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Gewerbemietvertrag – Ausschlussfrist für Einwendungen gegen Betriebskostenabrechnungen

AG Wedding – Az.: 8a C 91/12 – Urteil vom 12.09.2012

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1395,16 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 432,94 € seit dem 6. April 2010 und aus 962,22 € seit dem 4. Mai 2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

gewerbemietvertrag - Ausschlussfrist für Einwendungen gegen Betriebskostenabrechnungen
Symbolfoto: Von Niyazz /Shutterstock.com

Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über die Gewerberäume im Haus …, 1… …, gelegen im Erdgeschoss. Auf den Mietvertrag Bl. 11-24 d. A. wird Bezug genommen. Das Mietverhältnis endete am 30. April 2010. Vereinbart war eine Nettokaltmiete in Höhe von 1224,91 € nebst Vorschüssen auf die Heizkosten in Höhe von 88,00 € sowie auf die kalten Betriebskosten in Höhe von 157,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Kläger sind vertraglich verpflichtet, über die Betriebskosten jährlich abzurechnen. Für das Jahr 2009 erstellte die klägerische Hausverwaltung mit Schreiben vom 8. September 2010 eine Betriebskostenabrechnung, auf deren Inhalt Bl. 25 – 30 d. A. Bezug genommen wird. Die Abrechnung ergab einen Nachzahlungsbetrag von 948,08 €. Die Beklagte hat mit anwaltlichem Schreiben vom 24 September 2010, auf dessen Inhalt Bl. 54 d. A. Bezug genommen wird, der Abrechnung widersprochen. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 wurde über die Betriebs-und Heizkosten des Jahres 2010 abgerechnet, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 31 ff. d. A. Bezug genommen. Die Abrechnung ergab einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 14,14 €. Die Beklagte hat die Nachzahlungen nicht ausgeglichen. Die Miete für den Monat April 2010 ist in Höhe eines Betrages von 432,94 € offen. Die Kläger haben die von der Beklagten geleistete Kaution von 3713,19 € mit der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2008 in Höhe von 647,75 €, der rückständigen Miete März 2010 in Höhe von 1749,19 € sowie der Miete für den Monat April in Höhe von 1316,25 € verrechnet.

Die Kläger beantragen, – wie erkannt –.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Positionen Reinigung, Schneebeseitigung sowie Strom und Beleuchtung seien nicht nachvollziehbar. Mit der Reinigung sei eine Fremdfirma nicht beauftragt. Diese sei durch die Klägerin persönlich vorgenommen worden. Die Tätigkeit sei mittels einer von der Klägerin zu 2) gegründeten Firma dem Objekt in Rechnung gestellt worden. Hierfür werde ein Betrag in Höhe von monatlich 309,40 € angesetzt. Die Beklagte bestreitet die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der Kosten, ferner dass diese von den Klägern an die Firma entrichtet worden sind. Das Friseurgeschäft der Beklagten sei ausschließlich über einen separaten Eingang zu erreichen, weswegen der Beklagten die Nutzung des Treppenhauses verwehrt gewesen sei. Eine Schneebeseitigung habe vor dem Geschäft der Beklagten nicht stattgefunden, diese habe vielmehr die Schneebeseitigung selbst vornehmen müssen. Die in Ansatz gebrachten Beträge seien nicht ortsüblich und angemessen. Eine Beleuchtung des Treppenhauses habe die Beklagte nicht nutzen können. Im Jahr 2009 sei es offensichtlich versäumt worden, den im Jahr 2010 vorgenommenen Abzug des Stromverbrauchs für den Betriebsstrom der Heizung ebenfalls vorzunehmen. Aus diesem Grunde vermindere sich der Stromverbrauch im Jahr 2009 um mindestens ca. 400,00 €. Die Position sonstige Betriebskosten sei nicht nachvollziehbar, es sei nicht erklärlich, wie diese sich zusammensetze und welche Positionen sie beinhalte. Aus diesen Gründen werde auch der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 widersprochen.

Mietrückstände bestünden nicht, da die Kläger die bei der Berliner Volksbank in Höhe von 3674,00 € hinterlegte Kaution eingefordert hätten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete für den Monat April 2010 in Höhe von 432,94 € gemäß § 535 Abs. 2 BGB zu. Die Miete ist unstreitig nicht gezahlt worden. Der Zahlungsanspruch ist nicht durch Aufrechnung nach § 389 BGB erloschen. Der Beklagten steht kein aufrechenbarer Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des Kautionsguthabens zu. Nach erfolgter Abrechnung der Kaution obliegt es der Beklagten darzulegen, dass noch ein auszuzahlendes Guthaben besteht. Sofern die Beklagte der Verrechnung der Kläger oder aber der Höhe des auszuzahlenden Kautionsguthabens widersprechen will, wäre zunächst ein Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung des Kautionsguthabens geltend zu machen gewesen im Hinblick darauf, dass die Auszahlung bereits am 20. April 2010 mit Ende des Mietverhältnisses erfolgt ist.

2.

