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Mieterhöhungsverlangen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete – Wirksamkeit

AG Hamburg – Az.: 48 C 334/12 – Urteil vom 30.10.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Mieterhöhung wegen einer Modernisierungsmaßnahme. Der Kläger ist Vermieter, die sind Beklagten Mieter der Wohnung Nr. 4, …, … Hamburg.

Mit Schreiben vom 24.08.2010 kündigte der Kläger, vertreten durch die B… Immobilien die Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems an der rückwärtigen Fassade des Hauses …, beginnend ab dem 29.November 2010 an. Die Arbeiten sollten laut Ankündigungsschreiben binnen 3 Monaten abgeschlossen sein. Die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses für die Beklagten wurde auf € 138,40 veranschlagt. Für den vollständigen Inhalt des Schreibens wind auf die Anlage K 1, Bl. 5 f. d.A., Bezug genommen.

Nachdem das Wärmedammverbundsystem angebracht war, kündigte der Kläger, wiederum vertreten durch die Baumgarten Immobilien, den Beklagten mit Schreiben vom 30.09.2011 eine Modernisierungsmieterhöhung aufgrund der Fertigstellung des Wärmedämmverbundsystems in Höhe von € 147,77 an. Für den vollständigen Inhalt dieses Schreibens wird auf die Anlage B 1, Bl. 32 f. d.A., verwiesen.

Nachdem die Beklagten Belegeinsicht gefordert hatten, teilte die B… Immobilien als Vertreterin des Klägers mit Schreiben vom 01.12.2011 mit, dass sie den Widerspruch der Beklagten zum Anlass nehme, den gesamten Vorgang intern zu überprüfen und mit dem Eigentümer zu besprechen. Sie bat darum, sein Schreiben vom 30. August 2011 (offenbar ein Schreibfehler, es müsste 30. September 2011 heißen) als gegenstandslos anzusehen und teilte mit, dass sie nach eingehender Prüfung ggf. ein neues Mieterhöhungsverlangen übersenden werde. Für den vollständigen Inhalt dieses Schreibens wird auf die Anlage 8 2, Bl. 34 d.A., verwiesen.

Mit Schreiben vom 28.2.2011 (Bl. 35 f. d.A.) begehrte der Kläger unter Berufung auf den Hamburger Mietenspiegel 2011 von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf € 1.345,78 ab dem 1. März 2012. Dem Mieterhöhungsverlangen stimmten die Beklagten zu.

Mit Schreiben vom 23.03.2012 forderte der Kläger die Beklagten auf, ab dem 1. Juni 2012 eine um € 137,67 erhöhte Nettokaltmiete zu zahlen. Zur Begründung führt er an, dass die Baukosten für das Wärmedämmverbundsystem € 129.204,33 betragen hätten und errechnete daraus einen Anteil der Beklagten in Höhe von € 137,67. Dem Schreiben legte er eine Aufstellung der Kosten sowie die Berechnung des Anteils der Beklagten bei. Für den vollständigen Inhalt dieses Schreibens wird auf die Anlage K 2, Bl. 7 ff. d.A., verwiesen. Die Beklagten widersprachen dieser Mieterhöhung.

Der Kläger ist der Ansicht, ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Mieterhöhung nach § 558 BGB zur Umlage der Kosten für die Anbringung des Wärmedämmverbundsystems nach § 559 BGB berechtigt zu sein.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn € 137,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 05.06.2012 zu zahlen,

2. die Beklagten weiter zu verurteilen, beginnend mit dem Monat Juli 2012 bis zur nächsten Mieterhöhung bzw. bis zum Ende des Mietverhältnisses, jeweils am 3. Werktag eines Monats im Voraus eine erhöhte Nettokaltmiete von € 1.483,45 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Folgetag zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, nachdem der Kläger die zunächst angestrengte Mieterhöhung nach § 559 BGB zurückgenommen hatte, davon ausgegangen zu sein, dass die nun erfolgte Mieterhöhung nach § 558 BGB an deren Stelle hätte treten sollen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht keine erhöhte Miete aus § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag zu. Die Nettokaltmiete ist durch das Mieterhöhungsverlangen vom 28.03.2012 nicht um monatlich € 137,67 gestiegen.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 28.12.2011 von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB begehrt und erhalten hat, war der Kläger nicht mehr berechtigt, die bereits vor diesem Mieterhöhungsverlangen abgeschlossene Modernisierung durch Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems zusätzlich im Wege einer Mieterhöhung nach § 559 BGB geltend zu machen.

