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Fristlose Mietvertragskündigung bei Taubenhaltung in Wohnung

Taubenhaltung führt zu fristloser Kündigung: Gericht urteilt

In dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt mit dem Aktenzeichen 33 C 429/22 (29) vom 04.05.2023 wurde der Beklagte zur Räumung einer von ihm gemieteten Wohnung verurteilt. Grund für die fristlose Kündigung war die Haltung von etwa zwanzig Tauben in der Ein-Zimmer-Wohnung, die zu einer erheblichen Verschmutzung und Schimmelbildung führte. Trotz mehrfacher Abmahnung und der Bereitstellung einer Sanierungsmöglichkeit durch die Klägerin, behinderte der Beklagte die Sanierungsarbeiten, was letztlich zur fristlosen Kündigung führte. Die Entscheidung des Gerichts beruhte auf der Feststellung, dass die Taubenhaltung und das Verhalten des Beklagten eine erhebliche Gefährdung der Wohnungssubstanz darstellten und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Klägerin unzumutbar machten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 33 C 429/22 (29) >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Amtsgericht Frankfurt hat entschieden, dass die Haltung von etwa zwanzig Tauben in einer Ein-Zimmer-Wohnung eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.
  2. Die Wohnung wurde durch Taubenkot und Schimmelbildung erheblich beschädigt, was über den vertragsgemäßen Gebrauch hinausgeht.
  3. Trotz einer Chance zur Sanierung durch die Klägerin, behinderte der Beklagte die Sanierungsarbeiten aktiv.
  4. Die fristlose Kündigung wurde auch durch erneutes Fehlverhalten des Beklagten, nachdem ihm eine zweite Chance gegeben wurde, begründet.
  5. Der Beklagte versuchte seine psychische Disposition und sein Bemühen um Reinigung der Wohnung als Verteidigung anzuführen, was jedoch nicht ausreichend war, um das Urteil zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
  6. Das Gericht gewährte dem Beklagten keine Räumungsfrist, da das Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen Räumung höher gewichtet wurde.
  7. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Beklagten auferlegt.
  8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, der Beklagte kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung abwenden.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die fristlose Kündigung eines Mietvertrags, ausgelöst durch die unerlaubte Haltung von zirka zwanzig Tauben in einer Ein-Zimmer-Wohnung in Frankfurt am Main. Diese außergewöhnliche Situation führte zu erheblichen Beeinträchtigungen: Die Wohnung und Möbel waren durch Taubenkot stark verschmutzt, zudem bildete sich Schimmel an den Wänden. Die Klägerin, Vermieterin der Wohnung, und der Beklagte, der Mieter, fanden sich in einer rechtlichen Auseinandersetzung wieder, die letztendlich vor dem Amtsgericht Frankfurt entschieden wurde.

Unerlaubte Taubenhaltung als Auslöser für rechtliche Auseinandersetzungen

Der Fall begann, als im Sommer 2021 die unerlaubte Haltung der Tauben durch eine Sozialarbeiterin entdeckt wurde. Der Zustand der Wohnung veranlasste die Klägerin zunächst zu einer Abmahnung, unter der Bedingung, dass der Beklagte bei der Sanierung der Wohnung mitwirkt und die Tauben entfernt.

Taubenhaltung
(Symbolfoto: goodbishop /Shutterstock.com)

Die Situation eskalierte jedoch weiter, als die geplante Sanierung durch das Verhalten des Beklagten behindert wurde. Trotz eines städtischen Programms für ambulantes betreutes Wohnen und der Übernahme der Kernsanierung durch die Stadt Frankfurt am Main, sah sich die Klägerin gezwungen, fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigungen auszusprechen – zunächst wegen fehlender Mitwirkung an der Sanierung, später auch wegen weiterer Verstöße, wie der Nichtduldung von Wohnungsbesichtigungen und einem aus der Wohnung austretenden Gestank.

