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Fristlose Kündigung wegen Besichtigungsverweigerung gerügter Mietmängel

LG Berlin, Az.: 63 S 316/16, Urteil vom 02.06.2017

Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Dezember 2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee – 3 C 190/16 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli 2017 gewährt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Räumungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,– EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Im Übrigen dürfen die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zuzüglich 10 % leisten.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen Räumung und Herausgabe des von den Beklagten innegehaltenen Einfamilienhauses aufgrund der fristlosen Kündigung vom 3. Mai 2016.

Die Parteien streiten u.a. über die Besichtigung des Hauses durch die Beauftragten der Kläger, nachdem die Beklagten mehrfach diverse überwiegend kleinere Mängel angezeigt haben. Die Beklagten lehnen eine Besichtigung sowohl durch die von den Klägern mit der Hausverwaltung beauftragte Frau … als auch durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger, Herrn Rechtsanwalt … , ab. Sie meinen, eine Besichtigung lediglich durch die Kläger selbst oder durch Fachhandwerker ermöglichen zu müssen.

Fristlose Kündigung wegen Besichtigungsverweigerung gerügter Mietmängel
Foto: cherezoff/Bigstock

Nachdem die Beklagten anlässlich einer Besichtigung oder Mängelbeseitigung am 15. Juni 2015 die von den Klägern mit der Hausverwaltung beauftragte Frau … ausdrücklich des Grundstücks verwiesen haben, haben die Kläger sie mit Schreiben vom 16. Juni 2015 abgemahnt. Nachdem weitere Besichtigungsversuche vergeblich waren, haben die Kläger mit Schreiben vom 14. März 2016 die Beklagten erneut abgemahnt. Mit Schreiben vom 21. April 2016 verlangten sie für den 2. und 3. Mai 2016 jeweils um 9.00 Uhr eine Besichtigung durch ihren Prozessbevollmächtigten mit der Bitte um Absage bei Verhinderung bis zum 26. April 2016. Die Beklagten lehnten mit Schreiben vom 28. April 2016 eine Besichtigung sowohl durch Herrn Rechtsanwalt … als auch durch Frau … ab und bekundeten, eine Besichtigung lediglich durch die Kläger selbst oder durch Fachhandwerker oder Mitarbeiter der Fa. … zu ermöglichen.

Daraufhin erklärten die Kläger unter dem 3. Mai 2015 die fristlose Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses.

Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Kündigung vom 3. Mai 2016 sei gemäß § 543 Abs. 1 BGB begründet, weil die fortwährende Verweigerung der Besichtigung durch die Beauftragten der Kläger eine schwerwiegende Vertragsverletzung darstelle.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meinen, die Kündigung sei nicht begründet, weil ihr Verhalten gerechtfertigt sei.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagten sind gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe des von ihnen innegehaltenen Hauses verpflichtet, denn das Mietverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Kläger vom 3. Mai 2016 beendet.

Die Kündigung ist gemäß § 543 Abs. 1 BGB begründet.

Aufgrund der mit Schreiben vom 28. April 2016 ausdrücklich erklärten Weigerung der Beklagten, Herrn Rechtsanwalt … und Frau … als Beauftragten der Kläger ein Betreten des gemieteten Grundstücks zur Besichtigung von Mängeln zu ermöglichen, war den Klägern eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten. Den Beklagten ist zuzugeben, dass ihnen aufgrund des ihnen zustehenden mietvertraglichen Gebrauchs ein ausschließliches Nutzungsrecht – und zwar grundsätzlich auch unter Ausschluss des Eigentümers – zusteht. Dieses ausschließliche Nutzungsrecht ist indes der Natur der Sache nach insoweit eingeschränkt, als die Besichtigung von Mängeln, insbesondere solcher, die von den Beklagten gerügt worden sind, gerade der Erhaltung der Mietsache und der Gewährung des den Beklagten zustehenden Gebrauchs dient. Dabei unterliegen sowohl die Auswahl der Maßnahmen und die Art deren Ausführung als auch die Auswahl der hierzu herangezogenen Personen allein der Disposition der Kläger und nicht der Mitbestimmung der Beklagten.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagten eine persönliche Abneigung gegen die von den Klägern beauftragte Hausverwalterin … und den Prozessbevollmächtigten der Kläger haben. Diese rechtfertigen vorliegend die Verweigerung der Besichtigung durch diese nicht. Derartige persönliche Abneigungen sind vom Mietverhältnis mit den Klägern zu trennen. Nichts Anderes folgt aus dem Umstand, dass Frau … im Rahmen des Streits mit den Beklagten um die Rückzahlung der Maklerprovision für den Abschluss des vorliegenden Mietverhältnisses ihrerseits die Prüfung eines strafrechtlich relevanten Verhaltens der Beklagten erwähnt hat. Konkrete persönliche Vorwürfe gegen Rechtsanwalt … bringen die Beklagten nicht vor.

