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Gewerberaummietvertrag – Beweislast für Befristungsvereinbarung

Mietstreitigkeiten und Vertragsfälschung: Das OLG Dresden entscheidet über die Räumung von Gewerberäumen

Der Fall, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden verhandelt wurde, dreht sich um eine komplexe Auseinandersetzung zwischen einem Vermieter und einem Mieter von Gewerberäumen. Im Kern der rechtlichen Auseinandersetzung steht die Frage, welcher der beiden vorgelegten Mietverträge gültig ist und ob der Mieter die Räumlichkeiten räumen muss. Der Kläger, der Eigentümer des Grundstücks ist, behauptet, dass der Mietvertrag unbefristet sei und er das Mietverhältnis wirksam gekündigt habe. Der Beklagte hingegen besteht darauf, dass der Mietvertrag bis zum Jahr 2044 befristet ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 255/23  >>>

Die Hintergründe des Mietverhältnisses

Der Kläger erwarb das Grundstück im Jahr 2011 und übernahm damit auch das bestehende Mietverhältnis mit dem Beklagten. Beide Parteien schlossen 2011 einen neuen Mietvertrag für die Gewerberäume, der laut Kläger unbefristet war. 2014 wurde ein weiterer Mietvertrag geschlossen, dessen Laufzeit jedoch zwischen den Parteien umstritten ist. Der Kläger behauptet, dieser Vertrag sei ebenfalls unbefristet, während der Beklagte eine Laufzeit bis 2044 angibt.

Vertragsfälschung und Kündigung

Der Kläger kündigte das Mietverhältnis 2019 und reichte 2020 Klage auf Räumung und Herausgabe der Gewerberäume ein. Er behauptet, der vom Beklagten vorgelegte Mietvertrag mit der Laufzeit bis 2044 sei eine Fälschung. Der Beklagte wiederum behauptet, der Kläger habe den Vertrag gefälscht, um die Kündigung durchzusetzen.

Das Urteil der ersten Instanz

Das Landgericht Leipzig entschied zu Gunsten des Klägers und verurteilte den Beklagten zur Räumung der Gewerberäume. Es argumentierte, dass der Kläger die Beendigung des Mietverhältnisses bewiesen habe und der Beklagte sich nicht auf eine längere Laufzeit berufen könne, da er selbst in der Vergangenheit einen unbefristeten Vertrag angestrebt habe.

Berufung und Entscheidung des OLG Dresden

Der Beklagte legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein. Er argumentierte, das Landgericht habe den Inhalt eines seiner Schreiben aus dem Jahr 2012 falsch interpretiert. Das OLG Dresden wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil der ersten Instanz. Es erklärte, dass das Urteil des Landgerichts Leipzig vorläufig vollstreckbar sei und der Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe.

Dieser Fall zeigt die Komplexität von Mietstreitigkeiten, insbesondere wenn es um die Gültigkeit von Mietverträgen und die Frage der Vertragsfälschung geht. Die Entscheidung des OLG Dresden dürfte daher nicht nur für die beteiligten Parteien, sondern auch für die Rechtsprechung im Bereich des Mietrechts von Bedeutung sein.

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Wichtige Begriffe kurz erklärt

  1. Befristeter Mietvertrag: Ein befristeter Mietvertrag ist ein Vertrag, der für eine festgelegte Zeitspanne gilt. Das heißt, es gibt ein konkretes Datum, an dem der Vertrag endet. Beide Parteien, also Vermieter und Mieter, wissen von Anfang an, dass das Mietverhältnis nur für eine bestimmte Zeit besteht. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Mieter die Räumlichkeiten räumen, es sei denn, der Vertrag wird erneuert oder in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt. Befristete Mietverträge werden oft für Gewerberäume oder spezielle Wohnsituationen verwendet.
  2. Unbefristeter Mietvertrag: Ein unbefristeter Mietvertrag hat keine festgelegte Laufzeit. Das Mietverhältnis läuft also weiter, bis eine der Parteien es kündigt. Die Kündigungsfristen und -bedingungen sind im Vertrag oder im Gesetz festgelegt. Ein unbefristeter Mietvertrag bietet mehr Flexibilität, weil er nicht automatisch endet. Der Mieter kann in den Räumlichkeiten bleiben, solange er die Miete zahlt und keine Vertragsbedingungen verletzt, und der Vermieter kann das Mietverhältnis nur unter bestimmten Bedingungen kündigen. Unbefristete Mietverträge sind in Deutschland die Regel für Wohnraum.


Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 5 U 255/23 – Urteil vom 12.07.2023

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 10.01.2023 (03 O 1104/20) wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 10.01.2023 (03 O 1104/20) wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Verurteilung zur Räumung und Herausgabe in Ziff. 1. des Tenors des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 10.01.2023 (03 O 1104/20) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Zwangsvollstreckung aus der Kostenentscheidung kann der Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe von im Erdgeschoss links des Objekts ###-Straße ### in ### gelegenen Gewerberäumen mit einer Größe von ca. 58 m² in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ###-Straße ### in ###, das er im Jahr 2011 erworben hat.

Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Eigentums am Grundstück durch den Kläger bestand zwischen dem Beklagten und dem Voreigentümer ### ein Mietvertrag über die streitgegenständlichen Gewerberäume. Zwischen den Parteien ist strittig, ob dieser langfristig befristet war.

Am 01.09.2011 schlossen die Parteien einen Mietvertrag (Anlage K 5) über die streitgegenständlichen Gewerberäume zur Nutzung als Juweliergeschäft/Einraumwohnung. Das Mietverhältnis begann am 01.09.2011 und wurde unbefristet geschlossen. Es wurde eine monatliche Gesamtmiete von 239,93 EUR vereinbart. Der Kläger wurde bei Abschluss des Mietvertrages vom 01.09.2011 von der ###-Immobilien ### GbR (im Folgenden: ###) vertreten. Mit Schreiben an den Beklagten vom 20.09.2011 (Anlage K 4) stellte sich die ### als Hausverwaltung des Klägers vor und erklärte, sie sei ab dem Monat Juni 2011 ermächtigt, alle Verwaltungsaufgaben für die vom Beklagten angemieteten Gewerbeeinheiten zu übernehmen und ab dem Monat Juni 2011 die monatlichen Mietzahlungen auf dem näher bezeichneten Konto entgegenzunehmen.

Im Jahre 2012 gab es weitere Vertragsverhandlungen zwischen dem Kläger, vertreten durch die ###, und dem Beklagten über eine Anpassung des Mietvertrages, insbesondere eine Erhöhung des Mietzinses. Dem Beklagten wurde dabei der Entwurf eines Mietvertrages (Anlage K 6) vorgelegt, der für das streitgegenständliche Mietobjekt, bestehend aus einem Verkaufsraum und einem Büroraum, eine monatliche Bruttogesamtmiete von 595,00 EUR bei einer Befristung von fünf Jahren vom 01.10.2012 bis zum 30.09.2017 mit einer Verlängerungsklausel vorsah. Der Beklagte übersandte daraufhin ein Schreiben vom 21.09.2012 (Anlage K 7) an die Hausverwaltung des Klägers, in dem er um eine geringere Mietpreiserhöhung auf eine monatliche Bruttogesamtmiete von 431,37 EUR und um einen unbefristeten Mietvertrag bat. Dieses Schreiben ist im Wortlaut im Tatbestand des Urteils des Landgerichts wiedergegeben.

Am 25.03.2014 schlossen die Parteien schließlich einen neuen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Gewerberäume, wobei zwischen ihnen im Streit steht, ob es sich um den in Kopie als Anlage K 1 vorgelegten Vertrag (so der Kläger) oder um den in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Vertrag (so der Beklagte) handelt. Die beiden vorgelegten Exemplare eines Mietvertrages vom 25.03.2014 unterscheiden sich vor allem wesentlich in ihrer Regelung zur Laufzeit. Während nämlich der als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag ein Mietverhältnis begründet, welches am 01.04.2014 beginnt und unbefristet läuft, ist in dem als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrag geregelt, das Mietverhältnis beginne am 01.04.2014 und ende am 31.12.2044.

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 29.05.2019 das Mietverhältnis zum 30.11.2019, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. In der Klageschrift vom 15.05.2020, welche dem Beklagten am 13.11.2021 zugestellt wurde, erklärte der Kläger erneut die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.11.2020, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte sei zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Gewerberäume verpflichtet, weil das zwischen den Parteien auf der Grundlage des von ihm in Kopie als Anlage K 1 vorgelegten Mietvertrages vom 25.03.2014 bestehende Mietverhältnis infolge der Kündigung vom 29.05.2019 bzw. jedenfalls aufgrund der in der Klageschrift vom 15.05.2020 erklärten Kündigung inzwischen beendet sei. Ihm sei nicht bekannt, dass der Beklagte mit dem Voreigentümer ### einen bis zum 31.12.2044 befristeten Mietvertrag geschlossen hätte. Eine derart lange Befristung sei jedenfalls auch im Falle eines Gewerberaummietvertrages unwirksam. Der von ihm in Kopie als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag vom 25.03.2014 sei zwischen den Parteien geschlossen worden. Er könne auch das Original des Vertrages vorlegen. Der vom Beklagten in Kopie als Anlage B 2 vorgelegte Mietvertrag sei dagegen eine Fälschung.

