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BGH beschliesst Mindestmass beim Trittschall in Mietwohnungen

Über Geschmack in Wohnungen lässt sich bekanntermaßen streiten und bedauerlicherweise gibt es überdies auch noch eine ganze Menge weiterer Faktoren, die einen handfesten Streit auslösen können. Zwar ist das Streitpotenzial im Hinblick auf die optische Gestaltung der Wohnung zumeist auf die Wohnungsbewohner begrenzt, allerdings kann sich das Streitpotenzial auch auf die Nachbarn ausweiten. Ein gutes Beispiel hierfür ist die simple Wahl, dass künftig Fliesen anstatt eines Teppichs den Boden der Wohnung zieren sollten. Wenn Wohnungseigentümer in einem Mehrparteienhaus vor dieser Wahl stehen sollten sie künftig lieber zweimal über die Entscheidung nachdenken, da die unteren Nachbarn durchaus auch von der Entscheidung betroffen sein könnten. Die optische Darstellung der Fliesen ist zwar durchaus für die Wohnungseigentümer interessant, allerdings sollte zudem auch der Schallschutz bei dem Austausch von dem Bodenbelag eine Rolle spielen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist diesbezüglich sehr wichtig.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass es im Hinblick auf den Schallschutz in Mehrparteienhäusern gewisse Mindestkriterien gibt, die beachtet werden müssen.

Grundsatzurteil gefällt

Der BGH (Bundesgerichtshof) hat im Zusammenhang mit dem Lärmschutz in Mehrparteienhäusern ein sehr wichtiges Grundsatzurteil gesprochen. Dieses Grundsatzurteil betrifft alle Wohnungseigentümer, die sich mit dem Gedanken eines Bodenbelagaustauschs beschäftigen. Es ist zwar allgemeinhin bekannt, dass die Ruhe ein wesentlicher Faktor für den Wohlfühlaspekt in den eigenen vier Wänden ist, allerdings wird dabei nicht jeder Faktor einer vermeintlichen Ruhestörung bedacht. Fakt ist, dass jeder Wohnungsbesitzer bzw. Wohnungseigentümer ein Recht auf die Ruhe in den vier Wänden hat und dass sich Nachbarn in einem Mehrparteienhaus entsprechend angepasst verhalten müssen. Zwar gibt es im Hinblick auf die Lärmentwicklung seitens des BGH ebenfalls wichtige Grundsatzurteile – so dürfen beispielsweise Familien mit kleineren Kindern einen gewissen Lärmpegel verursachen, der von den Nachbarn schlicht und ergreifend geduldet werden muss – allerdings muss bei dem Austausch des Bodenbelags vor allen Dingen ein Fokus auf die jeweiligen Schallschutzbestimmungen für das Haus gemäß des Bauwerkbaujahres gelegt werden. Diese Schallschutzbestimmungen müssen zwingend eingehalten werden.

Wenn der Lärm für die unteren Nachbarn den zumutbaren Bereich übersteigt ist die Partei in dem Mehrfamilienhaus, welche den Bodenaustausch vorgenommen hat, gesetzlich dazu verpflichtet, dem Lärm durch geeignete Maßnahmen wie den Beibehalt des Teppichs oder durch die Installation von Schallschutzmatten entgegenzuwirken. Diese Regelung kommt rechtlich betrachtet auch dann zur Anwendung, wenn es bei der Geschossdecke Fehler im Hinblick auf die Konstruktion gibt.
BGH beschliesst Mindestmass beim Trittschall in Mietwohnungen
Symbolfoto: Von Pavel L Photo and Video/Shutterstock.com

