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Auslagerung der amtierenden WEG-Verwaltung auf eine neu gegründete GmbH

LG Hamburg – Az.: 318 S 123/11 – Urteil vom 28.09.2011

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2011 (Geschäfts-Nr.: 102D C 98/10) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Parteien bilden die W. L. W., 8, 8 + b, 2 H. und streiten in der Berufungsinstanz noch um die Gültigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 31.08.2009 zu TOP 9 gefassten Beschlusses über die Bestellung der Fa. S. K. GmbH zur Verwalterin.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.04.2011 abgewiesen, soweit der Kläger beantragt hatte, den auf der Eigentümerversammlung vom 31.08.2009 zu TOP 9 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären. In den Entscheidungsgründen hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beschluss nicht die Bestellung eines weiteren Verwalters, sondern die Auswechselung des Verwalters zum Gegenstand gehabt habe. Ein wichtiger zur Abberufung berechtigender Grund habe dafür nicht vorliegen müssen. Es hätten keine Angebote anderer Verwalter eingeholt werden müssen, da es trotz Rechtsformwechsels im Kern lediglich um die Fortsetzung der bereits bestehenden Verwaltung mit denselben handelnden Personen und zu denselben Konditionen gegangen sei. Relevante Unterschiede seien durch die Rechtsformänderung nicht zu erkennen. Bei der früheren Verwaltung (einer GmbH & Co. KG) sei die persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH gewesen, so dass letzten Endes immer eine GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen hafte. Eine erhebliche Veränderung liege auch nicht in der Änderung des Geschäftsführers, weil der neue Geschäftsführer L. H. bereits vorher die Geschäfte faktisch geführt habe. Mit der Rechtsformänderung sei auch keine erhebliche Änderung der Haftungsmasse eingetreten. Zudem sei nicht erkennbar, dass die Haftungsmasse für die Wohnungseigentümer überhaupt ein relevantes Auswahlkriterium gewesen sei. Die Vermögenssituation der Gesellschaft könne sich jederzeit ändern. Der vom Kläger monierte katastrophale Zustand des Gemeinschaftseigentums wäre lediglich Thema eines Abberufungsverfahrens.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 05.04.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am Montag, dem 06.06.2011, bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 29.06.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger trägt vor, dass der Wechsel der juristischen Person des Verwalters einer Neubestellung gleich komme und es für die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses daher keiner Verschlechterung der Haftungssituation der Eigentümer bedürfe. Die S. C. GmbH & Co. KG habe ausweichlich ihres Jahresabschlusses zum 31.12.2009 (Anl. K 9) über Aktiva in Höhe von € 673.079,35 und ein Eigenkapital von € 189.475,84 verfügt, während die S. K. GmbH zum 31.12.2009 einen Jahresfehlbetrag von € 3.851,36 ausgewiesen habe (Anl. K 10). Den Wohnungseigentümern hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, eine neue Verwaltung im Rahmen eines Auswahlverfahrens unter mehreren Bewerbern zu bestellen. In keinem Fall entspreche es ordnungsgemäßer Verwaltung, die Wohnungseigentümer durch die sachlich falsche Information, die handelnden Personen blieben unverändert, obwohl die nach § 35 GmbHG tatsächlich gewechselt hätten, zu beschwichtigen, um sie zu einem möglichst unauffälligen Wechsel des Vertragspartners mit möglicherweise weitreichenden Haftungsfolgen zu bewegen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 21.04.2011 (Geschäfts-Nr.: 102D C 98/10) abzuändern und auch den in der Eigentümerversammlung vom 31.08.2010 zu TOP 9 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, dass bei einem Wechsel der Rechtsform die neue Gesellschaft nicht ohne Zutun der Wohnungseigentümer neue Verwalterin werde. Davon sei aber der vorliegende Fall der Auswechselung der Verwaltung zu trennen. Durch die Rechtsformänderung sei an den Modalitäten des Verwaltervertrages nichts geändert worden. Sie rügten den Vortrag des Klägers zu den vorgelegten Auszügen aus dem Unternehmensregister als verspätet. Die Haftungsmasse sei zudem kein relevantes Kriterium bei der Verwalterbestellung der Fa. S. & C. am 22.01.2009 gewesen. Der angefochtene Beschluss habe nicht auf falschen Informationen beruht, da die handelnden Personen und Ansprechpartner gleich geblieben seien. Selbst wenn man die Auswechselung des Verwalters als Bestellung ansehen wollte, sei diese mit einer Wiederbestellung vergleichbar, so dass es der Einholung von Alternativangeboten nicht bedurft habe. Die Auswechselung sei nur für ein weiteres Jahr erfolgt und habe damit dem ursprünglichen Bestellungszeitraum entsprochen.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Anfechtungsklage hinsichtlich des auf der Eigentümerversammlung vom 31.08.2010 zu TOP 9 gefassten Beschlusses abgewiesen. Der Beschluss entsprach ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG).