Der Beklagte hat vorgetragen, der von ihm mit dem Voreigentümer ### am 01.12.2003 geschlossene Mietvertrag (Anlage B 1) sei vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2044 befristet gewesen. Die Parteien hätten am 25.03.2014 einen neuen Mietvertrag geschlossen, den er in Kopie als Anlage B 2 vorgelegt habe. Es sei danach bei der Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2044 geblieben.

Im April 2019 habe der Beklagte dem Kläger auf dessen Wunsch eine Kopie des Mietvertrages vom 25.03.2014 (Anlage B 2) überlassen, weil sich der Kläger davon angeblich eine Kopie habe machen wollen. Die ihm übergebene Kopie habe der Kläger bis heute nicht an den Beklagten zurückgegeben. Er habe vielmehr unter Verwendung der ihm überlassenen Kopie des Vertrages vom 25.03.2014 eine Fälschung des Vertrages angefertigt, die er nunmehr in Kopie als Anlage K 1 im Verfahren vorgelegt habe. Dieser Vertrag sei nämlich mindestens fünf Jahre nach dem 25.03.2014 ausgefertigt worden. Er beabsichtige, zum Beweis der Fälschung einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen, nachdem der Kläger das Original zur Anlage K 1 vorgelegt habe.

Von der als Anlage K 2 vorgelegten Kündigung des Klägers vom 29.05.2019 habe der Beklagte erst mit Zustellung der Klageschrift Kenntnis erhalten.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten mit dem Urteil vom 10.01.2023 verurteilt, die streitgegenständlichen Gewerberäume zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe die Beendigung des Mietverhältnisses bewiesen. Nachdem der Beklagte mit seinem Schreiben vom 21.09.2012 ausdrücklich um einen unbefristeten Mietvertrag gebeten habe, stelle sich seine Berufung auf eine gegebenenfalls längere Laufzeit als unzulässige Rechtsausübung i.S.v. § 242 BGB dar. Zudem habe der Beklagte kein Original zur Anlage B 2 vorgelegt.

Gegen das ihm am 20.01.2023 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.02.2023 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 27.03.2023 begründet.

Er trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, der Beklagte könne sich aufgrund des Inhalts seines Schreibens vom 21.09.2012 auf die längere Befristung eines bestehenden Mietverhältnisses nicht mehr berufen. Der Beklagte habe mit dem Schreiben vom 21.09.2012 ein Angebot zur Abänderung eines Mietvertrages abgegeben, welches der Kläger nicht angenommen habe. Weitere Rechtswirkungen habe der Inhalt des Schreibens des Beklagten vom 21.09.2012 nicht gehabt. Es führe jedenfalls nicht dazu, dass sich der Beklagte nicht mehr auf die Befristung des am 25.03.2014 zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages (Anlage B 2) berufen könne. Zudem habe das Landgericht den Vortrag des Beklagten übergangen, dass es sich bei dem vom Kläger in Kopie als Anlage K 1 vorgelegten Mietvertrag vom 25.03.2014 um eine Fälschung handele, die er angefertigt habe, nachdem er im April 2019 eine Kopie des Mietvertrages vom 25.03.2014 (Anlage B 2) vom Beklagten erhalten habe. Aufgrund dieser Rechtsfehler sei das Urteil des Landgerichtes aufzuheben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28.06.2023 hat der Beklagte erklärt, der Mietvertrag vom 01.09.2011 trage zwar seine Unterschrift, er kenne ihn aber nicht. Das Schreiben vom 21.09.2012 kenne er nicht, und es trage auch nicht seine Unterschrift.

Der Beklagte beantragt, das am 10.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Leipzig zum Az. 03 O 1104/20 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichtes unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Senat hat den Kläger und den Beklagten persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschriften vom 07. und 28.06.2023 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht der ihm vom Landgericht zuerkannte Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Gewerberäume aus § 546 Abs. 1 BGB zu, weil er das unstrittig zwischen den Parteien mit Vertrag vom 25.03.2014 mit Wirkung ab dem 01.04.2014 begründete Mietverhältnis über die streitgegenständlichen Gewerberäume mit der in der Klageschrift vom 15.05.2020 enthaltenen hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung spätestens zum 30.06.2022 und damit vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 13.12.2022 beendet hat (dazu 1.).

