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Betriebskostenabrechnung – Einwendungsfrist Mieter im Hinblick auf vereinbarte Pauschalen

LG Frankfurt – Az.: 2/11 S 277/10 – Urteil vom 07.01.2011

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt vom 24.08.2010 (Az.: 33 C 924/10-29) abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 1.168,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.168,34 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Absatz 2, 313 a ZPO abgesehen.

II.

Die statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der ihm für die Jahre 2001 bis einschließlich 2004 in Rechnung gestellten Hausverwaltungskosten in Höhe von 1.168,34 Euro gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Es ist zwischen den Parteien inzwischen unstreitig, dass der Beklagte die Hausverwaltungskosten in der eingeklagten Höhe zu Unrecht in den Nebenkostenabrechnungen auf den Kläger als Mieter umgelegt hat. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich, ob der Kläger diese Einwendung betreffend die Abrechnung vom 14.01.2006 für den Zeitraum 2001 bis 2004 innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 BGB gegenüber dem Beklagten gerügt hat. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kommt es für den Beginn der Frist des § 556 Abs. 3 BGB allerdings darauf an, ob die Nebenkostenabrechnung formal ordnungsgemäß ist. Formal ordnungsgemäß ist eine Abrechnung, die eine Zusammenstellung der Gesamtkosten enthält sowie die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug seiner Vorauszahlungen; sie muss ferner gedanklich und rechnerisch nachvollziehbar sein (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, 2007, § 556, Rdnr.465). Die von dem Beklagten unter dem Datum des 14.01.2006 für die Jahre 2001 bis einschließlich 2004 erstellte Nebenkostenabrechnung entspricht diesen Anforderungen nicht. Sie ist vor allem weder gedanklich noch rechnerisch nachvollziehbar. Auch ist als mutmaßlicher Verteilerschlüssel lediglich bezüglich zweier Positionen für 2001 „9/24“ angegeben und am Ende „4 1/2“. Es ist weder erkennbar, ob und in welcher Weise dies der Verteilerschlüssel ist noch ist dieser erläutert. Auch die Gesamtkosten sind nicht angegeben und die Angabe der Berechnung des Anteils des Mieters ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind lediglich drei verschiedene Positionen für jedes Jahr aufgeführt, bei denen nicht erkennbar ist, um welche Kostenposition es sich handelt und anhand welchen Verteilerschlüssels sie berechnet wurde. Es ist zwar richtig, dass im Mietvertrag zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass der von der Hausverwaltung praktizierte Kostenschlüssel gilt, doch hätten dann die im Laufe des Verfahrens eingereichten Abrechnungen der Hausverwaltung auch beigefügt sein müssen, um die für sich alleine nicht verständliche Nebenkostenabrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehbar zu machen. Davon geht auch der Bundesgerichtshof in dem von dem Beklagten zitierten Urteil vom 11.08.2010 – VIII ZR 45/10 aus, in welchem er ausführt, dass Erläuterungen, die der Vermieter dem Mieter außerhalb der Abrechnung – vor Ablauf der Abrechnungsfrist erteilt – zu berücksichtigen sind. Allein der Hinweis im Mietvertrag, dass eine Abrechnung der Nebenkosten entsprechend der Abrechnung der Hausverwaltung erfolgt, stellt aber keine solche Darlegung oder Erläuterung dar, da sich hieraus weder die einzelnen Kostenpositionen noch der Verteilerschlüssel erkennen lassen. Die Abrechnung der Hausverwaltung selbst war aber der Nebenkostenabrechnung nicht beigefügt, so dass die erfolgte Nebenkostenabrechnung vom 14.01.2006 für die Jahre 2001 bis 2001 formal nicht ordnungsgemäß war. Zwar ist es in der Literatur umstritten, ob auch eine formal nicht ordnungsgemäße Abrechnung die Frist des § 556 Abs. 3 BGB in Gang setzt, doch ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, dass Voraussetzung für den Fristbeginn der Zugang einer formell ausreichenden Abrechnung beim Mieter ist (BGH, Urteil vom 10.10.2007 – VIII ZR 279/06; BGH, Urteil vom 05.03.2008 – VIII ZR 80/07; BGH, Urteil vom 12.05.2010 – VIII ZR 185/09; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, 2007, § 556, Rdnr.499; Langenberg, Betriebskostenrecht, 5. Auflage, 2010, G, Rdnr.189). Diese Ansicht erscheint auch überzeugend, da die Gegenmeinung zu dem widersprüchlichen Ergebnis führt, dass mangels wirksamer Abrechnung einerseits der Abrechnungsanspruch des Mieters fortbesteht, dieser aber andererseits zum Ausgleich des Saldos der unwirksamen Abrechnung verpflichtet wäre. Demnach ist der Beklagte mit seinen Einwendungen mangels Zustellung einer formal ordnungsgemäßen Abrechnung nicht gem. § 556 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Auf die streitige Frage, ob der Beklagte auch bereits während der Frist seine Einwendungen geltend gemacht hat und den Umstand, dass die Nebenkostenabrechnung als „vorläufig“ bezeichnet wurde, kommt es demnach nicht mehr an. Somit hat der Kläger auch für die Jahre 2001 bis einschließlich 2004 einen Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht auf ihn umgelegten Hausverwaltungskosten gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Berechnungen des Klägers und die Höhe der Forderung hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Soweit er sich auf eine Gegenforderung wegen der hälftigen Januarmiete beruft, hat der Kläger diese bereits bei der Berechnung seines Klageanspruchs in Abzug gebracht.

Der Kläger ist mit seiner Forderung auch nicht aufgrund eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses oder Verwirkung ausgeschlossen. Unabhängig von dem Zeitmoment fehlt es im vorliegenden Fall an einem Umstandsmoment, aus welchem der Beklagte schließen durfte, dass der Kläger die Nebenkostenabrechnung so akzeptiert. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass sowohl die Nebenkostenabrechnung als auch die Überweisung der Gutschrift jeweils von dem Beklagten mit dem Zusatz „vorläufig“ versehen worden waren.

Die Forderung des Klägers ist auch nicht gem. §§ 195, 199 BGB verjährt. Die Nebenkostenabrechnung wurde im Januar 2006 übersandt, so dass der Rückforderungsanspruch des § 812 BGB in diesem Jahr entstanden ist. Am 24.12.2009 wurde der Mahnbescheid dem Beklagten zugestellt und nach Eingang des Widerspruchs am 06.01.2010 erfolgte nach der Kostenanforderung am 15.01.2010 und deren Eingang demnächst die Abgabe an das Streitgericht am 18.03.2010, so dass keine Verjährung der Forderung eingetreten ist.

Eine erneute Gelegenheit zur Stellungnahme in Form des Schriftsatznachlasses auf die jeweiligen Schriftsätze der Gegenseite war für beide Parteivertreter nicht notwendig, da in diesen keine neuen erheblichen tatsächlichen Ausführungen enthalten waren.

Der Anspruch auf Ersatz der Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 2, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Absatz 1 GKG.

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