Rechtliche Bewertung der Taubenhaltung und Mieterpflichten

Das Amtsgericht Frankfurt musste in diesem Fall nicht nur die ungewöhnliche Situation der Taubenhaltung in einer Mietwohnung bewerten, sondern auch die daraus resultierenden Pflichtverletzungen des Mieters. Die Haltung der Tauben führte zu einer erheblichen Verschmutzung und Schädigung der Wohnungssubstanz, was eine fristlose Kündigung rechtlich begründete. Der Fall wurde komplexer durch das Verhalten des Beklagten während der geplanten Sanierungsarbeiten, welches als weitere erhebliche Pflichtverletzung gewertet wurde.

Gerichtliche Entscheidung zur fristlosen Kündigung

Das Gericht urteilte zugunsten der Klägerin und befand die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Es stellte fest, dass die unerlaubte Taubenhaltung und das daraus resultierende Verhalten des Beklagten die Wohnung in einem Maße gefährdeten, dass ein Festhalten am Mietvertrag für die Klägerin nicht zumutbar war. Die Entscheidung beruhte auf der Bewertung, dass der Beklagte durch sein Verhalten die Rechte der Vermieterin in erheblichem Maße verletzt hatte.

Schlussfolgerungen des Falls

Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Pflichten durch Mieter und die Grenzen der Tierhaltung in Mietwohnungen. Es verdeutlicht, dass bei schwerwiegenden Verstößen gegen den Mietvertrag und erheblicher Beeinträchtigung der Mietsache eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein kann. Der Fall betont auch die Wichtigkeit der Mitwirkung an Sanierungsmaßnahmen und der Duldung von Wohnungsbesichtigungen durch den Mieter.

Das Urteil bildet somit einen wichtigen Orientierungspunkt für Mieter und Vermieter im Umgang mit der Tierhaltung und den daraus möglicherweise resultierenden Konflikten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird die unerlaubte Tierhaltung in Mietwohnungen rechtlich bewertet?

Die rechtliche Bewertung der unerlaubten Tierhaltung in Mietwohnungen in Deutschland ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Generell gilt, dass ein generelles Verbot der Tierhaltung durch den Vermieter im Mietvertrag unwirksam ist. Dies wurde durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt, zuletzt im Jahr 2013 (Az. VIII ZR 168/12).

Kleintiere wie Fische, Hamster oder Wellensittiche dürfen in der Regel ohne Zustimmung des Vermieters gehalten werden, da ihre Haltung als Teil des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietwohnung angesehen wird. Für die Haltung von Hunden, Katzen oder anderen größeren Tieren kann der Vermieter jedoch eine Zustimmung verlangen. Diese darf allerdings nicht willkürlich verweigert werden. Der Vermieter muss seine Entscheidung auf nachvollziehbaren Gründen basieren, wie beispielsweise der Größe des Tieres, der Anzahl der Tiere, der Art des Tieres und der potenziellen Beeinträchtigung der Mietsache oder der Nachbarn.

Bei unerlaubter Tierhaltung, also wenn ein Tier ohne die erforderliche Zustimmung des Vermieters oder entgegen eines wirksamen Verbots in der Mietwohnung gehalten wird, kann dies rechtliche Konsequenzen für den Mieter haben. Dazu zählen Abmahnungen, die Aufforderung zur Entfernung des Tieres aus der Wohnung und im schlimmsten Fall sogar die Kündigung des Mietverhältnisses. Eine fristlose Kündigung ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa wenn durch das Tier eine erhebliche Belästigung anderer Mieter oder eine Gefährdung von Personen besteht.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Tierhaltung immer eine Einzelfallentscheidung ist. Dabei müssen die Interessen des Mieters, des Vermieters und gegebenenfalls anderer Mieter gegeneinander abgewogen werden. Mieter, die ein Tier halten möchten, sollten daher im besten Fall vor der Anschaffung des Tieres das Gespräch mit dem Vermieter suchen und sich dessen Zustimmung schriftlich bestätigen lassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die unerlaubte Tierhaltung in Mietwohnungen zu Konflikten mit dem Vermieter führen kann und im schlimmsten Fall rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Eine offene Kommunikation und das Einholen der erforderlichen Zustimmung sind daher essentiell, um Probleme zu vermeiden.

Welche Pflichten haben Mieter bei der Instandhaltung und Sauberkeit der Mietwohnung?

