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Anspruch des Erwerbers auf Herausgabe der Mietkaution gegenüber Verkäufer

OLG Köln – Az.: 19 U 88/12 – Beschluss vom 04.10.2012

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 07.05.2012 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 10 O 341/11 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Das Landgericht hat mit zutreffenden Gründen einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Auszahlung der in den zehn streitgegenständlichen Mietverhältnissen vereinbarten Kautionen im Gesamtwert von 8.442,00 nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2009 verneint.

1. Soweit die Klägerin sich für einen solchen Anspruch auf § 566 a BGB stützt, scheitert ein solcher Anspruch aus mehreren Gründen:

a) Zwar kann § 566 a BGB, auch wenn dies im Wortlaut nicht zum Ausdruck kommt, im Falle der Barkaution eine Anspruchsgrundlage des Erwerbers gegen den Veräußerer darstellen. Der Anspruch gem. § 566 a BGB ist dann auf „Herausgabe“ bzw. „Auszahlung“ des Kautionsbetrages gerichtet (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10 Aufl. 2011, § 566a BGB Rz. 14 und 19; Emmerich in Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2011, Rn. 10; Palandt-Weidenkaff, 71. Aufl. 2012, § 566 a RZ. 4). Die Klägerin behauptet unter Hinweis auf die als Anlage zum Schriftsatz vom 05.03.2011 vorgelegten Mietverträge zwar die Vereinbarung und Zahlung einer solchen Barkaution durch die jeweiligen Mieter an den Vater des Beklagten. Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen – nach Auffassung des Senats im Übrigen im Ergebnis zu verneinenden – Frage, ob dieser Auszahlungsanspruch gegen den Beklagten besteht, auch wenn die Kautionen zunächst an den Vater des Beklagten geflossen und bei diesem verblieben sein sollten, ist zu beachten, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, sie habe zwischenzeitlich die Kaution einigen Mietern aus eigenen Mitteln zurückzahlen müssen (Bl. 145 GA). Dies ist aber ein anderer Anspruchsgrund, nämlich ein solcher aus Bereicherungsrecht (vgl. Streyl in Schmidt-Futterer, a.a.O. Rz 35, Fn. 108: kein Ausgleich unmittelbar aus § 426 BGB, da unechte Gesamtschuld, Haftung des Veräußerers gegenüber Mieter nur subsidiär), und dieser beruht auf einem anderen Lebenssachverhalt, ohne dass die Klägerin hier im Einzelnen differenzieren würde. Die Klägerin hat zu den Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nicht substantiiert vorgetragen.

b) Der Beklagte kann aber auch deshalb nicht aus § 566 a BGB auf „Auszahlung“ der vollständigen Kautionsbeträge in Anspruch genommen werden, weil er wirtschaftlich nicht über sie verfügen konnte. Aus dem vorgelegten notariellen Schenkungsvertrag vom 22.05.2006 zwischen dem Beklagten und seinem Vater ergibt sich, dass der Vater des Beklagten – entsprechend des ihm vorbehaltenen Nießbrauchsrechts – Vermieter bleiben sollte (Anlage B 1, Bl. 71 ff, hier Bl. 75). Insofern ist es schlüssig, wenn der Beklagte behauptet, er habe keinen Zugriff auf die Kautionen gehabt, diese habe sein Vater vereinnahmt und nicht an ihn herausgegeben. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die Klägerin dieser Behauptung nicht substantiiert entgegengetreten und auch keinen Beweis dafür angetreten hat, dass der Vater des Beklagten die Kautionsbeträge an den Beklagten herausgegeben hat. Auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann sie sich nicht mit Erfolg berufen, da sie auch mit der Berufung nicht ausführt, was sie denn bei einem entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte.

Das Landgericht verweist vor diesem Hintergrund zu Recht darauf, dass der Veräußerer nach § 566 a BGB nur das an den Erwerber herausgeben muss, was er in seinem Vermögen hat bzw. – bei unberechtigter Verwertung der Kaution – haben müsste. Wenn der Voreigentümer die Kaution nicht an den Veräußerer weitergegeben hat, fehlt es an einem entsprechenden Vermögenswert im Vermögen des Veräußerers (vgl. Streyl in Schmidt-Futterer, a.a.O., Rz. 20). D.h. ein unmittelbarer Auszahlungsanspruch gegen den Beklagten scheitert.

