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Betriebskostenabrechnung ohne Umlageschlüssel – Rückzahlungsanspruch?

OLG Dresden – Az.: 5 U 936/19 – Beschluss vom 09.08.2019

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 10.04.2019 (5 O 1798/18) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Sie sollte zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit der Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

Der Verhandlungstermin am 11.09.2019 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt als (Unter-)Mieterin von Büro- und Lagerräumen in den Objekten M… xE und M… xG in D… die Rückzahlung von aus ihrer Sicht überzahlten Betriebskosten.

Die Klägerin mietete von der Beklagten, welche ihrerseits Mieterin der Eigentümerin des Gesamtobjektes, der YYY GbR, ist, mit dem Vertrag vom 14.05.2012 (Anlage K 1) Büroräume im EG und OG des Hauses M… xE ab dem 15.05.2012 und mit dem Vertrag vom 31.08.2012 (Anlage K 2) Lagerräume im EG des Objektes M… xG ab dem 01.09.2012 an. Die von der Beklagten formularmäßig gestellten Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 enthalten jeweils in ihrem § 4 eine Umlagevereinbarung für Nebenkosten, zu denen auch sonstige Betriebskosten in Form der Verwaltungskosten gehören. Wegen des übereinstimmenden Wortlauts insoweit wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Die Beklagte erstellte für die Lagerräume Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2013 (Anlage K 3), 2014 (Anlage K 4) und 2015 (Anlage K 6) sowie für die Büroräume für die Jahre 2014 (Anlage K 5) und 2015 (Anlage K 7). Der Verteilerschlüssel ist in allen Abrechnungen mit „Promille“ angegeben, wobei der Gesamtwert jeweils 10.000 beträgt. Für die Lagerräume ist der Anteil in den Abrechnungen 2013 und 2014 jeweils mit 431,54 Promille und in der Abrechnung 2015 mit 275,80 Promille angegeben, während er für die Büroräume in der Abrechnung 2014 286,27 Promille und in der Abrechnung 2015 203,30 Promille beträgt. Die in den Abrechnungen auf die Klägerin entfallenden Verwaltungskosten betragen in der Abrechnung 2013 für Lagerräume 2.023,99 EUR brutto sowie für Lagerräume und Büroräume zusammen in den Abrechnungen für 2014 7.639,00 EUR brutto und in den Abrechnungen für 2015 5.098,61 EUR brutto. Wegen der Zusammensetzung der Beträge im Einzelnen wird auf die Aufstellung auf Seite 7 der Anspruchsbegründung vom 26.06.2018 (Bl. 15 dA) Bezug genommen. Für das Jahr 2013 macht die Klägerin einen Rückzahlungsanspruch lediglich in Höhe von 808,33 EUR geltend. In der Addition mit den Verwaltungskosten für die Jahre 2014 und 2015 ergibt sich die Klageforderung von 13.545,94 EUR.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die Betriebskosten im Umfang der auf sie entfallenden „Verwaltungskosten“ ohne Rechtsgrund an die Beklagte gezahlt, so dass sie einen Rückzahlungsanspruch habe. Die streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen seien bereits formell unwirksam, weil der Verteilerschlüssel nicht erläutert sei. Hinsichtlich der Umlage der Verwaltungskosten auf die Klägerin seien die streitgegenständlichen Abrechnungen zudem materiell unrichtig. Die formularmäßige Umlagevereinbarung in § 4 Nr. 2 der Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 halte schon einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Mindestens aber müsse die Höhe der umzulegenden Verwaltungskosten auf 5,5 % der jährlichen Bruttomiete begrenzt werden, weil die Verwaltungskosten anderenfalls unwirtschaftlich seien.

Betriebskostenabrechnung ohne Umlageschlüssel – Rückzahlungsanspruch?
(Symbolfoto: Von kudla/Shutterstock.com)

Die Beklagte hat vorgetragen, die streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen seien formell und materiell richtig und bildeten deshalb einen Rechtsgrund für das Behalten dürfen der Verwaltungskostenbeträge, deren Rückzahlung die Klägerin fordere. Die Umlagevereinbarung halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Umschreibung der Verwaltungskosten in § 4 der Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 entspreche der Definition aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV. In Bezug auf die Rückzahlungsforderung für das Jahr 2013 hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Im Übrigen sei die Forderung der Klägerin jedenfalls verwirkt.

Mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 04.03.2019 übergebenen Schriftsatz vom selben Tage hat die Beklagte dargelegt, dass sich die Promillewerte in den streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen auf die vermietbare Gesamtfläche beziehen und welchen Umfang die vermietbare Gesamtfläche einerseits und die von der Klägerin angemietete Fläche andererseits im streitgegenständlichen Zeitraum gehabt habe.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 10.04.2019 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 13.545,64 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch der Klägerin sei begründet, weil kein Rechtsgrund für das Behalten dürfen der zu Lasten der Klägerin berechneten „Verwaltungskosten“ bestehe. Die streitgegenständlichen, als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten, Betriebskostenabrechnungen seien formell unwirksam, weil sie den angewandten Umlageschlüssel nicht nachvollziehbar darlegten. Zwar habe die Beklagte diese Darlegung im laufenden Prozess mit dem Schriftsatz vom 04.03.2019 nachgeholt. Mit dem Vorbringen aus diesem Schriftsatz sei sie jedoch nach § 296 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Die Regelung in § 4 Nr. 10 S. 3 der beiden Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 zur Bestimmung einer Ausschlussfrist für Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung stehe einer Rüge der formellen Unwirksamkeit der Abrechnungen durch die Klägerin nicht entgegen. Die Klageforderung sei nicht verwirkt und in Bezug auf das Jahr 2013 auch nicht verjährt.

Gegen das ihr am 15.04.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.04.2019 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 19.06.2019 begründet. Sie trägt vor, die Beklagte habe die Position der Verwaltungskosten in den streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen formell fehlerfrei abgerechnet. Zumindest dem damaligen Geschäftsführer und heutigen Prokuristen, Herrn M… M…, sei die Verteilung der M…einheiten in Promille und die Berechnung der Promillewerte auf der Grundlage der Gesamtfläche des Mietobjektes zu der von der Klägerin angemieteten Fläche bekannt gewesen, so dass eine darüber hinausgehende Erläuterung in den Betriebskostenabrechnungen nicht erforderlich gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes sei die Beklagte mit ihrem Vortrag zur Erläuterung des Verteilerschlüssels im Schriftsatz vom 04.03.2019 nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO präkludiert gewesen. Es habe zum einen an einer hinreichenden Rüge der fehlenden Erläuterung von Seiten der Klägerin gefehlt und zum anderen habe auch das Landgericht im Rahmen seiner Hinweis- und Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO nicht darauf hingewiesen, dass das Vorbringen der Beklagten unklar oder lückenhaft sei. Schließlich entsprächen die streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen auch den materiellen Erfordernissen und seien insbesondere wirksam ohne eine Begrenzung auf 5,5 % der Bruttosollmiete vereinbart worden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Dresden, Az. 5 O 1798/18, vom 10. April 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichtes unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Der Berufung fehlt zur einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich die Erfolgsaussicht und es sind auch die weiteren Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO erfüllt, so dass der Senat beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Wegen der beabsichtigten Zurückweisung im Beschlusswege wird der Verhandlungstermin am 11.09.2019 aufgehoben.

Der Klägerin steht ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB wegen der auf die Betriebskosten der Jahre 2013 bis 2015 für die Lagerräume und der Jahre 2014 und 2015 für die Büroräume geleisteten Zahlungen im Umfang der geltend gemachten Beträge, die auf die Verwaltungskosten entfallen, zu, weil zugunsten der Beklagten ein Rechtsgrund für das Behalten dürfen dieser Zahlungen nicht besteht.

Die als Anlage K 2 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen können in Verbindung mit der Umlagevereinbarung jeweils in § 4 der Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 und in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB eine Rechtsgrundlage nicht bilden, weil sie formell unwirksam sind (dazu 1.). Vom Senat ist nicht zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem Vortrag im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.03.2019 die formelle Unwirksamkeit der Betriebskostenabrechnungen Anlage K 2 bis K 7 beseitigt hat, weil die Beklagte mit dem neuen Vorbringen in diesem Schriftsatz vom Landgericht gemäß § 296 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen wurde, woran der Senat nach § 531 Abs. 1 ZPO gebunden ist (dazu 2.). Die Klägerin ist an der Rüge der formellen Unwirksamkeit der als Anlage K 2 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen nicht durch die Regelung in § 4 Nr. 10 S. 3 der Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 über eine Ausschlussfrist für Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung gehindert (dazu 3.). Die Klägerin hat die Klageforderung nicht verwirkt (dazu 4.). Die Rückzahlungsforderung ist in Bezug auf die Lagerräume für das Jahr 2013 nicht verjährt (dazu 5.).

1. Eine Betriebskostenabrechnung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht. Mindestens sind in sie aufzunehmen eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen. Die Abgrenzung zwischen formeller Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung einerseits und deren inhaltlicher Richtigkeit andererseits richtet sich danach, ob der Mieter in der Lage ist, die Art des Verteilungsschlüssels der einzelnen Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an den Gesamtkosten rechnerisch nachzuprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2008, VIII ZR 295/07, NJW 2009, 283; Urteil vom 19.07.2017, VIII ZR 3/17, NZM 2017, 732).

