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Gerichtliche Bestellung eines Wohnungseigentumsverwalters

LG Frankfurt – Az.: 2/13 T 82/19 – Beschluss vom 07.11.2019

1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des AG Melsungen vom 5.8.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger begehrten gerichtlich die Bestellung eines Verwalters. Nachdem die Parteien sich durch einen Vergleich auf einen Verwalter geeinigt haben und daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das Gericht gem. § 91a ZPO den Klägern die Verfahrenskosten auferlegt und dies damit begründet, dass die Kläger die Eigentümer nicht vorbefassten und nicht mehrere zur Übernahme der Verwaltung bereiten Verwalter mitgeteilt haben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Voranzustellen ist, dass es nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422). Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist die amtsgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden und bewegt sich im Rahmen der zulässigen Ermessensabwägung.

Zu Recht und mit zutreffender Argumentation hat das Amtsgericht angenommen, dass es an der erforderlichen Vorbefassung fehlte.

Mit der einhelligen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 4.5.2018 – V ZR 203/17 = NZM 2018, 611; OLG Hamm Beschl. v. 10.9.2007 – 15 W 358/06 = ZMR 2008, 156; BeckOGK/Karkmann WEG § 21 Rn. 138; BeckOK WEG/Elzer WEG § 21 Rn. 416; Niedenführ/Vandenhouten WEG § 21 Rn. 146; Bärmann/Merle WEG § 21 Rn. 207; Riecke/Schmid/Drabek WEG § 21 Rn. 312; Jennißen/Suilmann WEG § 21 Rn. 139; Bärmann/Seuß, 11. Teil. Gerichtsverfahren 2. Abschnitt. Besonderer Teil des Wohnungseigentumsprozesses § 87. Prozesse über die Gültigkeit von Beschlüssen § 43 Nr. 4 WEG Rn. 203) ist eine Beschlussersetzung durch das Gericht im Verfahren nach § 21 Abs. 8 WEG nur dann möglich, wenn die Eigentümer zuvor schon mit dem Beschlussgegenstand befasst waren.

Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt den Sondereigentümern, § 21 Abs. 1, 3 WEG. Die Verwaltung erfolgt dabei im Rahmen der Wohnungseigentümerversammlung (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. 1. 2010 – V ZR 114/09 = ZWE 2010, 1; BGH, Beschluss vom 14.3.2018 – V ZB 131/17 = NZM 2018, 399). Diese Befugnis entspringt dem Selbstverwaltungsrecht der Eigentümer. Dieses darf ihnen grundsätzlich nicht entzogen werden. Gerichtliche Gestaltungsentscheidungen sind daher nur nachrangig möglich, nämlich für den Fall, dass die Eigentümer ihrer Verwaltungskompetenz nicht nachkommen. Daher obliegt es grundsätzlich jedem Eigentümer eine Entscheidung der Eigentümer im Rahmen des Zumutbaren herbeizuführen, bevor er sich gerichtlicher Hilfe bedient. Hierauf deuten auch die einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien hin (BT- Drucksache 397/05). Der Gesetzesentwurf zu § 21 Abs. 8 WEG sollte dem zuvor geltenden § 43 Abs. 2 WEG a.F. nachempfunden werden. Hierdurch sollte nicht die Selbstverwaltung der Sondereigentümer eingeschränkt werden. Vielmehr sollte im Zuge der prozessualen Reform die Möglichkeit einer gerichtlichen Gestaltungsentscheidung beibehalten werden.

Lediglich für den Fall, dass dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern wird, ist eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen (BGH, Urteil vom 15. 1. 2010 – V ZR 114/09 = ZWE 2010, 174).

Nach diesen Grundsätzen mangelt es an einer entsprechenden Vorbefassung, dies hat das Amtsgericht zutreffend dargestellt, hiergegen wendet sich die Beschwerde ohne Erfolg. Dass die Beklagten sich der Verwalterwahl an sich wiedersetzten, so dass die Einberufung einer Versammlung oder eine Ermächtigung hierzu eine reine Förmelei gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil zeigt das Verfahren, dass sich die Parteien auf einen Verwalter einigen konnten.