Der Beklagte hat seine Behauptung, das zwischen den Parteien mit Wirkung ab dem 01.04.2014 begründete Mietverhältnis über die streitgegenständlichen Mieträume sei bis zum 31.12.2044 befristet worden, nicht bewiesen (dazu 2.).

1. Die vom Kläger in der Klageschrift vom 15.05.2020 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ging dem Beklagten mit Zustellung der Klageschrift am 13.11.2021 zu. Ausgehend von den gesetzlichen Fristen eines Mietvertrages über Gewerberäume in § 580a Abs. 2 BGB wurde das unbefristete Mietverhältnis zwischen den Parteien demzufolge zum 30.06.2022 beendet. Der vom Kläger als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag vom 25.03.2014 enthält unter § 3.3 keine längere Kündigungsfrist.

2. Für seine Behauptung, das zwischen den Parteien mit Vertrag vom 25.03.2014 mit Wirkung vom 01.04.2014 begründete Mietverhältnis sei bis zum 31.12.2044 befristet gewesen, trägt der Beklagte die Beweislast (vgl. Mehle in beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.04.2023, § 542 BGB Rn. 160; Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 542 BGB Rn. 154; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 542 BGB Rn. 149; Krenek in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 542 BGB Rn. 63). Diesen Beweis hat er aber zur Überzeugung des Senates nicht geführt.

Der Beklagte hat keinen Urkundenbeweis gemäß § 416 ZPO geführt, denn er hat nicht das Original des Mietvertrages vom 25.03.2014 vorgelegt, dessen Kopie er als Anlage B 2 eingereicht hat. Der Beklagte hat zwar angekündigt, er werde für den Fall, dass der Kläger das Original desjenigen Mietvertrages vom 25.03.2014 vorlege, dessen Kopie der Kläger als Anlage K 1 eingereicht hat, den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu stellen, dass es sich bei diesem Original um eine zeitlich mindestens fünf Jahre nach dem 25.03.2014 ausgefertigte Urkunde und damit um eine Fälschung handele.

Diesem Beweisantrag aber braucht der Senat nicht nachzugehen, weil er zum Beweis der vom Beklagten behaupteten Befristung bis zum 31.12.2044 nicht geeignet ist. Auch wenn der Senat unterstellt, dass der vom Kläger in Kopie als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag eine Fälschung ist, bleibt es bei dem zwischen den Parteien unstrittigen Umstand, dass diese mit Vertragsschluss vom 25.03.2014 ein ab dem 01.04.2014 laufendes Mietverhältnis abgeschlossen haben. Eine Befristung dieses Mietverhältnisses (bis zum 31.12.2044) kann über den Umstand, dass der in Kopie als Anlage K 1 vorgelegte Mietvertrag eine Fälschung ist, nicht festgestellt werden. Zum Beweis seiner Behauptung zur Befristung des Mietvertrages ist deshalb der mit dem Ziel der Feststellung einer Fälschung gestellte Beweisantrag nicht geeignet, so dass er auch vom Senat nicht einzuholen ist.

Nicht geeignet zum Beweis der vom Beklagten behaupteten Befristung des Mietvertrages ist auch die Behauptung des Beklagten, der Kläger sei im April 2019 im Ladengeschäft des Beklagten gewesen und habe dort vom Beklagten eine Kopie oder ein Original des in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrages erhalten und später nicht an diesen zurückgegeben.

Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte seinen schriftsätzlichen Vortrag, es habe sich lediglich um eine Kopie des in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrages gehandelt, durch die in seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 07.06.2023 getroffene Aussage, es habe sich um ein Original gehandelt, abändern konnte, und ob ein solches Vorbringen vom Senat im Berufungsverfahren nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre, ist der Beklagte für diese Behauptung beweisfällig geblieben.