Der Fall

Wie bei nahezu jeder anderen Entscheidung des BGH geht dem Grundsatzurteil ein konkreter Fall voraus. Der aktuelle Fall ist in Mönchengladbach beheimatet, wo sich die Beklagten als Bewohner einer Dachgeschosswohnung dazu entschlossen haben, ihren Teppichboden gegen Fliesen auszutauschen. Die Klägerpartei, ein Bewohner der Wohnung unter dem Dachgeschoss, fühlte sich durch die angestiegene Lärmentwicklung gestört und reichte im Jahr 2014 entsprechend Klage ein. Die Ansicht der Klägerpartei war, dass die Trittgeräusche in der Dachgeschosswohnung die zulässige Höchstlautstärke gem. DIN überschreiten würden. Im Rahmen der Klage verlangte die Klägerpartei, dass die beklagte Partei entweder einen Rückbau des Teppichs oder alternativ dazu ein schalldämpfender Fußbodenbelag verlegt wird. Die beklagte Partei jedoch verweigerte diese Forderung mit der Begründung, dass die Geschossdecke nicht den gesetzlichen Standards entsprechend ausgelegt wäre. Da sich die Geschossdecke in dem Gemeinschaftseigentum aller im Haus lebenden Parteien befindet, wären nach Ansicht der beklagten Partei auch entsprechend alle im Haus befindlichen Wohnparteien dafür zuständig.

Grundsätzlich folgte der BGH der Ansicht der beklagten Partei, dass die Geschossdecke als Gemeinschaftseigentum auch im Zuständigkeitsbereich aller im Haus wohnenden Parteien steht. Die Rücksichtnahme im Hinblick auf die Lärmentwicklung hat jedoch Vorrang, sodass die beklagte Partei zunächst erst einmal die entsprechenden Maßnahmen diesbezüglich treffen muss.

Das Urteil und die Folgen

Laut Ansicht des Bundesgerichtshofs hat die klagende Partei einen berechtigten Anspruch darauf, dass die Nachbarn den Fußboden dementsprechend mit trittschalldämpfenden Fußbodenbelägen verlegt. Der BGH sah diesbezüglich auch eine Zumutbarkeit zulasten der beklagten Partei, da die gewählten Fliesen den schallschutztechnischen Mindestanforderungen nicht entsprachen. Die Streitwerte diesbezüglich lagen bei 53 Dezibel, welche durch die Fliesen um den Wert von 14 Dezibel überschritten wurden. Verhandelt wurde der Fall vor dem 5. Zivilsenat. Das Gebäude, in welchem die Parteien als Wohnungseigentümergemeinschaft leben, stammt aus dem Jahr 1962 und die Klägerpartei bewohnt das 2. Obergeschoss des Gebäudes. Das Dachgeschoss des Hauses war zunächst im Jahr 1995 zu einer Wohnraumeinheit ausgebaut worden. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde in der Dachgeschosswohnung auch ein entsprechender Teppichboden verlegt worden.

Der Klage ging eine sehr lange Diskussion voraus, welche im Jahr 2008 ihren Anfang nahm. In diesem Jahr erfolgte der Austausch des Bodenbelags durch die beklagte Partei. In dem Jahr 2013 wurde von der zuständigen Verwalterin der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches sich mit der Trittschalldämmung der verlegten Fliesen in der Dachgeschosswohnung beschäftigte. Dieses Gutachten ergab, dass die verlegten Fliesen nicht den geltenden schallschutztechnischen Mindestanforderungen entsprechen. Daraufhin erfolgte seitens der klagenden Partei ein Antrag an die Wohnungseigentümergesellschaft, eine entsprechend den geltenden DIN-Normen ausgelegte Trenndecke zwischen den Wohneinheiten zu errichten. Dieser Antrag wurde im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung im Jahr 2014 mehrheitlich abgelehnt.

Die klagende Partei reichte zunächst eine Klage vor dem zuständigen Amtsgericht ein. Dieser Klage wurde stattgegeben, jedoch reichte die beklagte Partei vor der nächsthöheren Instanz – dem Landgericht – Berufung gegen das Urteil ein. Die Berufung wurde durch das Landgericht abgewiesen, sodass der Berufungssteller zu einer entsprechenden Änderungsmaßnahme in seiner Wohneinheit verurteilt wurde. Das Landgericht berief sich in seiner Urteilsbegründung auf die §§ 1004 Bürgerliches Gesetzbuch sowie § 14 Nr. 1 nebst 15 Absatz 3 WEG, wonach der Wohnungspartei des Dachgeschosses eine Zumutbarkeit zur Einhaltung des geltenden Trittschallpegels aus dem Jahr 1989 aufgebürdet werden kann.

