschlusssammlung am 01.09.2009 noch auf dem Stand vom 25.12.2008 befunden hat, habe der Kläger nicht erbracht. Allerdings habe die Verwalterin im Rahmen der Gewährung des Einsichtsrechts in die Beschlusssammlung eine Pflichtverletzung begangen, indem dem Kläger eine aktuelle Version in dem lange vereinbarten Termin zur Einsichtnahme nicht vorgelegt worden sei. Zudem seien in der Aktualisierung vom 05.08.2009 die Beschlüsse vom 24.06.2009 noch nicht eingetragen gewesen. Auch bezüglich der übrigen Vorwürfe des Klägers seien der Verwaltung Pflichtverletzungen anzulasten. Sämtliche vorgenannten Punkte könnten zwar einen wichtigen Grund zur Abberufung eines Verwalters darstellen. Einen Anspruch auf Abberufung habe der Kläger jedoch nur dann, wenn die Nichtabberufung nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Vertrauensverhältnis mit allen übrigen Eigentümern gerade nicht zerstört sei. Ein solcher Grad an Pflichtwidrigkeit sei hier nicht erreicht.

Der Kläger hat gegen das ihm am 26.03.2010 zugestellte Urteil am 09.04.2010 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 28. 06. 2010 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist aufgrund eines am 05.05.2010 gestellten Antrages bis dahin verlängert worden ist.

Der Kläger wendet ein, das Amtsgericht habe ihm die von den Beklagten mit Schriftsatz vom 06.01.2010 eingereichte Beschlusssammlung „Stand 05.08.2009“ (Bl. 82 d. A.) nicht übersandt und insoweit sein rechtliches Gehör verletzt. Er ist der Ansicht, das Amtsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Mängel der Beschlusssammlung rechtfertigten nicht die Abberufungen der Verwaltung. Damit habe das Amtsgericht das Regel-Ausnahmeprinzip des § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG auf den Kopf gestellt. Es bestünden die folgenden Mängel der Beschlusssammlung: Die laufende Nummerierung sei teilweise falsch, der Versammlungsort sei nicht, bzw. ungenügend angegeben, es gäbe keine Eintragungsvermerke, die Eintragungen seien nicht unverzüglich erfolgt, der Vermerk „angefochten“ genüge nicht, Nicht-Beschlüsse seien nicht aufzunehmen, der Vermerk „Ja“ oder „Nein“ sei intransparent, bei den Eintragungen zu den Nrn. 12 und 24 fehle die genaue Urteilsformel. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 28.06.2010 Bezug genommen. Die fehlenden Eintragungsvermerke und verspäteten Eintragungen rechtfertigten jeweils bereits für sich die Abberufung der Verwaltung. Hinzu komme die Vielzahl weiterer Mängel der Beschlusssammlung. Weitere Gründe für die Abberufung der Verwaltung seien die fehlende Umsetzung eines Beschlusses über die Vergabe von Hausmeisterdienstleistungen, die Nichtaufnahme eines von ihm gestellten Antrages auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung und die fehlende Hausbegehung. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hatte der Kläger in mehreren Schriftsätzen weitere Beanstandungen gegen die Verwaltung erhoben, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf vom 24.03.2010 abzuändern: Die G. H. Immobilien GmbH wird als Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft C. straße … c, … H., mit sofortiger Wirkung abberufen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen vor, der Kläger erfahre keinerlei Unterstützung in der Gemeinschaft, die mit den Leistungen der Verwaltung zufrieden sei. Sie halten die Berufung für unzulässig, weil in der Berufungsschrift die Beklagten unzutreffend als „die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft …“ bezeichnet seien. Die Klage sei unzulässig, weil es keine Vorbefassung der Eigentümerversammlung gegeben habe. Die behaupteten Mängel der Beschlusssammlung seien kein wichtiger Grund für eine Abberufung der Verwaltung. Im Übrigen verteidigen die Beklagten das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Insbesondere begegnet die Bezeichnung der Beklagten und Berufungsbeklagten in seiner Berufungsschrift vom 08.04.2010 keinen Bedenken im Hinblick auf § 46 Abs. 1 WEG. Das dort angegebene Passivrubrum ist der Auslegung zugänglich (Niedenführ-Niedenführ, 9. Aufl., § 46 WEG, Rz. 35). Die Berufung richtet sich danach ausdrücklich gegen „die übrigen Wohnungseigentümer“ der Wohnungseigentümergemeinschaft C. straße … c. Der Zusatz, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Verwalterin G. H. Immobilien GmbH vertreten wird, führt nicht dazu, dass der Verband und nicht die übrigen Eigentümer Beklagte sein sollen. Es handelt sich insoweit um einen ersichtlich überflüssigen Zusatz im Rubrum.