Ein Beweiswert könnte der Behauptung allenfalls dann zukommen, wenn festgestellt werden könnte, dass der Beklagte dem Kläger im April 2019 tatsächlich ein Original des in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrages, also mit einer Befristung des Vertrages bis zum 31.12.2044, übergeben hätte. Sie würde dann einen Grund dafür liefern, warum der Beklagte kein Original zur Anlage B 2 vorlegt. Für diese Behauptung ist der Beklagte aber beweisfällig. Er hat zwar auf Seite 5 der Klageerwiderung vom 20.12.2021 und gleichlautend auf Seite 4 der Berufungsbegründung vom 27.03.2023 die Zeugen ###, ### und ### angeboten. Auf Nachfrage des Senates im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2023 hat der Beklagte aber erklärt, dass die beiden benannten Zeugen zwar bei der Übergabe des Vertrages vom Beklagten an den Kläger zugegen gewesen seien, diese aber nicht den Inhalt des Vertrages angesehen, diesen also nicht durchgelesen hätten. Er habe den Zeugen nicht gezeigt, was er dem Kläger übergeben habe (vgl. Seite 5 der Sitzungsniederschrift vom 28.06.2023). Die benannten Zeugen können deshalb keine Angaben dazu machen, ob es sich bei dem vom Beklagten an den Kläger übergebenen Schriftstück um den Mietvertrag der Parteien mit einer Befristung bis zum 31.12.2044 gehandelt hat. Nur dieser Umstand der Befristung wäre aber für eine Beweiserhebung interessant, weil unstrittig ist, dass es einen Mietvertrag der Parteien vom 25.03.2014 gab. Genau zu dieser Frage aber haben die vom Beklagten benannten Zeugen ausweislich seiner Angaben keine Beobachtung machen können, so dass der Beklagte für die für seine Behauptung relevanten Tatsachen insoweit beweisfällig geblieben ist.

Der Senat kann sich auf der Grundlage der konträren Erklärungen der Parteien im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat nicht die Überzeugung davon verschaffen, dass die Behauptung des Beklagten, der zwischen den Parteien unstrittig ab dem 01.04.2014 geschlossene Mietvertrag sei bis zum 31.12.2044 befristet gewesen, zutrifft.

Die Behauptung des Klägers zum Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages ist nicht weniger glaubhaft als die Behauptung des Beklagten zu einem auf 30 Jahre befristeten Mietvertrag. Zudem gewann der Senat im Ergebnis der durchgeführten Anhörung beider Parteien nicht den Eindruck der Glaubwürdigkeit des Beklagten. Gegen seine Glaubwürdigkeit spricht, dass sein Vortrag im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in mehreren Punkten von dem schriftsätzlichen Sachvortrag seines Prozessbevollmächtigten abwich, ohne dass die Abweichung plausibel erklärt worden wäre.

So war bis zur Anhörung des Beklagten durch den Senat im Verfahren unstrittig, dass das vom Kläger als Anlage K 7 vorgelegte Schreiben vom Beklagten unterschrieben worden war. Dieses Schreiben war auch ein zentrales Begründungselement für das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts vom 10.01.2023, und in der Berufungsbegründung vom 27.03.2023 wurde nicht in Frage gestellt, dass es vom Beklagten unterschrieben worden war. In der Anhörung durch den Senat erklärte der Beklagte demgegenüber, er kenne dieses Schreiben nicht, und die unter dem Schreiben befindliche Unterschrift sei nicht von ihm. Eine plausible Begründung dieser Abweichung vom Vorbringen seines Prozessbevollmächtigten im Verfahren lieferte der Beklagte nicht.

Ähnlich verhält es sich mit dem vom Kläger als Anlage K 5 vorgelegten Mietvertrag vom 01.09.2011. Bis zur Anhörung des Beklagten durch den Senat war der Abschluss dieses Mietvertrages zwischen den Parteien unstrittig. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28.06.2023 erklärte der Beklagte, er kenne diesen Vertrag nicht, wenngleich die unter dem Vertrag befindliche Unterschrift von ihm stamme. Eine plausible Begründung lieferte der Beklagte weder für den Umstand, dass dieser Mietvertrag seine Unterschrift trug, noch dafür, wie es zu dieser Abweichung vom schriftsätzlichen Vorbringen seines Prozessbevollmächtigten kommen konnte.

Gleiches gilt schließlich für den Vortrag zum Geschehen im April 2019. Bis zur persönlichen Anhörung des Beklagten durch den Senat trug der Beklagte vor, er habe dem Kläger im April 2019 eine Kopie des in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrages gegeben. Erst im Rahmen der Anhörung durch den Senat erklärte der Beklagte, er habe dem Kläger ein Original des in Kopie als Anlage B 2 vorgelegten Mietvertrages gegeben. Eine plausible Begründung für diese Abweichung vom schriftsätzlichen Vorbringen seines Prozessbevollmächtigten lieferte der Beklagte auch in diesem Falle nicht. Im Ergebnis gewann der Senat nicht den Eindruck der Glaubwürdigkeit des Beklagten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7, Nr. 10 S. 2, 711, 709 S. 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Der Senat hat in einem Einzelfall bei Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Beweislastentscheidung getroffen.

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