Obgleich die Wohnungstrenndecke, welche unzweifelhaft in dem Gemeinschaftseigentum aller Hausbewohner steht, die Grundsatzanforderungen DIN 4109 des Jahres 1989 nicht entspricht, trägt die Partei, welche das Dachgeschoss bewohnt, die Verantwortung für den nicht hinreichenden Trittschallschutz. Durch den Bodenbelagaustausch wurde durch die Partei ja schließlich auch der Schallwert verschlechtert. Es ist zwar grundsätzlich zulässig, einen Bodenbelagaustausch gemäß den eigenen Wünschen vorzunehmen, allerdings muss die Trittschallbelästigung der Nachbarn dabei berücksichtigt werden. Das sogenannte unvermeidliche Maß an Lärmbelästigung gem. § 14 Nr. 1 WEG darf nicht überschritten werden, da ansonsten die Wohnpartei zu einem Störer werde und dementsprechend die Verantwortung für die Lärmbeseitigung zu tragen habe.

Die Pflicht zur Beseitigung des Lärms erstreckt sich dabei auf die zumutbaren Maßnahmen. Ein Störer ist nicht dazu verpflichtet, die grundsätzliche Schallschutzqualität in der Bausubstanz zu verbessern. Es ist jedoch zumutbar, durch die Art des gewählten Bodenbelags das entsprechende Schallschutzniveau zu erreichen, welches sich vor den Veränderungsmaßnahmen dargestellt hat. Der Hinweis auf die vorhandene Mangelhaftigkeit der Bausubstanz hat diesbezüglich keinerlei entlastende Wirkung. Der Austausch des Bodenbelags stellt überdies die mildere Maßnahme dar, da entsprechende Änderungsmaßnahmen an der Bausubstanz, beispielsweise durch einen schwimmenden Estrich, für die Wohnungsgemeinschaft mit merklich höheren Kosten verbunden wäre.

Aus dem Grundsatzurteil des BGH ergeben sich nunmehr natürlich weitreichende Folgen für die Bewohner eines Mehrfamilienhauses. Selbst der simple Austausch eines Bodenbelags kann zu juristischen Streitigkeiten führen, die ihrerseits natürlich mit weitergehenden Kosten verbunden sind. Es ist immer sehr ratsam, in einem Mehrparteienhaus eine gute nachbarschaftliche Beziehung zu pflegen. Im Rahmen von Gesprächen, die in der Regel ohnehin stattfinden, können Pläne bereits frühzeitig erörtert werden, sodass sich das Streitpotenzial erst gar nicht ergibt. Sollte eine zwischenmenschliche Lösung mit dem Nachbarn nicht möglich sein, so ist die Eigentümerversammlung bzw. Mieterversammlung im Zusammenspiel mit dem Vermieter durchaus ein geeigneter Rahmen, um derartige Probleme bereits frühzeitig aus der Welt zu schaffen.

Wenn auch Sie von einem derartigen Fall betroffen sind und sich durch den Lärm Ihrer Nachbarn belästigt fühlen oder wenn Sie von der Gemeinschaft als „Störer“ dargestellt werden, kann im schlimmsten Fall die Hilfe eines erfahrenen Fachanwalts für Wohnungsrecht erforderlich werden. Wir sind eine überaus erfahrene Rechtsanwaltskanzlei, welche über ein großes Team aus engagierten und kompetenten Fachanwälten besteht. Sehr gern nehmen wir uns Ihrer Problematik an und beraten Sie umfassend dahingehend, welche Möglichkeiten wir für Sie in Ihrem Sachverhalt sehen. Wir übernehmen die Wahrnehmung Ihrer Interessen sowohl außergerichtlich als auch in einem etwaig erforderlichen Gerichtsverfahren. Kontaktieren Sie uns einfach!

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