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Betriebskostenabrechnung für vermietetes Wohnungseigentum

LG Itzehoe, Az.: 9 S 72/11, Urteil vom 27.01.2012

Die Berufung der Beklagten wird das am 19. 5. 2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Pinneberg – 83 C 80/10 – unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im übrigen zum Ausspruch zu Ziffer I. wie folgt geändert und insoweit neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger ab November 2010 monatlich bis zum dritten Werktag eines Monats eine Vorauszahlung auf die Betriebs-und Heizkosten von 130,77 € für die von ihnen bewohnte Wohnung im zweiten Obergeschoss lins des Hauses F. in W. zu zahlen.

Zu Ziffer II. bleibt es bei der Tenorierung des Amtsgerichts.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 45 % sowie die Beklagten als Gesamtschuldner 55 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger zu 14 %, den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 86 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Betriebskostenabrechnung für vermietetes Wohnungseigentum
Foto: TeroVesalainen/Bigstock

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung der Betriebskosten aus seiner Abrechnung für die von den Beklagten gemietete Wohnung für das Jahr 2008 in Höhe von 1.179,91 € sowie auf Zahlung monatlich höherer Vorauszahlungen von je 100 € auf die Betriebs-und Heizkosten ab 1. 7. 2009 in Anspruch. Das Amtsgericht hat formelle sowie materielle Fehler der Abrechnung gesehen und hat die Beklagten lediglich zur Zahlung einer Nachforderung in Höhe von 839,14 € nebst Zinsen verurteilt. Dem Antrag auf Zahlung zukünftiger höherer Vorauszahlungen hat das Amtsgericht ab 1. 10. 2010 in Höhe von monatlich 83 € auf insgesamt 143,85 € entsprochen. Im übrigen hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 19. 05. 2011 verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Kläger nimmt die Teilklagabweisung hin. Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag auf vollständige Klagabweisung weiter.

Zur Begründung ihrer Berufung tragen die Beklagten vor:

Der Kläger hätte sein Abrechnungsprinzip erläutern müssen (LG Itzehoe, Beschl. v. 2. 7. 2009 – 9S 15/09 -).

Für die abgerechnete Wirtschaftseinheit fehle es an einer Rechtsgrundlage im Mietvertrag. Es bleibe offen, wann und in welcher Form der Kläger das abgerechnete Objekt als Wirtschaftseinheit gebildet habe.

Das Amtsgericht übergehe das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen hinsichtlich der vom Kläger angegebenen Gesamtfläche von 3.597,66 m². Sie – die Beklagten – hätten dazu keine zumutbaren Erkenntnisquellen.

Die Höhe der ausgeurteilten Vorschüsse sei zu beanstanden. Das Amtsgericht errechne Vorschüsse als angemessen, die nach seiner eigenen Berechnung 1/12 des Nachzahlungsbetrages zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % betragen sollten. Ein Sicherheitszuschlag dürfe aber nicht auf eine wegen Abrechnungsfehlern vom Gericht korrigierte höhere Vorschussforderung aufgeschlagen werden.

Das Gericht habe auf Erhöhung der Vorauszahlungen bereits ab 10/2010 erkannt. Nach § 9 Abs. 2 könne eine Erhöhung jedoch erst ab Beginn des auf die Erhöhungserklärung folgenden übernächsten Monats geltend gemacht werden. Eine Erhöhungserklärung könne erst nach der Beweisaufnahme und Beweiswürdigung durch das erstinstanzliche Gericht gesehen werden. Erst mit Verkündung des Urteils stehe fest, wie sich der Erhöhungsbetrag ansatzweise nachvollziehbar errechne.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des am 19. Mai 2011 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Pinneberg – 83 C 80/10 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil wie folgt: Der Vermieter sei nicht gehalten, das Abrechnungsprinzip der Nebenkostenabrechnung anzugeben. Die Mieter müssten sich weitergehende Informationen über die Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verschaffen.

Die Bildung der Wirtschaftseinheit beruhe auf billigem Ermessen gemäß § 315 BGB. Die Wirtschaftseinheit sei durch die Betriebskostenabrechnung – seit Mietvertragsbeginn – gebildet worden.

Zweifel an der Gesamtfläche müssten die Mieter durch Belegeinsicht ausräumen.

Der zugesprochene Betrag an zulässigen Vorauszahlungen bleibe hinter dem geforderten Betrag zurück. Das Gericht habe den zulässigen Sicherheitszuschlag berücksichtigen dürfen.

