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Betriebskostenabrechnung bei Geschäftsraummiete – Gebrauchmachen vom Einsichtnahmerecht

LG Frankfurt –  Az.: 2/07 O 121/14 –  Urteil vom 24.10.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.512,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2014 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Betriebskostenabrechnung bei Geschäftsraummiete - Gebrauchmachen vom Einsichtnahmerecht
Symbolfoto: Von designer491 /Shutterstock.com

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Nachzahlung von 15.512,98 € aus der Betriebskostenabrechnung vom 13.12.2012 für das Jahr 2011 in Anspruch.

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag vom 09.06.1987. Die Abrechnung vom 13.12.2012 für das Jahr 2011 endete mit einer Nachforderung gegen die Beklagte von 17.073,04 €, von denen die Klägerin einen Betrag von 15.512,98 € klagweise geltend macht.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.512,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2014 zu zahlen.

Die Beigetretene beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.512,98 € nebst Zinsen zu zahlen sowie ihr auch die Kosten der hier vertretenen Streithelferin aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass es ihrer Inanspruchnahme bereits entgegenstehe, dass sie mit Schreiben vom 28.06.2013 Einsicht in die Abrechnungsbelege für die Abrechnung 2011 gefordert habe. Die Abrechnungsunterlagen seien ihr nicht zur Verfügung gestellt worden, weswegen die Betriebskostenabrechnung noch nicht fällig sei.

Im Übrigen behauptet die Beklagte, dass die Abrechnung fehlerhaft sei. Die Angabe der Wärmezähler in der Abrechnung der Firma … sei unrichtig, sodass bestritten werde, dass die Zähler mit den Nummern … den Verbrauch der Beklagten korrekt messe. Man habe bereits anlässlich der Vorgängerabrechnung bezüglich der unverhältnismäßig hohen Betriebskostenabrechnung bei der damaligen Hausverwaltung nachgefragt. Bereits diese habe nicht erläutern können, welche Zähler den Verbrauch messen. Die Zähler seien den Mietparteien offensichtlich nicht korrekt zugeordnet. Über die der Beklagten zugeordneten Zähler würde auch der Verbrauch anderer Mietparteien abgerechnet. Von den Jahren 2009 auf 2010 sei der abgerechnete Heizkostenverbrauch um das Dreifache angestiegen. Die Beklagte hält ihr Bestreiten für zulässig, da sie keine andere Möglichkeit habe, die fehlerhafte Funktion der Zähler zu überprüfen. Die Klägerin möge daher entsprechende Belege für die Abrechnung vorlegen.

Die Klägerin hat insoweit eingewandt, dass bis zum Jahre 2010 für den Verbrauch der Klägerin nur ein Zähler berücksichtigt worden sei. Der Anstieg der Heizkosten sei darauf zurückzuführen, dass man nunmehr den gesamten Verbrauch der Beklagten berücksichtigt habe.

Die Klägerin hat der Firma … GmbH den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.07.2014 beigetreten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 ein Anspruch auf Nachzahlung in Höhe von 15.512,98 € zu.

Zwischen den Parteien besteht ein gewerblicher Mietvertrag. Die Abrechnung für das Jahr 2011 endete nach einer Korrektur mit einer Nachzahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 15.512,98 €. Diese Forderung ist auch fällig. Die Abrechnung der Klägerin für das Jahr 2011 ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie erfüllt die Voraussetzungen, die im Rahmen gewerblicher Miet- und Pachtverhältnisse an eine Nebenkostenabrechnung zu stellen sind. Die Abrechnung muss den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entsprechen, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Unter geordneter Zusammenstellung ist dabei eine zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung in Abrechnungsposten zu verstehen.

Was eine Nebenkostenabrechnung darüber hinaus im Einzelnen zu enthalten hat, ergibt sich aus ihrem Zweck. Sie soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen. Dazu muss er die Abrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehen können. Diese Funktion erfüllt sie nur, wenn sowohl die Einzelangaben als auch die Abrechnung insgesamt klar, übersichtlich und aus sich heraus verständlich sind. Abzustellen ist dabei auf das durchschnittliche Verständnisvermögen eines juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters (BGH, Urteil vom 23. November 1981 – VIII ZR 298/80-, juris).

Die Einwendungen der Beklagten hingegen betreffen die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung.