2. Ein Zahlungsanspruch folgt auch nicht aus § 4 Nr. 4 Satz 1 des Kaufvertrages. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass die Klausel „Die bestehenden Mietverhältnisse sind bekannt und werden übernommen“ eher einen deklaratorischen als einen regelnden Charakter hat. Jedenfalls kann die Vertragsklausel nach Auffassung des Senats nicht im Sinne einer umfassenden Haftungsregelung verstanden werden, also dahin, dass der Beklagte als Veräußerer für sämtliche, vor Veräußerung begründeten mietvertraglichen Ansprüche, also auch Kautionsrückzahlungsansprüche, einstehen will.

Die Klägerin mag davon ausgegangen sein, dass Vermieter und Veräußerer identisch sind und daher nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 566, 566 a BGB die Mietverträge und Kautionsansprüche vom Beklagten auf sie übergangen sind. Tatsächlich war dies aber, wie das Landgericht in Bezug auf die sechs nach dem 08.11.2006 begonnenen Mietverhältnisse mit Blick auf das Identitätserfordernis (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O.§ 566 BGB Rz. 64 ff.) zutreffend ausführt, nicht der Fall. Vielmehr ist der Vater des Beklagten, der die Verträge im eigenen, jedenfalls nicht erkennbar in fremden Namen geschlossen hat, Vermieter geblieben. Dies gilt auch für die vor dem 08.11.2006 geschlossenen Mietverträge; auch bezüglich dieser ist der Vater des Beklagten aufgrund der Vereinbarung des Nießbrauchs Vermieter geblieben.

Der Beklagte muss sich auch nicht in entsprechender Anwendung des § 566 BGB als Vermieter behandeln lassen. Sofern die Klägerin auf Besitzrechte der Mieter verweist, die bei Auseinanderfallen von Vermieter und Veräußerer verletzt sein könnten, so kann dem für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden und etwaige Mieterrechte können auch nicht mit Erfolg von der Klägerin angeführt werden. Das Vertrauen der Klägerin als Erwerberin in die Vermieterstellung des Beklagten erscheint insofern nicht schutzwürdig, als ihr durch Übergabe der Mietverträge bekannt war, dass diese zu einem Teil vom Vater des Beklagten geschlossen worden waren, als der Beklagte noch minderjährig war, und zu einem anderen Teil vom Vater nach Übertragung des Grundeigentums auf den Beklagten geschlossen worden waren; zudem hatte der Vater des Beklagten die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin geführt und ihr dabei mitgeteilt, dass er über die Kautionen verfüge bzw. dass diese sich in seinem Safe befänden. Insofern bestand aus Sicht der Klägerin ein Regelungsbedürfnis hinsichtlich der Kautionen und sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Mietverträge und mit ihnen die Kautionsansprüche ohne weiteres Kraft Gesetzes auf sie übergehen, bzw. jedenfalls nicht, dass diese unmittelbar vom Beklagten auf sie übergehen.

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vertrag bewusst unklar gefasst wurde oder der Beklagte, vertreten durch seinen Vater, über seine Vermieterstellung getäuscht hätte, auch wenn der Schenkungsvertrag und die darin enthaltende Nießbrauchsregelung nicht bekannt gemacht wurden. Für eine bewusste Irreführung trägt die Klägerin keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen vor. Die Sachlage ist auch nicht vergleichbar mit der in dem von der Klägerin in der Berufung angeführten Fall des Landgerichts Bonn (Urteil vom 06.07.2005, 6 S 27/05, zitiert nach juris). Denn dort ging es um einen Erstattungsanspruch des Käufers, der vom Mieter in Anspruch genommen worden war, gegen die Verkäuferin. Lediglich in diesem Verhältnis ließ die Kammer den Einwand der Verkäuferin nicht gelten, sie habe selbst die Kaution nicht erhalten, nachdem sie im Kaufvertrag darauf nicht hingewiesen hatte. Es ging also zum einen um einen Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis und nicht um vertragliche Ansprüche, zum anderen um ein anderes Risiko, nämlich das Risiko, dass der Erwerber bei Auszug des Mieters von diesem nach § 566a BGB in Anspruch genommen wird, ohne dass der Mieter die Kaution überhaupt gezahlt hat.