2. Die Berufung ist unbegründet.

a) Einer Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem Antrag des Klägers auf Abberufung der Verwaltung bedurfte es – ausnahmsweise – nicht. Kann einem klagenden Wohnungseigentümer im Einzelfall nicht zugemutet werden, die Eigentümerversammlung anzurufen, so ist die Klage unmittelbar zulässig (Niedenführ, a.a.O., § 26 WEG, Rz. 88). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat die Beklagten per Einschreiben mit Rückschein aufgefordert, seinem Antrag auf Abhaltung einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung beizutreten, weil er anlässlich seiner Einsichtnahme in die Beschlusssammlung festgestellt habe, dass diese nicht ordnungsgemäß geführt worden sei. Auf diese Aufforderung hat er von keinem der Beklagten eine Reaktion erfahren. Danach durfte als sicher gelten, dass der Kläger mit seinem Ansinnen in einer einzuberufenden außerordentlichen Eigentümerversammlung keine Zustimmung gefunden hätte. Die Befassung der Eigentümerversammlung wäre damit ersichtlich unnötig und deshalb unzumutbar, so dass der Kläger auch ohne Vorbefassung der Eigentümerversammlung klagen konnte vgl. (BayObLG, NZM 2003, 905; OLG Rostock, ZMR 2010, 223).

b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf sofortige Abberufung der Verwaltung.

Ein Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen die übrigen Eigentümer auf sofortige Abberufung der Verwaltung besteht nur, wenn der hierfür genannte Grund so schwerwiegend ist, dass dieser auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraumes der Gemeinschaft ein solches Gewicht hat, dass eine andere Entscheidung als die sofortige Abberufung der Verwaltung nicht vertretbar wäre (OLG Celle, NZM 1999, 841; OLG Schleswig, ZMR 2007, 485; OLG Rostock, a.a.O.; a. A.: OLG Düsseldorf, NZM 2002, 487; OLG Hamm, NZM 2004, 504).

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abberufung der Verwaltung indiziert nach Ansicht der Kammer nicht stets die Schlussfolgerung, dass nur die Abberufung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Wenn lediglich ein Wohnungseigentümer gegen alle übrigen Wohnungseigentümer die Abberufung der Verwaltung begehrt, reicht ein wichtiger Grund hierfür für sich genommen nicht stets aus. Auch wenn dieser Grund nach § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG aus der nicht ordnungsgemäßen Führung der Beschlusssammlung hergeleitet wird, verpflichtet dies die Gemeinschaft nicht zwangsläufig zur Abberufung der Verwaltung. Vielmehr steht den übrigen Wohnungseigentümern ein Beurteilungsspielraum zu, ob sie im Hinblick auf die bisherigen Leistungen der Verwaltung und das Risiko einer Neubestellung von einer Abberufung absehen (Bärmann-Merle, 11. Aufl., § 26 WEG, Rz. 226).

c) Die vom Kläger für die Abberufung der Verwaltung genannten Gründe sind nicht so gravierend, dass nach den vorstehenden Grundsätzen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nur deren sofortige Abberufung vertretbar wäre. Dies gilt sowohl bezüglich der vom Kläger gerügten Mängel der Beschlusssammlung als auch der von ihm behaupteten weiteren Mängel.

aa) Ein wichtiger Grund für die Abberufung der Verwaltung liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller – nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter – Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zuzumuten wäre, insbesondere durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (Niedenführ, a.a.O., § 26 WEG, Rz. 98).

(1) Die nicht ordnungsgemäße Führung der Beschlusssammlung ist nach § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG regelmäßig ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters. Die Einschränkung „regelmäßig“ bringt den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass es sich um keine unwiderlegbare Vermutung handelt, sondern um ein – im Ausnahmefall – widerlegbares Regelbeispiel (BT-Drs. 16/887, S. 50).