Dass die Kläger zur Zeit der Antragstellung – aufgrund der Zerstrittenheit der Parteien – keine geeigneten Verwalter fanden, macht die Vorbefassung ebenfalls nicht entbehrlich. Die Klage auf Bestellung eines Verwalters durch das Gericht ist nur dann zulässig, wenn ihr der Versuch vorausgegangen ist, eine Verwalterbestellung durch die Gemeinschaft zu erreichen (LG Hamburg, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 318 S 99/15 –, Rn. 6, juris). Schwierigkeiten bei der Ermittlung geeigneter Verwalterkandidaten sind jedenfalls kein Grund für eine unmittelbare Anrufung des Gerichts, denn die Suche nach geeigneten Verwaltern ist Aufgabe der Wohnungseigentümer und kann nicht auf das Gericht verlagert werden (LG Hamburg aaO). Finden die Eigentümer keine Kandidaten, ist das Gericht auch nicht in der Lage, einen Verwalter zur Übernahme der Verwaltung zu zwingen.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, dass – wie die Beschwerde ausführt – die Versammlung mangels Vorlage von drei Verwalterangeboten sinnlos gewesen wäre.

Zwar mag es sein, dass in zerstrittenen Eigentümergemeinschaften keine drei Angebote für Verwalter eingeholt werden können, hierdurch wird eine Eigentümerversammlung aber nicht sinnlos. Denn auch eine geringere Zahl von Angeboten hindert die Eigentümer nicht in jedem Falle über die Bestellung zu befinden, denn – natürlich – ist die Zahl von drei Vergleichsangeboten kein Selbstzweck, sondern dient dazu, eine Grundlage für die sachgerechte Ermessensausübung zu schaffen (vgl. BGH NZM 2011, 515; Kammer ZWE 2017, 321). Dies schließt es allerdings nicht aus, dass insbesondere in Fällen, in denen Alternativangebote nicht zu erreichen sind, die Eigentümer sich ggf. auf anderem Wege ein Bild von den Angeboten machen (vgl. Kammer ZMR 2018, 788), was hier insbesondere aufgrund der zahlreichen Vorverwalter in den letzten Jahren wohl möglich gewesen wäre.

Der Prüfungsmaßstab für die Eigentümer und das Gericht ist insoweit jedenfalls identisch, so dass nicht über den Umweg nach § 21 Abs. 8 WEG die Ermessensbasis verringert werden kann. Es handelt sich bei der gerichtlichen Entscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG um eine Ersetzung der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. Unter Beachtung des Beibringungsgrundsatzes haben die Parteien dem Gericht die zur Ermessensausübung erforderlichen Tatsachen beizubringen, um dieses in die Lage zu versetzen, nach billigem Ermessen in der Weise zu entscheiden, wie es an sich die Aufgabe der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung wäre. Dies bedingt, dass die Kläger gehalten sind, geeignete Personen für die Verwalterbestellung vorzuschlagen und die jeweiligen Konditionen des Verwaltervertrages nebst der Zustimmung zur Übernahme des Verwalteramtes durch gerichtliche Bestellung darzulegen (LG Dortmund ZWE 2017, 141).

Aus der Entscheidung der Kammer vom 24.09.2008 (WE 2009, 71) ergibt sich, entgegen der Auffassung der Beschwerde, nichts anderes, denn dort ging es um die Frage, ob der Klageantrag einen Verwalter enthalten muss. Dies ist nicht der Fall. Der Klageantrag unterliegt nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BGH NZM 2016, 523).

Dies beeinflusst aber nicht die Anforderungen an den Vortrag, damit das Gericht sein Ermessen sachgerecht ausüben kann (so auch Hogenschurz, Beck-FormB WEG, L V Rn. 6; LG Dortmund aaO). Dies entspricht auch allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Anwendungsbereich der ZPO. Auch bei einer vom Gericht vorzunehmenden Schadensschätzung im Anwendungsbereich des § 287 ZPO müssen die Parteien dem Gericht die erforderlichen Grundlagen vortragen. Dies gilt in gleicher Weise, wenn das Gericht im Rahmen des § 21 Abs. 8 WEG eine Ermessensentscheidung an Stelle der Wohnungseigentümer zu treffen hat (Bärmann/Merle § 21 Rn. 210; Riecke/Schmid/Drabek/Graf § 21 Rn. 314). Hierzu gehören auch die zur Übernahme bereiten Verwalter. Insoweit muss dem Gericht spätestens zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (BGH NJW 2018, 3238) eine Basis für eine Ermessensentscheidung unterbreitet werden.

Nach alledem, konnte vorliegend auf die Vorbefassung nicht verzichtet werden, daher entsprach die Kostenentscheidung des Amtsgerichts billigem Ermessen. Es ist auch nichts für eine Aufspaltung nach Abschnitten (Rechtsstreit und Vergleich) ersichtlich.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gründe die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht, zumal in Verfahren nach § 91a ZPO die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von materiellen Fragen zugelassen werden darf.

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