Auch aus Sicht des Beklagten hätte es angesichts des dem Vater eingeräumten Nießbrauchs und der Tatsache, dass dieser sich in alleiniger Verantwortung um die Mietverträge kümmerte und Besitzer der Kautionen war, einer Regelung bedurft, wie mit den Kautionen verfahren wird. Der Vertrag enthält insofern eine Lücke.

Diese kann durch ergänzende Vertragsauslegung nach Ansicht des Senats nicht dahin geschlossen werden, das der Beklagte selbst auf Auszahlung der Kautionsguthaben haftet, sondern nur dahin, dass sich die Parteien unter Einschluss des Vaters des Beklagten dahingehend einig waren, dass die Mietverhältnisse und die damit zusammenhängenden Kautionsansprüche vom Vater des Beklagten auf die Klägerin übergehen. Indem der Vater des Beklagten an der Veräußerung des Grundbesitzes an die Klägerin als Vertreter des Beklagten mitwirkte und die Mietverträge übergab, hat er jedenfalls im Verhältnis zum Beklagten erklärt, dass er mit der Übertragung des Eigentums am Grundbesitz einverstanden ist, er seine mietvertraglichen Rechte aufgibt und die Kautionen an den Erwerber als neuen Vermieter freigibt, zumal er gem. § 6 Nr. 1 d) des Schenkungsvertrages verpflichtetet war, den Beklagten von allen Ansprüchen aus den Mietverhältnissen freizustellen. Die entsprechenden Verpflichtungen des Vaters auf Auszahlung der Kautionen hat der Beklagte in § 4 Nr. 4 des Kaufvertrages „weitergegeben“, d.h. die Klägerin hat – vorbehaltlich etwaiger wirksamer entgegenstehender Vereinbarungen mit dem Vater des Beklagten – einen unmittelbaren Anspruch auf Auszahlung der Kautionen gegen den Vater erworben.

3. Insofern geht auch der mit der Berufung hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Abtretung der Ansprüche auf Auskehrung der Kautionen ins Leere. Denn die Abtretung setzt voraus, dass der Beklagte einen solchen Anspruch aufgrund seiner Vermieterstellung überhaupt inne hatte. Dies ist im Hinblick auf das Nießbrauchsrecht des Vaters des Beklagten und im Hinblick auf das vorstehende Verständnis der Regelung in § 4 Nr. 4 des Kaufvertrages, nach der die Mietverhältnisse bzw. die Kautionsauszahlungsansprüche vom Vater des Beklagten unmittelbar auf die Klägerin übergegangen sind, nicht der Fall.

4. Auch ein Schadensersatzanspruch scheitert – wenn man nicht bereits eine Pflichtverletzung verneint – jedenfalls an einem Schaden. Eine Pflichtverletzung erscheint zweifelhaft, weil dem Beklagten und auch seinem Vater als seinem Vertreter die Bedeutung einer Erklärung darüber, dass der Vater Nießbrauchsberechtigter und Vermieter ist bzw. als solcher aufgetreten ist, und die damit zusammenhängenden Fragen der §§ 566, 566a BGB nicht geläufig gewesen sein dürften. Jedenfalls ist ein Schaden in Höhe der nicht ausgekehrten Kautionen nicht dargetan, soweit Auszahlungsansprüche gegen den Vater des Beklagten noch bestehen und nicht vorgetragen ist, dass diese nicht durchsetzbar sind.

II.

Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme – auch zur Frage der Rücknahme des Rechtsmittels – binnen der ihr gesetzten Frist. Abschließend wird auf die Möglichkeit der Rücknahme der Berufung zum Zwecke der Ersparnis eines Teils der im zweiten Rechtszug angefallenen Gerichtsgebühren hingewiesen.

 

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