Ob die Umlage der Betriebskosten sachlich zutreffend ist, ist demgegenüber regelmäßig eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung und nicht ihrer formellen Darstellung und betrifft allein die materielle Berechtigung des Kostenansatzes im Einzelfall.

Die seitens der Beklagten geäußerten Einwände gegen die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 und die darauf beruhende Nachzahlungsforderung der Klägerin greifen nicht durch.

Ein Bestreiten des Kostenansatzes ist nur dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter vorher die Berechnungsunterlagen eingesehen hat. Von dieser Möglichkeit muss der Mieter Gebrauch machen, soll sein Bestreiten nicht als unsubstantiiert und damit als rechtlich unerheblich angesehen werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08. Juni 2000 – 10 U 94/99 -, juris).

Der Einwand der fehlenden Belegeinsicht durch die Beklagten steht der Geltendmachung der Klagforderung vorliegend nicht entgegen, da die Klägerin eine Einsichtnahme nicht verweigert hat. Die Beklagte hat nur geäußert, dass sie Belegeinsicht wünscht. Dies ist jedoch allein nicht ausreichend; vielmehr muss der Mieter sich nunmehr darum bemühen, einen Termin zur Einsichtnahme zu vereinbaren und die für die Nebenkostenabrechnung vorhandenen Belege einsehen und prüfen (Weidenkaff in Palandt, BGB, 71. Auflage, 2012, § 535, Rn. 97). Damit wird der Mieter in die Lage versetzt, die Erstellung der Nebenkostenabrechnung nachzuvollziehen und die zugrunde gelegten Belege und Rechnungen zu prüfen. Eine Einsichtnahme ermöglicht es dem Mieter festzustellen, ob seine Bedenken gegen die Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung ausgeräumt werden können oder ob sie fortbestehen. Im letzteren Falle können die nach wie vor bestehenden Einwendungen konkret formuliert werden und sie können unter konkrete Bezugnahme auf Abrechnung und Belege begründet werden. Die Einsichtnahme vor Ort ist einem Mieter im Regelfall auch zumutbar. Dass eine Einsichtnahme vor Ort vorliegend der Beklagten faktisch nicht möglich oder unzumutbar sein soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Beide Parteien befinden sich in Frankfurt am Main. Es dürfte der Beklagten wie auch dem… möglich sein, die Abrechnungsunterlagen selbst oder durch Beauftragte einzusehen. Ein Anspruch auf Übersendung von Kopien der Abrechnungsunterlagen besteht nicht ohne weiteres und jedenfalls nicht im vorliegenden Fall.

Das Bestreiten der richtigen Zuordnung der Wärmezähler ist nicht erheblich vorgetragen. Soweit die Beklagte meint, ein weitergehendes – konkretes – Bestreiten sei ihr nicht möglich, ist dies unzutreffend. So wurden bisher nicht einmal die der Nebenkostenabrechnung zugrunde liegenden Belege – insbesondere die Gesamt- und Einzelabrechnung der Beigetretenen eingesehen. Ebenso ist nichts dazu vorgetragen, welcher der verschiedenen Zähler angeblich falsch zugeordnet sein soll. Dies dürfte der Beklagten aber anhand einer Überprüfung der bisher erhaltenen Abrechnungen für Vorjahre ohne weiteres möglich sein. Ebenso könnte die Beklagte vor Ort die Zähler überprüfen. Soweit die Beklagte ausführt, dass die Mitarbeiter … und … bei einer Ortsbegehung zwei der abgerechneten Zähler nicht hätten auffinden können, so fehlt es hier an einer Darlegung, ob auch versucht wurde, mit der Klägerin bzw. der Beigetretenen zu klären, wo sich die nicht aufgefundenen Zähler befinden. So sind die Anbringungsorte der Zähler in der Nebenkostenabrechnung genannt und eine Nachfrage bei der Klägerin bzw. der Beigetretenen hätte hier aller Voraussicht nach weiteren Aufschluss geben können.