Die Verwaltung hat die Beschlusssammlung in einzelnen Punkten nicht ordnungsgemäß geführt:

(a) Die Eintragungen in die Beschlusssammlung sind nach § 24 Abs. 7 Satz 6 WEG unverzüglich vorzunehmen. Nach der von den Beklagten vorgelegten Fassung der Beschlusssammlung gem. Anlage B 5 (Bl. 82 d. A.) sind die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 24.06.2009 erst unter dem 05.08.2009 und damit nicht unverzüglich eingetragen worden. Ein Zeitraum von ca. 6 Wochen ist unter keinen denkbaren Umständen als unverzüglich zu betrachten (§ 121 Abs. 1 BGB), so dass es hier keiner Entscheidung bedarf, innerhalb welcher Frist eine Einführung noch unverzüglich erfolgt wäre (vgl. hierzu Merle, a.a.O., § 24 WEG, Rz. 143).

(b) Die Beschlusssammlung enthält keine Eintragungsvermerke. Mit derartigen Vermerken müsste dokumentiert werden, zu welchem Zeitpunkt und von wem eine Eintragung vorgenommen worden ist (Timme-Steinmeyer, § 24 WEG, Rz. 240). Damit wäre ein Streit im vorliegenden Fall über die rechtzeitige Vornahme von Eintragungen ausgeschlossen.

Soweit die Beklagten im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 03. August 2010 die Ablichtung einer in anderer Form aufgemachten Beschlusssammlung vornehmen (Bl. 227 d. A.), kommt es auf die dort vorhandenen Eintragungsvermerke nicht an, weil eine fehlerhafte Führung der Beschlusssammlung in der Vergangenheit genügen soll (AG München, ZMR 2009, 646).

(c) Die Beschlusssammlung ist nicht durchgehend gem. § 24 Abs. 7 Satz 2 WEG fortlaufend nummeriert. Anhand der fortlaufenden Nummerierung soll die Vollständigkeit der Beschlusssammlung überprüfbar sein (Niedenführ-Kümmel, a.a.O., § 24 WEG, Rz. 80). Die Nr. 25 ist in der Beschlusssammlung doppelt vergeben. Dies hat zur Folge, dass einer der beiden jeweils unter der Nr. 25 eingetragenen Beschlüsse „spurlos“ gelöscht werden könnte.

(d) Weitere, jedoch weniger gewichtige Mängel der Beschlusssammlung sind u.a. die Aufnahme eines Nicht-Beschlusses unter der Nr. 36 sowie die nicht vollständige (aber nicht sinnentstellend verkürzte) Übertragung von Urteilsformeln.

(2) Soweit der Kläger sein Abberufungsbegehren darauf stützt, dass die Verwaltung den Beschluss v. 24.11.2008, Angebote für die Treppenhausreinigung einzuholen, erst im Juni 2010 ausgeführt habe, eine – beschlossene – regelmäßige Begehung der Anlage nicht durchgeführt und einen von ihm gestellten Antrag zur Eigentümerversammlung nicht auf die Tagesordnung gesetzt habe, mögen hierin, das Vorliegen dieser Beanstandungen als zutreffend unterstellt, gewisse Mängel der Amtsführung der Verwaltung liegen, die jedoch eine weitere Zusammenarbeit mit ihr nicht unzumutbar machen. Ihnen wäre ggf. mit der Geltendmachung entsprechender Vornahmeansprüche abzuhelfen. Dass die vom Kläger erhobenen Vorwürfe über einen längeren Zeitraum hinweg durchgängig berechtigt wären, trägt er nicht vor. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, dass am 27.05.2010 im Vorfeld der Eigentümerversammlung vom 25.06.2010 eine Hausbegehung mit vier Eigentümern stattgefunden habe. Dies zeigt, dass die Verwaltung sich nicht der Ausführung von Eigentümerbeschlüssen schlechthin versagt. Eine „verwalterlose“ Zeit ist durch die Umwandlung der bisher einzelkaufmännisch geführten Verwaltung in eine GmbH nicht eingetreten.

Soweit der Kläger im Verlauf des Berufungsverfahrens mehrere weitere Pflichtverstöße der Verwaltung außerhalb der nicht ordnungsgemäßen Führung der Beschlusssammlung behauptet hat, können diese für die Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf sofortige Abberufung der Verwaltung schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es insoweit an einer erforderlichen Vorbefassung der Eigentümerversammlung fehlt (s.o. 2 a). Die Aufforderung des Klägers an die Beklagten, an der sofortigen Abberufung der Verwaltung mitzuwirken, war ausdrücklich nur mit Mängeln in der Führung der Beschlusssammlung begründet worden. Es kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass weitere Beanstandungen des Klägers Miteigentümer hätten bewegen können, an einer Abberufung der Verwaltung mitzuwirken. Insoweit war die Vorbefassung der Eigentümerversammlung deshalb dem Kläger nicht unzumutbar.