Die erhöhten Vorauszahlungen gemäß § 560 Abs. 4 BGB ständen ihm – dem Kläger – bereits ab Oktober 2010 zu, Aus dem Schreiben vom 16. 9. 2010 (Anl. K 5) ergebe sich die konkrete Höhe der verlangten Vorauszahlungen. Weiterer Erläuterungen habe es nicht bedurft.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die Beklagten greifen die Betriebskostenabrechnung des Klägers für das Jahr 2008 mit ihrer Berufung erfolglos an. Soweit das Amtsgericht sie für formell wirksam und materiell zutreffend gehalten hat, bleibt den weitergehenden Angriffen der Beklagten der Erfolg versagt. Folglich bleibt die Verurteilung zur Zahlung einer Nachforderung von 839,14 € bei Bestand.

Der Kläger hat die allgemeinen Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung gemäß § 259 BGB beachtet. Danach sind bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten in die Abrechnung regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der Vorauszahlungen des Mieters (BGH, Urt. v. 20. 7. 2005 – VIII ZR 371/04 – m.w.N.). Die dafür erforderlichen Angaben enthält die Abrechnung. Eine gebäudebezogene Abrechnung wird nicht geschuldet. Ist nach dem Mietvertrag eine bestimmte Abrechnungseinheit nicht vorgesehen, ist die Klägerin insoweit zur Leistungsbestimmung nach § 315 BGB berechtigt gewesen (LG Itzehoe, Urt. v. 14. 1. 2011 – 9 S 21/10 -; die Revision hat der BGH durch Beschluss vom 25. 10. 2011 – VIII ZR 69/11 – zurückgewiesen). Eine weitere Erläuterung des Abrechnungsprinzips war danach nicht geschuldet. Ebenso wenig bedurfte es der Darlegung oder des Hinweises, wann die Wirtschaftseinheit gebildet wurde.

Die Beklagten hätten ihren Anspruch auf Belegeinsicht ausüben müssen, um Bedenken gegen die angegebene Gesamtfläche nachzugehen und sie näher zu substantiieren. Ein Bestreiten mit Nichtwissen reicht insoweit nicht aus (LG Itzehoe a.a.O.). Hätten die Beklagten die ihnen zustehende Einsicht in die Unterlagen genommen, hätten sie die ihnen fehlenden Erkenntnisse gewinnen können. Eine solche Vorgehensweise ist nicht nur zumutbar, sondern der von der Rechtsprechung aufgezeigte Weg, etwaige Fehler eine Betriebskostenabrechnung aufzudecken.

Die Berufung hat indes Erfolg, soweit sie rügt, das in die Zukunft gerichtete Verlangen auf Zahlung höherer Nebenkostenvorschüsse hätte nicht um einen Sicherheitszuschlag von 10 % wegen zu erwartender Kostensteigerungen erhöht werden dürfen. Dies führt zu monatlich geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen von je 130,77 € anstelle der vom Amtsgericht zuerkannten 143,85 €. Daraus errechnet sich ein Erfolg von monatlich 13,08 €. Bezüglich des Rechenwerkes ist auf die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils S. 12 unter Ziffer I.3. zu verweisen.

Korrigiert das Gericht die Abrechnung, so ist ausschlaggebend für die Angemessenheit der Vorauszahlungen eine Anpassung an die abgerechneten Betriebskosten des Vorjahres, dabei besteht für die zu erwartenden Kosten jedoch kein Raum für einen „abstrakten“ Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % wegen möglicher Preissteigerungen auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten (BGH, Urt. v. 28. 9. 2011 – VIII ZR 294/10 -). Eine solche notwendige Korrektur ginge über das berechtigte Interesse des Vermieters hinaus, die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten nicht vorfinanzieren zu müssen. Nur wenn hinsichtlich bestimmter Betriebskosten Preissteigerungen konkret zu erwarten sein sollten, wäre eine Einbeziehung in die Berechnung statthaft. Solche Anhaltspunkte sind hier nicht geltend gemacht worden.

Da die höheren Vorauszahlungen mit Schreiben vom 16. 9. 2010 aufgrund der errechneten Nachzahlung für 2006 und 2007 gefordert wurden und der Aufstellung über die Betriebskosten beigefügt wurden, stehen dem Kläger die höheren Vorauszahlungen entsprechend der Regelung gemäß dem Mietvertrage der Parteien in § 9 Abs. 2 ab dem übernächsten (und nicht bereits ab dem nächsten) Monat zu (also ab November 2010).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 100 Abs. 4, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Zwar erhöht sich durch den Teilerfolg der Berufung auch das erstinstanzliche Obsiegen der Beklagten, gleichwohl führt die rechnerisch für sie zu günstige Kostenquote des Amtsgerichts nicht noch zu einer weiteren Verschiebung zulasten des Klägers. Mangels klägerischen Berufungsangriffs ist der Kammer versagt, die erstinstanzliche Kostenentscheidung zu Lasten der im Berufungsrechtszug teilweise siegreichen Beklagten zu verschieben (§ 308 Abs. 1 ZPO).

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