Nach diesen Kriterien sind die als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen formell unwirksam. Sie genügen nämlich nicht den dargestellten Mindestanforderungen, indem sie den Umlageschlüssel nicht angeben. Die Angabe der Kostenverteilung nach Promillewerten beinhaltet keinen Umlageschlüssel, sondern setzt ihn voraus. Erst wenn ein Umlaugeschlüssel bestimmt ist, kann das Mietobjekt mit einem Anteil (etwa in Prozent oder Promille) zu den entstandenen Gesamtkosten ins Verhältnis gesetzt werden. Es kann offen bleiben, ob die Angabe des Umlageschlüssels in der Betriebskostenabrechnung dann entbehrlich wäre, wenn die Umlagevereinbarung im Mietvertrag einen Umlageschlüssel bestimmte. Die Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 bestimmen nämlich keinen Umlagemaßstab. Es greift auch kein gesetzlicher Umlageschlüssel ein, weil die Regelung in § 556a Abs. 1 BGB nur für Mietverträge über Wohnraum gilt. Sie wird nicht in § 578 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB für auf Mietverhältnisse über Geschäftsräume entsprechend anwendbar erklärt.

Das Fehlen der Angabe des Umlageschlüssels in den Betriebskostenabrechnungen wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der ehemalige Geschäftsführer und jetzige Prokurist der Beklagten Gesellschafter der YYY GbR ist und als solcher Einblick in die Projektentwicklung auf dem M…gelände hatte. Dieser Umstand mag im Einzelfall dazu führen, dass die Anforderungen an die Erläuterung eines angegebenen Umlageschlüssels für die Klägerin niedriger anzusetzen sind. Er lässt aber nicht die Notwendigkeit der Angabe des Umlageschlüssels in den Betriebskostenabrechnungen als Mindestanforderung an deren formelle Wirksamkeit entfallen.

2. Die notwendige Ergänzung oder Erläuterung einer formell unwirksamen Betriebskostenabrechnung kann grundsätzlich zulässigerweise in einem laufenden Rechtsstreit vor Gericht nachgeholt werden (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2002, 5/23 U 2557/01, NZM 2002, 437; OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2013, I-10 U 52/13, ZMR 2014, 441).

Eine entsprechende Ergänzung der formell unwirksamen Betriebskostenabrechnungen, die als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegt wurden, kann im vorliegenden Falle die Beklagte aber nicht mit dem Inhalt des Schriftsatzes ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.03.2019 vornehmen, weil das Landgericht dieses Vorbringen zu Recht nach § 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen hat, woran der Senat gemäß § 531 Abs. 1 ZPO gebunden ist.

Die Zurückweisung des Vorbringens durch das Landgericht nach § 296 Abs. 1 ZPO erfolgte zu Recht, weil es sich bei der Ergänzung und Erläuterung der Betriebskostenabrechnungen um ein Verteidigungsmittel der Beklagten i.S.v. § 296 Abs. 1 ZPO handelte, welches sie innerhalb der mit richterlicher Verfügung vom 19.07.2018 nach § 276 Abs. 1 ZPO gesetzten Frist, die bis zum 21.09.2018 verlängert wurde, hätte vorbringen müssen. Die Beklagte hat die Verspätung ihres Vortrages nicht genügend entschuldigt, und das Landgericht hat im Urteil für den Senat nachvollziehbar dargelegt, warum nach seiner freien Überzeugung die Zulassung des verspäteten Vorbringens im Schriftsatz vom 04.03.2019, also die Ergänzung und Erläuterung der Betriebskostenabrechnungen, den Rechtsstreit verzögern würde. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht auch zutreffend dargelegt, dass durch die Anwendung von § 296 Abs. 1 ZPO im vorliegenden Falle keine sog. Überbeschleunigung eintritt.

Zu Unrecht macht die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 19.06.2019 geltend, die Verspätung des Vorbringens im Schriftsatz vom 04.03.2019 sei auch vom Landgericht verursacht worden, weil dieses seine Hinweispflicht aus § 139 Abs. 1, Abs. 2 ZPO verletzt habe.

Bis zu dem Vortrag zur Ergänzung und Erläuterung der als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen im Schriftsatz vom 04.03.2019 lag kein ergänzungsbedürftiger Vortrag der Beklagten vor, auf dessen Vervollständigung das Landgericht hätte nach § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO hinwirken müssen. Vielmehr stellte sich die Rechtsfrage, ob die als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen formell wirksam waren oder nicht. Es ging also nicht um die Frage der Ergänzungsbedürftigkeit des Sachvortrages der Beklagten zu den vorgelegten Betriebskostenabrechnungen, sondern um die Frage, ob die Beklagte mit einem neuen Verteidigungsmittel i.S.v. § 296 Abs. 1 ZPO eine Ergänzung und damit neue Fassung der Betriebskostenabrechnungen hätte schaffen können, um die Anforderungen der Rechtsprechung an eine formell ordnungsgemäß erstellte Betriebskostenabrechnung zu erfüllen. Insofern war kein Eingreifen des Landgerichts nach § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO erforderlich.