bb) Ob die vorstehend aufgeführten Gründe insgesamt einen wichtigen Grund für die Abberufung der Verwaltung bilden, kann dahin stehen. Es ist nicht ein Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft der Eigentümer auf sofortige Abberufung der Verwaltung zu prüfen, sondern ob allein die vom Kläger begehrte Abberufung der Verwaltung ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Das ist nicht der Fall. Es besteht lediglich seitens des Klägers kein Vertrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung der Verwaltung. Insbesondere die Mängel der Beschlusssammlung sind ohne negative Folgen geblieben. Nicht etwa konnte geltend gemacht werden, dass eine Rechtsverfolgung durch Mängel der Beschlusssammlung erschwert worden wäre oder diese Mängel beispielsweise beim Verkauf eines Wohnungseigentums Probleme bereitet hätten. Vielmehr hat der Geschäftsführer der Verwaltung der Kammer in der mündlichen Verhandlung anschaulich darzulegen vermocht, dass die von der Verwaltung, ebenso wie von vielen anderen Hamburger Wohnungseigentümerverwaltungen bei der Führung der Beschlusssammlung verwendete Software unter Anfangsmängeln litt, welche für die meisten vorliegenden Fehler verantwortlich zu machen ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Führung einer Beschlusssammlung erst seit dem 01.07.2007 verpflichtend ist und die dabei aufgetretenen Mängel deshalb als „Startschwierigkeiten“ entschuldbar erscheinen. Die Zufriedenheit aller Wohnungseigentümer außer dem Kläger mit der Verwaltung lässt deshalb nicht auf eine Art „Wagenburgmentalität“ schließen (OLG Hamm, a.a.O.), ggf. gravierende Pflichtverletzungen der Verwaltung ohne Rücksicht auf das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer zu tolerieren. Dies gilt für die Mängel der Beschlusssammlung und die übrigen vom Kläger behaupteten Fehler bei der Verwaltungsführung, jeweils für sich genommen und auch insgesamt betrachtet. Die übrigen Wohnungseigentümer können deshalb mit vertretbaren Gründen an der Verwaltung festhalten, mit welcher sie, unter Einbeziehung ihres Rechtsvorgängers, seit Jahrzehnten zusammenarbeiten. Ob und ggf. nach welchen Übergangsschwierigkeiten eine ähnliche Zufriedenheit mit einer neuen Verwaltung erzielt werden könnte, kann mit beachtlichen Gründen als ein nicht vertretbares Risiko eingeschätzt werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die sofortige Abberufung der Verwaltung stets dazu führt, dass auch auf Antrag eines einzelnen Eigentümers die Verwaltung abzuberufen ist, oder ob der Eigentümergemeinschaft hierbei ein Beurteilungsspielraum verbleibt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet und erfordert zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 3.284,40 festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 49a Abs. 1 GKG.

Das Gesamtinteresse richtet sich bei der Anfechtung des Beschlusses über die Verwalterbestellung nach der Verwaltervergütung für den gesamten Bestellungszeitraum. Dieser Grundsatz gilt entsprechend für den Antrag auf Abberufung der Verwaltung. Die Vergütung beläuft sich hier auf € 2.299,08 jährlich, so dass sich für den restlichen Bestellungszeitraum von 4 Jahren ein Betrag von € 9.196,32 ergibt. 50 % davon sind € 4.598,16.

Die Kammer folgt der Auffassung, dass das Einzelinteresse des anfechtenden Wohnungseigentümers nicht in der Gesamtvergütung des Verwalters für den Bestellungszeitraum besteht, sondern in dem von ihm zu tragenden Anteil an den Verwalterkosten (ohne weitere Zuschläge) (vgl. OLG München, NZM 2010, 246; Kammer, Beschluss vom 15.04.2010 – 318 T 21/10 und vom 4.2.2011, 318 S 91/10). Bei einer üblichen Verteilung der Verwaltergebühren nach Einheiten ergibt sich für den Kläger ein Anteil von 1/7. Dies entspricht einem Betrag von € 656,88 für den gesamten restlichen Bestellungszeitraum. Der Streitwert ist auf das fünffache Einzelinteresse des Klägers und damit auf € 3.284,40 beschränkt.

 

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