Den Klägern steht ferner ein Anspruch auf Zahlung von 948,08 € gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 4 des Mietvertrages und Anlage 1 zum Mietvertrag zu. Die Abrechnung ist formell wirksam. Mit Einwendungen ist die Beklagte ausgeschlossen. Zwar ist die Frist des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB unmittelbar nicht auf das Gewerbemietverhältnis anwendbar. Indessen gilt die Frist für Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraumes jedenfalls entsprechend auch für den Gewerberaummieter mit der Folge, dass der Mieter die Beweislast für die nach Ablauf dieser Frist geltend gemachten Einwendungen in vollem Umfang trägt (Kinne, Grundeigentum 2012, 662).

Die seitens der Beklagten innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemachten Einwendungen sind inhaltlich nicht ausreichend. Insoweit ist anerkannt, dass Einwendungen des Mieters nicht zu berücksichtigen sind, wenn er gegen die Betriebskostenabrechnung allgemein Widerspruch einlegt (LG Berlin, Mietermagazin 2007, 111). Will der Mieter die Ansätze einer Betriebskostenabrechnung bestreiten, muss er nach Einsichtnahme in die Rechnungsunterlagen im Einzelnen angeben, was er moniert oder anhand konkreter Tatsachen Einwände gegen einzelne Ansätze plausibel machen (LG Berlin, Grundeigentum 2001,1469). Dies ist vorliegend nicht geschehen, die Beklagte hat mit Schreiben vom 24. September 2010 der Abrechnung pauschal widersprochen, ohne Einwendungen im Einzelnen geltend zu machen. Da die Beklagte auch keine Einsicht in die Unterlagen eingefordert hat, dies hingegen im Rahmen der Abrechnung seitens der Hausverwaltung der Kläger ausdrücklich angeboten worden war, steht der Beklagten insoweit auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB zu.

3.

Den Klägern steht auch der nach Zahlungsanspruch aus der Abrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von 14,14 € zu. Zwar sind die Einwendungen der Beklagten insoweit innerhalb einer Jahresfrist nach Abrechnung mit anwaltlichem Schreiben vom 15. August 2012 inhaltlich ausreichend substantiiert dargelegt worden, diese haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Reinigungsarbeiten von den Klägern selbst durchgeführt worden sind. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den durch die unter Einbeziehung der Klägerin zu 2. gegründeten Firma getätigten Arbeiten überhaupt um eigene Leistungen der Kläger handelt. Denn auch der Ansatz von Eigenleistungen des Vermieters ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrKV geregelt, die Anlage 1 zum Mietvertrag nimmt ausdrücklich auf die BetrKV Bezug. Der Vermieter darf Kosten umlegen, die für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers angesetzt werden können. Vor dem Hintergrund, dass eine Einsichtnahme in die Unterlagen nicht erfolgt ist, ist das Bestreiten der Ortsüblichkeit und Angemessenheit der angesetzten Kosten unbeachtlich, ebenso das Bestreiten der geleisteten Zahlungen.

Gleiches gilt für die Kosten der Schneebeseitigung, auch hier ist eine Einsichtnahme in die Unterlagen nicht erfolgt. Das pauschale Bestreiten, dass Arbeiten durchgeführt worden sind, ist nach Ablauf der Abrechnungsperiode unbeachtlich, ebenso das Vorbringen, zu nicht näher definierten Zeiten eine Schneebeseitigung selbst vorgenommen zu haben.

Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der Stromkosten darauf beruft, das Treppenhaus selbst nicht zu nutzen, ist dies für die Umlagefähigkeit der Kosten unerheblich. Hierfür ist alleine die vertragliche Vereinbarung maßgeblich, die Kosten für Strom und Beleuchtung in Nr. 11 ausdrücklich einbezieht. Zudem sind hiervon auch Kosten der Außenbeleuchtung sowie weitere gemeinsame Stromkosten umfasst, so dass es auch hier der Beklagten oblegen hätte, dies zunächst durch eine Einsichtnahme in die Unterlagen weitergehend aufzuklären. Bei der Annahme, dass im Jahr 2009 versäumt worden sei, den Strom für den Betriebsstrom abzuziehen, handelt es sich um eine bloße Vermutung.

Auch die Position sonstige Betriebskosten kann umgelegt werden. Zwar gilt auch beim Gewerbemietvertrag, dass die Umlage von Betriebskosten auf den Mieter einer inhaltlich bestimmten und eindeutigen Vereinbarung bedarf, wobei Unklarheiten zulasten des Vermieters gehen (OLG Schleswig-Holstein, Info M 2012,272). Vorliegend ist indessen in der Anlage 1 zum Mietvertrag unter Nummer 17 a) bis h) definiert, welche Kosten unter den sonstigen Betriebskosten erfasst sind. Auch hier hätte der Beklagten durch Einsichtnahme in die Unterlagen eine Überprüfung oblegen.

Da der Schriftsatz der Kläger keinen weitergehenden entscheidungserheblichen Sachvortrag enthielt, war die Gewährung einer Erklärungsfrist nicht erforderlich.

4.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288, 291 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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