Es sind danach keine Umstände ersichtlich, die eine Besichtigung durch Frau … und Rechtsanwalt … für die Beklagten als unzumutbar und die Verweigerung einer Besichtigung durch diese gerechtfertigt erscheinen lassen.

Eine Besichtigung von angezeigten Mängeln muss nicht durch den Vermieter persönlich erfolgen. Er kann hiermit Dritte beauftragen, deren Auswahl grundsätzlich ihm zusteht. Das gilt auch für die Beurteilung der Geeignetheit der Besichtigungsperson. Selbst wenn diese keine Fachausbildung zur Beseitigung der Mängel hat, ist sie sowohl als Vertrauensperson als auch im Hinblick auf die ggf. erforderliche Beauftragung der Handwerker nicht von vornherein ungeeignet. Es kommt hierbei auch nicht darauf an, ob die Hausverwalterin ansonsten fehlerfrei gehandelt hat oder etwa eine nach Auffassung der Beklagten falsche Nebenkostenabrechnung erstellt hat.

Das Verhalten der Beklagten ist von Seiten der Kläger zuvor auch mehrfach abgemahnt worden. Die Abmahnungen beschreiben mehrere von den Klägern gegenüber den Beklagten erhobene Beanstandungen. Sie enthalten aber stets den Hinweis, dass die Kläger die Verweigerung der Besichtigung der angezeigten Mängel für pflichtwidrig halten. Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob die Besichtigung im Einzelfall für die Hausverwalterin oder den Prozessbevollmächtigten der Kläger verweigert worden ist. Maßgeblich ist, dass die Kläger zu erkennen gegeben haben, dass sie sich die Auswahl der Besichtigungsperson nicht vorschreiben lassen wollen und dies in den Abmahnungen jeweils deutlich zum Ausdruck gebracht haben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt auch der Kündigung vom 3. Mai 2016 ein mit dem abgemahnten Verhalten in seinen Wesenszügen vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, nämlich die Verweigerung der mit Schreiben vom 21. April 2016 verlangten Besichtigung. Es kommt hierbei nicht darauf an, dass die Beklagten behaupten, zu beiden angekündigten Terminen sei von Seiten der Kläger keiner erschienen, obgleich sie vor Ort gewesen seien. Denn sie haben mit Schreiben vom 28. April 2016 ausdrücklich eine Besichtigung durch die Hausverwalterin und den Prozessbevollmächtigten der Kläger abgelehnt. Bei dieser Sachlage bedurfte es dessen persönlichen Erscheinens nicht mehr. Es kann dahinstehen, dass mit dem Schreiben vom 21. April 2016 die Besichtigung nur durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger verlangt worden ist. Denn auch die Verweigerung der Besichtigung durch diesen ist pflichtwidrig und nicht gerechtfertigt.

Das Amtsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass das Verhalten der Beklagten eine hinreichend erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB darstellt, welche eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Das Verhalten der Beklagten besteht nicht nur in der Versäumung einzelner angekündigter Termin, sondern in der ungerechtfertigten und beharrlichen Verweigerung der Besichtigung durch bestimmte, ihnen nicht genehme Personen. Dies stellt ein vorsätzliches Verhalten und eine ihnen nicht zustehende Einmischung in die Angelegenheiten der Kläger dar. Hinzu kommt, dass das Besichtigungsverlangen der Kläger jeweils auf von den Beklagten zuvor gerügten Mängel beruht und ihre Verweigerungshaltung danach auch als widersprüchlich erscheint.

Nach allem ist unter Berücksichtigung der vorstehenden gesamten Umstände dem Klägern ein Festhalten am Vertrag bis zum Ende der vorgesehenen Laufzeit nicht zuzumuten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gemäß § 721 ZPO war den Beklagten eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren, die allerdings auf die vertraglich vorgesehene Beendigung der Laufzeit des Mietverhältnisses bis zum 31. Juli 2017 zu beschränken war.

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