Mieter haben in Deutschland eine Reihe von Pflichten, die sie während der Mietzeit erfüllen müssen, um die Mietwohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten. Diese Pflichten umfassen sowohl die Instandhaltung und Sauberkeit der Wohnung als auch die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln, die im Mietvertrag festgelegt sein können.

Instandhaltung und Sauberkeit

Die Instandhaltungspflicht des Mieters beschränkt sich in der Regel auf die Durchführung von Kleinreparaturen und die Beseitigung von Schäden, die durch unsachgemäßen Gebrauch entstanden sind. Kleinreparaturen umfassen beispielsweise das Auswechseln von Dichtungen, das Reparieren von tropfenden Wasserhähnen oder das Auswechseln von defekten Lichtschaltern. Die Kosten für solche Reparaturen dürfen jedoch einen bestimmten Betrag (oft in der Größenordnung von 75 bis 100 Euro pro Einzelfall) nicht überschreiten und sollten im Jahr nicht mehr als eine festgelegte Quote der Jahresmiete (häufig 6-8%) erreichen.

Die Sauberkeit der Wohnung ist ebenfalls eine wichtige Mieterpflicht. Mieter müssen ihre Wohnung so pflegen, dass keine Schäden durch Verschmutzung oder Vernachlässigung entstehen. Dazu gehört auch, dass die Wohnung bei einem Auszug in einem besenreinen Zustand übergeben wird, was bedeutet, dass die Wohnung frei von Staub, Schmutz und Ungeziefer sein sollte. Die Reinigung der Außenflächen der Wohnungsfenster fällt ebenfalls in den Verantwortungsbereich des Mieters.

Verhaltensregeln

Neben der Instandhaltung und Sauberkeit sind Mieter auch dazu verpflichtet, sich so zu verhalten, dass keine Belästigung oder Beeinträchtigung der Nachbarn oder des Vermieters entsteht. Dazu gehört unter anderem die Einhaltung der Ruhezeiten, die ordnungsgemäße Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen und die Vermeidung von Aktivitäten, die die Bausubstanz gefährden könnten.

Meldepflicht

Eine weitere wichtige Pflicht des Mieters ist die Meldepflicht bei Schäden oder Mängeln. Mieter müssen Schäden an der Mietwohnung unverzüglich dem Vermieter melden, damit dieser die Möglichkeit hat, die notwendigen Reparaturen oder Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Mieter in Deutschland eine Reihe von Pflichten haben, die darauf abzielen, die Mietwohnung in einem guten Zustand zu halten und ein harmonisches Zusammenleben mit den Nachbarn und dem Vermieter zu gewährleisten. Die Einhaltung dieser Pflichten ist nicht nur rechtlich geboten, sondern trägt auch dazu bei, mögliche Konflikte zu vermeiden und das Mietverhältnis auf einer soliden Basis zu führen.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  1. § 546 Abs. 1 BGB – Anspruch auf Räumung und Herausgabe: Dieser Paragraph regelt den Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses. Im vorliegenden Fall begründet er die Forderung der Klägerin nach Räumung der Wohnung durch den Beklagten nach der fristlosen Kündigung.
  2. § 985 BGB – Herausgabeanspruch: Dieser Paragraph gibt dem Eigentümer einer Sache das Recht, die Herausgabe der Sache von dem Besitzer zu verlangen. In Bezug auf das Urteil stützt er zusätzlich den Anspruch der Klägerin auf Rückgewinnung des Besitzes der vermieteten Wohnung.
  3. § 543 Abs. 1 BGB – Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund: Erlaubt die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses durch beide Vertragsparteien bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Der unerlaubte Tierhaltung, die zur erheblichen Verschmutzung und Beschädigung der Wohnung führte, diente hier als wichtiger Kündigungsgrund.
  4. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB – Erhebliche Verletzung der Mieterpflichten: Spezifiziert, dass eine erhebliche Gefährdung der Mietsache durch den Mieter einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt. Dieser Paragraph wurde angewandt, da die Taubenhaltung des Beklagten eine solche Gefährdung darstellte.
  5. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB – Besitzrecht nach Kündigung: Besagt, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses kein Recht mehr hat, die Sache zu besitzen. Im Urteil dient dieser Paragraph dazu, die Pflicht des Beklagten zur Räumung der Wohnung rechtlich zu untermauern.
  6. § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO – Beweisführung und freie Beweiswürdigung durch das Gericht: Erlaubt dem Gericht, nach freier Überzeugung über das Vorliegen einer Tatsache zu entscheiden, basierend auf der Gesamtheit der Verhandlungen und Beweisaufnahmen. Dieser Paragraph unterstützt die Feststellung des Gerichts bezüglich der Pflichtverletzungen des Beklagten und seiner mangelnden Mitwirkung an der Sanierung der Wohnung.