Zwar steht es dem Vermieter grundsätzlich frei, ob er nach einer Modernisierung die Miete über den Weg des § 558 BGB bis zur ortsübliche Miete erhöht oder gemäß § 559 BGB die Kosten der Modernisierung umlegt. Auch eine Kumulation ist möglich, indem anschließend an eine Mieterhöhung gemäß § 559 BGB die Miete weiter bis zur Ortsüblichkeit gemäß § 558 BGS erhöht wird. Grundsätzlich ebenfalls zulässig ist es, die Miete zunächst nach § 558 BGS auf die ortsübliche Vergleichsmiete für den nicht modernisierten Wohnraum zu erhöhen und anschließend eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB vorzunehmen. Aus dem Erhöhungsschreiben muss in diesem Fall jedoch deutlich hervorgehen, dass der nicht modernisierte Zustand dem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB zugrunde gelegt wurde, denn ohne die Erklärung muss der Mieter davon ausgehen, dass der gegenwärtige Zustand die Basis für die Erhöhung darstellt (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, MietR, 10. Aufl. 2011, vor § 558 Rn. 8; vgl. AG Lichtenberg, Urteil vom 10.09.2002, Az. 8 C 60/02, zitiert nach Juris). Nur für den Fall, dass sich der Vermieter im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB als Vergleichsmaßstab an der Miete für andere nicht modernisierte Wohnungen orientiert hat, steht ihm nach einer Mieterhöhung nach § 558 BGB die Möglichkeit weiterhin offen, vom Mieter zusätzlich einen Modernisierungszuschlag nach § 559 BGB zu verlangen (Beck’scher Online-Kommentar, BGB, § 559 Rn. 8 m.w.N.). Sinn und Zweck ist, dass die Modernisierung nicht bei zwei verschiedenen Mieterhöhungsverlangen doppelt berücksichtigt wird. Nur durch einen ausdrücklichen Vorbehalt ist eine unzulässige Kumulation ausgeschlossen. Ohne diese Erklärung muss der Mieter, der eine modernisierte Wohnung in einem modernisierten Gebäude bewohnt, davon ausgehen, dass der gegenwärtige, also der modernisierte Zustand, die Basis für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bilden soll. Der Mieter, der ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB erhält, kann grundsätzlich davon ausgehen, dass der zum Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGS bestehende Zustand der Wohnung und nicht etwa ein früherer Zustand der Wohnung zum Gegenstand des Mieterhöhungsverlangens gemacht wird. Will der Vermieter dies nicht, so muss er dies klarstellen.

Vorliegend hat der Klägerin seinem Mieterhöhungsverlangen vom 28.12.2011 lediglich auf den Hamburger Mietenspiegel 2011 Bezug genommen und die Ausstattungs- und Lagemerkmale genannt, die zur Begründung der Einordnung in das Rasterfeld C9 erforderlich sind. Er hat sich auf keine weitere konkrete Ausstattung der Wohnung bezogen. Damit hat er sich konkludent auf den aktuellen Zustand der Wohnung, also den Zustand nach erfolgter Modernisierung, bezogen. Anders konnten die Beklagten als Mieter dies nicht verstehen. Dies gilt um so mehr, als der Kläger zunächst eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB angekündigt, diese nach einem Belegeinsichtsverlangen der Beklagten jedoch zurückgestellt und ausdrücklich von diesem Abstand genommen hatte. Wenn der Kläger nach Rücknahme des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens mit Schreiben vom 01.12.2011, in dem er ausdrücklich geschrieben hat, dass ggf. ein neues Mieterhöhungsverlangen gestellt werde und er zu gegebener Zeit wieder auf die Beklagten zugekommen werde, nur knapp vier Wochen später eine Mieterhöhung nach § 558 BGB vornimmt, konnten die Beklagten das Schreiben vom 28.12.2011 nicht anders verstehen, als dass der Kläger seine ursprüngliche Absicht, nach § 559 BGB vorzugehen, aufgegeben hatte und nunmehr nach § 558 BGB vorgehen wollte. Da somit die Modernisierung bereits mit dem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB berücksichtigt wurde, kam eine erneute Mieterhöhung auf Grundlage der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems nicht mehr in Betracht.

Für die Beklagten stellte sich damit das Vorgehen nach § 558 BGB, das lange vor dem erneuten Mieterhöhungsverlangen nach § 559 BGB erfolgte, als Verzicht auf eine Abrechnung nach § 559 BGB dar.

Die Beklagten sind somit auch in Zukunft nicht zur Zahlung einer erhöhten Nettokaltmiete verpflichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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