Es lagen auch nicht die Voraussetzungen der Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 ZPO vor, weil der Gesichtspunkt, dass die vorgelegten Betriebskostenabrechnungen formell unwirksam sein könnten, durch die entsprechende Rüge der Klägerin sowohl in der Anspruchsbegründung vom 26.06.2018 als auch im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.11.2018 in das Verfahren eingeführt war.

3. Die Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 enthalten in § 4 Nr. 10 S. 2, 3 die Regelung, dass der Mieter berechtigt ist, die Abrechnungsunterlagen innerhalb von vier Wochen nach Versand der Abrechnung einzusehen und schriftlich Einspruch zu erheben, während nach Ablauf dieser Frist die Abrechnung als anerkannt gilt.

Diese Regelung hindert zur Überzeugung des Senates nicht die im vorliegenden Verfahren von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die formelle Wirksamkeit der als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten Betriebskostenabrechnungen.

Es liegt bereits nahe, dass diese Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht standhält, weil sich die Beklagte nicht in der Klausel verpflichtet hat, den Mieter bei Fristbeginn, also in der Betriebskostenabrechnung, auf die Bedeutung seines Schweigens gesondert hinzuweisen, und sie deshalb jedenfalls gegen das im Verbraucherverkehr geltende Klauselverbot aus § 308 Nr. 5 BGB verstößt, womit eine Indizwirkung dafür verbunden ist, dass die Klausel auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt (so BGH, Urteil vom 10.09.2014, XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 Rn. 30-32; ausdrücklich für die Unwirksamkeit einer solchen Klausel auch im Geschäftsverkehr: KG, Urteil vom 06.06.2016, 8 U 40/15, BeckRS 2016, 11633 Rn. 12).

Selbst wenn man aber zugunsten der Beklagten annehmen wollte, dass die Regelung in § 4 Nr. 10 der Mietverträge nicht an der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB scheiterte, müsste sie mindestens i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB zugunsten der Klägerin dahin ausgelegt werden, dass mit dem darin enthaltenen Begriff der „Abrechnung“ eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung gemeint ist.

Für die gesetzliche Regelung des Ausschlusses von Einwendungen des Mieters gegen die Betriebskostenabrechnung in § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB, welche (nur) für Mietverträge über Wohnräume gilt, ist es nämlich in der Rechtsprechung und der Literatur anerkannt, dass sie erst zu laufen beginnt, wenn der Mieter eine formell ordnungsgemäße Abrechnung erhält (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2010, VIII ZR 27/10, NZM 2011, 401; Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 556 Rn. 499). Ebenso könnte deshalb auch die Ausschlussklausel in § 4 Nr. 10 der Mietverträge vom 14.05. und 31.08.2012 vom Mieter als Vertragspartner der die Klausel verwendenden Beklagten verstanden werden. Der Einwand der Klägerin, die Betriebskostenabrechnung sei bereits formell unwirksam, ist deshalb in keinem Falle durch die formularvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist präkludiert.

4. Die Verwirkung setzt voraus, dass die Beklagte sich wegen der unterbliebenen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruches aufgrund formell unwirksamer Betriebskostenabrechnungen durch die Klägerin über einen gewissen Zeitraum hin (Zeitmoment) bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Klägerin werde einen Rückzahlungsanspruch nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment) und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstieße. Zu dem Zeitablauf müssen also besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2010, XII ZR 124/09, NZM 2011, 121; Urteil vom 08.05.2015, V ZR 178/14, NZM 2015, 495; Senatsbeschluss vom 04.10.2017, 5 U 1196/17).

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Falle die Verwirkung des Rückforderungsanspruches der Klägerin gegen die Beklagte nicht eingetreten. Gegen die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauens der Beklagten darauf, dass eine Rückzahlungsforderung von Seiten der Klägerin unterbleibt, spricht bereits der Umstand, dass die Beklagte mit den als Anlage K 3 bis K 7 vorgelegten Abrechnungen formell unwirksame Betriebskostenabrechnungen erstellt hat. Jedenfalls aber legt die Beklagte nicht dar, in welcher Form sie ihr angebliches Vertrauen in das Unterbleiben einer Rückforderung dahingehend betätigt hätte, dass eine nunmehrige Geltendmachung des Rückforderungsanspruches durch die Klägerin gegen die Gebote von Treu und Glauben verstieße.

5. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin in Bezug auf die Abrechnung der Betriebskosten für die Lagerräume im Jahr 2013 ist nicht verjährt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes auf Seite 10 des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 19.06.2019 enthalten insoweit keinen neuen Gesichtspunkt.

 

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