Das vorliegende Urteil

AG Frankfurt – Az.: 33 C 429/22 (29) – Urteil vom 04.05.2023

Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltene Wohnung im zweiten Obergeschoss links von … Straße 25, … Frankfurt am Main, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Flur, einem Balkon, einem Bodenraum, einem Keller und einem Bad mit WC zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten kann die vorläufige Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung von 3.000,00 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 2.769,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Beklagte mietete bei der Klägerin eine Ein-Zimmer-Wohnung mit 43,37 Quadratmetern in Frankfurt am Main durch Mietvertrag vom 5. Februar 2018 an. Der vertragliche Mietpreis liegt aktuell bei 230,75 Euro netto.

Im Sommer 2021 stellte die Zeugin A als Sozialarbeiterin der Klägerin in der Wohnung des Beklagten fest, dass der in ihr zirka zwanzig Tauben hielt, die in der Wohnung frei umherflatterten. Die Wohnung und die Möbel waren mit Taubenkot konterminiert. An den Wänden bildete sich Schimmel. Zunächst beließ es die Klägerin bei einer Abmahnung, wenn der Beklagte bei der Grundsanierung der Wohnung mitwirkt und die Tauben entfernt. Der Beklagte begab sich in ein städtisches Programm für ambulantes betreutes Wohnen und trennte sich von den Tauben. Die Stadt Frankfurt am Main übernahm die Kernreinigung und -sanierung der Wohnung und beauftragte eine Firma, die Anfang November 2021 mit der Arbeit beginnen wollte. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2021 sprach die Klägerin dem Beklagten die fristlose, hilfsweise ordnungsgemäße Kündigung wegen fehlender Mitwirkung an und Behinderung von der Beseitigung des verwahrlosten Wohnungszustands aus. Die Arbeiten wurden Mitte Dezember 2021 beendet. Im Prozess erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2022 vorsorglich erneut die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung wegen der Taubenhaltung, für die der Beklagte nunmehr strafrechtlich belangt worden sei. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2022 sprach die Klägerin eine weitere Kündigung wegen Nichtduldung eines angekündigten Wohnungsbesichtigungstermins aus. Nochmals kündigte die Klägerin durch Schriftsatz vom 1. Februar 2023 wegen aus der Wohnung des Beklagten austretenden Gestanks.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Wohnung der Verwahrlosung anheimfallen lassen und die Sanierung behindert. Konkret habe er die Reinigungs- und Renovierungsarbeiten der beauftragten Firma unterbrochen, indem er entweder die Mitarbeiter fortgeschickt oder sich verweigerte habe, die Wohnung freizulassen. Er habe kontaminierte Gegenstände aus der Wohnung in den Keller geräumt, die gestunken und in denen Mäuse genistet hätten. Im Hausflur sei inzwischen wieder ausgehend von der Wohnung ein unerträglicher Gestank wahrzunehmen. Die Schimmelbildung an den Wänden gehe auf ein fehlerhaftes Lüftungs- und Heizverhalten sowie die Taubenhaltung des Beklagten zurück.

Dem Beklagten ist durch Beschluss vom 8. Juli 2022 Prozesskostenhilfe gewährt worden.