Allein der Anstieg des Verbrauchs ab dem Jahr 2011 ist für sich genommen nicht geeignet, die Richtigkeit der Abrechnung erheblich zu bestreiten. Den Anstieg und die Verteilung auf die verschiedenen Zähler könnte die Beklagte durch eine Belegeinsicht überprüfen. Weiterhin kann ein gestiegener Verbrauch verschiedene Gründe haben, die in meteorologischen Gegebenheiten und dem Verbrauchsverhalten des Mieters oder einem Anstieg der Preise für Energie liegen können. Hierzu trägt die Beklagte nichts vor. Die Möglichkeit eines Anstiegs der Energiepreise oder des absoluten Verbrauchs der Gesamteinheit scheint im vorliegenden Fall auch nicht ganz fernliegend, denn wie die auf Bl. 138 d.A. tabellarische Übersicht der Klägerin in den Jahren 2009 bis 2012 zeigt, ist der absolute Verbrauch nicht linear zu den Preisen angestiegen. Vielmehr zeigt dieser von dem Jahr 2009 auf 2010 einen Anstieg um 7.608 kWh, der in dem Jahr 2011 dann wieder um 4.059 kWh sinkt und im Jahr 2012 um weitere 6.569 kWh abfällt. Durch eine Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen hätte die Beklagte sowohl den zugrunde gelegten Verbrauchsschlüssel als auch die abgerechneten Preise pro Einheit überprüfen können. Die Berechnungsgrundlagen des Energiepreises und auch des nach Heizkosten und Gesamtverbrauch des Objekts ermittelte „Preis je Einheit“ ergeben sich regelmäßig aus den Abrechnungsunterlagen.

Der in den Abrechnungen genannte Verbrauchsschlüssel ist durchweg 40/60. Die Beklagte erläutert auch nicht näher, inwieweit sich der Verbrauchsschlüssel geändert haben soll. Soweit die Beklagte auf Seite 1 von Anlage B3 die prozentualen Angaben unter „Heizkosten“ markiert hat und ausführt, dass sich hieraus ergebe, dass sich der Verbrauchsschlüssel geändert habe, so handelt es sich dabei nicht um den Verbrauchsschlüssel. Aus Seite 3 von Anlage B3 ergibt sich, dass die prozentualen Angaben sich auf die anteilige Verteilung der Verbrauchskosten zwischen Heizkostenverteiler und Wärmemengenzähler beziehen. Dies bedeutet jedoch keine Änderung des Verbrauchsschlüssels, sondern es zeigt, wie sich die gesamten Verbrauchskosten der Beklagten auf die beiden Zähler verteilen. Es geht aus dem Vortrag der Beklagten nicht hervor, inwieweit sie aus diesen Angaben einen materiellen Fehler der Abrechnung ableitet, zumal auf den Hinweis der Klägerin, dass der Verbrauchsschlüssel durchgängig bei 40/60 gelegen habe, kein weiterer Vortrag erfolgte. Es wurde auch nicht aufgezeigt, inwieweit die prozentualen Verteilung nach Heizkostenverteiler und Wärmemengenzähler fehlerhaft sein könnten.

Soweit die Beklagte bestreitet, dass vor dem Jahr 2011 zugunsten der Beklagten ein Zähler zu wenig berechnet wurde, so ist dieses Bestreiten ebenfalls unerheblich. Der Beklagten dürfte es ohne weiteres möglich sein, die für sie in diesen Jahren erstellten Nebenkostenabrechnungen zu überprüfen und festzustellen, welche Zähler in diesen Jahren abgerechnet wurden und ob sich hier Veränderungen ergeben haben, Ergänzend hätte die Beklagte – wie bereits ausgeführt – die in den Nebenkostenabrechnungen genannten Zähler mit den vor Ort vorhandenen Zähler abgleichen können und durch Betätigung der Energie- und Wasserzufuhr überprüfen können, ob der jeweilige Zähler den Verbrauch in der Mieteinheit tatsächlich erfasst. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, bei einer reinen Behauptung, die nur auf einer E-Mail der früheren Hausverwaltung gründet, von Amts wegen zu ermitteln, ob Abweichungen zwischen der früheren und heutigen Zählerverteilung bestehen und welche der Zuordnungen richtig war oder ist.

Die Beigetretene hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, wo sich die Zähler befinden und welche Zähler durch neue ersetzt wurden. Dieser schlüssige Vortrag kann seitens der Beklagten nicht nur einfach bestritten werden. Die Behauptung, dass dieser Vortrag der Beigetretenen unzutreffend sein soll und tatsächlich der Verbrauch eines anderen Mieters der Klägerin über die Beklagte abgerechnet wird, bedarf konkreter und objektiv nachprüfbarer Anhaltspunkte, bevor die entsprechende Einwendung dem Beweis zugänglich ist.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 15.512,98 € festgesetzt.

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