Beweisführung im Mietrecht: Vermieter verantwortlich für den Nachweis von Mieter-Einbauten
Dieser juristische Fall dreht sich um die Beweislast hinsichtlich der Einbauten, die von Mietern in einer Immobilie vorgenommen wurden. Die zentrale Fragestellung ist, wer die Verantwortung für die Beweise für solche baulichen Änderungen trägt. Im Mittelpunkt steht das Thema Rückbauverpflichtung, also die Pflicht des Mieters, die Immobilie in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen.
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Übersicht
Vorstellung des Falles
Die Beklagten waren langjährige Mieter einer Wohnung, die ursprünglich von einem mittlerweile verstorbenen Eigentümer vermietet wurde. Nach ihrem Auszug im Jahr 2019 wurde die Klägerin (die neue Eigentümerin) auf Veränderungen in der Wohnung aufmerksam, insbesondere auf Holz- und Styroporverkleidungen an den Decken. Sie verlangte daraufhin die Kosten für die Entfernung dieser Verkleidungen und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands von den Beklagten.
Rückbauverpflichtung und Beweislast
Die Klägerin stützte ihre Forderungen auf die sogenannte Rückbauverpflichtung, welche besagt, dass der Mieter die gemietete Immobilie in den Zustand zurückversetzen muss, in dem sie sich bei der Übernahme befand. Allerdings konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass die Beklagten die Deckenverkleidungen angebracht hatten. Es lag an ihr, zu beweisen, dass die Beklagten diese Änderungen vorgenommen hatten und daher eine Pflichtverletzung begangen hatten.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil hat eine signifikante Bedeutung im Mietrecht, insbesondere im Kontext der Beweislast bei baulichen Änderungen durch den Mieter. Es stellt klar, dass der Vermieter den Nachweis führen muss, dass der Mieter solche Veränderungen vorgenommen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zustand der Immobilie am Ende des Mietverhältnisses vom Anfangszustand abweicht.
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend legt der vorliegende Fall einen wichtigen Aspekt der Beweislast im Mietrecht dar. Es unterstreicht, dass es die Verantwortung des Vermieters ist, zu beweisen, dass der Mieter bauliche Änderungen vorgenommen hat. Ohne diesen Nachweis kann der Vermieter die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands nicht vom Mieter verlangen. Dieser Aspekt kann erhebliche Auswirkungen auf ähnliche zukünftige Fälle haben und legt eine klare Beweislastregelung für die Vermieter fest.
Das vorliegende Urteil
AG Herne – Az.: 5 C 145/19 – Urteil vom 24.06.2020
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Streitwert: 1.526,55 EUR
Tatbestand
Die Beklagten waren vom 01.10.1964 bis zum 30.06.2019 Mieter einer Wohnung im Hause Baueracker 14. Eigentümer zum Mietvertragsbeginn war der zwischenzeitlich verstorbene Herr Q. Die Klägerin ist nach weiteren Eigentümerwechseln durch Eigentumserwerb im Jahre 2002 in den Mietvertrag eingetreten.
Zu Beginn des Mietverhältnisses waren die Decken in der Wohnung weiß gestrichen. Bei Auszug der Beklagten befanden sich Styroporplatten und/oder Holz an den Decken.
Die Klägerin forderte die Beklagten nach Beendigung des Mietverhältnisses auf, die Holzdecke und die Styroporplatten zu entfernen. Letztmalig erfolgte dies mit Schreiben vom 15.08.2019 mit einer Frist bis zum 26.08.2019.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Nettokosten für die Entfernung der Holz- und Styropordecken und Wiederherstellung des Deckenbereichs i.H.v. 1.526,55 EUR.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten die Mietsache ohne Zustimmung verändert, indem sie Holz- und Styropordecken eingebaut hätten.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.526,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2019 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, der damalige Eigentümer Herr Q habe den Einbau der Styropor- und Holzdecke selbst auf eigene Kosten durchführen lassen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß den §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB wegen Verletzung der Rückbaupflicht aus § 546 Abs. 1 BGB.
Denn die Klägerin konnte nicht beweisen, dass die Beklagten Holz oder Styropor auf die Decken aufgebracht haben.
Zwar weicht der Zustand der Decken nach Beendigung des Mietverhältnisses von dem bei Beginn des Mietverhältnisses ab. Grundsätzlich ist das Mietobjekt nach Beendigung in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei der Überlassung befunden hatte (vgl. OLG Düsseldorf, NJOZ 2012, 529, 530 m.w.N.).
Jedoch haben die Beklagten überzeugend dargelegt, dass der damalige Vermieter die Holz- und Styropordecken eingebracht hat. Insofern haben sie ihrer sekundären Darlegungslast genügt.
Die Beweislast dafür, dass die Holz- und Styropordecken von den Beklagten eingebracht wurden, trägt die Klägerin. Denn nach allgemeinen Regeln trägt jede Partei die Darlegungs- und Beweislast für die bestrittenen Tatumstände, die die ihr günstige Norm tragen. Dazu gehört es, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagten eine Pflichtverletzung begangen haben. Denn neben dem Zustand zu Beginn und Ende der Mieterobhut hat der Vermieter weiter nachzuweisen, dass die Veränderung/Verschlechterung nicht aus seinem Verantwortungsbereich oder aus demjenigen eines Dritten, für den der Mieter nicht haftet, herrührt oder umgekehrt, dass es wegen des Ausschlusses solcher von ihm gesetzter Umstände als Ursachen der Veränderung nur der Gebrauch der Mietsache durch den Mieter sein kann, der die Veränderung/Verschlechterung herbeigeführt hat (vgl. beck-online.Großkommentar-Schmidt, Stand 01.04.2020, § 538 Rn. 45).
Eine Beweislastumkehr sieht das Gericht nicht, auch wenn die Klägerin nach so langer Mietzeit und mehrfachem Eigentumswechsel Beweisschwierigkeiten hat (vgl. auch LG Essen, Hinweisbeschluss vom 30.06.2016, 15 S 99/16). Zum einen gibt es keine prozessuale Regel, dass derjenige, der vermeintlich leichter einen Beweis führen kann, hierzu verpflichtet ist (vgl. auch LG Essen, a.a.O.). Zum anderen konnte sich die Klägerin beim Erwerb des Hauses auf diese Problematik einrichten.
Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.