Die Klägerin beantragt, der Beklagte zu verurteilen, die von ihm innegehaltene Wohnung im zweiten Obergeschoss links von … Straße 25, … Frankfurt am Main, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Flur, einem Balkon, einem Bodenraum, einem Keller und einem Bad mit WC zu räumen und an sie herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet unter Vorlage der Kopie eines Attestes (Bl. 162 d.A.), an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie rezidivierenden depressiven Episoden und Panikattacken zu leiden. Er habe die Sanierung der Wohnung nicht behindert, sondern stattdessen selbst versucht, die Wohnung zu reinigen. Er habe lediglich die Mitarbeiter der Sanierungsfirma darauf hingewiesen, dass der Schimmel das Hauptproblem sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A, K, D und B. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2023 (Bl. 164 ff. d.A.) verwiesen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat aus § 546 Abs. 1 BGB und § 985 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Mit der wirksamen außerordentlichen Kündigung vom 3. Dezember 2021 endete das Mietverhältnis und verlor der Beklagte sein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.

Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigen Grund fristlos kündigen. Nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB liegt ein solcher Grund insbesondere dann vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Ob die Gefährdung erheblich ist und somit zur Kündigung berechtigt, ist anhand einer Abwägung der gegenseitigen Interessen nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 14.07.1993 – VIII ARZ 1/93, NJW 1993, 2528 [2529]; Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 9. Aufl. 2023, § 543 Rn. 39).

Unstreitig ist, dass der Beklagte unerlaubt mehrere Tauben in seiner Ein-Zimmer-Wohnung gehalten hat. Schon damit hat der Beklagte die Substanz der Wohnung in einem derartigen Ausmaß gefährdet, dass die Klägerin außerordentlich hätte kündigen können. Grundsätzlich ist die unerlaubte Tierhaltung nicht per se ein Kündigungsgrund (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 9. Aufl. 2023, § 543 Rn. 40). Auch kann man Tauben etwa durch Aufbau eines Taubenschlags im Garten halten, ohne sich direkt einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sehen (so AG Jülich, Urt. v. 15.04.2006 – 11 C 19/06, BeckRS 2008, 20383). Ein solcher Fall war hier jedoch nicht gegeben. Der Beklagte hat die Tauben schlicht in seiner Wohnung herumflattern und leben lassen, sodass sie sämtliche Gegenstände, Böden und Wände mit Kot kontaminierten. Diese Nutzung ging weit über den vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 538 BGB hinaus. Nach der Beweisaufnahme steht auch für das Gericht fest, dass es wegen der Taubenhaltung zur Schimmelbildung in der Wohnung kam. Der Zeuge K bekundete diesbezüglich, dass der Schimmel sich aufgrund seiner technischer Messungen nur von der Oberfläche her und nicht durch einen Baumangel gebildet haben kann. Eindeutig war die Substanz der Wohnung schwer beschädigt. Dennoch verzichtete die Klägerin durch die Zeugin A vorerst auf die Kündigung und bot eine Sanierung an.

Indem der Beklagte diese Sanierung jedoch mit seinem Verhalten konterkarierte, gefährdete er die Substanz der Wohnung erneut und berechtigte die Klägerin zur fristlosen Kündigung vom 3. Dezember 2021. Nach der Bekundung der Zeugin A verweigerte sich der Beklagte am 2. November 2021 zunächst einer Sanierung, um angeblich Beweismittel zu sichern. Der Zeuge D bezeugte dann als Mitarbeiter der beauftragten Sanierungsfirma, dass der Beklagte ständig die Wohnung aufsuchte und seine Arbeiten unterbrach. Durch die Störungen des Beklagten haben sich die Arbeiten mehrere Tage hinauszögert.