1.

Insbesondere bestand nicht die Verpflichtung, dass für die Bestellung der Fa. S. K. GmbH zur Verwalterin für den restlichen Bestellungszeitraum der bisherigen Verwalterin bis zum 31.12.2011 vor der Beschlussfassung Angebote von mehreren Verwaltern hätten eingeholt werden müssen.

Angebote von mehreren Verwaltern müssen im Grundsatz vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Bestellung eines neuen Verwalters, nicht aber vor der Wiederbestellung des amtierenden Verwalters eingeholt werden (BGH NZM 2011, 515; so auch bereits HansOLG, ZWE 2002, 483; OLG Schleswig, NJW-RR 2006, 1525). Darüber hinaus ist anerkannt, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen Wechsel der Rechtsform des Verwalters nicht ohne ihre Zustimmung ein neuer Verwalter „aufgedrängt“ werden kann, sondern dass es dem schutzwürdigen Interesse der Wohnungseigentümer entspricht, hierüber einen Beschluss zu fassen (OLG Köln, OLGR Köln 2004, 49 – Tz. 18; vgl. BayObLG, ZMR 1987, 230; WuM 1990, 406; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 1229-jeweils zur Gesamtrechtsnachfolge).

Im vorliegenden Fall liegt zwar weder eine Wiederbestellung noch ein Rechtsformwechsel des bisherigen Verwalters vor. Vielmehr hat das Unternehmen S. & C die WEG-Verwaltung auf eine neu gegründete GmbH ausgelagert. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls ist dieser Sachverhalt rechtlich wie die Wiederbestellung des amtierenden Verwalters und nicht die Bestellung eines neuen Verwalters zu werten. Der Geschäftsführer der S. K. GmbH, L. H., hatte bereits vorher faktisch die Verwaltergeschäfte geführt, auch wenn er nicht Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der S. & C. GmbH & Co. KG war. Dies ergibt sich auch aus der eingereichten Korrespondenz des Klägers mit der Verwaltung (Anlagenkonvolut K 4). Zudem hatte L. H. bereits die Eigentümerversammlung vom 02.06.2009 (Anl. K 6) geleitet. Nach dem Vortrag des Klägers hatte die bestellte Verwalterin die Verwaltergeschäfte sogar bereits seit Januar 2010 faktisch durch die S. K. GmbH ausführen lassen. Die S. K. GmbH führt die Verwaltung von denselben Büroräumen aus und mit denselben Mitarbeitern und Kontaktdaten. Der Bestellungszeitraum bis zum 31.12.2011 entsprach dem restlichen Bestellungszeitraum der S. & C. . Der Verwaltervertrag sollte nach dem angefochtenen Beschluss zu identischen Konditionen wie mit der S. & C. abgeschlossen werden.

Aufgrund dieser Umstände hat der angefochtene Beschluss eher das Gepräge der Verlängerung der Verwalterbestellung als der Neubestellung einer Verwaltung. Wegen der personellen und räumlichen Kontinuität bedurfte es keiner Übergabe der Verwaltung (Verwaltungsunterlagen, Geldvermögen) auf eine Nachfolgeverwaltung und der Einarbeitung der bei der neuen Verwaltung zuständigen Mitarbeiter.

2.

Der Beschluss ist auch nicht für ungültig zu erklären, weil den Wohnungseigentümern auf der Eigentümerversammlung vom 31.08.2010 vor der Beschlussfassung sachlich falsche Informationen darüber gegeben worden seien, dass die handelnden Personen unverändert blieben.