Zur Beweisaufnahme über den Kündigungsgrund lag die Beweisaufnahme bei der Klägerin als Vermieterin (vgl. Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, BGB, § 543 Rn. 250). Die Aussagen der Zeugen sind, wie oben dargestellt ergiebig und konnten nachweisen, dass der Beklagte trotz selbstverschuldeter Verwahrlosung der Wohnung ihrer Widerherstellung entgegenwirkte. Gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Das Gesetz verlangt dabei keine absolute oder unumstößliche Gewissheit (BGH, Urt. v. 16.04.2013 – VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 7 f.; BGH, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 19/14, NJW 2016, 942 Rn. 40; BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 14). Gleichfalls reicht aber ein bloßes Für-wahrscheinlich-Halten nicht (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946 [948]; BGH, Urt. v. 01.10.2019 – VI ZR 164/18, NJW 2020, 1072 Rn. 9). Vielmehr braucht es eines für das praktische Leben brauchbaren Grads von Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946 [948]; BGH, Urt. v. 16.04.2013 – VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 7 f.; BGH, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 19/14, NJW 2016, 942 Rn. 40; BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, NJW 2017, 1093 Rn. 60; BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 14). Sämtliche Bekundungen der Zeugen sind glaubhaft. Sie sind allesamt detailliert, widerspruchsfrei sowie ersichtlich aus einem eigenen Erleben geschildert. Eine Belastungstendenz zulasten des Beklagten ist keinem Zeugen anzumerken. Vielmehr haben insbesondere die Zeugen A und B klargestellt, dass sie dem Beklagten zu Anfang gar nicht aus der Wohnung haben wollten, sondern dass er eine Chance erhält, dort wohnen zu bleiben. In den wesentlichsten Punkten deckten sich die vier Aussagen, was die Glaubhaftigkeit der Einzelbekundungen untermauert.

Die nach Auffassung des Gerichts nachgewiesene Behinderung und fehlende Mitwirkung an der Grundreinigung und -sanierung der Wohnung war erheblich genug, um die fristlose Kündigung zu begründen. Dabei würdigt das Gericht auch, dass sich nach der Beweisaufnahme sich der Beklagte selbst nach Aussage der Zeugin A um eine Wiederherstellung der Wohnung bemüht und die Wohnung eigenverantwortlich gereinigt hat. Das Grundfehlverhalten mit der Taubenhaltung wiegt jedoch so schwer, dass der Klägerin spätestens nach dem die Sanierung behindernden Verhalten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Wenn ein Mieter, der durch sein Verhalten bereits die Bausubstanz seiner Wohnung gefährdet hat und somit kündigungsfällig wäre, vom Vermieter eine zweite Chance bekommen hat, so ist weiteres Fehlverhalten, mit dem er die Wiederherstellung der Wohnung hintertreibt, umso gewichtiger zu seinen Lasten zu würdigen.

II.

Dem Beklagten ist auch nicht von Amts wegen eine Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO zu gewähren.

Obwohl die Räumungsfrist auch von Amts wegen gewährt werden kann, ergeht keine Amtsermittlung. Es obliegt dem Räumungsschuldner die maßgeblichen Umstände mitzuteilen (Götz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 2, 6. Aufl. 2020, § 721 Rn. 5; Ulrici, in: Beck’scher Online-Kommentar zum ZPO, 48. Edition 2023, § 721 Rn. 11). Aufgrund des ihm im Parteivortrag vorgebrachten Sachverhalts hatte das Gericht das Wohninteresse des Mieters und das Interesse des Vermieters an einer alsbaldigen Räumung abzuwägen (BayObLG, Beschl. v. 21.01.1975 – BReg. 3 Z 6/75, ZMR 1975, 219; OLG Hamm, Urt. v. 25.10.1994 – 28 U 40/94, NJW-RR 1995, 526 [527]; Götz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd. 2, 6. Aufl. 2020, § 721 Rn. 9). Demnach war dem Beklagten keine Räumungsfrist zuzugestehen.

Zugunsten des Beklagten würdigte das Gericht, seine Behauptung einer schwerwiegenden psychischen Disposition und der allgemein bekannten Situation auf dem Mietmarkt in Frankfurt am Main. Schwerer wog jedoch das Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen Räumung. Nach den Bekundungen der Zeugin A und B gefährdet die Wohnhaltung des Beklagten zudem auch weiterhin den Wohnbestand und stört den Hausfrieden durch übermäßige Geruchsbelästigung. Es ist zu besorgen, dass trotz der Sanierung im Dezember 2021 die Wohnung abermals verwahrlost ist. Im Übrigen war der Beklagte seit Dezember 2021 gekündigt und in einer betreuten Wohnform, sodass er genug Zeit hatte, sich durch entsprechende Hilfe anderweitigen Wohnraum zu suchen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Bestimmungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 7, 711 Satz 1 ZPO.

Der Streitwertbeschluss geht auf §§ 63 Abs. 2 Nr. 1, 41 Abs. 2 GKG zurück.

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