Im Protokoll heißt es zu TOP 9 vor der Beschlussfassung (Anl. K 2): „Die S. K. GmbH, H. K. 1, H., hat nach Neuordnung der S. -Gruppe den Aufgabenbereich der S. & C. zu unveränderten Vertragsbedingungen übernommen. Der Bürobetrieb, die handelnden Personen und Ansprechpartner sowie die bekannten Kontaktdaten bleiben bestehen.“

Diese Erklärung ist so auszulegen, dass die bisher für die Betreuung der Wohnungseigentümergemeinschaft zuständigen Personen unverändert blieben, d.h. die personelle Kontinuität bei der Verwaltung gewahrt war. So verstanden trifft die Erklärung inhaltlich zu. Dagegen beinhaltet die Aussage im Protokoll nicht, dass die neue Verwalterin auch denselben Geschäftsführer habe wie die Komplementär-GmbH der bisherigen Verwalterin. Dass die Person des Geschäftsführers für die Wohnungseigentümer von Bedeutung gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Die Firma S. & C. war erst auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 22.01.2009 bis zum 31.12.2011 zur Verwalterin bestellt worden (vgl. Anl. K 3). Nahezu sämtliche Korrespondenz des Klägers mit der Verwalterin wurde von L. H. unterzeichnet (Anlagenkonvolut K 4). Dieser hatte auch die Eigentümerversammlung vom 02.06.2009 geleitet (Anl. K 6) und zu der Versammlung vom 31.08.2010 eingeladen (Anl. K 1). Dass der Geschäftsführer der M. P. GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der S. & C., gegenüber den Wohnungseigentümern in Erscheinung getreten ist, ist nicht ersichtlich.

Gerade weil es sich bei S. & C. um ein größeres Unternehmens handelte, war für die Eigentümer weniger von Interesse, wer die Gesellschaft als Geschäftsführer der Komplementärin formal vertrat, sondern es kam ihnen vielmehr darauf an, ob die bisher im Rahmen der Verwaltung tätig gewordenen Mitarbeiter der S. & C., die mit den Verhältnissen der Wohnungseigentümergemeinschaft vertraut waren, auch für die neue Verwaltung tätig werden würden.

3.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass sich durch den Verwalterwechsel die Haftungssituation für die Wohnungseigentümer verschlechtert habe, hat das Amtsgericht zu Recht ausgeführt, dass dies vor dem Hintergrund, dass persönlich haftender Gesellschafter der S. & C. eine GmbH war, nicht ersichtlich ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers aus der Berufungsbegründung zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der S. & C. GmbH & Co. KG und der S. K. GmbH. Der vorgelegten Bilanz der S. K. GmbH (Anl. K 10) lässt sich nicht entnehmen, dass es sich um ein wirtschaftlich marodes Unternehmen handelt, auf das die S. -Gruppe die Verwaltung der W. L. a + b wegen etwaiger Haftungsgefahren ausgelagert hat. Nach der Bilanz ist die S. K. GmbH erst am 18.12.2009 in das Handelsregister eingetragen worden. Sie verfügte per 31.12.2009 über einen Kassenbestand von € 21.148,64, d.h. das Stammkapital von € 25.000,- war noch zum weit überwiegenden Teil vorhanden. Durch den Jahresfehlbetrag von € 3.851,36 war das Stammkapital bei weitem nicht aufgezehrt. Demgegenüber weist die S. & C. zwar eine weitaus höhere Bilanzsumme (€ 673.079,35) und ein weitaus höheres Eigenkapital auf (€ 189.475,84), verfügt aber auch über erhebliche Verbindlichkeiten von € 444.740,41 (Anl. K 9).

Letztlich sind diese wirtschaftlichen Parameter nicht maßgeblich. Denn zum einen ergibt sich aus der Bilanz der S. K. GmbH nicht, dass es sich um eine wirtschaftlich marode oder gar insolvenzreife Gesellschaft handelte. Zum anderen ist für die Wohnungseigentümer eher relevant, dass und in welchem Umfang die S. K. GmbH gegen schuldhaft begangene Pflichtverletzungen im Rahmen der Ausübung der Verwaltertätigkeit versichert ist. Da der Verwaltervertrag mit der S. K. GmbH zu unveränderten Konditionen erfolgen sollte und die Pflicht der Verwaltung, eine Versicherung gegen Schäden durch ihre Verwaltertätigkeit abzuschließen, üblicherweise im Verwaltervertrag geregelt ist, erfolgt keine Schlechterstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Soweit der Kläger der bisherigen Verwalterin Untätigkeit im Hinblick auf Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelbildung im Bereich seines Sondereigentums vorwirft, erlöschen etwaige bereits gegen die S. & C. entstandene Schadensersatzansprüche durch den angefochtenen Beschluss nicht oder gehen auf die S. K. GmbH über.

4.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da die Kammer die Revision nicht zulässt und die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 62 Abs. 2 WEG ausgeschlossen ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Kammer weicht von der Rechtsprechung des BGH (NZM 2011, 515) nicht ab. Es handelt sich um die Entscheidung in einem Einzelfall, dessen Auftreten nicht in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten ist.

 

 

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